mitarbeiter-sharing - ein win-win-konzept für alle

Datum: 08.10.2015
Hotellerie Gastronomie Zeitung
6002 Luzern
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Medientyp: Fachpresse
Auflage: 25'579
Erscheinungsweise: 39x jährlich
Themen-Nr.: 571.264
Abo-Nr.: 1092015
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MITARBEITER-SHARING EIN WIN-WIN-KONZEPT FÜR ALLE
Das Mitarbeiter-Sharing-Projekt «Im Winter im Schnee, im Sommer am See» ist gestartet.
Noch gilt es Knackpunkte zu lösen, eine vierfache Win-win-Situation ist aber in Sicht.
Volkswirtschaftliche Effekte der Saisonalität,
Gegenüberstellung Graubünden und Tessin
Die Statistiken der Arbeitslosenzahlen zeigen recht
deutlich: Wenn es in Graubünden keine Arbeit gibt,
werden im Tessin Leute gebraucht und umgekehrt.
Nur an Ostern gibt es Überschneidungen - dann ist
in beiden Kantonen Hochsaison.
Arbeitslose
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Graubünden, saisonal bedingte Arbeitslosigkeit
Graubünden, Sockelarbeitslosigkeit
IIIGraubünden,
Sockelarbeitslosigkeit
Tessin, saisonal bedingte Arbeitslosigkeit
Tessin, Sockelarbeitslosigkeit
QUELLE: HTW CHUR
QUELLE.
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tone abwandern, wo sie ganzjährige Engagements finden. Dies besonders, wenn die Mitarbeitenden in ein Alter kommen, in dem sie auf
der Karriereleiter weiter hinaufsteigen oder
eine Familie gründen wollen. Ihr Bedürfnis
nach einem ganzjährig gesicherten Einkommen
ist dann grösser als der Wunsch nach berufli-
rbeiten, wo andere Ferien machen. Dort, wo
man die Zimmerstunde bei Sonnenschein statt
unter der Wolkendecke verbringt - in glitzerndem Pulverschnee oder unter Palmen am Ufer
eines Sees. Diesen Traum träumen viele und
setzen ihn als Saisonangestellte in Graubün-
cher Abwechslung und Freizeitspass.
Für ein mittelgrosses Hotel bedeutet die Personalfluktuation pro Saison im Schnitt Mehrkos-
ten von 90.000 bis 100.000 Franken allein für
die Mitarbeitersuche und die Rekrutierungsmassnahmen. Die Kosten für das Einarbeiten
der neuen Mitarbeitenden, allfällige Schäden
durch Anfängerfehler sowie der Know-howVerlust sind in diesen Zahlen nicht enthalten.
den oder im Tessin um. Besonders jüngere An«Das Problem ist schon seit 30 Jahren begestellte schätzen die auf wenige Monate be- kannt», wissen Brigitte Küng und Fabienne
fristeten Arbeitsverhältnisse. Dadurch können Schläppi vom KMU-Zentrum Graubünden und
sie innert weniger Berufsjahre viele verschie- dem Schweizerischen Institut für Entrepredene Betriebe und Arbeitsweisen kennen ler- neurship SIFE an der Hochschule für Technen sowie Praxiserfahrung sammeln. Gleich- nik und Wirtschaft (HTW) in Chur. Statt einer
zeitig erweitern sie ihre Lebenserfahrung, ihre neuen Studie, die vermutlich ähnliche ErSozialkompetenzen und ihr Netzwerk. Die kur- gebnisse gebracht hätte wie eine bereits exiszen und daher recht unverbindlichen, aber ab- tierende aus den 1980er-Jahren, wollen die
wechslungsreichen Einsätze kommen dem Le- Wissenschaftlerinnen Lösungen entwickeln.
bensgefühl der Generation Y (die nach 1990 Unkompliziert, rasch umsetzbar und praxisnah.
Geborenen) sehr entgegen.
So kamen sie auf die Idee, ein Mitarbeiter-ShaFür Hoteliers und Wirte hat das Einge- ring unter dem Motto «Im Winter im Schnee, im
hen von Saisonanstellungen den Vorteil, dass Sommer am See» auf die Beine zu stellen.
sie Mitarbeitereinsätze auf das erwartete
Im Grundsatz wandeln Brigitte Küng und
Gästeaufkommen hin terminieren können. Ein Fabienne Schläppi mit ihrer Idee auf den Spufür den finanziellen Erfolg eines Hotels nicht ren der Hotelpioniere um 1900. Damals waren
unwichtiger Faktor; machen doch die Lohnkos- die Bündner Hotelpaläste nur drei Monate im
ten fast die Hälfte der Betriebskosten aus.
Sommer geöffnet. Um den Angestellten auch
Doch die Beschäftigung von Saisonange- im Winter ein Auskommen zu bieten, betriestellten hat nicht nur Vorteile. So ist es für Ho- ben zahlreiche Hoteliers im Winter Häuser am
teliers und Wirte auf beiden Seiten des San Mittelmeer. Zwei Mal pro Jahr zügelten sie desBernardino ein Problem, erfahrene Berufsleute halb mit ihrer ganze Brigade vom Norden in den
zu finden und für mehrere Saisons zu halten. Süden und wieder zurück.
Dies wäre aber nötig, um eine konstant hohe Auch das Pilotprojekt «Im Winter im Schnee, im
Servicequalität garantieren zu können.
Sommer am See» setzt auf die Nord-Süd-Verbindung. «Der Kanton Tessin eignet sich für GrauPersonalfluktuation verursacht hohe bünden sehr gut als Partner und dies nicht nur
wegen der geographischen Nähe», sagt Barbara
Mehrkosten
Küng. Im Tessin dauert die Saison gut sieben
Monate, in Graubünden knapp vier. Spannen
zwei Hotels aus diesen Kantonen zusammen,
könnten sie statt zwei Saisonstellen eine GanzSchnee oder am See erfüllt haben, lieber in Kan- jahresstelle anbieten. Erste Abklärungen bei
Der Hauptgrund für den Fachkräftemangel in
der Saisonhotellerie ist die begrenzte Zahl an
Jahresstellen. Das führt dazu, dass Mitarbeitende, die sich den Traum von der Saison im
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Hoteliers haben gezeigt, dass in beiden Kanto- Franziska Rechsteiner, Human Resources Manen ein grosses Interesse an einem solchen Mit- nagerin im Hotel Castello del Sole, Ascona.
Die zeitgemässe Unterbringung der Mitararbeiter-Sharing besteht. Inzwischen haben
sich knapp 20 Hotelunternehmen mit insge- beitenden ist aber nicht die einzige Knacknuss,
samt 44 Betriebsstätten bereit erklärt, am Pilot- die es zu lösen gilt. Ein terminliches Problem
projekt mitzuarbeiten. Zusammen verfügen sie stellt beispielsweise Ostern da. Diese Feiertage
über 800 Ganzjahres- und 1.300 Saisonstellen. sind sowohl im Tessin wie auch für die BündDie Bündner Projektpartner schätzten, dass ner Skiorte eine Hauptgeschäftszeit, in der jeder
40 Prozent ihrer Angestellten bereit wären, Mitarbeitende selber gebraucht wird. Eine fixe
einen Sommerjob im Tessin anzunehmen. Ihre Lösung für dieses Problem wird es wohl nicht
Tessiner Kollegen dachten, dass 47 Prozent geben. Die Hoteliers werden wohl Kompromisse
ihrer Mitarbeitenden an einem Winterjob in eingehen und allenfalls sehr flexibel reagieren
Graubünden Interesse hätten. Beide lagen mit müssen. Zum Beispiel, indem sie ihre Mitarbeiihrer Einschätzung daneben. Die Befragungen tenden in Absprache mit ihrem Sharing-Partder Mitarbeitenden durch das Projektteam der ner je nach aktueller Wettersituation auf der
HTW Chur hat gezeigt: 79 Prozent der Saison- Alpennord- oder der Alpensüdseite arbeiten lasangestellten würden beim Mitarbeiter-Sharing- sen. Auch noch zu klären sind gewisse versicherungstechnische sowie juristische Fragen in
Arbeitsplatzmodell mitmachen.
Bezug auf die teilweise unterschiedlichen kantonalen Gesetze und Vorgehensweisen.
Umsetzen und Knacknüsse lösen
Das Interesse seitens der Arbeitnehmer ist da, Die zwei Kantone könnten 31 Milliodie Bereitschaft zur Zusammenarbeit zwischen nen an Arbeitslosengeldern einsparen
den Arbeitgebern auch; jetzt geht es an die konkrete Umsetzung des Projekts. Um diese zu or- Weil sie dem Mitarbeiter-Sharing-Projekt sehr
ganisieren, haben sich am 26. September die am positiv gegenüberstehen, wollen die PräsidenPilotprojekt teilnehmenden Hoteliers, darun- ten von hotelleriesuisse Graubünden und hotelter auch je einer aus den Kantonen Thurgau und leriesuisse Ticino, Ernst Wyrsch und Lorenzo
Luzern, an der HTW Chur getroffen. Themen, Pianezzi, das Projekt aktiv unterstützen. Sie
die es zu besprechen galt, waren unter ande- sehen ihre Rolle unter anderem als Vermittler
rem die Unterbringung der Mitarbeitenden, der zwischen «Im Winter im Schnee, im Sommer
Standard der Mitarbeiterunterkünfte sowie die am See» und den Behörden. Allen voran dem
verschiedenen Anstellungsbedingungen und RAV (Regionales Arbeitsvermittlungszentrum).
«Das Mitarbeiter-Sharing-Projekt ist ganz
Benefits wie beispielsweise bezahlte Weiterbilim
Sinne der Kantone», ist Lorenzo Pianezzi
dungen, Vergünstigungen für Wellness- oder
Sportangebote im Haus oder in der Region. Ge- überzeugt. Schliesslich sei es in ihrem Interesse,
rade Letztere gilt es nicht zu unterschätzen. «Es die saisonbedingte Arbeitslosigkeit im Gastfällt mir immer wieder auf, das Mitarbeitende gewerbe zu senken und möglichst klein zu halbei der Stellensuche grossen Wert auf das Ge- ten. Für die Kantone bestünde ein Einsparposamtpaket legen und sich nicht bloss wegen des tenzial an Arbeitslosenbeiträgen von insgesamt
Jobs oder des Lohns für ein Haus entscheiden», 31 Millionen Franken; elf Millionen in Grausagt Petra Homberger, Human Resources Ma- bünden, 20 Millionen im Tessin. Nun gehe es
nagerin im Hotel Grischa, Davos. Gerade in Ge- darum, mit den RAVs der beiden Kantone eine
bieten mit einer hohen Hoteldichte, wie dies in gute Basis für eine einheitlichere ZusammenDavos der Fall ist, vergleichen die Stellenbewer- arbeit mit den Projektpartnern herzustellen.
ber die Rahmenbedingungen und Benefits sehr Denn auch wenn zwei Hotels einem Mitarbeigenau. «Für eine Zusage kann es entscheidend tenden quasi eine Jahresstelle anbieten, muss
sein, ob man dem Mitarbeitenden im Personal- pro Hotel ein befristeter Arbeitsvertrag ausgehaus gratis WLAN zur Verfügung stellt oder stellt werden. Dies unter anderem aus versichenicht.» Ähnliche Erfahrungen mache man auch rungstechnischen und steuerlichen Gründen
auf der Südseite des San Bernardino, bestätigt (regionale Unterschiede bei Krankenkassenprä-
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mien und Steuerfüssen). Während im Frühling
der Übergang vom einen Arbeitsvertrag zum
anderen fliessend ist, dürfte sich im Herbst eine
Vertragslücke von vier bis sechs Wochen ergeben. «Einen Teil dieser Zeit könnten wir sicher
durch Ferien- und Überzeitkompensation abfedern», sagt Corinne Denzler, Generaldirektorin der Tschuggen Hotel Group. Trotzdem kann
es sein, dass ein Arbeitnehmer kurzfristig Arbeitslosengeld beziehen muss, weil er zwischenzeitlich vertragslos ist. Im Kanton Tessin sei die
RAV grosszügig und erlasse einem Angestellten,
der einen Anschlussvertrag vorlegen kann, das
Suchen nach einem Job. In Graubünden hingegen müsse er trotz unterzeichnetem Anschlussvertrag seine Quote an Stellenbewerbungen vorlegen. Sollte er auf diese Bewerbungen, die er
ja nur dem Amt zuliebe mache, eine Zusage bekommen, müsse er diese, trotz vorliegendem
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Anschlussvertrag, annehmen. Diese Praxis
mache viel Arbeit, aber wenig Sinn, sind sich die
Hoteliers einig. Die Chancen, dass man mit der
Unterstützung von hotelleriesuisse mit den Behörden eine gute Lösung für das Problem findet,
stehen nicht schlecht. Schliesslich geht es bei
«Im Winter im Schnee, im Sommer am See» um
ein Projekt zur Wirtschaftsförderung in Rand-
kantonen, von dem alle profitieren: Mitarbeitende, Hoteliers, Gemeinden und Kantone, aber
auch die Gäste. Diese erwarten, dass sie sich auf
eine beständig hohe Servicequalität im Hotel
ihrer Wahl verlassen können. Für viele gehört
das Wiedererkennen und Wiedererkanntwerden zu einem gelungenen Ferienaufenthalt einfach dazu. Dies ist aber nur möglich, wenn Mitarbeitende über längere Zeit im Betrieb bleiben
- und sei es jedes Jahr nur für die gleichen vier
bis sieben Monate.
Riccarda Frei
Die Top-Kriterien bei der Jobwahl
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40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
geregelte Arbeitszeiten
Verpflegung
Philosophie des Unternehmens
Trinkgeldregelung
Freunde arbeiten schon dort
längerfristige Perspektiven
Zusatzleistungen
Personalwohnung, Unterkunft
Arbeitgeber mit gutem Ruf
attraktive Region f Destination
guter Lohn
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I
5%
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DIESE BETRIEBE MACHEN
BEIM PILOTPROJEKT MIT
Graubünden:
x Badrutt's Palace, St. Moritz
x Belv6ckre Hotelgruppe, Scuol
x Carlton Hotel, St: Moritz
x Hotel Chesa Rosatsch,
Celerina
x Hotel Grischa, Davos
x Maiensässhotel
Guarda Val, Lenzerheide
x Hotel Schweizerhof Lenzerheide,
Lenzerheide
x Tschuggen Grand Hotel, Arosa
x Biohotel Ucliva, Waltensburg
x Valsana Sporthotel, Arosa
x Waldhotel Davos, Davos
x Weisse Arena Gruppe, Laax
Tessin:
x Hotel Arancio, Ascona
x Hotel Casa Berno, Ascona
x Albergo Carcani, Ascona
x Hotel Castello del Sole,
Ascona
x Hotel Delfino, Lugano
x Parkhotel Delta, Ascona
x Hotel Eden Roc, Ascona
x Albergo Losone, Losone
x Boutique-Hotel La Rocca,
Porto Ronco/Ascona
Weitere:
x See & Parkhotel Feldbach,
Steckborn TG
x Hotel Vitznauerhof, Vitznau LU
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