Alkohol: Sucht oder Genussmittel? Aktionstag endet mit nachdenklich machender Geschichte von Monika Hahn Bremervörde. Alkoholismus war das Thema der fünften bundesweiten Suchtwoche. Die Suchtberatungsstellen von Bremervörde, Zeven und Rotenburg beteiligten sich am vergangenen Dienstag mit einem Infostand am Rathausplatz und einer Lesung am Abend in der Buchhandlung Morgenstern. Mit der Lesung von Wilfried Stüven aus seinem Roman „Im Schatten der Schwebefähre“ ging der von den drei Suchtberatungsstellen gemeinsam organisierte Aktionstag in Bremervörde zu Ende. Zu Beginn der Abendveranstaltung betonte Anne Müller vom Verein für Sozialmedizin Bremervörde die Bedeutung des Themas: „Alkoholismus ist weit verbreitet, nicht zuletzt deshalb, weil es ein frei verfügbares Suchtmittel ist. Heute fehlt leider eine Lobby auch auf politischer Ebene, die das Thema in die Öffentlichkeit bringt und die Bevölkerung sensibilisiert.“ Wilfried Stüven ist in Osten geboren und aufgewachsen und hat in seinem Buch „Im Schatten der Schwebefähre“ die bewegende Geschichte seines Protagonisten Johannes Wüst aufgeschrieben. Stüven las für diesen Anlass einige Szenen aus seinem Buch vor, welche den Abstieg Johannes´ zum Trinker skizzieren. Stüvens Figuren im Buch erscheinen sehr lebendig und geschickt verstrickt er die Ereignisse immer wieder mit Metaphern über den Erstmals liest Wilfried Stüven Passagen aus seinem historischen Heimatroman „Im Schatten der Schwebefähre“ in Bremervörde vor. Foto: mh Fluss des Wassers in der Oste. Die erste Passage, die er vorlas, spielte in der Sturmflutnacht im Februar 1962, in der Johannes hinzukommt, als die Männer aus Osten Sandsäcke füllen und wie üblich dabei Schnaps trinken. Auch der 13-jährige Johannes trinkt mit. Johannes gleitet im weiteren Verlauf der Geschichte zunehmend ab und verfällt dem Alkohol. Gründe dafür sind, dass sein Vater trinkt und verstirbt und er mit der Mutter alleine in ein anderes Dorf zieht. All das verunsichert Johannes und macht ihm Angst. Gleichzeitig freundet er sich mit älteren Jugendlichen an und möchte dazugehören, wenn diese beispielsweise ausgelassen Silvester feiern. Inmitten von Stüvens Roman ist Johannes ganz unten angekommen, wohnt in der Nähe der Hamburger Reeperbahn, schämt sich für seine Sucht, vertraut niemandem, lügt, betrügt, flieht schließlich vor der Wahrheit und möchte Selbstmord begehen. Dies beobachtet eine junge Frau, die die typischen Verhaltensweisen von Trinkern aus der eigenen Familie kennt. Sie schafft es Johannes zu berühren und zum Nachdenken zu bringen und rettet ihm damit letztlich das Leben. Stüven betont anschließend, dass in dem Roman weitere 150 Seiten folgten. Er wollte seine Geschichte voll Melancholie nicht tragisch enden lassen. Es gebe für Johannes ein Leben nach der TrinkerKarriere, obwohl seine Sucht ihn ein Leben lang begleitet. Im Anschluss an die Lesung kam unter den Zuhörern eine angeregte Diskussion in Gang, wie man insbesondere schon Kinder und Jugendliche früh für die Gefahr von Süchten sensibilisieren könne. Erst recht Alkoholismus sei eine Gefahr, da Alkohol insbesondere im ländlichen Raum überall dazugehöre. Einig war man sich am Ende über Folgendes: Bloße Verbote führen nicht zum Ziel, wenn das Verständnis für die Gefährlichkeit fehlt. Wichtig ist es, sich immer die Zeit zu nehmen, inne zu halten und das eigene Handeln zu reflektieren. Nur so kann man Kindern ein Vorbild sein und diesen glaubhaft vermitteln, dass Alkohol eben nicht unbedingt dazugehören muss und sie bestimmte Rituale aktiv in Frage stellen sollen.
© Copyright 2024 ExpyDoc