Psychologie heute

Wenn FrAuen zuschlagen
Heftige Schläge, sogar Morde und sexuelle Gewalt: Es mag überraschen aber solche Taten werden auch von Frauen verübt. Zwar führen Männer
die Kriminalitätsstatistiken an, doch körperliche Übergriffe durch Frauen sind
häufiger, als viele wahrhaben wollen. Wie kommt es dazu? Wer sind die
Täterinnen, wer die Opfer?
VON CHRISTINE AMRHEIN
enn wir die Zeitung aufschlagen oder den Fernseher einschalten, sehen wir eine Welt,
ihrAnteil
an den Tatverdächtigen 69 Prozent, bei der
,,Entziehung Minderjähriger" (Kindesentftihrung)
die aus Gewalt besteht - und
meist ist es Gewalt von Männern", sagt die Psychologin Helen Gavin von der bri-
Weder harmlos noch eine Ausnahme
tischen Universität Huddersfield. Doch das Bild ist
verzerrt. Egal ob Mobbing, körperliche übergriffe,
Dabei ist Aggression, die von Frauen ausgeht, oft alles andere als harmlos, sagt lürgen Waldmann von
sexueller Missbrauch oder Morde - immer sind auch
Frauen unter den Tätern zu finden.
der Fachberatungsstelle Gewaltprävention in Stuttgart. Dort gibt es seit Mitte 2013 eine der ersten Ge-
,,Weibliche Aggression ist ein bedeutsames gesel1schaftliches Thema, das ernst genommen werden
sollte", schreiben Gavin und Theresa Porter vom
Connecticut Valley Hospital (USA) in ihrem Buch Fe-
waltschutzstellen für Männer in Deutschland. ,,Die
Männer, die hierher kommen, berichten häufig, von
ihrer Partnerin psychisch unter Druck gesetzt zu
werden: Sie droht zum Beispiel, sich umzubringen
oder ihm die Kinder zu entziehen", berichtet Waldmann. ,,Manche Männer werden auch mit dem Messer bedroht oder mit Gegenständen geschlagen."
Das sind sicherlich Extremfälle, doch grundsätzIich sind weibliche übergriffe innerhalb der Partnerschaft keineswegs die Ausnahme, als die sie oft
male Aggression. Gewalt von Frauen werde immer
noch viel zu häufig totgeschwiegen oder ins Lächerliche gezogen
-
etwa in genüsslichen Medienberich-
ten über die Tritte und Schläge, die Beyoncds Schwes-
ter Solange ihrem Schwager lay Z in einem Aufzug
versetzte.
'
zung von Fürsorge- und Erziehungspflicht betrug
Zwar wird die überwiegende Zahi der Gewalttaten
tatsächlich von Männern verübt: So waren laut der
polizeilichen Kriminalstatistik 2014 in Deutschland
7 7 P rozent der Straftatverdächtigen männlich. Noch
höher ist der Nlänneranteil bei schweren Vergehen:
Bei Körperverietzung betrug er 80, bei Tötungsdelikten 84 und bei Sexualstraftaten sogar 93 Prozent.
Umgekehrt bedeutet das jedoch auch: Etwa 5 bis
20 Prozent der Gewalttaten gehen aufdas Konto
von
Frauen. Und bei einigen Delikten sind Frauen sogar
rüberdurchschnittlich oft vertreten: Bei der VerletPSYCHOLOGIE HEUTE 1Ol2O]5
50 Prozent.
angesehenwerden. Studien in den USAseit den 1970er
Jahren haben gezeigt, dass Frauen ihren Lebensgefährten genauso oft körperlich angreifen wie umgekehrt. Auch eine aktuelle Untersuchung von Robert
Schlack und seinem Team am Robert-Koch-Institut
in Berlin ergab, dass gleich viele Männer und Frauen
in Deutschland zu körperlicher Gewaltgreifen, nämlich etwa vier Prozent.
Doch wie lässt sich erklären, dass auch das ,,sanfte Geschlecht" zu heftigen Angriffen auf andere in
der Lage ist? Und was unterscheidet weibliche von
67
männlicher Gewalt? Zunächst einmal ist der Kontext,
in dem Männer und Frauen gewalttätig werden, sehr
unterschiedlich: Männer üben Gewalt in vielen unterschiedlichen Bereichen aus, etwa in der öffentlichkeit, am Arbeitsplatz oder in der Familie. Bei
Frauen konzentrieren sich die übergriffe dagegen
auf das häusliche Umfeld: auf die Famiiie und ence
soziale Beziehungen.
,,Stark ausgeprägte körperliche und sexuelle Ge-
walt wird von Männern zwar häufiger ausgeübt",
berichtet Peter Döge vom Institut für anwendungsorientierte Innovations- und Zukunftsforschung in
Kassel. ,,Bei leichten Formen körperlicher Gewalt
unterscheiden sich Frauen und Männer dagegen
kaum - etwa jemanden zu treten, zu stoßen oder zu
ohrfeigen." Zudem greifen Frauen laut Döges Studien häufiger als Männer zu Beleidigungen oder Demütigungen und zu ,,I(ontroilgewalt" - Verhalten,
mit dem sie andere zu kontrollieren versuchen. Frauen übten dabei häufiger als Männer übergriffe gegen
ihre Kinder (siehe Interview Seite 70) oder anciere
Verwandte aus, Männer haufiger gegen Fremde.
trauen sich oft auch nicht, deutlich zu sagen: ,Stopp !
Hier ist eine Grenze erreichtl' - weii das nicht dem
Rollenbild entspricht." Auf diese Weise entsteht erne
Häufige Ursache von Gewalt: Hilf losigkeit
Ausweg finden.
,,Einer der wichtigsten Risikofaktoren für spätere
Gewalthandlungen ist, in seiner Herkunftsfamilie
Totschlag im Affekt
Gewalt erlebt zu haben
schen anderen
- gegen sich selbst oder zwiFamilienmitgliedern, etwa den Eltern",
sagt der Sozialwissenschaftler Bastian Schwithal, der
2005 eine Metaanalyse von Studiendaten zum Thema durchgeführt hat. Auch eine inkonsistente Erziehung kann die Neigung zu Gewalt erhöhen. ,,Diese Faktoren treffen auf Männer und Frauen gleichermaßen zu", so Schwithal.
Bei Frauen seien Gewalthandlungen oft ein Versuch, die Kommunikation und den emotionalen I(on-
takt zu ihrem Gegenüberwiederherzustellen.,,Häufig sind sie frustriert, weil ihr Partner nicht aufmerksam genug ist oder nicht genug aufihre Bedürfnisse
eingeht. Auch Eifersucht kann eine Rolle spielen",
sagt Schwithal. ,,Männer greifen zum Teil aus ähnlichen Gründen zu Gewalt - außerdem spielt bei ihnen auch das Bedürfnis nach Macht oder Kontrolle
eine Rolle." Darüber hinaus haben Menschen, die zu
Gewalt greifen, oft keine anderen Handlungsstrategien gelernt, um Bedürfnisse zu äußern oder Kon-
flikte in Beziehungen zu lösen.
In vielen Fallen fängt die Gewalt harmlos an und
steigert sich im Lauf der Zeit. ,,Möglicherweise reagiert der Mann auf leichte körperliche übergriffe
zunächst nicht - das kann dazu führen, dass die Frau
ihre Gewaltverstärkt", er1äutert Schwithal.,,Männer
6B
Gewaltspirale, aus derbeide I(onfliktpartnerkeinen
-
aber auch Mord
Wenn Frauen anderen aus Hilflosigkeit oder Frustration körperlichen Schaden zufügen, dann kann
das im Extremfall bis zu Totschlag führen. Opfer
sindhaufig ebenfalls Familienangehörige oder nahe
Bekannte. Dabei kann die Tat im Affekt geschehen,
sie kann aber durchaus auch geplant, also ein Mord
se1n.
,,Solchen Beziehungstaten geht oft eine lange Lerdensgeschichte voraus", erläutert Barbara Krah6 vom
Institut für Psychologie an der Universität Potsdam.
Dabei seien die psychologischen Ursachen für Tötungsdelikte bei Frauen und Männern nicht unterschiedlich. ,,Allerdings ist die Hemmschwelle für
körperliche Gewalt bei Frauen höher als bei Männern", sagt die Psychologin. ,,Bei solch extremen Formen der Gewalt muss dann schon eine Reihe auslösender Faktoren zusammenkommen." Invielen Fäl-
sind es starker Arger, Frustration oder eine andere heftige Gefühlsreaktion, die Frauen zu einem
Mord veranlassen. Manche fühlen sich durch die
Untreue ihres Partners quälend erniedrigt, andere
haben von ihrem späteren Opfer jahrelang Gewalt
und Missbrauch erduldet - und schlagen dann in
einem ,,günstigen" Moment zu.
Überraschend - und schockierend - mag klingen,
1en
dass zu den häufigsten Todesopfern die eigenen
KinPSYC!OLOGtE H
-JTr-
lOl20r5
Oft ist Gewalt ein
nsversuch,
wenn der Partner jedem
emotionalen Kontakt
ausweicht
Ko m m u n i katio
der gehören. ,,Wenn Frauen ihre Kinder töten, geschieht das am ehesten kurz nach der Geburt oder
im ersten Lebensjahr", erläutern Gavin und Porter.
,,Der Hauptgrund scheint zu sein, dass sie kein Kind
gewollt haben oder sich mit der Verantwortung für
ein Baby überfordert fühlen." Oft sind die betroffenen Mütter jung und unreif - und töten ihr Kind im
Affekt. ,,Das zeigt sich auch bei der Tötungsmethode", berichten die Psychologinnen. ,,Die Babys werden zum Beispiel in der Toilette ertränkt oder mit
Kleidungsstücken erstickt."
Schwarze Witwen, weiße Nichtengel
In all diesen Fällen haben Not und Verzweiflung die
Betroffenen dazu gebracht, einen anderen Menschen
zu töten. Doch es gibt auch sie: Frauen, die andere
skrupellos umbringen oder ganze Serien geplanter
Morde begehen. So etwa im Fall der Britin Dena
Thompson: Sie versuchte im Jahr 2000, ihren dritten
Mann mit einem Baseballschläger zu töten. Daraufhin wurde die Leiche ihres zweiten Mannes, der sechs
fahre zuvor gestorben war, gerichtsmedizinisch untersucht. Es stellte sich heraus, dass er an einem von
Dena vergifteten Curry gestorben war. Ihr Motiv: an
das Vermögen der Männer zu gelangen.
,,Solche ,schwarzen Witwen' töten, um sich selbst
zu bereichern", schreiben Gavin und Porter. ,,Dabei
können sie offenbar nie genug bekommen - es besteht ein hohes Risiko, dass sie zu Serienmörderinnen
werden." Und auch das gibt es: Krankenschwestern
oder Pflegerinnen, die ihnen anvertraute Patienten
,,sterben lassen", um an ihr Vermögen zu gelangen.
,,Da solche Fäl1e selten vorkommen und oft im VerPSYCHOLOGIE
IEUTE
1O,/2O]5
borgenen bleiben, weiß man über die psychologischen
Hintergründe bisher wenig", sagt Gavin.
Eine aktuelle Studie hat sich mit den Motiven von
Serienmörderinnen beschaftigt. Marissa Harrison
und ihr Team von der Pennsylvania Stnte University
werteten Medienberichte äber 64 amerikanische
Frauen aus, die im Zeitraum von 1821 bis 2008 je drei
oder mehr geplante Morde begangen hatten. ,,Naerste Hinweise, weil sich
die Daten auf historische Berichte stützen", betonen
die Forscher. Dennoch deuten die Ergebnisse aufBeweggründe der Täterinnen hin. So stellte sich ,,hedonistisches" Morden als häufigstes Motiv heraus:
Etwa jede zweite Frau tötete, um sich finanziell zu
bereichern oder weil sie dabei Spaß oder Nervenkitzel empfand. Ein weiteres haufiges Motiv war der
Wunsch, Macht über die Opfer zu erlangen. ,,Dabei
kannten die Mörderinnen die meisten ihrer Opfer
persönlich", berichten Harrison und ihr Team. Morde in Zusammenhang mit Sexualverbrechen kamen
dagegen - anders als bei männlichen Serienmördern
- so gut wie nicht vor.
türlich gibt die Studie nur
Das Tabu brechen
Serienmörderinnen sind selten. Doch natür1ich kann
auch die ,,gewöhnliche" Gewalt von Frauen großen
Schaden anrichten - korperlich und seelisch. Doch
im Umgang mit dem Thema gibt es nach wie vor
viele Defizite. ,,Das tängt schon bei den Häufigkeitszahlen an", kritisiert Bastian Schwithal. ,,Oft stehen
hier nur die Polizeistatistiken zur Verfügung, die 1ediglich die offiziell bekannten Taten erfassen." Hier
seien neue Studien notwendig, um ein umfassende-
69
res Bild weiblicher sowie männlicher Gewalt zu erhalten.
Darüber hinaus ist Gewalt von Frauen nach wie
vor ein heikles gesellschaftliches Thema. Die Diskussion darüber ist oft einseitig und stark emotional
aufgeladen. ,,Deshalb sollte in der öffentlichkeit mehr
über das Thema informiert werden", betont |ürgen
Waldmann. ,,Das kann auch dazu beitragen, dass es
den betroffenen Frauen - und den männlichen Opfern - leichter fäIlt, tiber ihre Erfahrungen zu sprechen und Unterstützung zu suchen."
Außerdem sei es wichtig, mehr Hilfsangebote zu
schaffen, die sich gezielt an Täterinnen, aber auch an
männliche Opfer richten, betont der Erziehungswis-
senschaftler. ,,Bisher sind solche Angebote in Deutsch-
land nicht weit verbreitet", so Waldmann. ,,Im Moment gibt es nur etwa fünf Hilfseinrichtungen für
Männer, die hausliche Gewalt erlebt haben."
Weibliche Täter können sich an die - wenigen Gewaltpräventionsstellen in Großstädten wenden,
die sie beraten und Therapieangebote vermitteln.
Alierdings fehlt es bisher an spezifischen Therapiemöglichkeiten für Frauen, die zu Aggression oder
Gewalt neigen. ,,Solche Therapien sollten auf die individuellen Beweggründe der Frauen eingehen, Ein-
fühlungsvermögen und Kommunikationsfahigkeit
trainieren und aufzeigen, wie man Konflikte ohne
Gewalt lösen kann", erläutern Gavin und Porter.
,,MANCHE MÜTTCN EMPFINDEN IHRE KINDER
ALS STöREND ODER SCHLICHT UNERWÜNSCHT''
Misshandlung statt Fürsorge: Wenn Kinder Opfer mütterlicher Gewalt werden. Ein Gespräch mit Helen Gavin, Psychologin und Gewaltexpertin an der Universität
Huddersfief d in Großbritannien und Mitautorin des Buches Female Aggression
Wie häufig und in welcher Weise
misshandeln Mütter ihre Kinder?
Viele der betroffenen Mütter fühlen
sich mit ihrem Kind oder durch
Studien zeigen, dass in unserer westlichen Gesellschaft zwischen vier und
'16
Prozent der Kinder körperlich misshandelt und weitere zehn Prozent
vernachlässigt werden. Dabei geht
die Gewalt in etwa der Hälfte der Fälle von der Mutter aus. Das hängt aber
auch damit zusammen, dass Mütter
meist mehr Zeit mit ihren Kindern
verbringen und daher mehr ,,Gelegenheit" haben, zu Gewalt zu greifen.
Es können alle Arten von Gewalt vorkommen: schwere körperliche Gewalt,
sexuelle Übergriffe, das Nichteingehen auf körperliche Bedürfnisse aber auch emotionale Misshandlungen wie Zurückweisung, Abwertung
oder Liebesentzug. Manche Mütter
geben ihren Kindern Medikamente,
um sie ruhigzustellen. Dann gibt es
das M ünchhausen-Stel lvertreterSyndrom: Hier löst die Mutter bei
ihrem Kind künstlich - etwa mit
gleichzeitige berufliche Anforderungen überfordert. Oft haben sie
Schwierigkeiten, ihre Gefühle angemessen zu regulieren. Manche empfinden ihre Kinder als störend, anstrengend oder schlicht unerwünscht.
Dazu kommen teilweise psychische
Probleme wie Depressionen, Alkoholmissbrauch oder Persönlichkeitsstörungen. Oft wissen die Mütter nicht,
was ein Kind in einem bestimmten Alter kann und was nicht. Sie haben unrealistisch hohe Erwartungen und
werden wütend, wenn ihre Kinder
diese nicht erfüllen können. So erwarten manche von einem Kleinkind, sich
still zu verhalten oder nicht in die
Medikamenten - Krankheitssymptome aus, um so Aufmerksamkeit
und Zuwendung zu erhalten.
Wie kommt es dazu, dass Mütter
ihren Kindern Gewalt antun?
70
Hose zu machen. Viele sehen in normalem alterstypischem Verhalten
fälschlicherweise eine negative Absicht - zum Beispiel: ,,Mein Kind
weint, weil es mich ärgern will."
Auch sexuelle Gewalt kommt vor?
Sexueller Missbrauch an Kindern geht
- Schätzungen zufolge - zu einem
Viertel von Frauen aus. Die Motive
sind dabei ähnlich wie bei Männern.
Manche Frauen fühlen sich sexuell zu
Kindern hingezogen. Oft besitzen sie
wenig Einfühlungsvermö9en für ihre
Opfer - oder sie glauben, dass Kinder
sexuelle Aktivitäten mit Erwachsenen
möchten und dass dies den Kindern
nicht schade. Aber das Gegenteil ist
der Fall: Viele Opfer berichten über
langfristige psychische Beeinträchtigungen, etwa Depressionen und Beziehungsprobleme.
Was kann gegen Gewalt von Müttern
getan werden?
Zunächst einmal sollte das Thema
enttabuisiert werden: Es sollte mehr
darüber berichtet und über Risikofaktoren und Zusammenhänge aufgeklärt werden. Darüber hinaus ist es
wichtig, ein ausreichendes Angebot
an Prävention und Behandlung zu
schaffen - insbesondere für Mädchen
und junge Frauen. Studien haben zum
Beispiel gezeigt, dass es hilfreich ist,
wenn junge Mütter soziale Fähigkeiten einüben, die f ür Kindererziehung
und Partnerschaft wichtig sind:
Dann nahm ihr aggressives Verhalten
gegenüber Partner und Kindern deutlich ab
INTERVIEW: CHRISTINE AMRHEIN
PSYCHOLOGIE
IEUTE
1Ol2015
Schon in der Kindheit vorbeugen
Doch auch das ist möglicherweise zu kurz gegriffen.
,,Ansätze der Gewaltprävention werden nur dann
erfolgreich sein, wenn sie die Dynamik in den Gewalthandlungen der Beteiligten begreifen", sagt Peter Döge. Anders gesagt: Um Gewaltmuster erfolgreich zu verändern, sollten alle Beteiligten miteinbezogen werden-insbesondere in einer Familie oder
Partnerschaft. Dies kann im Rahmen einer systemischen Therapie geschehen: Hier wird Gewalt als verfehlte Form der Kommunikation verstanden - und
versucht, sie durch andere Formen des Umgangs zu
ersetzen. ,,Deshalb sollten in Einrichtungen der Gewaltprävention verstärkt Fortbildungen in systemrscher Arbeit angeboten werden", betont Döge.
Schließlich beginnt Gewaltprävention schon dort,
wo sich Verhaltensmuster erst entwickeln: im Kindes- und lugendalter. ,,Entscheidend ist, Kindern die
Möglichkeit zu geben, gewaltfrei aufzuwachsen - dazu gehört, aufkörperliche Bestrafung zu verzichten
und angemessenes Verhalten zu belohnen, statt unangemessenes zu bestrafen", betont Barbara Krah6.
,,Zudem sollten junge Menschen Fähigkeiten lernen,
um in Beziehungen ohne Gewalt zurechtzukommen."
Das kann zum Beispiel mithilfe von Anti-Aggressi-
ons-Trainings geschehen, die ftrr Jungen und Madchen gleichermaßen geeignet sind: Hier wird vermittelt, wie man Bedürfnisse angemessen äußern,
Konflikte mithilfe von Gesprächen 1ösen und sich
in andere hineinversetzen kann.
,,Wenn Gewaltfreiheit das Gesetz unseres Seins
darstellt, gehört die Zukunft der Frau", sagte einst
Mahatma Gandhi. Doch nach allem, was die bisherige Forschun gzeigt, müsste das Zitat anders enden:
,,... dann können Männer undFrauen noch einiees
dazulernen"
PH
LITERATU
R
H. Gavln, T. Porter: Femäle Aggression. Wiley, Chichester 2Ol5
R.
Schlack u.a.: Körperliche und psychische Gewalterfahrungen
in der deutschen Erwachsenenbevölkerung. Ergebn sse der Stud e zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGSI). Bun-
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013-t 691 -8
P. Döge: 1.4änner - die ewigen Gewalttäter? cewalt von und 9e9en Männer in Deutsch and. VS/Springer, Wiesbaden 2Oll
M. Harrison u. a.: Female serial killers in the United States: Means,
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Hilfsportal sexueller Missbräuch (für Täter/Täterinnen und
Opfer): www.hilfeportal-m ssoraucn.oe
PSYCHOLOG E
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