16.01.2016 Schweizer Bauer-Seite 3-Schneider - IP

FORUM • 3
Samstag, 16. Januar 2016
IN T ERVIEW : Die Bauernorganisation IP-Suisse übernimmt die Viehhandelsaktivitäten der Schneider-Gruppe
«Eine Riesenchance für die Landwirtschaft»
Für IP-Suisse-Präsident
Andreas Stalder hilft die
Übernahme, die Eigenständigkeit der Schweizer
Landwirtschaft zu stärken.
INTERVIEW: DANIEL SALZMANN
«Schweizer Bauer»: Warum
übernimmt die IP-Suisse drei
Firmen aus der SchneiderGruppe – Schneider Vieh und
Fleisch AG, ASF Sursee und
IPS-Kuvag?
Andreas Stalder: Die Nachfahren des verstorbenen Gründers
Walter Schneider haben sich
entschlossen, das Geschäft mit
dem Schlachtviehhandel nicht
weiterzuführen. Das weckte unser Interesse. Denn für die Landwirtschaft ist dies eine Riesenchance, näher an die Verwerterkreise heranzukommen – umso mehr als sich die Verwertung
zunehmend auf ein paar wenige
Player konzentriert und die Zahl
der Viehhändler stark gesunken
ist.
Welche Ziele verfolgt IP-Suisse
mit dem Kauf?
Wir wollen mit dem Kauf die
Schweizer Landwirtschaft stärken, es soll mehr Geld in Bauernhand bleiben. Und dabei geht
es nicht ausschliesslich um die
Label-Produktion. Die drei Firmen handeln ja gesamthaft mehr QM-Tiere als
Label-Tiere.
die Produktion besser zu steuern. Und wir haben Markterfahrung. Wir fördern damit eine
produzierende Schweizer Landwirtschaft, die auf allen Stufen
ihre Eigenständigkeit bewahrt
und sich nicht vertikal integriert.
Ein Direktlieferant gerät langfristig in die totale Abhängigkeit
von einem einzelnen Verwerter.
Und warum kam IP-Suisse zum
Zug?
Walter Schneider setzte immer
auf produzierende Bauern und
auf Wertschöpfung. Er war ein
privater Händler. Der Glücksfall
ist nun, dass die Firmen mit IPSuisse in Bauernhand kommen.
Wer hat sich neben IP-Suisse
für den Kauf der drei Firmen interessiert?
Diese Firmen wurden nicht zum
Verkauf ausgeschrieben. Dank
der langjährigen partnerschaftlichen Zusammenarbeit ergab
sich die Möglichkeit, die Firmen
zu übernehmen.
Und woher hat IP-Suisse das
Geld für den Kauf und die nötige Liquidität?
IP-Suisse hat gut gearbeitet und
verfügt über eigene Mittel. Zum
Übernahmepreis haben wir Stillschweigen vereinbart. Die nötige
Liquidität ist gesichert.
Hat ein Grossverteiler oder ein
Verwerter den Kauf mitfinanziert?
Nein, sicher nicht.
Bauern gegenüber der immer
kleineren Zahl von Abnehmern
noch besser positionieren können.
Mit dem Handel lässt sich Geld
verdienen …
Wir sehen uns nicht als klassischen Händler, sondern als Vermittler. Beim Vermittlergeschäft
ergeben sich rasch Umsätze in
Millionenhöhe, aber die Vermittlungsentschädigung ist bescheiden in Anbetracht der anforderungsreichen Transporte
(auch aus den Randgebieten)
und der ständig wachsenden
Vorschriftendichte im Tierhandel. Wir wollen eine effiziente
Vermittlung sicherstellen, die
auch mithilft, das Angebot transparent zu machen. Jemand muss
dem Bauern gegenüber den Verwertern eine Stimme und ein
Gesicht geben. Das wollen
wir sicherstellen. Ich kann
mir auch vorstellen,
dass in Zukunft
noch weitere Fusionen
nötig
sind, damit
sich die
Was macht IP-Suisse mit den
Gewinnen aus diesen Firmen?
Sollten die drei Firmen in unse-
noch besser nutzen. Wir werden
auch das Angebot noch besser
steuern können – obwohl wir nie
auf das einzelne Schwein genau
werden produzieren können.
rer Hand einen Gewinn abwerfen, sind wir froh darum und
können das Geld geschickt in
Marketing und eine noch bessere Positionierung für die Bauern
investieren. Und am Ende verteilen wir das Geld an die Bauern,
wie wir es heute schon bei der
Labelproduktion machen.
Wem wollen Sie die Schlachttiere verkaufen? IP-Suisse arbeitete bisher eng mit der Migros zusammen, die drei Firmen aber haben andere wichtige Kanäle.
Ja, Im Labelbereich arbeiten wir
eng mit der Migros zusammen.
Mit den drei Firmen öffnen sich
für uns weitere Absatzkanäle
wie z. B. Coop-Bell, Ernst Sutter-Reber,
Lucarna-Macana,
Bigler Büren usw.
Wo sehen Sie Synergien mit IPSuisse?
Ich sehe sehr viele. Die Produzenten sind bei uns organisiert, wir haben die Geburtsmeldungen, gerade
im Schweine- und Kälberbereich, wir haben die
Zahlen zum Angebot. Wir
sind bereits gut vernetzt.
Jetzt können wir
dies
Bleiben die drei Firmen als eigenständige Einheiten erhalten?
Wir wollen den Bauern und den
Abnehmern Sicherheit bieten.
Deshalb werden wir die drei Firmen unter den heutigen Namen
weiterführen. Falls es später
Sinn machen sollte, sind wir offen für Veränderungen.
Welche personellen Wechsel
nehmen Sie vor?
Keine. Die gesamte Mannschaft inklusive Geschäftsführer bleibt im Boot. Ich
werde neu Verwaltungsratspräsident der drei
Firmen,
unser
Geschäftsführer Fritz Rothen wird operativ die
Verbindung der drei
Firmen zur IP-Suisse
sicherstellen.
Was haben die Bauern
davon?
Mit der IP-Suisse vertritt
eine Bauernorganisation,
die ihnen sehr nahesteht,
ihre Interessen und hilft,
marktkonforme Preise
durchzusetzen, Preisforderungen zu stellen und
IP-Suisse-Präsident Andreas Stalder. (Bild: rh)
SCHLACHT VIEHM ARKT : Schneider-Gruppe und IP-Suisse im Porträt
P RESSESCHAU
«IP-Suisse ist der ideale Partner»
«Bauern könnten gratis liefern,
das Brot wäre noch 250 % teurer»
Josef Rölli ist Verwaltungsratspräsident der
Viehhandelsfirmen von
Walter Schneider. Er äussert sich zur Übernahme.
Francis Egger vom Schweizer
Bauernverband hat mit einem
Gastkommentar auf einen Arti-
2 0 0 0 0 BAU ERN M IT G LIED VON IP - SU ISSE
IP-Suisse ist eine Vereinigung
von Bäuerinnen und Bauern,
die auf ihren Familienbetrieben umweltschonend und tiergerecht Lebensmittel für den
täglichen Bedarf produzieren.
Sie wurde 1989 gegründet.
DANIEL SALZMANN
Josef Rölli ist seit über 50 Jahren
bei der Schneider-Gruppe tätig.
Viele Jahre war er Geschäftsführer der Schneider Vieh und
Fleisch AG, der ASF Sursee und
der IPS-Kuvag und auch Mitglied
in den Verwaltungsräten dieser
Firmen. Als im Jahr 2012 der Firmengründer Walter Schneider
verstarb, übernahm Rölli das
Verwaltungsratspräsidium der
Schneider Vieh und Fleisch AG
und der ASF Sursee und das Vizepräsidium bei der IPS-Kuvag.
In diesen Funktionen leitete er
die Übernahme der drei Firmen
durch die IP-Suisse in die Wege.
Warum standen die drei Firmen im Bereich Schlachtviehhandel überhaupt zum Verkauf?
Rölli sagt dazu: «Es lag auf der
Hand, dass der Sohn der Tochter
von Walter Schneider diese Firmen mittelfristig weiterführt.
Nun hat er sich aber definitiv entschieden, einen anderen Weg einzuschlagen. Dadurch war die erfolgreiche Zukunft der Viehhandelsaktivitäten langfristig nicht
mehr gewährleistet.» Es galt, einen Partner zu finden, der langfristig Gewähr dafür bietet, dass
die drei Firmen erfolgreich weiterbestehen. Dass man sich für
die IP-Suisse entschieden habe,
führt er auf die seit über 20 Jahren
Mehr als 20 000 Bauern sind
Mitglied von IP-Suisse. Präsident ist seit 2005 Andreas
Stalder, Geschäftsführer seit
1997 Fritz Rothen. sal
www.ip-suisse.ch
HAN DEL M IT Ü BER 5 0 0 0 0 0 T IEREN IM JAHR
Josef Rölli. (Bild: zvg)
bestehende Zusammenarbeit zurück. IP-Suisse sei bereits an der
IPS-Kuvag beteiligt gewesen.
«Wir haben ein sehr gutes, auf
Vertrauen basierendes Verhältnis zueinander», so Rölli.
Er habe die IPS-Bewegung,
die ja einen grossen Aufschwung erlebt habe, immer mit
Interesse und Wohlwollen verfolgt: «Die IPS-Bauern haben
die Zeichen der Zeit erkannt.»
Die Bauern müssten ein Interesse haben, ihre Tiere selber zu
vermarkten, wenn sich die Gelegenheit dafür biete. Deshalb
sei die IP-Suisse der ideale Partner für diese Übernahme gewesen. «Ich freue mich, dass die
drei Firmen nun in diese bäuerlichen Hände kommen, die den
Fortbestand und eine positive
Weiterentwicklung bestens gewährleisten», sagt Rölli.
Der Viehhandel der Familie
Schneider, der nun von der IPSuisse übernommen wird, umfasst heute drei Firmen. Es
sind dies die Firmen Schneider Vieh und Fleisch AG, ASF
Sursee AG und IPS-Kuvag
AG. Alle drei Firmen haben
ihren Sitz in Sursee LU und
stehen unter der Geschäftsführung von Hans Peter Wolf.
Zusammen handeln die drei
Firmen im Jahr weit über
500 000 Tiere.
Die Firmen sind schweizweit tätig und beschäftigen
heute ca. 30 Mitarbeitende.
Zu den einzelnen Firmen:
• Schneider Vieh und Fleisch AG
Sie ist die älteste der drei Firmen und wurde von Walter
Schneider gegründet. Die Firma ist Spezialistin für den
Handel mit Schafen und Lämmern zur Schlachtung sowie
zur Weitermast, handelt aber
auch mit anderem Schlachtvieh. Im Bereich der Schafe
gehört die Firma in der
Schweiz zu den Marktführern.
• ASF Sursee AG
Sie handelt mit folgenden Tieren:
• Schweine: zur Zucht oder
Mast: Aufzuchtferkel, Mastjager,
Zuchtschweine; zur Schlachtung: Mastschweine, Mooren
• Rindvieh: zur Zucht oder
Mast: Tränker, Mastremonten, Fresser, Mastkühe; zur
Schlachtung: Kühe, Bankvieh
(Muni, Rinder, Ochsen) und
Kälber
• Bio: Zucht-, Mast- und
Schlachttiere
3. IPS-Kuvag
Sie handelt wie die ASF Sursee Tiere aller Schlachtviehkategorien, aber ausschliesslich IPS-Label-Tiere. Seit
2012 ist die IP-Suisse mit 20 %
an dieser Firma beteiligt. Deshalb amtierte IP-Suisse-Präsident Andreas Stalder bereits
vor der jetzigen, kompletten
Übernahme als Verwaltungsratspräsident. sal
www.schneider-vieh.ch
www. asf-sursee.ch
www.ips-kuvag.ch
extremer», schreibt Egger. Er
fragt, wieso sich die NZZ einzig
mit der Landwirtschaft befasse
statt mit der ganzen Branche,
insbesondere dem Duopol im
Lebensmittelhandel. Die Hauptmehrkosten fielen in den nachgelagerten Stufen an,die aber für
ihre hohen Kosten und Margen
nie kritisiert würden. «Selbst
wenn die Schweizer Bauern ihren Brotweizen gratis an die
Mühle liefern würden, wäre der
Konsumentenpreis für Brot in
der Schweiz um 250 % höher als
in Deutschland. sal
kel in der NZZ reagiert. «Ja, die
Produzentenpreise
in
der
Schweiz sind 40 % höher als die
Preise auf den Weltmärkten. Die
Differenz der durchschnittlichen Einkommen dürfte jedoch
weit höher ausfallen. Bei den
Konsumentenpreisen ist es noch
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