Der Landwirt als Arbeitgeber

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sgbv
st.galler bauer 3 – 2016
Arbeitsrecht: Was bei einem Arbeitsverhältnis zu beachten ist
Der Landwirt als Arbeitgeber 2016
Bei einem Arbeitsverhältnis
lassen sich grosse Probleme
vermeiden, wenn sowohl
Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer die wichtigsten
Bestimmungen im Arbeitsrecht kennen und sich an die
Regeln halten. Der St.Galler
Bauernverband hat die
wichtigsten Informationen
zusammengefasst.
Überzeit führt der Arbeitgeber jeden Monat auf der vollständigen
Lohnabrechnung auf. Bild: Regula Stricker
Für jedes Arbeitsverhältnis gelten
die gesetzlichen Bestimmungen des
Obligationenrechtes (OR),die Vorschriften des kantonalen Normalarbeitsvertrages (NAV) und die im Arbeitsvertrag festgehal­tenen Bestimmungen. Der NAV des Kantons
St.Gallen kann beim St.Galler Bauerverband bezogen werden (071
394 60 10; [email protected]).
Elemente des Arbeitsvertrags
Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist
nicht zwingend vorgeschrieben, um
die Bestimmungen des OR zu erfüllen, ist ein solcher aber sinnvoll. Gemäss Art. 330b Abs. 1 OR muss jeder
Arbeitgeber spätestens einen Monat nach Beginn eines Arbeitsverhältnisses, das auf unbestimmte
Zeit oder für mehr als einen Monat
eingegangen worden ist, den Arbeitnehmer schriftlich über folgende Punkte informieren:
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– Namen der Vertragsparteien
– Datum des Beginns des
Arbeitsverhältnisses
– Funktion des Arbeitsnehmers (beispielsweise Betriebsangestellter, landwirtschaftliche
Hilfskraft)
– Lohn und allfällige Lohnzuschläge
– Wöchentliche Arbeitszeit.
Werden Vertragselemente, die mitteilungspflichtig sind, während des
Arbeitsverhältnisses geändert, so
sind die Änderungen dem Arbeits-
geber spätestens einen Monat nachdem sie wirksam geworden sind,
schriftlich mitzuteilen.
Schriftliche Lohnabrechnung
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, jeden Monat eine vollständige Lohnabrechnung inklusive Überzeit- und
Freizeitkontrolle zu erstellen. Für
die Erstellung der Lohnabrechnung
kann beim St.Galler Bauernverband
ein Lohnabrechnungsblock bezogen oder das Exceltool der Websi-
Arbeitskräftevermittlung
Der St.Galler Bauernverband vermittelt keine ausländische Praktikanten und Arbeitskräfte. Jene Landwirte, die eine ausländische Person
anstellen möchten, wenden sich an eine der beiden Organisationen:
Agrimpuls, Laurstrasse 10, 5200 Brugg, Telefon 056 462 51 44, E-Mail
[email protected]; www.agrimpuls.ch.
Andermatt Planung & Schulung GmbH, Karolina Andermatt, Postfach
227, 8722 Kaltbrunn, Telefon 071 850 03 20, E-Mail andermatt@­
planung-schulung.ch, www.planung-schulung.ch. sgbv.
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Ferien sind im Normalarbeitsvertrag geregelt.
Bild: as.
te genutzt werden. Für die Festlegung der Lohnhöhe empfiehlt der
St.Galler Bauernverband, die Lohnrichtlinie für familienfremde Arbeitnehmer in der Landwirtschaft
zu benutzen.
Arbeitszeit, Freizeit, Ferien
Im Kanton St.Gallen beträgt die
tägliche Arbeitszeit in der Landwirtschaft höchstens zehn Stunden.
­Allerdings können die Überstunden
im Sinne einer Jahres­
arbeitszeit­
regelung durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer oder entsprechender Lohnzahlung mit einem
Zuschlag von mindestens 25 Prozent abgegolten werden. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf eineinhalb ­arbeitsfreie Tage je Woche.
Wenigstens ein arbeitsfreier Tag pro
Monat muss auf einen Sonntag fallen. Der Sonn- oder Feiertag wird
als arbeitsfreier Halbtag gerechnet,
wenn die Arbeitszeit weniger als
vier Stunden beträgt und diese aus-
schliesslich am Morgen oder am
Abend anfällt.
Der Ferienanspruch beträgt vier
Wochen pro Jahr. Arbeitnehmern
bis zum vollendeten 20. Altersjahr
und ab dem 50. Altersjahr stehen
pro Jahr fünf Wochen Ferien zu.
Für Angestellte mit einer kurzen
Anstellungsdauer (wie Praktikanten) ist der Ferienanspruch entsprechend der Anstellungsdauer
pro rata zu berechnen. Wird der
Lohn im Stundenlohn abgerechnet, muss der Ferienanspruch entschädigt werden.
Der Arbeitgeber hat während der
Ferien und der Freitage den Lohn
des Arbeitnehmers mit der nicht
bezogenen Verpflegung anzupassen (siehe Aufteilung Naturallohn,
resp. Kost und Logis).
Ende des Arbeitsverhältnisses
a. Befristetes Arbeitsverhältnis
Ein befristetes Arbeitsverhältnis
endet ohne Kündigungsschreiben
nach der vereinbarten Anstellungsdauer. Besteht der Wunsch, ein befristetes Arbeitsverhältnis zu kündigen, kann dies nur erfolgen, wenn
es ausdrücklich im Arbeitsvertrag
festgehalten ist. Wird die Kündigungsfrist nicht im Arbeitsvertrag
eingetragen, ist der Vertrag ohne
das gegenseitige Einverständnis
beider Vertragsparteien nicht kündbar, und es muss die festgehaltene
Zeit eingehalten werden. Bei befristeten Verträgen empfiehlt es
sich deshalb, eine Probezeit und
eine Kündigungsklausel schriftlich
zu regeln.
b. Unbefristetes Arbeitsverhältnis
Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei
gekündigt werden:
– während der Probezeit (einen
Monat) auf das Ende einer
­Arbeitswoche unter Einhaltung
einer Kündigungsfrist von drei
Tagen.
– nach Ablauf der Probezeit bis zum
Abschluss des fünften Dienstjahres auf das Ende eines Monats unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Monaten.
– ab dem vollendeten fünften
Dienstjahr auf das Ende eines
Monats unter Einhaltung einer
Kündigungsfrist von drei Mo­­
naten.
Familieneigene Arbeitskraft in der Landwirtschaft
Als familieneigene Arbeitskräfte in der Landwirtschaft gelten:
– die Familienangehörigen und Verwandten der Betriebsleiterin oder
des Betriebsleiters in auf- oder absteigender Linie (Kinder, Eltern,
Enkel, Grosseltern)
–Schwiegertochter oder Schwiegersohn, die oder der voraussichtlich den Betrieb später selbst bewirtschaften wird
– der Ehegatte, die Ehegattin.
Familieneigene Arbeitskräfte in der Landwirtschaft sind nicht obligatorisch der Unfallversicherung gemäss UVG und der beruflichen
­Vorsorge gemäss BVG unterstellt. Des Weiteren sind sie nicht gegen
Arbeitslosigkeit versichert. Alle anderen Angestellten gelten als familienfremde Arbeitskräfte in der Landwirtschaft und sind versicherungspflichtig
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Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG)
Kinderzulage pro Kind
– Bezugshöhe pro Monat: 200 Franken im Tal- bzw. 220 Franken im
Berggebiet
– Bezugsdauer: bis Alter 16 bzw. Alter 20 bei Erwerbsunfähigkeit des
Kindes.
Ausbildungszulage pro Kind
– Bezugshöhe pro Monat: 250 Franken im Tal- bzw. 270 Franken im
Berggebiet
– Bezugsdauer: ab Alter 17 bis zum Ausbildungsabschluss, max. bis
Alter 25
– Kein Anspruch auf Ausbildungszulage besteht, wenn das jährliche
Einkommen des Kindes in Ausbildung höher als die maximale volle Altersrente der AHV ist.
Haushaltungszulage (nur für familienfremde landw. Arbeitnehmer
mit eigenem Haushalt)
– Bezugshöhe pro Monat: 100 Franken
Weitere Informationen: www.svasg.ch
Ausländische Arbeitskräfte
Ausländische Arbeitskräfte be­
nötigen eine Arbeitsbewilligung;
­diese ist vorgängig zu beantragen.
Eine solche wird durch das Amt für
Wirtschaft erteilt. Der vorgeschriebene Bruttolohn beträgt 3200 Franken. Der Lohn von ausländischen
Angestellten ist der Quellensteuer
unterstellt. Zudem muss jede Person mit Wohnsitz in der Schweiz
über eine gültige KrankenpflegeNaturallohn
Leistung
Fr./TagFr./Monat
Unterkunft11.50 345.00
Morgenessen3.50 105.00
Mittagessen 10.00 300.00
Abendessen8.00 240.00
Total
30
33.00990.00
versicherung gemäss Krankenversicherungsgesetz verfügen.
Ausländische Praktikanten
Ausländische Praktikanten, welche auf einem Hof arbeiten möchten, müssen über eine anerkannte
Organisation vermittelt werden.
Zudem müssen landwirtschaft­liche
Praktikanten eine landwirtschaftliche Ausbildung in der Schweiz absolvieren.
Die Unfallversicherung
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, familienfremde Angestellte für Berufs- und Nichtberufsunfälle sowie
für Berufskrankheiten zu versichern. Die Kosten für die Versicherung der Berufsunfälle und Berufskrankheiten trägt der Arbeitgeber.
Der Arbeitnehmer muss die Kosten
für die Versicherung für Nichtberufsunfälle übernehmen. Familieneigene Arbeitskräfte in der Land-
wirtschaft sind von der Versicherungspflicht ausgenommen.
Krankentaggeldversicherung
Gemäss NAV ist der Arbeitgeber
verpflichtet, für die familienfremden
Angestellten eine Krankentaggeldversicherung mit einer Leistungsdauer von 720 Tagen innert 900 aufeinanderfolgenden Tagen abzuschliessen (Taggeld von 80 Prozent
des Lohns ab dem 31. Krankheitstag), wenn das Arbeitsverhältnis für
mehr als einen Monat eingegangen
wird. Die Vertragsparteien tragen
die Kosten je zur Hälfte. Familieneigene Arbeitskräfte in der Landwirtschaft sind von der Versicherungspflicht ausgenommen.
Berufliche Vorsorge
Die Versicherungspflicht beginnt
ab 1. Januar nach Vollendung des
17. Altersjahres und endet am letzten Tag des Monats, in welchem
das AHV-Rentenalter erreicht wird.
Zu versichern sind alle Arbeitnehmer, die ein Anstellungsverhältnis
für mehr als drei Monate eingehen
und deren Bruttolohn mehr als Fr.
1762.50 pro Monat beträgt. Finden
mehrere Arbeitseinsätze mit einer
Unterbrechung von drei Monaten
oder weniger statt, werden die Monate für die Berechnung der Anstellungsdauer zusammengezählt.
Beispiele:
a. Die Anstellung dauert von April
bis Mai und von September bis
Oktober. Es findet eine Unterbrechung von drei Monaten statt,
das heisst alle vier Monate werden zusammengezählt und sind
BVG-pflichtig.
b. Die Anstellung dauert von März
bis Mai und von Oktober bis Dezember. Keine Anstellung dauert
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Sozialversicherungsabzüge 2016 vom Bruttolohn
AHV, IV, EO
5,125 Prozent
Arbeitslosenversicherung (ALV)
1,100 Prozent
Nichtberufsunfall 1,657 Prozent
Krankengeld
0,300 Prozent
Pensionskasse*)
*) Der Beitrag für die Pensionskasse ist abhängig von Lohnhöhe, Geschlecht und Alter. Die
genaue Prämie kann mithilfe des Merkblattes «Arbeitnehmerbeiträge 2016» der Agrisano
Pencas berechnet werden.
mehr als drei Monate und die Unterbrechung dauert ebenfalls
mehr als drei Monate, das heisst
es besteht keine BVG-Pflicht.
Die Prämie für die Pensionskasse
ist abhängig von Lohnhöhe, Geschlecht und Alter und wird zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte aufgeteilt. Familieneigene Arbeitskräfte in der
Landwirtschaft sind von der Versicherungspflicht ausgenommen.
Globalversicherung SGBV
Die obligatorischen Versicherungen
für die familienfremden Angestellten in der Landwirtschaft fordern
vom Arbeitgeber einen hohen administrativen Aufwand. Der SGBV
empfiehlt deshalb allen Landwirten, die familienfremde Angestellte
beschäftigen, den Anschluss an die
Globalversicherung. Die massgeschneiderte Lösung der Globalversicherung garantiert, dass die familienfremden Angestellten nach den
gesetzlichen Bestimmungen versichert sind: Versicherungsberatung
St.Galler Bauernverband, Telefon
071 394 60 17.
Familien-/Ausbildungszulagen
Die landwirtschaftlichen Arbeitnehmenden erhalten für jedes
Schriftliche Vereinbarungen sorgen dafür, dass Klarheit herrscht bei
Arbeitgeber und -nehmer. Bild: pixelio, Martina Rahnenführer
Kind bis zum erfüllten 16. Altersjahr eine monatliche Kinderzulage. Für Kinder über 16 Jahre, welche in Erstausbildung sind, wird
eine Ausbildungszulage ausbezahlt. Diese Zulagen müssen bei
der Sozialversicherungsanstalt beantragt werden.
Arbeitssicherheit
Alle Betriebe, welche Arbeitskräfte beschäftigen, müssen die EKASRichtlinie 6508 erfüllen. Weitere
Auskünfte über die Branchenlösung AgriTOP erteilt die Beratungsstelle für Unfallverhütung in der
Landwirtschaft BUL, Telefon 062 739
50 40.
sgbv.
Empfohlene Unterlagen
Zur Erleichterung der Abrechnung empfehlen wir Ihnen folgende Unterlagen:
– Normalarbeitsvertrag des
Kantons St.Gallen: acht
Franken
exkl. MwSt. und Porto
– Lohnabrechnungsblock:
zwölf Franken exkl. MwSt.
und Porto
– Arbeitsvertrag kostenlos
(www.bauern-sg.ch)
– Lohnrichtlinien 2016:
kostenlos
(www.bauern-sg.ch)
Für Mitglieder des St.Galler
Bauernverbandes sind die oben
genannten Dokumente kostenlos. Alle weiteren Personen bezahlen den angegebenen Preis.
Bezug: St.Galler Bauernverband, Magden­
auerstrasse 2,
9230 Flawil, Telefon 071 394 60
10, [email protected], www.
bauern-sg.ch. sgbv.
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Muster-Lohnabrechnung für eine ausländische Arbeitskraft 2016
Für Schweizer gilt dieselbe Aufstellung, aber ohne Abzüge für Quellensteuer und Krankenpflege
Arbeitgeber:
Arbeitnehmer:
Beginn Arbeitsverhältnis:
Art der Arbeit/Funktion:
Lohn vom
bis
I. Lohn
Barlohn
Fr.2210.00
Kost und Logis (Naturallohn)
Fr. 990.00
Bruttolohn: AHV-beitragspflichtig
Fr. 3200.001)
II. Abzüge (vom AHV-pflichtigen Lohn)
5,125 Prozent AHV,IV,EO
Fr. 164.00
1,1 Prozent ALV
Fr.
35.20
1,657 Prozent NBU
Fr.
53.00
Fr.
9.60
0,3 Prozent Krankengeld
Prämie Pensionskasse
2)
Fr.7.60
Total Abzüge Sozialversicherungen
abzüglich Naturallohn3)
abzüglich Quellensteuer 6.31 %
Fr.990.00
4)
abzüglich Prämie Krankenpflege
abzüglich Vorschuss
Fr. 269.40
5)
Fr.201.90
Fr.289.70
Fr. 0.00
Total übrige Abzüge
Fr. 1481.60
Nettolohn
Fr. 1449.00
1. Vorgeschriebener minimaler Bruttolohn für eine ausländische Arbeitskraft.
2. Der Beitrag für die Pensionskasse ist abhängig von Lohnhöhe, Geschlecht und Alter. Die genaue Prämie kann mit dem Merkblatt «Arbeitnehmerbeiträge 2016 der Agrisano Pencas berechnet werden (Beispiel: Mann, 18 bis 24 Jahre).
3. Die Sozialversicherungsbeiträge werden auf dem gesamten Bruttolohn berechnet. Deshalb kommt der Naturallohn erst jetzt in Abzug. Für nicht
bezogene Verpflegung an Ferien- und Freitagen sind die Arbeitnehmenden gemäss der Tabelle «Aufteilung des Naturallohnes» zu entschädigen.
4. Der Steuerbetrag hängt von der Höhe des AHV-pflichtigen Bruttolohnes (plus evtl. Familienzulagen), dem Zivilstand und der Familienverhältnisse
sowie der Konfession (Beispiel: ledig, ohne Kirchensteuer) ab und kann auf der Gemeinde erfragt werden. Die Lohnmeldungen können auch elektronisch vorgenommen werden. Weitere Informationen finden Sie unter www.steuern.sg.ch.
5. Arbeitgeber, die ihre ausländischen Arbeitskräfte bei der Globalversicherung mit Krankenpflege versichern, können die Prämie bei der monatlichen Auszahlung direkt vom Lohn abziehen. Die Höhe der Prämie ist abhängig vom Alter und der Region, in welche die Wohngemeinde eingeteilt
ist. (Beispiel 19 bis 25 Jahre, Franchise Fr. 300.00, Prämienregion 3). Die genaue Prämie ist auf der Police der Krankenkasse Agrisano ersichtlich.
Weitere Auskünfte erteilt der St.Galler Bauernverband Telefon 071 394 60 17
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