INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK IX. 1. Zur Mehrfachverfändung * D. 20,4,9 pr.-1 (Afr. 8 quaest.) „Jemand hatte ein Bad ab dem kommenden ersten Juli gemietet und vereinbart, dass der Sklave Eros dem Vermieter als Pfand dienen solle, bis die Mietzinszahlungen geleistet würden. Derselbe gab vor dem ersten Juli denselben Eros einem anderen wegen dargeliehenen Geldes zum Pfand. (Julian) wurde gefragt, ob der Prätor den Vermieter gegen eine Klage dieses Gläubigers auf Herausgabe des Eros schützen müsse; er gab das Gutachten, (der Prätor) müsse (ihn schützen). Denn auch wenn der Sklave zu einem Zeitpunkt zum Pfand gegeben wurde, zu dem noch nichts für die Miete geschuldet wurde, so müsse dennoch seine Stellung für die bessere gehalten werden, weil sich Eros doch schon damals in einer Lage befunden hatte, in der gegen den Willen des Vermieters das Pfandrecht an ihm nicht mehr beseitigt werden konnte. Darüber hinaus war (Julian) der Ansicht, dass auch der Gläubiger unter Bedingung geschützt werden müsse gegen denjenigen, dem später etwas geschuldet zu werden beginnt, wenn nur die Bedingung nicht diejenige ist, die gegen den Willen des Schuldners nicht erfüllt werden kann.“ Zur Sicherung zukünftiger Mietzinszahlungen aus aufschiebend befristetem Mietvertrag verpfändet M dem V den Sklaven E. Noch vor Beginn des Mietzeitraums verpfändet M den E erneut zur Sicherung eines Darlehens an G. V ist im Besitz des E. G verlangt E von V heraus. Steht V gegen die Klage des G prätorischer Schutz (=eine Einrede) zu? ** D. 20,4,20 (Tryph. 8 disp.) „Es wurde gefragt: Wenn nach deinem ersten (Darlehens-)Vertrag, und bevor du weiteres Geld zum Darlehen gabst, Seius demselben Schuldner ein Darlehen in Höhe von 50 gegeben hatte und der Schuldner den Mehrerlös (hyperocha) der Sache, die dir zum Pfand gegeben worden war, verpfändet hatte und daraufhin du demselben Schuldner 40 zum Darlehen gegeben hast, steht dann das, was vom Wert der Sache über das hinausgeht, was du als erstes zum Darlehen gegeben hast, als Mehrerlös des Pfandes dem Seius wegen der 50 oder dir wegen der 40 zu? Man denke sich hinzu, dass Seius bereit sei, dir die Summe, die du an erster Stelle dargeliehen hast, anzubieten. Ich (Tryphonin) habe gesagt, es sei folgerichtig, dass Seius an dem Mehrwert des Pfandes besser berechtigt sei und, wenn von ihm die Summe, die an erster Stelle dargeliehen worden ist, sowie die Zinsen daraus angeboten worden sind, der erste Gläubiger hintangestellt werde mit der Summe, die er dem Schuldner nachträglich dargeliehen hat.“ T gewährt D ein Darlehen. Zur Sicherung wird T eine Sache verpfändet. Sodann gewährt S dem D ein Darlehen über 50. Zur Sicherung verpfändet D an S den Mehrerlös aus der Verwertung der T verpfändeten Sache. T gewährt D ein weiteres Darlehen in Höhe von 40. S bietet T Befriedigung in Höhe der ersten Darlehenssumme an. Wem steht der Erlös aus der Pfandverwertung zu, soweit er die erste Darlehenssumme überschreitet? *** D. 20,4,11,2 (Gai. sing. form. hyp.) „Wenn der Pächter vereinbart hat, dass die auf das Grundstück geführten, gebrachten und dort geborenen Sachen zum Pfand dienten, und wenn noch bevor er etwas darauf geführt hat, er die Sache einem anderen als hypotheca verpflichtet hat, daraufhin aber die Sache auf das Grundstück gebracht hat, dann wird derjenige in der besseren Position sein, der das Pfand aufgrund einer Einzelverpfändung unbedingt erhalten hat, weil sie dem Ersten nicht (schon) aufgrund der Vereinbarung verpflichtet wird, sondern erst aufgrund dessen / ab dem Zeitpunkt, zudem sie auf das Grundstück geführt worden ist, was erst später geschah.“ P vereinbart mit seinem Verpächter ein Pfandrecht über die eingebrachten Sachen. P vereinbart mit einem Kreditgeber an einer Sache ein besitzloses (?) Pfandrecht. P bringt die Sache auf das verpachtete Grundstück. LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 2. Verpfändung durch Nichtberechtigten / „Konvaleszenz“ des Pfandrechts * D. 13,7,41 (Paul. 3 quaest.) „Du hast eine fremde Sache zum Pfand gegeben, später bist du Eigentümer der Sache geworden: Dem Gläubiger wird eine analoge Pfandklage gegeben. Dasselbe darf man nicht sagen, wenn ich Erbe des Titius, der meine Sache ohne meinen Willen verpfändet hatte, geworden bin. In diesem Fall darf man die Verfolgung des Pfandes dem Gläubiger nicht zugestehen, und überhaupt reicht es für eine analoge Pfandklage nicht aus, dass derselbe Eigentümer ist, der auch das Geld schuldet.“ a) S verpfändet G eine fremde Sache und übergibt sie ihm. S wir Eigentümer der Sache. b) T verpfändet die Sache des E ohne dessen Willen an G. E wird Erbe des T. Steht G eine analoge Pfandklage zu? ** D. 20,1,22 pr. (Mod. 7 diff.) „Wenn ich Erbe des Titius geworden bin, der ohne mein Wissen meine Sache seinem Gläubiger verpfändet hat, dann erstarkt das Pfandrecht zwar nicht unmittelbar nachträglich, aber der Gläubiger erhält (gegen mich) eine analoge Pfandklage.“ 3. Servituten / actio negatoria Kaser, RPR § 28-29 D. 8,5,8,5 (Ulp. 27 ed.) „Aristo erteilte Cerellius Vitalis das Gutachten, er sei nicht der Meinung, dass man rechtens den Rauch aus einer Käserei höhergelegenen Gebäuden zuführen könne, wenn sie nicht dieser Sache dienen; denn eine derartige Dienstbarkeit lässt er zu. Und ferner sagt er: Selbst von einem höhergelegenen Grundstück dürfe man tiefergelegenen kein Wasser oder etwas anderes zuführen. Auf seinem Grund und Boden dürfe man nämlich nur soweit tätig werden, wie man nichts einem fremden Grundstück zuführe, Rauch aber und ebenso Wasser seien Zuführungen. Daher könne der Höhergelegene gegen den Tiefergelegenen klageweise vorbringen, dass dieser kein Recht habe, so zu handeln. Er sagt ferner, Alfenus schreibe, man könne klageweise vorbringen, dass der Nachbar kein Recht habe, auf seinem Grundstück Steine zu brechen, so dass Trümmer auf mein Grundstück fallen. Demzufolge, sagt Aristo, könne derjenige, der eine Käserei von Minturnensern gepachtet hat, vom Höhergelegenen daran gehindert werden, Rauch zuzuführen, die Minturnenser hafteten ihm aber aus Pacht, und so könne, sagt er, gegen den, der diesen Rauch zuführt, klageweise vorgebracht werden, dass er kein Recht habe, Rauch zuzuführen. Also könne auch umgekehrt klageweise vorgebracht werden, dass man ein Recht zur Zuführung von Rauch habe. Und eben das scheint auch Aristo gutzuheißen. Aber auch das Interdikt Uti possidetis ('Wie ihr besitzt') kann Anwendung finden, wenn jemand daran gehindert wird, sein Grundstück so zu nutzen, wie er will.“
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