| Kultur|35 DONNERSTAG 3. SEPTEMBER 2015 Liechtenstein-Premiere für Pianistin Ivana Gavric-Huys Philosophicum Lech «Tractatus»-Preis für Ulrich Greiner CHICAGO Der deutsche Literaturkriti- ker und ehemalige Feuilletonchef der Wochenzeitung «Die Zeit» Ulrich Greiner wird mit dem Essay-Preis «Tractatus» des Philosophicum Lech ausgezeichnet. Er erhält den mit 25 000 Euro dotierten Preis exemplarisch für sein Werk «Schamverlust. Vom Wandel der Gefühlskultur», teilte das Philosophicum Lech am Mittwoch mit. Greiner nähert sich in seiner Studie dem Gefühlskomplex von Schuld, Scham und Peinlichkeit unter philosophischen wie auch soziologischen Gesichtspunkten und greift dabei auf aktuelle Alltagsbeobachtungen ebenso zurück wie auf Beispiele aus der Literatur. Das Buch sei «überaus vielschichtig und erhellend, anschaulich und anregend geschrieben», in einer Zeit von Selfies, selbst gedrehten Youporn-Videos oder missglückten Facebook-Profilen treffe es den Nerv der Zeit, sagte Jury-Mitglied Bleisch. Greiner setzte sich gegen die Schriftsteller Michael Hagner, Lisa Herzog, Wolfgang Schivelbusch, Roberto Simanowski und Peter Trawny durch. (sda/apa) Projekt Bowie komponiert SpongeBob-Musical Die kleine Hütte, in der Grieg zu komponieren pflegte, in der Nähe seines Hauses in Troldhaugen, Bergen. Darbietung Die preisgekrönte britische Pianistin Ivana Gavric-Huys wird am 15. September ihr Debütkonzert in Liechtenstein geben. M it dem Sinfonieorchester Liechtenstein und Florian Krumpöck als Dirigent wird sie Edvard Griegs Klavierkonzert in a-moll auff ühren. Ariana Puhar spielt Mendelssohns Violinkonzert. Im November 2013 gastierte Ivana schon in Feldkirch, begeisterte dabei die Kritiker («Entdeckung einer aparten Tastenvirtuosin», «aussergewöhnliche Pianistin») und bescherte der Chopin-Gesellschaft die bis dahin grösste Zuschauerzahl. International bekannt wurde sie 2010 mit ihrer Debüt-CD «In the mists», für welche sie den BBC Music Magazine Newcomer of the Year Award erhielt. Ihr «Spiel von herausragen- CHICAGO Rock-Veteran David Bowie Ivana Gavric-Huys am Griegs-Klavier in Troldhaugen. (Fotos: ZVG) dem Kaliber» hat sie fortan auf die grossen Bühnen der Welt gebracht, von der Wigmore Hall, Royal Albert Hall und Royal Festival Hall in London nach Europa, Japan, Kanada und die USA. Die «Washington Post» beschrieb vor Kurzem ihr Spiel als «beeindruckend, einfühlsam». Grieg-Kennerin Griegs Klavierkonzert ist allseits bekannt und beliebt. Ivana erkennt darin die Tänze und Folklore, den Sonnenschein und erneut die atemberaubende Landschaft Norwegens. Es ist eine perfekte Auswahl für ihr Debüt in Liechtenstein, da sie sich in den letzten Jahren intensiv mit Grieg auseinandersetzte. Ihre Liebe zu seiner Musik blühte auf, als sie 2011 ein Konzert in seinem Haus in Troldhaugen gab. Der Konzertsaal ist dort so gebaut, dass sowohl die Künstler als auch die Zuschauer über die kleine Hütte hinausschauen, in der Grieg zu komponieren pflegte. Dahinter erhebt sich eben diejenige majestäti- sche Landschaft mit dem See und Fjord in der Ferne, die auch Grieg selbst inspirierte, und die sich in seinen Werken widerspiegelt. Sie entschied daraufhin, sich seinem Œuvre zu widmen und neues Leben in die Werke für Soloklavier zu hauchen. Obwohl sein Klavierkonzert und die Lyrischen Stücke oft gespielt werden, sind andere Werke wie seine monumentale Ballade und die ausserordentlichen Slåtter kaum mehr auf Konzertprogrammen zu finden. Vermählt mit einem Liechtensteiner Ihre Exploration von Griegs Musik hat sie im Februar 2015 bereits ins KKL nach Luzern gebracht, wo sie seine Solowerke interpretierte. Vor zwei Jahren erschien ihre dritte CD mit Griegs Solowerken für Klavier. Die CD wurde von Grammophone als Editor’s choice gewählt, vom «BBC Music Magazine» für eine mitreissende Darbietung gelobt und von der Grieg Gesellschaft als CD des Jahres gekürt. Die CD war auch in der Schweiz schon auf «SRF2» zu hören. Das Konzert am 15. September wird auch persönlich für sie wichtig sein, da sie mit einem Liechtensteiner, Quentin Huys, vermählt ist. Mit ihm und ihrem anderthalb Jahre alten Sohn lebt sie derzeit in Zürich. Ivana und Quentin lernten sich in England kennen, kurz nach ihrem Studium an der University of Cambridge. Ivana studierte danach weiter am Royal College of Music unter Niel Immelman, Peter Bithell, Stephen Kovacevich und Leif Ove Andsnes. Nach ihrem Konzert in Liechtenstein führt sie demnächst ein dichtes Konzertprogramm nach London, wo sie im Barbican Rachmaninovs Klavierkonzert Nr. 2 spielen und kurz darauf mit dem Royal Philharmonic Orchestra debütieren wird. Ihre nächste CD widmet sie Chopin. (pd) Der Eintritt ist frei. Anschliessend bietet der Freundeskreis des Sinfonieorchesters Liechtenstein einen Empfang. Obligatorische Anmeldung unter der Telefonnummer +423 2626351 oder per Mail an [email protected]. hat ein neues Betätigungsfeld entdeckt: Der 68-Jährige wird Lieder für ein SpongeBob-Musical komponieren. Es soll im Juni nächsten Jahres im Oriental Theatre in Chicago uraufgeführt werden. Unter Bowies Federführung sollen weitere namhafte Künstler Lieder für das Musical beisteuern. Dazu zählen DiscoIkone Cyndi Lauper sowie die Hardrocker von Aerosmith. Auch die USBands The Flaming Lips und They Might Be Giants, die ebenso wie Bowie eher für tiefsinnigere Texte bekannt sind, wollen sich an dem leichten Thema versuchen. Das Musical basiert auf der Zeichentrickserie «SpongeBob», welche die Erlebnisse eines Schwamms in der im Meer gelegenen Stadt Bikini Bottom erzählt. Die Figur hat Fans in aller Welt, nicht nur unter den Kindern. Unter anderem hat sich US-Präsident Barack Obama als SpongeBobFan geoutet. Das Musical soll im kommenden Jahr zunächst einen Monat in Chicago zu sehen sein und dann an den Broadway in New York umziehen. (sda/afp) «Peter» und «Piotr» – zwei berühmte Tenöre in Schwarzenberg Namensvetter Die Sommer-Schubertiade präsentierte zwei berühmte Tenöre aus zwei Generationen – Peter Schreier (Deutschland) und Piotr Beczala (Polen). Die heurige Sommer-Schubertiade in Schwarzenberg ist, wie immer luxuriös besetzt, erfolgreich zu Ende gegangen. Ein interessanter Aspekt soll an dieser Stelle hervorgehoben werden. Nicht nur, dass zwei gleichnamige Tenöre unserer Zeit – Peter Schreier und Piotr Beczala – präsent waren und beide sich Schubert widmeten (Schreier als Dozent seines Meisterkurses, Beczala als Interpret der «Schönen Müllerin»), sie wirkten eher ungewollt als Repräsentanten der Schubert-Pflege in zwei Generationen. Der in Meissen 1935 geborene deutsche Kammersänger und Dirigent Peter Schreier wurde am 29. Juli 2015 80 Jahre alt. Nach schwerer Krankheit wieder genesen, hielt er vom 24. bis 28. August im Kleinen Dorfsaal einen Meisterkurs für qualifizierte internationale Studierende. Peter Schreier Vor allem das Liedwerk Franz Schuberts begleitete Schreier ein Künstlerleben lang durch alle grossen Konzertsäle der Welt. Was Wunder, Links: Kammersänger Peter Schreier (80). Rechts: Startenor Piotr Beczala. (Fotos: ZVG) dass der geliebte Altmeister des Gesangs sich auch in Schwarzenberg u. a. mit einem jungen Tenor dem Wiener Liederfürsten widmete («Wohin?» und «Am Feierabend» aus der «Schönen Müllerin»). Selbstredend schöpft Peter Schreier aber auch immer wieder aus dem reichen Fundus der Erfahrungen als Oratoriensänger, Opernstar (Mozart), vielseitiger Liedersänger ... Leider ist der Meister seit 2005 nicht mehr auf Konzertpodien oder in der Oper zu erleben. Er gibt seine tiefgründende Kunst nunmehr an Studierende wei- ter. Neben Schubert (am zweiten Tag des Kurses) standen auch noch Lieder von Brahms, Wolf und Schumann zur Diskussion, aber wie sich Schreier in die Feinheiten der «Schönen Müllerin» versenkte, offenbarte die unübertreffliche Schubert-Kompetenz des Tenors für dessen Zyklen. Schreier galt bei seinen Liederabenden als Meister der Pianokunst, der reichen Skala Schubert’scher Zwischentöne, die jeweils aus der reifen Textbehandlung erwuchs. Ein paar Augenblicke des Unterrichts: «Wohin ?» – «frisch», «rauschen» des Bächleins, aber auch der wirren Gedanken des Burschen; «Am Feierabend» – Stimmungskontrast Bursche, Meister, Mädchen ... Immer wieder hob Schreier die Nuancen der Dichtertexte/Rollen (Wilhelm Müller) hervor, die Aussagekraft der Vokale, die Gefahr des eingeschobenen h etc. und pochte vehement auf die Beachtung der Schubert-Pianos. polnische Startenor Piotr Beczala. Als Opernsänger (auch Operettensänger) geniesst er schon seit etlichen Jahren Weltruf und der sympathische «schöne Mann» mit enormer Bühnenpräsenz besitzt gewiss eine der schönsten lyrischen Tenorstimmen unserer Zeit. Im letzten Jahr debütierte er in Schwarzenberg mit Schumanns «Dichterliebe», heuer präsentierte Beczala, am Steinway vom Meisterpianisten Helmut Deutsch behutsam assistiert, «Die schöne Müllerin» Franz Schuberts. Hier waren einige Minuspunkte zu beklagen. Die Stimme strahlte in Fülle, wirkte aber für den doch letztlich introvertierten, enttäuschten Müllerburschen zu opernhaft, «oversized» in etlichen Liedern. Man hatte leider den Eindruck, dass Beczala als Pole die literarischen deutschen Texte und deren sensible Aussage psychologisch (noch) nicht ganz erfasst hat (er benötigte ein Notenpult!) und deshalb nicht die für die SchubertZyklen nötige Meisterschaft (Peter Schreier sei nochmals nostalgisch erwähnt) bot. Helmut Deutsch bewies einmal mehr seine legendäre Schubert-Affinität. (es) Piotr Beczala Ein zweiter grosser Peter der Schubertiade war der 1966 geborene www.volksblatt.li
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