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Politik D
er Präsident der Bundesärztekammer
eröffnete die Sitzung im bis zum letzten Platz gefüllten Kongresssaal mit einem missglückten Scherz. Beim Griff zum
Wasserglas kokettierte Prof. Frank Ulrich
Montgomery, es sei nun an der Zeit für
ein erstes Bier und erntete das Schweigen
des Saales. Der sonst bei solchen Dingen
Treffsichere zeigte Nerven. In schnellen
Worten und in gereizter Tonlage hakte
Montgomery in seiner darauffolgenden
Eröffnungsrede die Kritikpunkte der vergangenen Monate ab. Es gebe keine Interessenskonflikte wegen seines Sitzes im Beirat
des PKV-Verbandes. Man hätte zwar mehr
informieren müssen. Das hätte allerdings
„das Klima der Vertraulichkeit in extrem
dichten Verhandlungen“ gefährdet. Zudem gebe es ein Verschwiegenheitsgelübde
gegenüber dem Gesundheitsministerium
(BMG). Vor allem aber lobte Montgomery
den erreichten Verhandlungsstand. In der
GeKo werde die Position der Ärzteschaft
im Gegensatz zum bisherigen Konsultationsausschuss sogar gestärkt. Dagegen habe
sich die Einberufung des Sonderärztetags
bereits in der Ablehnung einer GOÄ-Reform durch die SPD bemerkbar gemacht.
FOTO: GEORG J. LOPATA/AXENTIS.DE
Man vertrete die
Interessen der Ärzte
Inhaltlich ähnlich, dafür weit weniger emotional fasste anschließend der ehemalige
Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, Dr. Bernhard Rochell, den bisherigen
Stand der Verhandlungen zusammen. Rochell legte im Einzelnen dar, wann und wo
der Deutsche Ärztetag den in der Kritik stehenden Elementen des Verhandlungsstands
zugestimmt habe: 2001 in Ludwigshafen,
2011 in Kiel, 2014 in Düsseldorf, 2015
in Frankfurt am Main und so weiter. Eine
„EBMisierung“, wie sie von Kritikern befürchtet werde, könne er nicht bestätigen.
Die GeKo werde „kompetente Vorschläge“
an das BMG liefern und biete einen „geschützten Raum mit nicht überstimmbarer
ärztlicher Besetzung“. Analogbewertungen
bei Verlangens- und individuellen Gesundheitsleistungen seien weiterhin möglich und
die Öffnungsklausel sei „sowas von tot“.
Im Übrigen vertrete man die Interessen der
Ärzte – ein Satz, der dem mittlerweile bei
der KBV als Verwaltungsdirektor tätigen
Rochell Gelächter einbrachte.
Nun war Dr. Elmar Wille, Vize-Präsident der Berliner Ärztekammer, an der
Reihe. In der Choreografie des Ärztetages kam ihm die Rolle des Kritikers der
BÄK-Strategie zu. In seinem fast einstündigen, minutiös ausgearbeiteten, ideologisch
allerdings stark aufgeladenen Vortrag ließ
Sonderärztetag
in Berlin: Dämpfer
für die Kritiker
GOÄ-Reform: Klinikärzte
schützen BÄK-Präsident
Der außerordentliche Deutsche Ärztetag hat der GOÄ-Strategie des Bundesärztekammer-Vorstandes (BÄK) grünes Licht gegeben. Es ging um ordnungspolitische
Grundsatzfragen, wie die Einführung einer Gemeinsamen Kommission (GeKo) zur
Steuerung von Leistungen und Honoraren. Mit der GeKo werden private Krankenversicherer und Beihilfe künftig mehr Mitspracherechte bekommen.
Wille kein gutes Haar am GOÄ-Zwischenstand. In seiner Argumentation zeichnete
der in Berlin niedergelassene Augenarzt
ein düsteres Szenario des Arztberufes in
einer Welt mit GOÄneu. Mit dem derzeit
bekannten GOÄ-Entwurf würden „wesentliche, althergebrachte Freiheiten beschnitten oder ganz gekippt“. Im Gegensatz zu
den Beteuerungen der Bundesärztekammer
übernehme die GeKo beachtliche Aufgaben. Mit dem Konsultationsausschuss sei
das nicht vergleichbar. Außerdem sei eine
„Entwertung der Approbation“ zu befürchten, denn abrechnen dürfe nur noch,
wer eine Facharztqualifikation der entsprechenden Leistung habe.
Kurzes Rederecht
für Verbände
Nach der anschließenden Mittagspause
und einem vergleichsweise kurzen Auftritt
von BÄK-Verhandlungsführer Dr. Theodor
Windhorst („Es gibt freie Meinungsäußerung, aber nicht jede Meinung ist richtig“)
folgte die Aussprache im Plenum. An Wortmeldungen mangelte es nicht und neben
den Delegierten wurde, nicht ohne Widerstand aus dem Plenum, auch Dr. Wolfgang
Wesiack für die Allianz deutscher Ärzteverbände und Hausarztverbands-Chef Ulrich
31 — der niedergelassene arzt 02/2016
Weigeldt ein kurzes Rederecht eingeräumt.
Fachärzte und Hausärzte hatten sich zuvor
auf eine gemeinsame Strategie geeinigt –
ein bemerkenswerter Schritt angesichts
der traditionellen Missgunst zwischen
den Fachgruppen. Bereits nach wenigen
Rednern wurde die Lagerbildung deutlich. Während die Befürworter von einem
„akzeptablen Verhandlungsergebnis“
sprachen, ärgerten sich die Kritiker über
den „ordnungspolitischen Sündenfall“ der
neuen Kommission.
In der folgenden Abstimmung der
Anträge ging plötzlich alles sehr schnell.
Gleich das erste Ergebnis war ein Dämpfer für die Kritiker. Mit großer Mehrheit
wurde beschlossen, alle Anträge, die eine
Unterbrechung der Verhandlungen zur
Folge haben, an den GOÄ-Ausschuss der
BÄK zu überweisen. Nicht besser erging
es dem kritischen Antrag von Elmar Wille.
Sein Vorschlag wurde von den Delegierten
auf einen nichtssagenden Torso zurechtgestutzt. Wille zog zurück. Auch der von der
Allianz deutscher Ärzteverbände vorbereitete Antrag scheiterte – wenn auch knapp
mit 109 zu 98 Stimmen. Der Leitantrag des
BÄK-Vorstandes war danach reine Form­
sache. Er wurde bei wenigen Gegenstimmen angenommen.
Thomas Hahn