Versorgungsausgleich 34 nach § 1587 b III BGB erlassene Entscheidung wird deshalb, soweit sie noch nicht erfüllt ist, aufgehoben (§ 53 f FGG). c) Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich473 Für bestimmte Fälle, in denen ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nicht mög- 1247 lich ist,474 sieht das Gesetz eine weitere Ausgleichsart vor: den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. Hier werden keine Anwartschaftsrechte übertragen oder begründet, sondern hier hat der Ehegatte mit der höheren Versorgung dem anderen eine Geldrente in Höhe der Hälfte des übersteigenden Betrages zu zahlen. Die Zahlungspflicht entsteht erst dann, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte Rente bezieht.475 Bevor in der Person beider Ehegatten der Tatbestand des Versorgungsbezugs oder der Versorgungsbedürftigkeit verwirklicht ist, kommt regelmäßig auch kein Feststellungsurteil in Betracht.476 Das Verfahren über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ist (ebenso wie beim öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich) ein solches der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wird aber nur auf Antrag eines Ehegatten durchgeführt.477 Der Antrag braucht nicht beziffert zu werden;478 an bewusste Antragsbeschränkungen ist das Gericht gebunden.479 Im Verbundverfahren ist zu beachten, dass der Antrag nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz gestellt werden kann; ein insoweit erstmals im Beschwerdeverfahren gestellter Antrag ist unzulässig,480 und zwar auch dann, wenn die Voraussetzungen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs in erster Instanz unbekannt waren.481 473 Literatur: Glockner, Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich, FPR 00/305; Reinecke, Rechtsprechungstendenzen zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich, FPR 00/340; Bergmann/Gutdeutsch, Schuldrechtlicher Ausgleich und Abänderung des Wertausgleichs, FPR 00/321. Zu Problemen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs siehe auch Rotax, MDR 84/621 und Wick, FamRZ 05/1030 sowie die Rechtsprechungsübersicht von Borth, FamRZ 01/887, zum verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich Hampel, FamRZ 86/219 und Grün, FPR 00/332 sowie Rn 1267. 474 Deshalb können fehlgegangene Entscheidungen über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich nicht etwa mit Hilfe des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs korrigiert werden (BGH, FamRZ 93/ 304 = NJW 93/330). 475 Zu den Fälligkeitsvoraussetzungen für die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs siehe BGH, NJW 00/3563 = FamRZ 01/27 = MDR 01/32 sowie Glockner/Voucko-Glockner, § 3, Rn 14–16. 476 BGH, FamRZ 84/253 u. 95/293, 295; OLG Düsseldorf, FamRZ 81/565; Soergel/Lipp, Rn 7 vor § 1587 f BGB; siehe hierzu aber auch Fn 497 (Rn 1250). 477 Siehe hierzu OLG Schleswig, SchlHA 79/164 u. 78/174; OLG Düsseldorf, FamRZ 88/410. 478 OLG Düsseldorf, FamRZ 85/720; BGH, FamRZ 89/951. 479 OLG Saarbrücken, FamRZ 03/614. 480 BGH, FamRZ 90/606; KG, FamRZ 81/60; OLG Hamm, FamRZ 81/375; OLG Düsseldorf, FamRZ 88/410; a.A. (in einem Ausnahmefall) OLG Bamberg, FamRZ 01/689 mit krit. Anm. von Kemnade. 481 OLG Hamm, Beschl. v. 28. 10. 1980 – 1 UF 44/80. Bergerfurth 715 II Der Scheidungsprozess aa) Anwendungsbereich 1248 Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich kommt (nur) in den Fällen, die das Gesetz in § 1587 f BGB sowie in § 2 VAHRG und § 3 I Nr. 6, 7 VAÜG enumerativ aufzählt, in Betracht: ■ wenn die Begründung von Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung wegen § 1587 b III 1 (2. Halbsatz) BGB,482 d.h. deshalb nicht möglich ist, weil in der Person des Berechtigten die Voraussetzungen eines Altersruhegeldes aus einer gesetzlichen Rentenversicherung bereits vorliegen; ■ wenn die Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung wegen § 1587 b V BGB, d.h. deshalb nicht möglich ist, weil für die in Betracht kommende Zeit zugunsten des Berechtigten Höchstbeiträge bereits entrichtet sind oder der vom Verpflichteten zu gewährende Ausgleich sich in einer Höhe beläuft, dass die Entrichtung von Beiträgen mit Rücksicht auf die Beitragsbemessungsgrenze nicht in vollem Umfang möglich ist;483 ■ wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte im Falle des § 1587 b III 1 (1. Halbsatz) BGB484 seiner Pflicht zur Entrichtung von Beiträgen nicht nachgekommen ist; ■ wenn noch verfallbare Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung, die gemäß § 1587 a II Nr. 3 S. 3 BGB den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ausschließen, in den Ausgleich einzubeziehen sind,485 und zwar gleich, ob sie dem ausgleichspflichtigen oder dem ausgleichsberechtigten Ehegatten zustanden;486 ■ wenn der Familienrichter nach § 1587 b IV BGB eine Regelung in der Form des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs getroffen hat487 oder die Ehegatten nach § 1587 o BGB (d.h. mit Genehmigung des Familiengerichts) den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vereinbart haben;488 482 Siehe Rn 1244 (Geltung nur noch für Altfälle). 483 Siehe hierzu oben Rn 1229 sowie BR-Drucks. 260/73, S. 164. Der Betrag des Ausgleichsanspruchs, wegen dessen nach § 1587 f Nr. 2 i.V. mit § 1587 b IV BGB der schuldrechtliche Versorgungsausgleich stattfindet, kann Gegenstand einer gesonderten Feststellung sein (BGH, NJW 82/387). 484 Die Vorschrift des § 1587 f Nr. 3 BGB hat – nachdem § 1587 b III 1 Hs. 1 BGB für verfassungswidrig erklärt worden ist (siehe Rn 1204) – unmittelbar nur noch für Altfälle Bedeutung, d.h. für nicht erfüllte Beitragsfestsetzungen bis zum 31. 3. 1983 (vgl. Borth, Versorgungsausgleich, 2. Aufl. 1992, S. 236). Jedoch ist die Vorschrift des § 1587 f Nr. 3 BGB im Falle einer nicht rechtzeitig geleisteten Beitragszahlung nach dem neu eingeführten § 3 b I Nr. 2 VAHRG analog anzuwenden (vgl. Satz 2 der Bestimmung und hierzu Johannsen/Henrich/Hahne, Rn 16 zu § 1587 f BGB). 485 Siehe Rn 1155 und hierzu BGH, FamRZ 84/668; siehe auch BGH, FamRZ 90/276 (betr. Ausgleichsbetrag nach § 97 c VBL-Satzung). Zur Neuregelung insoweit vgl. § 10 a I Nr. 2 VAHRG und hierzu Hampel, FamRZ 86/223. 486 Vgl. BGH, FamRZ 82/899 = NJW 82/1989. 487 Vgl. hierzu BGH, FamRZ 84/252 und Johannsen/Henrich/Hahne, Rn 18 zu § 1587 f BGB. 488 Nach Schwab/Hahne, Handbuch VI 235 gilt dies – über den Wortlaut des Gesetzes hinaus – auch dann, wenn der schuldrechtliche Versorgungsausgleich bereits in einem Ehevertrag nach § 1408 II BGB vereinbart war. Zur späteren Bindung an die genehmigte Vereinbarung siehe OLG Naumburg, FamRZ 03/315 (LS). Eine entsprechende Scheidungsfolgenvereinbarung aus der Zeit vor dem 1. 7. 1977 behält Wirksamkeit (OLG Celle, FamRZ 79/45). 716 Bergerfurth Versorgungsausgleich 34 ■ soweit der öffentlich-rechtliche Ausgleich nicht nach § 1 VAHRG – oder nach § 3 b VAHRG – durchgeführt werden kann (vgl. § 2 VAHRG).489 ■ soweit § 3 I Nr. 6, 7 VAÜG – im Falle der Durchführung des Versorgungsausgleichs vor der Einkommensangleichung – für den Ausgleich bestimmter Anrechte ausdrücklich den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich anordnet. Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich, der im Einzelnen in den §§ 1587 g bis 1587 n 1249 BGB geregelt ist, setzt in jedem Falle – d.h. auch dann, wenn er über § 2 VAHRG oder § 3 VAÜG zur Anwendung kommt – den Antrag eines Ehegatten voraus,490 hat unterhaltsähnlichen Charakter491 und ist gegenüber dem (öffentlich-rechtlichen) Wertausgleich subsidiär, d.h. er greift nur insoweit ein, als der Wertausgleich aus einem der genannten Gründe nicht oder nicht voll durchgeführt wird.492 Ist der Wertausgleich teilweise bereits öffentlich-rechtlich durchgeführt worden, so ist zu beachten, dass die Begründung der Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich keine Bindungswirkung für den späteren schuldrechtlichen Versorgungsausgleich hat.493 bb) Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs (1) Geldrente Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich ist in Form einer Geldrente zu gewäh- 1250 ren.494 Zahlungspflichtig ist der Ehegatte, dessen auszugleichender Versorgungsanteil denjenigen des anderen Ehegatten übersteigt. Auszugleichen sind hier nur die zu einem Vollrecht erstarkten und bisher noch nicht oder nicht vollständig durch den öffentlich- 489 Beispiele: Anwartschaften aus dem CERN-Pensionsfonds, bei dem es sich um eine zwischenstaatliche Einrichtung handelt (OLG München, FamRZ 96/554); Anwartschaften bei einer in privatrechtlicher Rechtsform organisierten evangelisch-freikirchlichen Gemeinde (OLG Celle, FamRZ 95/812); ausländische Versorgungsanrechte, deren Höhe nicht geklärt werden kann (OLG Nürnberg, FamRZ 99/1203; OLG Karlsruhe, FamRZ 00/677). 490 Siehe hierzu Rn 1247 u. 1285 (zu Fn 642). 491 Ob ein späterer Verzicht auf Unterhalt den Anspruch auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich umfasst, dürfte von der Auslegung im Einzelfall abhängen (vgl. hierzu AG München, FamRZ 02/ 963). 492 BGH, FamRZ 80/130; vgl. hierzu auch KG, FamRZ 87/287, OLG Celle, FamRZ 93/1330; OLG Hamm, FamRZ 94/1526; Kemnade, FamRZ 99/821; Gutdeutsch, FamRZ 00/1201. 493 BGH, FamRZ 95/157. Zum Thema „Teilversorgungsausgleich und Nominalbilanz“ siehe Gutdeutsch, FamRZ 00/1201; zum Verhältnis zwischen Abänderungsverfahren und schuldrechtlichem Versorgungsausgleich vgl. OLG München, FamRZ 93/574 und OLG Celle, FamRZ 92/690. 494 Zur Festsetzung der Geldrente in Form eines prozentualen Anteils an der vom Ausgleichsverpflichteten bezogenen Gesamtbetriebsrente (Bruttobetrag) vgl. OLG Zweibrücken (2. FamS), FamRZ 02/399; a.A. OLG Zweibrücken (5. FamS), FamRZ 03/1290 und OLG Celle, FamRZ 05/524. Bergerfurth 717 II Der Scheidungsprozess rechtlichen Versorgungsausgleich ausgeglichenen Versorgungsanrechte.495 Die Ausgleichsrente besteht in der Hälfte des übersteigenden Betrages.496 Die Rente kann gemäß § 1587 g I 2 BGB erst verlangt werden,497 wenn ■ beide Ehegatten eine Versorgung erlangt haben498 oder ■ der ausgleichspflichtige Ehegatte eine Versorgung erlangt hat499 und der andere Ehegatte wegen Krankheit pp. auf nicht absehbare Zeit500 eine ihm nach Ausbildung und Fähigkeiten zumutbare Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann oder – spätestens – das 65. Lebensjahr vollendet hat. 1251 Dies hat zur Folge, dass eine Entscheidung über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich – abgesehen von einer feststellenden Entscheidung, falls in concreto ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben ist501 – möglicherweise erst viele Jahre nach der Ehescheidung ergehen kann.502 Üblicherweise wird – obwohl dies nicht erforderlich ist503 und 495 Vgl. Soergel/Vorwerk, Rn 12 zu § 1587 g BGB. Dort auch Auseinandersetzung mit der Meinung, es müsse grundsätzlich eine Neubewertung und Neusaldierung – also unter Einbeziehung der schon ausgeglichenen Anwartschaften – erfolgen. Zur schuldrechtlichen Ausgleichsrente bei früherem Teilausgleich durch Supersplitting siehe OLG Koblenz, FamRZ 04/465 = NJW-RR 04/148 (Anwendung der sog. „Nominalverrechnung“ mit Darstellung und Ablehnung der umstrittenen „Rückdynamisierung“); hierzu auch OLG Frankfurt, FamRZ 05/623; OLG Nürnberg, FamRZ 05/627; OLG Köln, NJW-RR 05/518. Dagegen lehnen die Nominalverrechnung ab: OLG Karlsruhe, FamRZ 05/628 (im Anschluss an BGH, FamRZ 00/89); OLG Hamm, FamRZ 05/810; KG, FamRZ 05/813. Siehe hierzu neuerdings auch BGH, FamRZ 05/1464 = NJW 05/2775. 496 Zur Streitfrage, ob der Ausgleichsbetrag um den Krankenversicherungsbeitrag zu kürzen ist, vgl. OLG Hamm, FamRZ 92/694; OLG Celle, FamRZ 93/208; OLG München, FamRZ 93/1331, jeweils mit weiteren Hinweisen. Der BGH (FamRZ 94/560 = NJW 94/1214) hat inzwischen entschieden, dass es auf den Bruttobetrag der Versorgungsrente ankommt, ein einbehaltener Krankenversicherungsbeitrag also nicht vorweg abzuziehen ist. Siehe hierzu auch OLG Düsseldorf, FamRZ 97/677 (kein Abzug von Steuern und Krankenkassenbeiträgen) und OLG Hamm, FamRZ 04/1213 (kein Abzug von Krankenund Pflegeversicherung). Zur steuerlichen Behandlung der Geldrente beim Ausgleichsverpflichteten und beim Ausgleichsberechtigten vgl. Göppinger/Wax/Märkle, Unterhaltsrecht, Rn 4079–4082. 497 Siehe hierzu auch Fn 475 (Rn 1247). Fehlen die Voraussetzungen für eine Ausgleichsrente, so besteht auch kein Feststellungsinteresse (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31. 5. 1979 – 16 UF 123/78; OLG Schleswig, SchlHA 80/135 u. 81/50). Ansonsten sind feststellende Entscheidungen im Verfahren über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich – in entsprechender Anwendung des § 256 ZPO – durchaus zulässig (BGH, FamRZ 82/42; OLG Köln, FamRZ 87/287), allerdings nur, wenn für eine solche Feststellung ein schutzwürdiges rechtliches Interesse zu bejahen ist (BGH, FamRZ 95/293, 295; siehe auch BGH, FamRZ 95/1481 und – für den verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich – BGH, FamRZ 96/1465). Beachte weiter BGH, FamRZ 84/253 = NJW 84/610 (kein Antrag auf künftige Ausgleichsleistung) und BGH, FamRZ 85/263 (bei Verzug oder Rechtshängigkeit Ausgleichsrente auch für zurückliegende Zeit). 498 Der Bezug einer nicht mehr verfallbaren Erwerbsunfähigkeitsrente genügt (BGH, FamRZ 93/304). Siehe weiter Fn 475 (Rn 1247). Zu Altersrenten aus ausländischen gesetzlichen Rentenversicherungen, die ebenfalls hierunter fallen, vgl. BGH, FamRZ 01/284. 499 Vgl. hierzu OLG Celle, FamRZ 95/814 (für den Fall, dass der Ausgleichspflichtige bis zur Vollendung des 66. Lebensjahres weitergearbeitet hat). 500 Zu diesem Begriff vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 05/986. 501 Siehe Fn 497 (Rn 1250). 502 BT-Drucks. 7/4361, S. 46; BGH, NJW 84/610 = FamRZ 84/251. Vgl. im Übrigen die Zahlenbeispiele bei Voskuhl/Pappai/Niemeyer, S. 74/75. Zum Verhältnis zwischen schuldrechtlichem Versorgungsausgleich und Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG vgl. OLG München, FamRZ 93/574. 503 OLG Zweibrücken, FamRZ 83/1237; Johannsen/Henrich/Hahne, Rn 22 zu § 5187 f BGB. 718 Bergerfurth Versorgungsausgleich 34 keinerlei Bindungswirkung eintritt504 – dem Ausgleichsberechtigten in einem solchen Falle die (spätere) Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs im Tenor vorbehalten;505 der Ausgleichspflichtige ist auch bereits durch einen solchen (deklaratorischen) Vorbehalt beschwert,506 um so mehr durch einen bezifferten Feststellungsausspruch.507 Die Tatsache, dass sich der ausgleichungspflichtige Ehegatte nach Ende der Ehezeit ein dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterliegendes betriebliches Versorgungsanrecht – z.B. eine sog. schweizerische Freizügigkeitsleistung – hat kapitalisieren und auszahlen lassen, steht der Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs (insbesondere in Form einer Abfindung) nicht entgegen.508 (2) Wertberechnung Die Wertberechnung für den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich509 folgt derjenigen 1252 für den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich. Die Vorschrift des § 1587 a BGB ist deshalb für die Ermittlung der auszugleichenden Versorgung entsprechend anwendbar, so dass grundsätzlich die Verhältnisse zum Ehezeitende maßgeblich sind.510 Insoweit kann auf die Ausführungen unter Rn 1143 ff. verwiesen werden. Allerdings ist zu beachten, dass der schuldrechtliche Versorgungsausgleich auf der Grundlage von Nominalwerten erfolgt; eine Umrechnung (wie in Rn 1172) kommt deshalb nicht in Betracht.511 Auch sind Wertänderungen zwischen Scheidungsverfahren und Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zusätzlich zu berücksichtigen (§ 1587 g II BGB),512 darüber hinaus – mit Rücksicht auf den Rechtsgedanken des § 10 a VAHRG – auch nach Ehezeitende eingetretene Veränderungen der Betriebszugehörigkeit.513 Zu den genannten Wertänderungen kann es z.B. kommen durch regelmäßige Anpassung der entsprechenden Versorgungsarten an die Lohnentwicklung.514 Auch der Wegfall oder das Entstehen einer Versorgung sind zu 504 BGH, FamRZ 95/157 u. 04/1025. 505 Zur Durchführung eines solchen nachträglichen schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs (hier: wegen betrieblicher Altersversorgung) vgl. OLG Hamm, NJW-RR 03/1302 = FamRZ 04/32. 506 BGH, FamRZ 83/876 = NJW 83/1970. 507 BGH, FamRZ 04/1024 = NJW-RR 04/865. 508 OLG Karlsruhe, FamRZ 96/673. 509 Vgl. hierzu Glockner, FamRZ 88/782. 510 BGH, FamRZ 99/219. Ausnahme etwa: Beendigung der Betriebszugehörigkeit schon vor Ende der Ehezeit (BGH, FamRZ 00/90). 511 Vgl. BGH, FamRZ 00/89, 90 u. 97/285, 287 sowie 01/25; OLG Karlsruhe, FamRZ 00/235 mit Anm. von Kemnade, FamRZ 00/827; OLG Düsseldorf, FamRZ 85/720; OLG Hamm, FamRZ 94/ 1528; OLG Frankfurt, FamRZ 04/28; OLG Celle, FamRZ 05/523 = NJW-RR 05/522; Glockner/ Voucko-Glockner, § 3, Rn 27 (mit Hinweis); a.A. Rotax, MDR 84/623. 512 Vgl. hierzu OLG München, FamRZ 98/1376 und OLG Celle, FamRZ 02/244 (auch zur Streitfrage der sog. „Rückdynamisierung“), weiterhin OLG Koblenz, NJW-RR 04/148 und OLG Hamm, FamRZ 04/1213. 513 BGH, FamRZ 90/605. Zur Berechnung des Ehezeitanteils einer im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichenden betrieblichen Altersversorgung (bei vorzeitiger Pensionierung) siehe BGH, NJW 00/3707 = FamRZ 01/25 und OLG Köln, NJW-RR 05/518. 514 Voskuhl/Pappai/Niemeyer, S. 73. Siehe hierzu auch OLG Celle, FamRZ 93/1328 (betr. Anpassung der Beamtenversorgung). Bergerfurth 719 II Der Scheidungsprozess berücksichtigen, nicht aber Leistungsbeförderung oder nicht tariflich vorgesehene Gehaltserhöhung oder Erhöhung einer privaten Rentenversicherung,515 auch nicht Veränderungen in den bereits endgültig öffentlich-rechtlich ausgeglichenen Versorgungen; fehlgegangene Entscheidungen über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich können also nicht etwa mit Hilfe des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs korrigiert werden.516 Abgesehen von den genannten Wertänderungen kommt es für die Feststellung aller anderen für den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich erheblichen Tatsachen allein auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags an.517 So kann z.B. ein beruflicher Aufstieg nach diesem Zeitpunkt, der die Höhe der Versorgung beeinflusst, nicht als zu berücksichtigende Veränderung des Versorgungswertes angesehen werden.518 Bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse – z.B. bei Wegfall einer in den Ausgleich einbezogenen Zeitrente519 – kann das Gericht eine rechtskräftige Entscheidung über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auf Antrag aufheben oder ändern (§ 1587 g III i.V. mit § 1587 d II BGB).520 Gegen diese Entscheidung ist die befristete Beschwerde nach § 621 e ZPO gegeben, eine Rechtsbeschwerde aber ausgeschlossen (§ 53 g II FGG). cc) Ausschluss in Härtefällen521 1253 In drei Fällen ist gemäß § 1587 h BGB der schuldrechtliche Versorgungsausgleich aus Billigkeitsgründen (ganz oder teilweise) ausgeschlossen: bei fehlender Bedürftigkeit des Berechtigten, wenn gleichzeitig für den Verpflichteten ein Härtefall vorliegt (sog. imparitätische Versorgungslage); bei Verhinderung eigener Versorgungsansprüche durch den Berechtigten; bei Vernachlässigung der Unterhaltspflicht während der Ehe. Dies ist – obwohl es sich beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich um ein Antragsverfahren handelt – von Amts wegen zu berücksichtigen.522 515 Vgl. Soergel/Vorwerk, Rn 14 ff. zu § 1587 g BGB. 516 BGH, FamRZ 93/304. 517 Zur Wertberechnung, wenn beide Ehegatten vor Erreichen der festen Altersgrenze in den Ruhestand getreten sind, vgl. BGH, FamRZ 93/304 = NJW 93/330. 518 BT-Drucks. 7/4361, S. 47. 519 Vgl. Voskuhl/Pappai/Niemeyer, S. 74. Es kommen auch mehrfache Abänderungsentscheidungen in Betracht (vgl. Soergel/Vorwerk, Rn 19 zu § 1587 g BGB; siehe im Übrigen auch BGH, FamRZ 84/ 669 = NJW 84/2364). Zur Möglichkeit einer prozentualen Festlegung des Ausgleichsbetrages vgl. OLG Zweibrücken, FamRZ 02/399. 520 Siehe hierzu OLG Düsseldorf, FamRZ 05/372. 521 Siehe hierzu Brudermüller, FF 04/183. Zum Vorrang der Härteklausel vor allgemeinen Verwirkungsgründen vgl. Rn 1237 zu Fn 411. 522 Johannsen/Henrich/Hahne, Rn 2 zu § 1587 h BGB. Zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587 h BGB siehe auch OLG Zweibrücken, NJW-RR 02/220. 720 Bergerfurth
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