Laatzen 4 Dienstag, 5. Januar 2016 Eine fröhliche Truppe: Beim Zirkus Johnass proben mittwochs Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus drei Generationen im Kinder- und Jugendzentrum an der Pestalozzistraße. Junker (4) Früher und heute: André Groß hält ein Bild aus seiner Kinderzeit beim Zirkus Johnass in den Händen (oben). Auch Luisa oyen (unten) war schon in jungen Jahren mit dem Zirkus auf Tournee. Johnass ist mehr als ein Zirkus Artisten seit über20 Jahren – Mitglieder sehen die Gemeinschaft als wichtigen Teil ihrer Sozialisation Der Kinder- und Jugendzirkus Johnass wird in diesem Jahr 20 Jahre alt. Während der Nachwuchs nach und nach die Gruppe bereichert, sind noch immer Mitglieder aus den Anfangsjahren fester Bestandteil des Teams. Für die meisten ist Johnass nicht nur Zirkus: Die Artisten betrachten die Gemeinschaft als wichtigen Bestandteil ihrer persönlichen Entwicklung. VoN DANiEL JuNKEr LAATZEN. „Ohne den Zirkus hätte ich mich in meiner Kreativität mit Sicherheit nicht in dem Maße entwickelt, wie ich es getan habe“, betont André Groß. „Ich wäre heute mit Sicherheit ein anderer Mensch. Ohne Johnass könnte ich mir meine Kindheit gar nicht vorstellen.“ Als der Kinder- und Jugendzirkus vor 20 Jahren gegründet wurde, war Groß schon dabei: Als Neunjäh- riger studierte er im Herbst 1995 seine ersten Kunststücke im Kinder- und Jugendzentrum (KiJuz) ein. „Beim Jugendzirkus konnte ich mich frei austoben“, sagt Groß. In der Schule sei er eher ein Außenseiter gewesen – für die Artistengruppe galt das nicht, wie auch Luisa Oyen und Kerstin Beer betonen. „Es gibt hier ganz andere Rahmenbedingungen. Man kann seine Fähigkeiten individuell entwickeln und eigene Ideen viel besser verwirklichen als in der Schule.“ Dies würde die eigene Persönlichkeit immens stärken. Dennoch steht in der Zirkusgruppe immer die Gemeinschaft im Vordergrund. „Es sind viele Freundschaften entstanden, wir sind zu einer Einheit geworden“, blickt Groß zurück. „Das ist auch der wichtigste Grund, warum ich heute noch hier bin. Zirkus ist viel mehr als zu üben, auf der Bühne zu stehen und Applaus zu bekommen. Wir sind wie eine Familie.“ Der 29-Jährige betrach- GAsTsPiELE Johnass geht regelmäßig auf Deutschlandtour B esonders intensiv sind für den Zusammenhalt der Gruppe die regelmäßigen Tourneen: Seit dem Jahr 2000 geben jeweils 15 bis 20 Artisten Gastspiele in anderen Städten. Sie sind dann sieben bis zehn Tage am Stück und 24 Stunden am Tag aufeinander angewiesen. „Jeder kennt die Marotten des anderen, und jeder kann sich darauf einstellen“, sagt Luisa Oyen, die im Jahr nach der Gründung zum Kinder- und Jugendzirkus stieß. Die Gruppe versuche, einmal im Jahr auf Tournee zu gehen – aus organisatorischen Gründen ge- linge das allerdings nicht immer. In den vergangenen 15 Jahren haben die JohnassArtisten ihr Programm unter anderem in Luxemburg, München, Köln, Heidelberg, Flensburg, Dresden, Potsdam, Berlin, Kassel und Lübeck präsentiert. dj tet den Zirkus als eine der wichtigsten Konstanten in seinem Leben. „Als sich meine Eltern getrennt haben, hat mir die Gruppe Halt gegeben.“ Oyen weiß, woran das liegt: „Man muss sich bei den Proben und auf der Bühne aufeinander verlassen können. Das schweißt auch privat zusammen. Wir sind ein richtig gutes Team geworden.“ Schließlich verbringen die Artisten viel Zeit miteinander – oft auch außerhalb der wöchentlichen Proben. „Hier halten alle zusammen“, hat auch die 15-Jährige Merle bemerkt. „Ich wurde verdammt gut aufgenommen. Für Sonntag, 13. Februar, organisiert der Kinder- und Jugendzirkus Johnass eine Geburtstagsgala in der Mehrzweckhalle an der Ohestraße in Grasdorf. Beginn ist um 17 Uhr. Der Eintritt kostet 5 Euro für Erwachsene und 3 Euro für Kinder. i Beinsen legte vor 20 Jahren den Grundstein Sozial- und Theaterpädagoge erschuf Zirkusprojekt zusammen mit einem Praktikanten 20 Jahre Zirkus Johnass O hne Marc Beinsen würde es den Kinder- und Jugendzirkus Johnass wohl nicht geben: Im September 1995 trat der damals 30-Jährige seine Stelle als Sozialpädagoge im Kinder- und Jugendzentrum (KiJuz) an. „An meinem ersten Arbeitstag habe ich Jan Pekora getroffen“, berichtet Jeinsen. Mit dem damaligen Praktikanten war er Monate zuvor beim Baden an der Ricklinger Kiesteichen ins Gespräch gekommen. „Er kam mit dem Einrad angefahren. Wir haben uns dann über Zirkusprojekte unterhalten.“ Beim Wiedersehen im KiJuz kam das Thema Zirkus wieder auf den Tisch: Pekora plante ein Zirkusprojekt für die Herbstferien – und da sich auch Beinsen für die gerade aufkommende Jugendzirkusbewegung interessierte, organisierte er die Aktion mit. Kurz darauf studierten zwölf Schüler im KiJuz erstmals Kunststücke ein. Eigentlich sei die Aktion als einmaliges Projekt geplant gewesen. Kurz darauf stand aber die Mutter einer begeisterten Teilnehmerin bei der Jugendpflege in der Tür. Ihrer Tochter Linda habe der Zirkus so viel Spaß gemacht, dass sie um eine Fortsetzung bat. Bei Beinsen und Pekora stieß sie damit auf offene Ohren. Schon kurz darauf nahm die Jugendpflege den Zirkus als regelmäßiges Angebot in ihr Kinderprogramm auf. „Gleich nach den Herbstferien haben wir eine neue Show einstudiert“, berichtet Beinsen. Rund ein Dutzend Teilnehmer waren dabei. „Irgendwann kam dann der traurige Tag, als Jans Praktikum zu Ende ging“, schaut Beinsen zurück. Als Dank für sein Engagement durfte sich Pekora einen Namen ausdenken. „Am nächsten Tag sagte er, dass der Zirkus Johnass heißen soll.“ Einen Grund nannte er zwar nicht – dennoch ist der Name bis heute Programm. Für September 1996 organisierte Beinsen dann den ersten Sommerzirkus. Eine Woche lang übten Schüler im Rahmen des Ferienpasses Kunststücke ein, betreut wurden sie von den bereits zur Gruppe gehörenden jungen Artisten. Seitdem ist der Sommerzirkus ein fester Bestandteil des Sommerferienangebots der Jugendpflege. Das schöne daran: „Es stoßen immer wieder neue Leute zur Gruppe.“ Sie ist mittlerweile auf25 Artisten aus drei Generationen angewachsen. dj Zirkusgründer Marc Beinsen sucht im Lager des Kinder- und Jugendzentrums nach Keulen für seine Artisten.
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