Joachim Wittkowski (Hg.) Hic, haec, hoc. Der Lehrer hat nen Stock

Joachim Wittkowski (Hg.)
Hic, haec, hoc. Der Lehrer hat nen Stock
Schulgeschichten aus dem Ruhrgebiet
OLM
Henselowsky
Boschmann
Hic, haec, hoc.
Der Lehrer hat 'nen Stock.
Is, ea, id.
Was macht er denn damit?
Sum, fui, esse.
Er haut uns in die Fresse.
Inhalt
Meine Schulzeit im Kaiserreich
Hans Burkardt
6
Kurt Dörnemann
9
Herbert Reinecker
14
Ilse Bintig
19
Als Gymnasiast in Pimpfenkluft
( 1 9 3 6 - 1944)
Karl Otto Conrady
33
Mein Besuch der Oberschule zu
Wanne-Eickel
Heinrich Missalla
52
Hugo Ernst Käufer
58
Ilse Kibgis
69
»Haste mal 'n Klatschen
Margarine für mich?«
Helmut Spiegel
77
Meine Schulzeit
Roland Harweg
89
Ein Dorfschuljunge wird Pennäler
(Lateinische Eselsbrücke)
Meine Schulzeit in Hagen
in Westfalen
Aller Anfang ist schwer
Wir marschierten stramm
im Quadrat
Wittener Schulepisoden
Schule im Zeichen des Krieges
© Copyright: Verlag Henselowsky Boschmann
Gerichtsstraße 1, 46236 Bottrop
E-Mail: [email protected]
www.ruhrgebietsliteratur.de
1. Auflage 2007
ISBN 978-3-922750-70-3
Umschlag-Fotos: Westfälisches Schulmuseum, Dortmund
vorne: Klassenfoto, 1925
hinten: Abschlussklasse Berswordtschule, Dortmund 1964
Das war's
Knallharte Zeiten
Der Hitlergruß
Friedhelm Mikolajczak
108
Heinz Stein
123
Gerd Kivelitz
127
Der Nachrücker
Eine Schulgeschichte
Paul Reding
133
Penne
Christian Eichler
222
Barbara Ester
228
Schibrowski
Hartmut Kasper
232
Mnemosyne versus Lethe
Erinnerungen ans
Gymnasium Eickel
Jörg Uwe Sauer
236
Unzugänglich
Notizen zur Schulzeit
Peter Trawny
241
Noch mal von vorn
Anja Liedtke
245
Hatice Aksoy- Woinek
252
Jan Demuth
261
Die Bildbeschreibung
Mensch, du lachst dich kaputt
Von einem s-paßigen Friseurbesuch,
einem wippenden Schnurrbarthaar
und einer Lehrerin, die weniger
weiß als alle Kinder
Fräulein Hoefel
Als ich über den Schulhof flog
Unsichtbare Linie
Karl Kühn
Thomas Althoff
138
142
Rainer W. Campmann
152
H. D. Gölzenleuchter
156
Brigitte Werner
161
» . . . das Kind vor mir
Ein Eisbär, ein Lehrer
und eine Telefonzelle
Der Reiseschüler
Der letzte Tag
oder Roll over Beethoven
»Na ja - steh mal so halb auf«
Eine Schulzeit in den
fünfziger und sechziger Jahren
165
und das Kind in mir«
Heinrich Peuckmann
168
Eins vor dem Ei,
zwei hinter dem Ei
Werner Streletz
180
Friedrich G. Klimmek
Solche und solche
Schule - ein Mikrokosmos
Gerd Riese
189
Königskinder
»Kein y für ... Schule«
Der Weg ins Gymnasium
Klaus-Peter Wolf
Thomas Kade
Monika Linau
273
Jan Scheper
275
Alexander Krusch
289
Joachim Wittkowski
294
207
Die Autoren
Paulas Grüße
Nadine Dönecke
203
Nachwort
Nur eine Stunde
Claudia e. Kraszkiewicz 264
214
304
Hans
Burkardt
Meine Schulzeit im Kaiserreich
Als ein 1904 in Frankfurt a. M. geborener Bürger habe ich in
einem Vaterland von vier Versionen gelebt. Im Kindesalter kam
ich mit meinen Eltern nach Essen, wo ich jetzt noch lebe. Von
1910 bis 1913 besuchte ich eine katholische Volksschule. Da es
in unserem Stadtviertel noch keine Schule gab, mussten wir von
der Margaretenhöhe bis Holsterhausen laufen (20 Minuten).
An die damalige Zeit, das Schulwesen und die Lehrer kann
ich mich noch gut erinnern. Im Mittelpunkt des Lernens stand
das Schreiben, Rechnen und Lesen. Es wurde täglich von Montag bis einschließlich Samstag geübt. Auch die täglichen Hausaufgaben bezogen sich auf diese Fächer. Mit diesen Kenntnissen konnten wir nach drei Jahren zu einer Mittelschule (heute
Realschule) oder zu einem Gymnasium wechseln. Es musste
natürlich eine Aufnahmeprüfung bestanden werden. In der
Volksschule hatten alle Schüler großen Respekt vor Lehrern
und Lehrerinnen. Schlechtes Benehmen und Faulheit wurden
scharf getadelt oder mit Prügeln bestraft. Letzteres geschah an
unserer Schule selten.
Abwechslung gab es in manchen Unterrichtsstunden mit dem
Vorlesen von einfachen Geschichten, Gedichten und Märchen.
Gesungen wurden Kinder- und Volkslieder, natürlich auch das
Deutschlandlied und Heil dir im Siegerkranz, Herrseber des Vaterlands. Zu meiner Zeit kam Wilhelm II. nach Essen und auf
die Margarethenhöhe, vor meiner Zeit die Kaiserin Auguste
Viktoria. Für das Spalier war bei den Knaben kurzgeschnittenes Haar und bei den Mädchen schwarzweißrote Haarschleifen
gewünscht.
Noch disziplinierter war es im Gymnasium, zu dem ich wechselte. In unserem Lehrerkollegium überwogen ältere Professoren
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aus der Monarchie neben einigen Studienräten und Assessoren.
In der Tertia unterrichtete uns ein älterer Lehrer, der neben seinem Professor- und Doktortitel noch den eines Geheimrates
besaß. Man sagte uns, dass er eine Erfindung gemacht habe. Er
war ein kluger Mann, aber ein miserabler Pädagoge. Er schrieb
große technische Zeichnungen an die Tafel, erklärte sie jedoch
unverständlich. Seine anschließenden Fragen konnte keiner beantworten. »Ich komme mir vor wie in einer Taubstummenanstalt.« Mit diesen Worten reagierte er auf das Geschehen.
Umgekehrt war es in der Sekunda mit einem anderen Lehrer
in Mathematik. Er machte zwar den Eindruck eines großen Pedanten, überzeugte uns aber durch seine hervorragende pädagogische Begabung. Das Leistungsniveau der Klasse steigerte sich
schon nach kurzer Zeit. Im Physikunterricht hatten wir mit
ihm ein amüsantes Erlebnis. Er führte uns ein Gerät vor, bei
dem viel zu beobachten sei, wenn elektrischer Strom geladen
werde. Er drückte den Geräteknopf, aber es passierte nichts.
Aufgeregt untersuchte er den Gegenstand von allen Seiten, bis
ein Klassenkamerad ihm zurief: »Herr Professor, der Steckkontakt ist ja nicht eingeschaltet!« So erlebten wir den »zerstreuten Professor« original. In diesen beiden Fächern wie in den
Fächern Deutsch, Geschichte, Naturwissenschaft und Fremdsprachen wurde gleichviel verlangt. Daran hielt man auch in
den folgenden Kriegsjahren fest. Das in den letzten Kriegsjahren durchzuhalten mit unseren hungrigen Mägen fiel uns nicht
leicht.
Sport und Religion hatten einen festen Platz im Stundenplan.
Musikunterricht beschränkte sich auf Lied- und Chorgesang,
den ein Schulgesangslehrer betreute. Den akademisch ausgebildeten Musikstudienrat gab es noch nicht. Schüler und Lehrer,
die ein Instrument spielten, musizierten gemeinsam in einem
Schulorchester, das ein Lehrer leitete. Zu meiner Zeit saß ich
wechselweise mit einem Mitschüler am Flügel. Im figürlichen
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Zeichnen unterwies uns ein entsprechender Fachlehrer. Musischer Geist in der Schule war auch einem jungen Studienrat zu
danken. Mit geeigneten Schülern stellte er eine Schauspielgruppe zusammen. Unter Hinzuziehung einiger Lyzeumschülerinnen wurden klassische Werke in Kurzfassungen aufgeführt. Zur
Förderung der Gemeinschaft dienten Sportfeste, Schulfeiern
und jährlich ein Tagesausflug.
Zur Disziplin wäre noch zu sagen, dass wir Mützen in verschiedenen Farben und Formen tragen mussten. So konnte
man auch außerhalb der Schule erkennen, wo und in welcher
Klasse wir unterrichtet wurden. Man musste sich auch draußen
gut benehmen. In der Schule standen wir schlagartig auf, wenn
ein Lehrer die Klasse betrat, ebenfalls wenn wir in der Stunde
aufgerufen wurden. Schlechtes Betragen in der Schule führte
zur Eintragung ins Klassenbuch und zum Brief an die Eltern.
Das Tragen der Mütze förderte allerdings auch den Fleiß, denn
man wollte nach der Versetzung die Mütze in anderer Farbe tragen und nicht in der alten als sitzengeblieben erkannt werden.
Merkmale und Stil der Schule änderten sich nach dem Krieg
nicht.
Eines ist mir besonders in Erinnerung geblieben: An einem
Tag 1919 oder 1920 wurden alle Schüler der Essener Gymnasien in den Großen Saal des Essener Saalbaues eingeladen. Es
handelte sich um die sogenannte »Entschiedene Jugendbewegung«, die für weniger Rechte der Lehrer und mehr Freiheit für
die Schüler eintrat. Mein anwesender Klassenlehrer vermochte
nur kopfschüttelnd darüber zu lachen. Wie ich hernach erfuhr,
standen auch Lehrer hinter der Aktion.
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Kurt
Dörnemann
Ein Dorfschuljunge wird Pennäler
Als Kind habe ich meine Sprache stark verändert, nachdem ich
in die Sexta des Gymnasiums versetzt worden war. Im Vorort
Wannen (bei Witten) hatte ich zunächst aus der dörflichen Umwelt und dem Kreis meiner Spielgefährten die dort gängigen
Ausdrücke und Sprech weisen übernommen. Auf dem Gymnasium lernte ich, dass die Stadtkinder andere Bezeichnungen für
die Dinge hatten. Auf dem Land sagten wir Knickei; diese Kugeln waren für sie Murmeln. Unsere Drieseldöppe waren für sie
Kreisel. Ihre Reifen hießen bei uns Bösel. Für sie war ein Frosch
ein Frosch. Für uns war das eine Itsche. Sie sprachen überhaupt
viel gebildeter. Aber sie wussten nicht, was ein Mottek war, ein
Hammer, oder ein Katzow, Metzger, oder was Pottverdecki
bedeutete, nämlich ein verballhorntes Gottverdammich. Die
Ausdrücke kamen zum Teil aus dem Sprachgut polnischer Arbeiterkinder.
Stadtkinder machten sich übrigens stets lustig über unsere
Wörter wie Erräppel, Kappes, Ru ern und Zossen für Kartoffeln, Weißkohl, Hunde, Pferde und viele andere plattdeutschen
Worte und Redensarten. In der Kindheit konnte ich, ganz
selbstverständlich, fließend platt ku ern.
Mit dem Eintritt in die Sexta änderte sich aber noch viel mehr.
Solange ich zu Lehrer Spindeldreher in die Wannener Volksschule ging, machten mir Unterricht, Lernen und Hausaufgaben nichts aus. Zwar verwandte ich meine Zeit nicht gerade
gern für solche Beschäftigungen, aber sie mussten nun mal erledigt werden. Auch hatten wir in Herrn Spindeldreher einen
Lehrer, der heiter gelassen, mit Autorität, ohne Stock, die Klasse
mit etwa 40 Jungen und Mädchen regierte. Er sang gern Volkslieder mit uns.
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Mit der Einschulung in die Sexta des Wittener Realgymnasiums aber begann für mich eine Schreckenszeit. Und das lag an
einer einzigen Person, an meinem Klassenlehrer.
Der kleine rundbäuchige, stämmige Mann mit den schwarzen Stehhaaren und buschigen Brauen über den dunklen Augen
verwandelte sich für mich schnell in ein dämonisches Wesen.
Die Angst vor ihm war drei Jahre lang die größte Not meiner
Kindheit.
Wir lernten bei ihm in der Unterstufe Rechnen, Deutsch und
Erdkunde. An jedem Schultag erhielten wir durch ihn mindestens eine Stunde Unterricht. Von seinen bösartigen Lehrmethoden, zu denen selbstverständlich der Gebrauch des Rohrstocks
gehörte, blieben kräftige, ältere Jungen durchweg verschont. Er
wählte sich für seine besonderen Behandlungen die körperlich
wie geistig eher feingliedrigen, empfindsamen Kinder. So schien
es mir damals.
Beim Abhören einer Lektion pflegte er sich neben sie zu stellen. Er genoss offenbar zunächst ihre, durch seine Nähe sich zur
Angst steigernde Verwirrung, die er durch höhnische Ermunterungen vergrößerte, um dann, wenn einer stockte, sich im Text
verhedderte, das Ohr des Schülers zu packen und zusammenzukneifen. Er zog den Jungen daran hoch und höher, bis der
Gepeinigte anfing zu schluchzen, was ihm noch ein »Heulsuse«
einbrachte.
Es schien ihm einen zusätzlichen Genuss zu bringen, wenn er
an den Tagen, an denen er zwei Unterrichtsstunden zu geben
hatte, in der Frühstunde zunächst keinem seiner Lieblingsknaben eine Spezialbehandlung zuteil werden ließ, dann aber am
Schluss der Frühstunde sie der Reihe nach ansah und lächelnd
erklärte: »Ihr kommt nachher dran!« Die Angst vor dem zu Erwartenden, die unfähig machte, dem Unterricht in den anderen
Fächern zu folgen, war gewiss schlimmer als das, was nachher
wirklich geschah.
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Ob dieser Mann darunter gelitten hat, dass er nur in der Unterstufe unterrichten durfte, in der Schulhierarchie nicht aufsteigen konnte, ob er, der mehrere Kinder besaß, finanzielle oder
andere Sorgen, Nöte hatte und sich an den ihm ausgelieferten
Schulkindern und bei diesen wiederum an den schwächsten so
ausließ, um sich als Machtbesitzer zu fühlen, ich weiß es nicht.
Gelernt, begriffen habe ich bei ihm sowieso nichts. Drei Jahre
kam ich nur mit Ach und Krach, dazu mit ständigen Nachhilfestunden von einer Klasse in die höhere, war ich stets einer der
schlechtesten Schüler.
Als dieser Lehrer nach der Versetzung in die Untertertia nicht
mehr in meiner Klasse auftauchte, wurde meine Kindheit wieder
hell. Die Schule verwandelte sich aus einem Gehäuse des Schreckens in eine ganz normale Anstalt. Mit fröhlichen Gefährten,
mit ein bisschen Kummer dann und wann, und mit viel Spaß.
Der böse Mann meiner frühen Jahre unterrichtete weiter in
einem abgelegenen Flügel des weitläufigen Schulgebäudes. Ich
begegnete ihm kaum noch, begann ihn zu vergessen. Noch einmal habe ich ihn bewusst gesehen. Ich war Primaner geworden
und wartete vor der Schule auf jemanden. Da kam er plötzlich
vom Schulhof, um vor mir die Straße zu überqueren.
Er sah mich an. »Nehmen Sie die Mütze ab«, sagte er.
»Vor Ihnen nicht.«
»Ich werde es Ihrem Klassenlehrer melden.« Er ging weiter.
Ich dachte: Er wird es nicht tun. - Er hat es nicht getan.
Um diese Zeit, Mitte der zwanziger Jahre, besaßen wir schon
Fahrräder und trugen weiße Primanermützen. Manche von uns
kamen sich als Fast-Studenten vor. Die zuständigen Damen
vom Lyzeum setzten ihre dunkelblauen Tellermützen mit bunten, die Jahrgänge kennzeichnenden Einfassungen, schief auf
ein Ohr. Die Mädchen machten bei der Begrüßung Erwachsener nun nur noch andeutungsweise und ganz selten den früher
stets und selbstverständlich gebotenen Knicks.
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Diese männlichen und weiblichen Pennäler wuchsen auf in
einer von bürgerlichem Standesdenken gegliederten Gesellschaft, die auch ihnen die Zeichen von Klassenunterschieden
bescherte. Zwischen ihnen und anderen Jugendgruppen standen viele Zäune. Schon die roten, grünen, blauen Mützen, die
mehr oder weniger stolz getragen wurden, laut Schulordnung
getragen werden mussten, hoben Gymnasiasten und Lyzeistinnen aus der Masse der Schulpflichtigen heraus, brachten sie in
Gegensatz zu Volks- und Mittelschülern ihres Alters. Besucher
der sogenannten höheren Schulen gingen auch nur in eine ganz
bestimmte Tanzschule; sie bot ihre Stunden im feinen Voß'schen
Saalbau. An den Kursen des zweiten Wittener Tanzlehrers, der
im Vereinssaal eines Gasthofes billiger unterrichtete, nahmen
Verkäuferinnen, Sekretärinnen und Angestellte teil. Es gab einen Turnverein, der im Ansehen höher stand als der andere,
was gar nichts mit den Sportlerleistungen zu tun hatte. In der
Vereinigung Deutsche Jugendkraft trieb man nur Sport, wenn
die Eltern stramm katholisch waren. Im Arbeitersportverein
machten fast ausschließlich die Söhne politisch interessierter,
engagierter Väter mit.
auch am Samstag. Ferien, Freizeit gab es kaum. So wurde es
schwierig, einander zu sehen, zu treffen, weiter gemeinsam etwas zu unternehmen. Doch fehlte es nicht nur an Zeit, um alte
oder neue Freundschaften über gesellschaftliche, von Arbeit und
Beruf gesetzte Schranken hinweg zu retten.
Es bestand keine Jugendszene mit Diskotheken, Eistreffs,
Volkshochschulen, Jugendzentren für alle, Spielsalons und anderen Stätten, an denen sich die Angehörigen der unterschiedlichen sozialen Gruppen so hätten begegnen können, wie es heute für Hauptschüler und Studenten, Angestellte, Berufsschüler
und andere Jugendliche möglich ist. In den katholischen und
evangelischen Gemeindevereinen, bei den zahlreichen landsmannschaftlichen Vereinigungen der zugewanderten Ost- und
Westpreußen, der Schlesier und Polen blieb man ebenfalls unter
sich. In dieser durch Zäune gegliederten Welt konnte auch kein
für alle Jugendliche gültiger Jugendjargon entstehen, zumal es
noch kein Radio oder Fernsehen gab, deren Musikstars oder
Moderatoren prägend, wechselnde Moden schaffend, auf sie
einwirken konnten.
Alle Jugendlichen lebten damals hinter Zäunen dieser Art,
eingeschlossen von Herkunfts- und Besitzstandsvorurteilen,
von der Zugehörigkeit zu bestimmten Gesellschaftskreisen.
Zwischen ihnen kam es, bis auf gelegentliche Begegnungen bei
Sportwettkämpfen, kaum zu Kontakten. Ich erinnere, dass es
gar nicht lange dauerte, bis ich die Verbindung zu den Freunden
meiner Kindertage in Wannen verlor. Während ich noch die untersten Klassen des Gymnasiums besuchte, gingen sie nach dem
Volksschulabschluss sofort in den Beruf, als Lehrlinge zur Zeche,
zur Fabrik, zu städtischen Ämtern, zu Handwerksmeistern. Die
Lehrlinge jener Jahre waren durchweg gegen 7 Uhr in der Frühe
am Arbeitsplatz; sie kamen erst am Abend heim und mussten
dann in vielen Familien noch schaffen. Nicht wenige arbeiteten
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Herbert
Reinecker
Meine Schulzeit in Hagen in Westfalen
Ich denke gerne zurück an meine Schulzeit. Ich kenne sie alle noch,
die mit mir den Weg zurückgelegt haben, von der Sexta bis zur Oberprima. Ich kenne sie alle noch. Das Traurige ist, es gibt sie leider nicht
mehr. Ich habe den Brief aufgehoben, in dem mir Werner Ecker mitteilte: Herbert, wir sind die beiden letzten aus unserer Klasse. Die anderen hat der Krieg geholt. Und der, der mir dies schrieb, lebt längst
auch nicht mehr.
Wer jemanden nach seiner Schulzeit fragt, wird ein großes Erlebnis haben. Denn der so Gefragte öffnet sofort die Tür seiner
Erinnerungen und geht mit ihr spazieren im Wunderland der
Jugendzeit mit der unendlichen Folge der Erstemal-Ereignisse,
die alle auf dem Wiederholungsweg Teile von Lernprozessen
sind auf einem Wege, dessen Ziel es ist, aus Personen Persönlichkeiten zu machen.
Ich bin 1914 geboren worden in Hagen, einer Stadt, die noch
keine Großstadt war, aber gerne eine geworden wäre. Man wartete fast ungeduldig auf den Hunderttausendsten. Ich jedenfalls
war nicht dieser hunderttausendste Bürger der Stadt Hagen.
Hagener waren keine Großstädter, Hagen war eine Familie.
Dass für mich Hagen eine Familie war, ist mir erst heute bewusst geworden. Überall geordnete Verhältnisse. Es gab ein paar
Gegensätze. Ein Teil der Hagener Bevölkerung war evangelisch,
ein anderer Teil war katholisch. Aber die Kirchen standen nahezu nebeneinander. Beispielsweise in der Langestraße. Auch
die Volksschulen lagen dicht beieinander. Die evangelische
Volksschule und die katholische Volksschule. Unser Bildungssystem war ziemlich einfach. Man besuchte die Volksschule,
und danach konnte man sich entscheiden aufzuhören oder in
die höhere Schule überzuwechseln. Die Mädchen besuchten das
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Lyzeum. Die Jungs die Oberrealschule. Wenn ich sage: »Meine
Oberrealschule«, dann bin ich sicher, dass es hörbar sein würde,
eine Art von Liebe. Das gab es: Das Elternhaus und die Schule.
Die Schule war eine Welt für sich. Die Schule war eine offene
Welt, eine weite Welt, eine reiche Welt. Man bedenke, kein
Fernsehen. Die Welt war bilderarm, wortarm, wissensarm. Wir
werden heute überschüttet von Bildern, Worten, von Wissen.
Heute? Der moderne Mensch keucht unter der Last der Informationen. Heute wird dir ständig etwas mitgeteilt. Was ist der
Mensch? Ein blinder Umherläufer in einer Welt, in der gleichsam alles außer Rand und Band ist.
W i r liebten unsere Schule und fanden es ganz normal, dass
man sich zu seiner Schule bekannte. Das war die Zeit der Schülermützen. Farbige Mützen, Schlägermützen. Jede Klasse hat
eine eigene Farbe. Und das waren die Klassen: Sexta, Quinta,
Quarta, Tertia, Sekunda, Prima, Unterprima, Oberprima; Prima
hatte die schönste Mütze - ganz weiß, silberweiß. Den Weißdruck gab es in der Klasse, in der es ums Abitur ging. Es gab
in Hagen ein Mützengeschäft. Ein gewisser Herr Braun stellte
Schülermützen her und verkaufte sie. Sein großes Geschäft war
der Versetzungstag. Der versetzt wurde, bekam eine neue Mütze.
Und jeder wusste, da hat jemand die Versetzung geschafft. Man
sieht es. Denn er hat eine neue Mütze. Herr Braun kannte jeden,
denn er sah jeden einmal im Jahr. Er lobte die, die eine neue
Mütze brauchten. Dann sagte er etwa: Das hab ich gewusst, dass
du es bestehst. Ich hab deine Mütze schon bereitgelegt. Ich habe
gleich gewusst, bald kommt er und danach kriegt er die Mütze.
Wenn jemand die Versetzung nicht geschafft hatte, sozusagen
»sitzengeblieben« war, fand er in Herrn Braun einen Tröster,
und der sagte dann: Schade, dass du das nicht geschafft hast.
Aber du siehst es, hier ist deine Mütze. Ich leg sie beiseite. Du
weißt also, du hast hier deine Mütze - musst sie nur abholen.
Halt im nächsten Jahr. Herr Braun war übrigens Jude.
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Ich sagte es schon, dass Hagen für mich den Charakter einer
Familie hatte. Auch die Schule war eine Familie. So war es ganz
natürlich, dass die Schule sich meldete, wenn die Probleme der
Pubertät für Unruhe gesorgt haben. Die Lehrer übergaben uns
einen geschlossenen Brief. Wir sollten den Brief bei den Eltern
abgeben, und die sollten entscheiden, ob sie den Brief aufmachen sollten oder lieber nicht. Ich kenne niemanden, der den
Brief selbst aufgemacht hätte. Wir hielten uns daran. Niemand
machte die Briefe vorzeitig auf. Man bedenke, wir waren alle
in Gehorsamszeiten aufgewachsen. Ein Klassenkamerad war
ganz verstört. Sein Vater hatte den Brief geöffnet und seinen
Sohn gefragt: Unterhaltet ihr euch manchmal über Schweinereien? Sein Sohn war natürlich ganz erschrocken, stotterte und
sagte: Nein. So, sagte der Vater, dann brauchst du den Brief
auch nicht zu lesen, und vernichtete ihn. Mein Vater reagierte
ganz anders. Er sagte: Du bist jetzt in der Pubertät. Das ist eine
ganz interessante Zeit, die auch ihr Schönes hat. Andere fragten
mich: Was steht denn drin in diesem Brief? Mein Vater sagte:
Sag ihnen das: Dass man beim Küssen vorsichtig sein muss.
Wer seine Schulzeit in den zwanziger Jahren verbrachte, der
hatte sich das unruhigste Jahrzehnt des ganzen Jahrhunderts
ausgesucht. Der Krieg war noch nicht weit weg. Er war noch
da, in den Köpfen war er noch da, und nicht nur in den Köpfen. Die Franzosen hatten das Ruhrgebiet besetzt. Da gab es
jetzt den kleinen Krieg. Diese Empörung: Sie nehmen uns unsere Kohle weg. Ununterbrochen fuhren die Kohlenzüge nach
Frankreich. Und jetzt gab es plötzlich eine neue kleine Heldenwelt. Junge Leute liefen neben den langsam fahrenden Kohlenzügen, sprangen auf die Waggons und schaufelten die Kohle
hinunter auf die Nebengleise.
Wir lebten alle noch in der alten Welt. Eine neue Welt hatte
sich noch nicht formuliert, obwohl es fast schon verzweifelte
Versuche gab, eine neue Welt zu formulieren. Zum ersten Male
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machten wir eine Erfahrung, die es bis dahin nicht gegeben
hatte: Politik wird auf der Straße gemacht. Und alles, was den
Anspruch erhob, ganz neu zu sein, zog sich gleichsam Stiefel an,
um zu marschieren. Das Marschieren war das Neue.
Ich machte mein Abitur 1934. Da hatte die große Verführung
schon stattgefunden. Große Verführung? Kritik hatten wir noch
nicht gelernt. Aber das haben wir ja inzwischen alles nachgeholt
und in einer Weise, die meine Generation als Kriegsgeneration
zu einer besonderen Generation gemacht hat.
Bei dieser Gelegenheit sollte ich noch etwas hinzufügen: Ich
liebe meine Generation, und dass ich sie liebe, hat zu tun mit
der Erinnerung an unseren Zeichenlehrer. Unter dem Dach
der Oberrealschule befanden sich die Zeichensäle. Unser Zeichenlehrer war schon etwas älter. Er war äußerst lebhaft und
denkgewandt. Er sagte: Die Welt verändert sich. Sie verändert
sich, ob wir es wollen oder nicht. W i r sollten es wollen, nach
dem Satz: Kümmert euch rechtzeitig um die Zeit, ehe die Zeit
anfängt, sich um euch zu kümmern und in einer Weise, die
euch nicht gefallen könnte. Malen ist freies Denken. Das freie
Denken wartet darauf, die üblichen Wege verlassen zu können.
Dieses fabelhafte Noch-nicht-da-Sein als noch nicht Gedachtes sucht einen Platz in einem Denkfeld, in dem gedacht und
geredet wird. Er sagte: Jetzt werde ich euch provozieren. In der
Musikstunde habt ihr über Hindemith gesprochen, über seine ganz neue Art, Musik zu machen. Die Frage jetzt: Könnte
man das zeichnerisch ausdrücken? Ihr habt es gehört, ihr habt
etwas empfunden, jetzt nehmt alle Kraft zusammen, alle Kräfte der Phantasie, des Glaubens, der Hoffnung, und versucht,
diesen Gefühlen einen Ausdruck zu geben. Also: Thema Trio
von Hindemith. Und jetzt fangt an zu denken und zu malen.
Mein Stolz: Was ich gemalt habe, hat mein Zeichenlehrer mit
einem Preis bedacht. Ich könnte heute noch zeichnen, was ich
damals gezeichnet hatte. Mein Zeichenlehrer betrachtete, was
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ich gemalt hatte, und fragte dann: Hast du bei dem, was du da
gemalt hast, ein peinliches Gefühl gehabt? Ich sagte: Ja, ich hatte
ein peinliches Gefühl dabei. Er lachte und sagte dann: Dann bist
du auf dem richtigen Wege.
Meine Frau, dies lesend, sagte: Du hast einmal die weiße Mütze der Oberprima getragen. Keine neue Mütze mehr? Niemand,
der dir sagt, ob du versetzt worden bist? Das fragt sich auch der,
der diesen kleinen Bericht geschrieben hat.
Die Oberrealschule gibt es übrigens nicht mehr. Sie wurde
bombardiert. Aber in meiner Erinnerung bleibt die alte Oberrealschule lebendig, sie lebt in meiner Erinnerung. Und dort hat
sie einen Platz, den sie nie verlieren wird.
Ilse
Bintig
Aller Anfang ist schwer
Es sind die heiteren Schulerlebnisse, die komischen und auch die traurigen, die uns Menschen im Gedächtnis bleiben. Vergessen und verdrängt
werden oft die Einflüsse, die unwichtig erscheinen, die aber aus der
Kindheit ins spätere Leben dringen und manchmal zu schmerzhaften
Erfahrungen führen.
Erinnerungen kommen nicht wohlgeordnet aus den Winkeln des Gedächtnisses, sondern sprunghaft. Deshalb sind auch meine Schulgeschichten nur Blitzlichter auf Erlebtes, Gefühltes und Gedachtes.
Wenige Schritte von unserem Haus entfernt donnerten die Züge
über die lange Eisenbahnunterführung. Vom Fenster fiel der Blick
auf die »Westfälische Drahtindustrie«, und hinter dem Haus, abgeschlossen durch eine hohe Mauer, standen die Werkshallen der
»Westfälischen Union«. Dass meine Heimatstadt Hamm einen
wichtigen Umschlaghafen und den größten Verschiebebahnhof
Europas hatte, lernte ich nicht erst in der Schule, sondern auf
den Spaziergängen mit meinen Eltern.
Vater zeigte uns die Schiffe auf dem Lippeseitenkanal (heute
Datteln-Hamm-Kanal) und die langen Güterzüge, hoch beladen mit Drahtrollen aus den Hammer Werken, die sie bis nach
Sibirien brachten.
Hamm war für mich ein richtiger Abenteuerspielplatz. Am
liebsten spielte ich mit meinem Freund Günther in der »Unterfuhrung«. Als wir fünf Kilometer weiter nach Herringen zogen, vermisste ich das Spiel im Tunnel. Das zeigt ein Aufsatz
mit dem Titel »Mein schönster Spielplatz«, den meine Mutter
aufbewahrt hat. Hier erzähle ich von Pferdewagen mit großen
Bierfässern, die durch den Tunnel rumpelten, von Kutschen
mit feinen Leuten, die zum Bahnhof fuhren, und von der Straßenbahn, die laut klingelte, wenn sie am Eingang des Tunnels
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Die Autoren
Hans Burkardt: geb. 1904; besuchte das Humboldt-Gymnasium in
Essen, wo er 1925 das Abitur machte; war Dozent für Musikerziehung und Klavier an der Folkwang-Hochschule in Essen und von
1942 bis 2004 Musikkritiker, zuletzt bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung
Kurt Dörnemann: geb. 1913; ging in Witten auf das Realgymnasium, wo er 1931 die Abiturprüfung bestand; war Kulturjournalist u.a.
beim Westdeutschen Rundfunk; Schriftsteller, Ubersetzer aus dem
Französischen; u.a. Schauspiel in Bochum (1963), Nur einmalfällt ein
Pistolenschuss (2002), Was für ein Theater (2003), Märchen nicht nur
für junge Leute (2004)
Herbert Reinecker: geb. 1914, gest. 2007; war Schüler der Oberrealschule in Hagen, des heutigen Theodor-Heuss-Gymnasiums, an der
er 1934 die Abiturprüfung ablegte; Träger des Bundesfilmpreises
1955; Autor zahlreicher Bücher, Drehbuchautor (u.a. für Der Hexer
und Neues vom Hexer sowie der TV-Krimiserien Der Kommissar und
Derrick); zuletzt u. a. Der Jesus von Stallupönen (2002), Nachtgespräche
(2003), Ich schenk dir Sonnenschein (2004), Sagt mir, wohin ich gehe
(2004)
Ilse Bintig: geb. 1924; Besuch der Evangelischen Westschule Hamm,
der Jahnschule Herringen und der Oberschule für Mädchen (heute
Beisenkamp-Gymnasium Hamm), Abitur 1943; Lehrerin an Grundund Hauptschulen bis 1984, danach freie Autorin; u. a. Lieber Hanno
(1986), Trümmer und Träume (1995); Pusteblume oder wie klaut man
einen Opa (2000)
Karl Otto Conrady: geb. 1926; Volksschule 1932 bis 1936, Staatliches
Gymnasium zu Hamm/Westf. (Gymnasium Hammonense) 1936 bis
1944; Soldat, Kriegsgefangener; Studium (Germanistik, Latein) seit
1947/48, Staatsexamen 1952, Habilitation 1957, seit 1961 ord. Professor für Neuere deutsche Literatur, 1962 bis 1969 in Kiel, von 1969
bis zur Emeritierung 1991 an der Universität zu Köln. Zahlreiche
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Publikationen, u.a. Goethe. Leben und Werk (1982/1984 u ö) (Hg.)
Das große deutsche Gedichtbuch (1977), Völkisch-nationale Germanistik
in Köln (1990), Der Neue Conrady. Das große deutsche Gedichtbuch
von den Anfangen bis zur Gegenwart (2000), Wörtertreiben. Gedichte
(2002), Klärungsversuche. Essays zu Literatur und Zeitgeschehen (2005)
Heinrich Missalla: geb. 1926; besuchte die Oberschule für Jungen
in Wanne-Eickel (heute Gymnasium Eickel), wo er 1947 in einem
Sonderlehrgang für Kriegsteilnehmer das Abitur erwarb; promovierter Theologe und emeritierter Professor; Veröffentlichungen u. a. Gott
mit uns. Die deutsche Kriegspredigt 1914 bis 1918 (1968), Wie der
Krieg zur Schule Gottes wurde. Hitlers Feldbischof Rarkowski. Eine notwendige Erinnerung (1997), Mit Gottßr Führer, Volk und Vaterland.
Die Verstrickung der katholischen Seelsorge in Hitlers Krieg (1999)
Hugo Ernst Käufer: geb. 1927; besuchte von 1933 bis 1941 die Hüllbergschule und die Erlenschule in Witten-Annen; war Bibliotheksdirektor der Stadtbibliothek Gelsenkirchen; Gründer der Literarischen
Werkstatt Gelsenkirchen und Mitbegründer des Werkkreises Literatur der Arbeitswelt; Prosaist, Lyriker, Essayist; seit den zusammen
mit Paul Karalus publizierten Poems (1952) zahlreiche Bücher, Anthologiebeiträge, Aufsätze, Rezensionen, Herausgeberschaften; zuletzt
erschienen u. a. Sieben Gerechte oder Auschwitz der Ort das Tor der
Abgrund ( 2 0 0 5 ) , Ein Mann ohne Frau ist wie ein Vogel ohne Brille
(2006), Zwischenbericht oder als die Worte das Laufen lernten (2007),
Wortwörtlich (2007)
IlseKibgis: geb. 1928; erwarb den Volksschulabschluss 1941 an der
Luther-Schule Gelsenkirchen; Verkäuferin und Autorin; Wo Menschen
wohnen (1977), Meine Stadt ist kein Knüller in Reisekatalogen (1984)
Helmut Spiegel: geb. 1932; besuchte bis 1951 das Essener LeibnizGymnasium; Redakteur {Neue Ruhr Zeitung Westdeutsche Allgemeine
Zeitung) und Autor: Ich schäbiges Frikadellchen (1993) Das Bollerad
muss bollern, der Knicker, der mus, rollern (2003), Auf alle meine Pötte
setzt Ursula den Deckel (2006)
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Roland Harweg: geb. 1934; besuchte die Moltkeschule in Dortmund,
die Volksschule in Gütersloh-Nordhorn, die Städtische Mittelschule
Lüdenscheid, das Zeppelin-Gymnasium Lüdenscheid und schließlich
das Stadtgymnasium Dortmund, wo er 1955 das Abitur erwarb; Studium des Lateinischen, Griechischen, der allgemeinen und vergleichenden Sprachwissenschaft und orientalischer Sprachen; Dozent für
allgemeine und indogermanische Sprachwissenschaft an der Universität Münster (1965 - 1969), ordentlicher Professor für germanistische
Sprachwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum (1969 - 1999);
Autor zahlreicher linguistischer Aufsätze und Bücher, u. a. Pronomina
Paul Reding: geb. 1939; besuchte nacheinander seit 1946 die Josefschule und die Schule Am Busch in Castrop-Rauxel sowie die Albert-Schweitzer-Realschule in Dortmund; freischaffender Maler und
Schriftsteller; Federn fallen leise (1979), Worte ohne Umweg (2002),
nordwärts und anderswo (2003)
Karl Kühn: geb. 1941; besuchte von 1947 bis 1955 die Freiligrathschule in Witten; Werkzeugmacher, Arbeiterdichter, Liedermacher;
Beiträge in verschiedenen Anthologien der Arbeiterliteratur
und Textkonstitution (1968), Studien zu Eigennamen (1999), Situation
Thomas Althoff: geb. 1943; wurde 1950 in die Hilgenboomschule
und Text im Drama (2001), (gemeinsam mit Elke Harweg und Peter
Gelsenkirchen eingeschult, machte das Abitur 1963 am dortigen
Canisius) Sekundäre Unbestimmtheit — Studien zu einer universellen
Sonderform der Redewiedergabe (2003)
Grillo-Gymnasium; Diplom-Ingenieur; Komm, wir schießen Kussel-
Friedhelm Mikolajczak alias F. A. Miko: geb. 1934; mittlere Reife an
kopp (1999), Beiträge in Anthologien, u. a. Der Boss spielt im Himmel
weiter — Fußball-Geschichten aus dem Ruhrgebiet und Sternkes inne
Augen — Liebesgeschichten aus dem Ruhrgebiet
der Hugo-Schultz-Schule in Bochum; Schauspieler, Heilpraktiker;
war Mitglied der Schreibwerkstatt »Gruppe 79«; Zentnerweise Halle-
Rainer W. Campmann: geb. 1944; besuchte von 1951 bis 1955 die
luja (2001); Beiträge in Anthologien; Bürgerfunk Herne 90,8 Litera-
Katholische Volksschule Bochum, Eifelstraße, danach eine Realschule und die Höhere Handelsschule; u. a. Stahlarbeiter und Journalist;
tur am Abend, Bürgerfunk Radio Bochum 98.5 Literatur in Bochum
Autor; u. a. Totes Inventar (1988), Brandfelder (1992)
Heinz Stein: geb. 1934; Einschulung 1941 in die Alte Schule in Gelsenkirchen-Uckendorf, Kinderlandverschickung, danach Volksschule und
Realschule in Gelsenkirchen, 1952 mittlere Reife; Großhandelskaufmann, Kostenrechner, Kalkulator, EDV-Leiter; Holzschneider, Bildhauer, Illustrator, Lyriker und Aphoristiker; zuletzt: gehirnschrittmacher
Horst Dieter Gölzenleuchter: geb. 1944; 1950 eingeschult in die Volks-
(2000), salto mortale derphantasie (2002), blick in den Spiegel (2007)
schule Dahl, Schulentlassung 1959 aus der Volksschule Bochum an
der Hagenstraße; Arbeit u.a. als Gärtner, seit 1971 freiberuflich als
Maler, Grafiker, Autor; Gründung der Proletenpresse 1967; seit 1979
Verleger der Edition Wort und Bild; literarische Veröffentlichungen
Gerd Kivelitz: geb. 1935; wurde 1941 in die Heuwegschule in Bo-
u. a. Lmmer die anderen (1983), Aus meiner Zettelkiste (1993), Uber
die Jahre (1998), - ... und mal die Sonne bunt - (1998)
chum eingeschult, war 1943 bis 1945 kinderlandverschickt auf der
Volksschule in Körlin in Pommern; besuchte von 1946 bis 1955 das
Bochumer Kleist-Gymnasium, das er mit dem Abitur verließ; Leh-
rer; Autor; Von Vätern und Söhnen oder Einmal war sogar der Kaiser
dagewesen (1988), Italienische Reisebilder oder Der schwierige Freund
(1990), 100Jahre zwischen Himmel und Erde (1990), (Hg.) Die Rückkehr der drei großen Herren (2000)
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Brigitte Werner: geb. 1948; ging ab 1954 zur Schule an der Forellstraße in Herne, von 1958 bis 1967 zum Mädchengymnasium in Herne,
dem späteren Haranni-Gymnasium; freischaffende Autorin und Kin-
dertheatermacherin; Aus allen Wolken fallen die Magier (1988), Lyrik
und Prosa (in Hauptstadt Herne, 2002), Kotzmotz hat ein Hasenherz
(2007); Gedichte in Schulbüchern
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Friedrich G. Klimmek: geb. 1949; von 1959 bis 1967 Besuch des Stadt.
Autor; Landschaft mit Stehgeiger (1987), Eine fremde bewegliche Sache
Neusprachlichen und Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Gym-
(1994), Die Augen beim Lieben (2002), Fernabfrage (2005), gemein-
nasiums Wanne-Eickel (heute Gymnasium Eickel); Rechtsanwalt, Au-
sam mit Eva von der Dunk StadtLandFluß (1999)
tor; Sherlock Holmes und die wahre Geschichte vom gesprenkelten Band
(1998), Wie die Fliegen (2003), Schnee von gestern (2004), Der Raben
Speise (2004), Des Satans Schatten (2005), Tod mit Moselblick (2006)
Monika Littau (Strohmeyer): geb. 1955; ging ab 1962 in die Antoniusschule, Dorsten, dann in die St. Ursula-Realschule und schließlich
auf das Gymnasium des Ursulinenklosters in Dorsten; Abitur 1974;
Heinrich Peuckmann: geb. 1949; 1956 in die Kamener Falkschu-
1. und 2. Staatsexamen für das Lehramt am Gymnasium (Deutsch,
le eingeschult, wechselte danach an die Realschule Oberaden und
Erdkunde); nach Tätigkeit in Forschung, Schule, Kultur-/Literatur-
schließlich an das Aufbaugymnasium Unna (heute Ernst-Barlach-
projekten und -förderung zuletzt in der Kulturabteilung der Staats-
Gymnasium), wo er 1968 das Abitur erlangte; Lehrer und Schriftstel-
kanzlei NRW, nunmehr freie Autorin; Veröffentlichungen u. a. Wo du
ler; zuletzt erschienen: Das Lied an den Schmetterlingsquellen. Frauengeschichten aus Asien (2004), Rückkehr nach Shanghai. Liebesroman
(2004), Schillers Vermächtnis. Kriminalroman (2006), Der Sommer
fallt. Gedichte (2007)
die Welt von unten sehen kannst (1983), Kulturelle Jugendbildung zwischen Programmatik und Professionalität (1986, gem. m. St. Kolfhaus,
W. Swoboda), Trümmerfrauen (1987, gem. mit G. Koch), Nachts fallt
mir so viel ein (1989), Paare pur und Plagiate (1992), Himmelhunger
- Höllenbrot (2000), Alphabetta in Alphabettanien (2007); 1988 För-
Werner Streletz: geb. 1949; 1955 eingeschult in die Volksschule an
derpreis für junge Künstler des Landes Nordrhein-Westfalen
der Prosperstraße, danach Besuch der Realschule Bottrop, Abschluss
1965; Kulturredakteur bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung
Christian Eichler: geb. 1959; Abitur 1978 am Gymnasium Eickel
in Bochum, Schriftsteller (Mitglied im P.E.N.-Club): Lyrik, Prosa,
in Herne; Diplom-Bibliothekar; Journalist (Brüsseler Korrespon-
Hörspiel, Theater, Film; u. a. erschienen Martin, sein Vater und die
dent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung) und Buchautor: Lexikon
der Fußballmythen (2000), Kleines Lexikon der Fußballnieten (2002),
Fußball-Weltmeisterschaften, Tag für Tag (2005), Deutschland, deine
vertraute Stimme (Hörspiel auf CD, 1998), Blues ausser Neemstraße
(1999), Vermessen (2000), Pokalkampf '(2006)
Lieblingsgegner (2006)
Gerd Riese: geb. 1950; Abitur 1971 am Theodor-Heuss-Gymnasium
in Kettwig, heute Essen; Studium der Politologie, Geschichte und
Barbara Ester: geb. 1959; ging ab 1966 zur Goethe-Schiller-Schule,
Pädagogik; Sonderschullehrer; Anthologiebeiträge sowie Das Licht
danach von 1969 bis 1974 zur Melanchthon-Hauptschule in Wan-
am frühen Morgen (2007)
ne-Eickel; Floristin, Autorin; Ruhe sanft in Wanne-Eickel (2002), gemeinsam mit Andrascz Jaromir Weigoni Massaker (2001)
Klaus-Peter Wolf geb. 1954; machte am Grillo-Gymnasium in Gelsenkirchen 1974 das Abitur; Autor zahlreicher Drehbücher (u. a. für
Hartmut Kasper: geb. 1959; ging auf das Gymnasium Eickel in Herne,
Polizeiruf 110 und Tatort) und Bücher seit 1972 {Mein Freund Pinto),
wo er das Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife 1978 erlangte;
zuletzt Der Einzelgänger (2007), Sklaven und Herren (2007)
promovierter Germanist, Lehrer am Leibniz-Gymnasium Essen, Au-
Thomas Kade: geb. 1955; besuchte das Pestalozzi-Gymnasium in
tor; Das Buch der sinnvollen Natur (1987), (Hg.) Deutsche Helden!
(1997), (Hg.) Lexikon der wunderbaren Fahrzeuge (1999), Schule der
Herne; Studium der Sozialpädagogik; Kulturpädagoge, Buchhändler,
Autoren (2000), als W i m Vandemaan Totentaucher (2006)
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Jörg Uwe Sauer: geb. 1963; besuchte bis zum Abitur 1983 das Jun-
Nadine Dönecke: geb. 1981; 1987 eingeschult, besuchte das Albert-
gengymnasium Wanne-Eickel, das zum Herner Gymnasium Eickel
wurde; Schriftsteller; Uniklinik (1999), DasTraumpaar (2001)
Martmöller-Gymnasium in Witten bis zum Abitur 2000; Hebamme,
Autorin; all tag. all nacht (1999)
Peter Trawny: geb. 1964; hat sein Abitur 1985 in Herne am Gymnasium Eickel gemacht; Promotion und Habilitation in Philosophie;
Jan Scheper, geb. 1 9 8 1 ; gehört dem Abiturjahrgang 2001 am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Marl an; Student der Germanistik
und Komparatistik an der Ruhr-Universität Bochum; Beiträge und
Gedichte in der Universitätszeitschrift Magalit, der Seminarboschü-
apl. Professor; Die Zeit der Dreieinigkeit. Untersuchungen zur Trinität
bei Hegel und Scbelling (2002), Heidegger und Hölderlin oder Der Europäische Morgen (2004), Denkbarer Holocaust. Die politische Ethik
Hannah Arendts (2005), Sokrates oder Die Geburt der Politischen Phi-
re Der Krimi im Ruhrgebiet und in Sokrates. Die freie Zeitschrift für
Philosophie
losophie (2007)
Anja Liedtke: geb. 1966; eingeschult 1972 in die Grundschule Bochum-Dahlhausen, ging zur Erich-Kästner-Gesamtschule in Bochum,
wo sie 1986 ihr Abitur machte; promovierte Linguistin, Schriftstelle-
Alexander Krusch: geb. 1 9 9 1 ; besucht das Städtische Gymnasium
Selm; Artikel in der Selmer Bach Zeitung und Redaktion dieser Schülerzeitung
rin; neben Anthologiebeiträgen Grün. Gelb. Rot. (2000)
Der Herausgeber
HaticeAksoy-Woinek: geb. 1968; Grundschulbesuch seit 1974/75 in
Recklinghausen, Bochum, Herne; Abitur am Otto-Hahn-Gymnasium Herne 1988; Studium in Köln; Lehrerin für Deutsch und Philosophie an der Gesamtschule Wanne-Eickel in Herne; Autorin von
Hörspielen, Essays, pädagogischen und philosophischen Aufsätzen
Joachim Wittkowski: geb. 1959; promovierter Germanist, Lehrer am
Jan Demiith: geb. 1970; ist vom Graf-Engelbert-Gymnasium in Bo-
dem Ruhrgebiet (2006)
Städtischen Gymnasium Selm, Lehrbeauftragter an der Ruhr-Uni-
versität Bochum; Lyrik in der Presse. Eine Unteruchung der Kritik an
Wolf Biermann, Erich Fried und Ulla Hahn (1991), (Hg.) Lesarten
Herne. 14 Autorenportraits (2001), (Hg.) Die Spur der Maus. Fabeln
von Horaz bis Thurber (2005), (Hg.) Umdrucke. Schulgeschichten aus
chum 1989 mit dem Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife abgegangen; Übersetzer, Dramatiker und Dramaturg; Die Maden und
andere Stücke (2003), außerdem Beiträge in Theater im Revier und
neues forum
Claudia e. Kraszkiewicz: geb. 1970; Einschulung in die Grundschule 1976, Besuch des Heisenberg-Gymnasiums Dortmund 1980 bis
1989; Doktorandin an der Ruhr-Universität Bochum; Übersetzerin,
Autorin; seit 1994 redaktionelle Mitarbeit bei der Studentenzeitschrift
Unicum; Beiträge in Unicum, in der Lyrikzeitschrift Das Gedicht und
in Anthologien, u.a. im Celan-Übersetzungsprojekt Irish (2) und in
Kinder, Kinder: Gedichte zur Kindheit (2007)
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