Datum: 08.06.2015 Online-Ausgabe Der Oberhasler 3860 Meiringen BE 033/ 971 55 55 www.oberhasler.ch Medienart: Internet Medientyp: Tages- und Wochenpresse Online lesen Themen-Nr.: 831.071 Abo-Nr.: 1096601 Page Visits: 188'257 Thun8. Juni 2015 136979 Sternstunde mit dem Carmina Quartett Eine gehaltvollere Eröffnung hätten die Thuner Schlosskonzerte nicht haben können. Mit je einem Streichquartett von Joseph Haydn, Dmitri Schostakowitsch und Franz Schubert setzte das Carmina Quartett die Massstäbe für eine vollendete Wiedergabe. Zauberhafte Stimmung – zauberhaftes Spiel, das Carmina Quartett im Rittersaal des Thuner Schlosses (vlnr): Matthias Enderle, Susanne Frank, Wendy Champney und Stephan Goerner.Fotos: Samuel Wenger Mit Recht trägt es vor seiner instrumentalen Bezeichnung der Gattung zur Identifikation den Zunamen Carmina: das Streichquartett mit Matthias Enderle und Susanne Frank (Violinen), Wendy Champney (Viola) sowie Stephan Goerner (Violoncello). «Carmina» ist die Mehrzahl des lateinischen Wortes «Carmen» und beinhaltet in der Übersetzung unter anderem das Gedicht, das Lied, den Gesang und den Ton, Elemente, die dem Streichquartett als Komposition Leben und Ausdruck verleihen. Seit 30 Jahren spielen sie zusammen, haben sich mit der gesamten Quartettliteratur vertraut gemacht und mit wiederholten Wiedergaben tiefste Einsichten gewonnen. Jede Begegnung mit dem Carmina Quartett legt Zeugnis der Vertiefung ab und schenkt Sternstunden der Kammermusik. So auch im randgefüllten imposanten Rittersaal des Thuner Schlosses. Im Zeichen der Zeit Die drei Streichquartette – Haydns Streichquartett op.76 Nummer 3 in C-Dur (1797), Schostakowitschs Streichquartett Nummer 8 in c-Moll (1960) und Schuberts Streichquartett Nummer 14 in d-Moll (1824) – tragen autobiografische Züge und sind auch Reaktion auf die politischen Gegebenheiten. So wird manch Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 58099168 Ausschnitt Seite: 1/3 Datum: 08.06.2015 Online-Ausgabe Der Oberhasler 3860 Meiringen BE 033/ 971 55 55 www.oberhasler.ch Medienart: Internet Medientyp: Tages- und Wochenpresse Online lesen Themen-Nr.: 831.071 Abo-Nr.: 1096601 Page Visits: 188'257 aufmerksamer Zuhörer der heutigen näheren und weiteren Zeitprobleme eingedenk gewesen sein, bevor er sich durch die Musik in die keineswegs «guten alten Zeiten» entführen liess. Alle drei Komponisten kämpften zur Zeit der Niederschrift ihrer Quartette mit gesundheitlichen Problemen, Haydn zudem im nahenden Ungewitter der französischen Revolution und Napoleon, Schostakowitsch in der Bedrängnis der nachstalinistischen Sowjetunion und Schubert im repressiven österreichischen Spitzelstaat Metternichs. Das Wissen darum schaffte eine ganz spezielle vertiefte Hörbereitschaft für die drei Meisterwerke. Aufs Feinste aufeinander abgestimmt: Der herrliche Blumenstrauss und die beiden Geigen von Matthias Enderle und Susanne Frank. Ungleiche Variationen Beide Lieder, welchen Haydn und Schubert in den langsamen Sätzen ein Eigenleben einhauchten, sind weltbekannt, hier der Hymnus «Gott erhalte Franz den Kaiser» und dort «Der Tod und das Mädchen». Wenn sie auch keinen sachbezogenen Einfluss auf die übrigen Teile haben, so verdanken die Quartette ihnen doch ihre Beinamen. Gemeinsam haben sie den Aufbau in der Variationenform, jedoch sehr verschieden. Haydn lässt die Liedmelodie unangetastet – der Kaiser bleibt standhaft unangefochten – und hofiert ihr mit köstlichen Zugaben aus seinem Zauberkästchen der Erfindung vielseitigster Art. Die Melodie bleibt aber dabei vordergründig omnipräsent. Schubert gewichtet anders. Er verändert die Liedmelodie, schafft gegensätzlichste Grundstimmungen und setzt die stimmlichen Zugaben häufig in den Vordergrund. Einen besseren Vergleich zwischen Klassik und Romantik könnte man nicht bekommen. Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 58099168 Ausschnitt Seite: 2/3 Datum: 08.06.2015 Online-Ausgabe Der Oberhasler 3860 Meiringen BE 033/ 971 55 55 www.oberhasler.ch Medienart: Internet Medientyp: Tages- und Wochenpresse Online lesen Themen-Nr.: 831.071 Abo-Nr.: 1096601 Page Visits: 188'257 Vor dem Auftritt zum Stelldichein gruppiert (vlnr): Das Carmina Quartett mit Stephan Goerner, Wendy Champney, Matthias Enderle und Susanne Frank. Die Initialen schaffen Klarheit In vielen Werken seiner so divergenten Schaffenszeit zeigen sich Motive mit den Tönen D – (e)S – C – H, D (mitri) SCH(ostakowitsch). Sie sind der klare Stempel der Urheberschaft und Eigenverantwortung. Das c-MollQuartett beginnt gleich damit und untermauert durch das ganze Werk immer wieder die biografische Darstellung seines lebenslangen Kämpfens gegen gesundheitliche und politische Feinde. Eine ganze Reihe von Zitaten aus früheren Werken und Kompositionen von Zeitgenossen ab 1928 weisen auf bestimmte Ereignisse hin. Überraschend ist die Satzfolge. Drei kontemplative, erzählerische Largi umschliessen ein schmetterndes Allegro molto und ein tänzerisches Larghetto. Das Meisterwerk schliesst und verlöscht wiederum mit dem Initialenmotiv. Dixi, ich habe gesprochen, erzählt, gelitten und ausgelebt. Drei Quartette, drei kammermusikalische Kleinodien, begeisternd und aufwühlend zugleich. Die Krone trägt Franz Schubert mit seiner Zauberwelt des Melodischen. Das Carmina Quartett öffnete weit die Tore und gewährte den Zugang. 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