TK02-Bibel-neu

Bibel–verstehenundkommunizieren
In dieser Unterrichtseinheit erwerben Sie Kompetenzen im Umgang mit der Bibel: Sie lernen
Methoden, die bei der historisch-kritischen Auslegung der Bibel helfen. Sie lernen, die Entstehung
derBibelnachzuvollziehen.UndSielernen,anhandzentralerBibeltextediewesentlichenPositionen
desChristentumswiedergebenundimDialogmitanderenReligionenvertretenzukönnen.
Kompetenzraster„Bibel“
MitHilfedieserTabellekönnenSieüberprüfen,wasSienachderUnterrichtseinheit„Bibel“können
sollen.
Bitte machen Sie bei jeder Kompetenz in der Spalte „Selbsteinschätzung“ ein Kreuz, wenn Sie der
Meinung sind, über die genannte Kompetenz zu verfügen. Markieren Sie die nächste Spalte, wenn
Sie noch einen Input durch Ihre/n Lehrer/in benötigen und lassen Sie sich abzeichnen, wenn der
Inputerfolgtist.InderletztenSpaltezeichnetIhr/eLehrer/inab,wennSiedieKompetenztatsächlich
erlangthaben.
Input
benötigt
Kompetenz
erlangt
problemlos jede Bibelstelle finden und die Hilfsmittel in der Bibel benutzen.
10wichtigebiblischeGeschichtendemInhaltnachwiedergeben.
7 wesentliche Fakten der Geschichte und Religionsgeschichte Israels benennen.
7 wesentliche Fakten der Geschichte des NT und Religionsgeschichte desUrchristentumsbenennen.
KriterienfürBibelübersetzungenentfalten.
Problemstellung sowie das Ziel der exegetischen Methode der
Textkritik erläutern sowie diese Methode an unbekannten Beispielen
anwenden.
Problemstellung sowie das Ziel der exegetischen Methode der
Literarkritik erläutern, diese Methode an unbekannten Beispielen
anwendenunddieEntwicklungdesPentateuchwiedergeben.
Problemstellung sowie das Ziel der exegetischen Methode der
FormkritikerläuternsowiedieseMethodeanunbekanntenBeispielen
anwenden.
Problemstellung sowie das Ziel der exegetischen Methode der
Traditionsgeschichte erläutern sowie diese Methode an unbekannten
Beispielenanwenden.
dieArgumentationdesGalaterbriefswiedergeben.
das Problem der Hermeneutik anhand des hermeneutischen Zirkels beschreiben.
die Grundlagen alternativer Auslegungsmethoden wie feministische, befreiungstheologischeundtiefenpsychologischeExegeseentfalten.
Selbsteinschätzung
Ichkann...
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Einstieg:HistorischesundUnhistorischesinderBibel
Aufgaben
SuchenSiedreibiblischeGeschichtenIhrerWahl:
1.Eine,beiderSiesichersind,dassdasBerichtetehistorischpassiertist.
2.Eine,beiderSiesichersind,dassdasBerichtetenichthistorischist.
3.Eine,dieSiefürteils-teilshistorischhalten.
SchreibenSieIhreAuswahlindreiSpaltenandieTafel.
Diskutieren Sie in der Klasse darüber, ob die Geschichten in der richtigen Spalte stehen. Wenn Sie
IhreÜberlegungenabgeschlossenhaben:BittenSieIhre/nReligionslehrer/inumeineEinschätzung.
WichtigeBibelstellen
((Bildvorschlag:BildmitAusrufezeichenoderähnlichem,dasdieWichtigkeitsymbolisiert))
Es ist empfehlenswert, zur Geschichtenkenntnis beispielsweise eine Kinderbibel zu nutzen – damit
lernt man die Geschichtsinhalte. Hilfreich ist auch, wenn man mit Bleistift die Fundstellen der
Geschichten in die Bibel hinein schreibt. Insbesondere für die Geschichten des AT, die im Original
rechtausführlichsind,sindKinderbibelneineguteHilfe.
EmpfehlenswerteKinderbibelnsinddie„NeukirchenerKinderbibel“vonIrmgardWethunddie„Bibel
fürKinderundalleimHaus“vonRainerOberthür.
FolgendeBibelstellensindbesonderswichtig–esempfiehltsich,siesichimLaufederOberstufenzeit
zuerarbeiten.DerStern*bedeutet,dasseinKapitelbiszumEndezulesenist.
AltesTestament
Gen1-2*(Schöpfung;wichtigistderVergleichderbeidenSchöpfungsgeschichten1,1-2,4aund2,4b2*)
Gen3(Sündenfall)
Gen4,1-16(KainundAbel)
Gen7-9(ArcheNoahàKinderbibel!)
Gen11,1-9(TurmbauzuBabel)
Gen12,1-9(BerufungAbrahams)
Gen22(AbrahamsVersuchung)
Gen37ff.(JosefsgeschichtenàKinderbibel!)
Ex2ff.(AuszugausÄgyptenàKinderbibel!)
Ex20,1-17(10Gebote)
Dtn6,4-5(HöreIsrael)imVergleichzuMk12,29-31
1Sam9,15-1Kön11*(GeschichtenvonSaul,David,SalomoàKinderbibel!)
1Kön17-21(Elia-GeschichtenàKinderbibel!)
Hiob1-5;18+19;38-42
Ps23
Ps90
Pred3
Hld4
Jes9,1-6
Jes53,1-7
Amos
Wenigerabiturrelevant,aberinteressantzulesen,istderProphetDaniel.
NeuesTestament
Jesus-GeschichtenàKinderbibel
Mt5-7(Bergpredigt)
Mt28,18-20(Taufbefehl)
Mkkomplett
Lk15(das„verloreneKapitel“)
Joh1,1-14(WortGottes)
Joh8,12(JesusalsLichtderWelt)
Joh11(Lazarus)
Joh18,33-40(JesusvorPilatus)
Apg2,1-13(Pfingstwunder)
Briefliteratur–Vorsicht:HierhandeltessichumschwierigeThemen,diemangenaulesenmuss.Die
Textesindkurz,abermissverständlichundsehrinhaltsreich)
Röm1,16f.
Röm3,28(GerechtigkeitausdemGlauben)
Röm 7 (Achtung kompliziert: Redet Paulus von sich selbst oder von allen Menschen? Redet er von
derZeit,woerbereitsChristwarodervonderZeitdavor?–vielleichtdas„wichtigsteKapitel
derBibel“;ggf.Röm6Endevorherlesen,umdenAnschlusszuhaben)
Röm13,1-7(Obrigkeit)
1Kor11,17-34(EinsetzungdesAbendmahls)
1Kor13(dasHoheliedderLiebe)
1Kor15,1-28(Auferstehung)
Gal komplett (Pause nach Kap 2 – bis dahin beschreibt Paulus die Geschichte des frühen
Christentumsundtheol.Auseinandersetzungen,abKap.3fassteraufrundzweiSeitenseine
gesamteTheologiezusammen).
1Joh4,7-21
Offb21,1-8
Empfehlung:ÄhnlicheinerVokabelkarteilohntessich,dieinderBibelfettgedrucktenStellendieser
Liste aufzuschreiben und Inhalt und Fundstelle zu kennen. Die Stellen im Wortlaut auswendig zu
können,istnichtnötig!
GeeigneteÜbersetzungenundApps
GedruckteÜbersetzungen
((Bild,aufgeschlageneBibel))
Die Bibel ist im Original (Urtext) Hebräisch und Griechisch. Sie wurde mehrfach auf Deutsch
übersetzt. Für die Oberstufe geeignet sind vor allem Übersetzungen, die nah am Urtext sind.
Daneben gibt es vereinfachte Übersetzungen wie die „Gute Nachricht“, „BasisBibel“ oder die
„Hoffnung für alle“, die leichter lesbar sind, aber zuweilen ungenau. Die „Volxbibel“, „Bibel in
gerechterSprache“etc.sindkeineÜbersetzungen,sondernÜbertragungenuntereinembestimmten
AspektunddaherfürdieOberstufeungeeignet.
FürdieOberstufesindfolgendeÜbersetzungengeeignet:
1. Lutherbibel.DieLutherbibelwurdeseit1521mehrfachüberarbeitet,zuletzt1984und2017.
Siegiltalsdiesprachlich„schönste“Übersetzung.
2. Einheitsübersetzung. Die Einheitsübersetzung ist die von den katholischen Bischöfen
genehmigte,„katholische“Bibelübersetzung.
3. Zürcher Bibel. Die aktuelle Ausgabe der Zürcher Übersetzung zeichnet sich durch relativ
großeGenauigkeitaus.
Apps:((Bildvorschlag:einApp-Symbol))
Optimal sind die Lutherbibel-App oder die Zürcher-Bibel-App der Deutschen Bibelgesellschaft. Sie
kostenallerdingsüber10Euro.
KostenloseBibelappshabendenNachteil,dasssieaufdieurheberechtlichfreienÜbersetzungender
Vergangenheit zurückgreifen, also beispielsweise die Lutherübersetzung von 1912. Die zuweilen
etwas altertümliche Sprache liest sich allerdings schwieriger, als die überarbeiteten Versionen. Die
meistenkostenlosenAppsverzeichnenkeineParallelstellenähnlicherTexte,wasdieArbeiterheblich
erschwert.
In Klassenarbeiten ist der Gebrauch von Apps in der Regel verboten – hier muss mit einer
gedrucktenAusgabegearbeitetwerden!
WiearbeiteichmitderBibel?
((Bildvorschlag:mitBibelarbeitenderJugendlicher))
HilfsmittelzumGebrauchderBibel,diedieBibelselbstzurVerfügungstellt
Inhaltsverzeichnis
AmAnfangderBibelfindensichInhaltsverzeichnisse.DieBibelisteineSammlungvoninsgesamt66
Büchern,dieineinemZeitraumvonetwa1200v.Chr.bisetwa140n.Chr.entstandensind.DieBibel
wurde von vielen Autoren geschrieben. Erst lange nach der Abfassung der Bücher wurden sie
gesammeltundzuunsererheutigenBibelzusammengestellt.
WereinbestimmtesBuchsucht,wirdimInhaltsverzeichnisfündig.
Vorsicht: Die Bibel besteht aus zwei Teilen, dem Alten Testament und dem Neuen Testament. Die
SeitensindinbeidenTeilenneunummeriert.
Wofindeichwas?
Wichtige Texte und Bibelstellen sind in der Übersicht „Wo finde ich was?“ zu finden. Hier sind die
BelegstellenfürdiewichtigstenkirchlichenFeste,Gebete,dieGeschichteIsraels,TatenJesuunddas
LebendererstenChristenzufinden.
Abkürzungsverzeichnis
DasAbkürzungsverzeichnisbieteteineAufschlüsselungderAbkürzungenderbiblischenBücher.
Maße,Gewichtseinheiten,Geldwerte
Am Ende der Bibel befindet sich eine Übersicht über in der Antike zu findende übliche Maße,
GewichtseinheitenundGeldwerte.
Sach-undWorterklärungen
EineausführlicheListemitSach-undWorterklärungenstehtamEndederBibel.
ZeittafelzurbiblischenGeschichte
FürdenheutigenLeseristesoftschwierig,nachzuvollziehen,woraufsichdiehistorischenAngabenin
der Bibel beziehen. Hier ist die Zeittafel eine nützliche Hilfe. Hier werden nicht nur die biblischen
Ereignisse in chronologischer Reihenfolge dargestellt, sondern auch parallel die Geschichte der
sonstigenhistorischenEreignisse,sodasseinezeitlicheEinordnungmöglichist.
Karten
InjederBibelbefindensichzumindest4Karten:PalästinazurZeitdesAltenTestaments,Palästinazur
ZeitdesNeuenTestaments,derAlteOrientzurZeitdesAltenTestamentsunddieReisendesPaulus.
Diese Karten sollen helfen, die oftmals verwirrenden geographischen Namen wiederzufinden und
bessereinordnenzukönnen.
EinteilungderBibel
Aufgabe:SchlagenSieinderBibeldasInhaltsverzeichnisauf.BenennenSiediebeidenTeilederBibel
unddieUntergliederungderBücher.
NebendiesenBücherngibtesnochdiesogenannten„Apokryphen“.Dabeihandeltessichumspäten
Schriften des Alten Testaments in griechischer Sprache (also nicht Hebräisch!), die in der Zeit
zwischen300v.Chr.und100v.Chr.entstandensind.InderkatholischenEinheitsübersetzungsind
diese Schriften enthalten, weil die katholischen Christen sie als verbindlich anerkennen. Für Luther
hingegenwarensie„gutundnützlichzulesen“,habenabernichtdengleichenRangwiedieübrigen
BücherderBibel.DahersindsienichtinjederAusgabeenthalten.Inhaltlichenthaltensievorallem
dieweitereGeschichtedesVolkesIsraelinderZeitbis100v.Chr.
Konkret handelt es sich um folgende Bücher: Judit, Weisheit Salomos, Tobit, Jesus Sirach, Baruch,
1./2.Makkabäer,ErgänzungenzumBuchEster,ErgänzungenzumBuchDaniel,dasGebetManasses
Johannes 13,3 oder:
Joh 13,3
8
4
Die kleinen Zahlen sind
die Versangaben.
Zusammen sieht das
folgendermaßen aus:
1
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
5
2
6
3
Ps 18,37 (4.Wort/ Singular)
Röm 8,31a (3.Wort)
Ps 57,7 (4.Wort/ Singular)
2.Mo 20,3 (5.Wort)
Neh 6,4 (1.Wort)
Lk 2,1 (1.Wort)
Joh 16,7 (9.Wort)
1.Tim 4,4 (5.Wort/ Präteritum)
7
Schlagen Sie die genannten Bibelstellen auf und
finden Sie jeweils im richtigen Vers das gesuchte
Wort. Schreiben Sie alle Wörter in der richtigen
Reihenfolge in die freien Kästchen. Die Wörter
ergeben einen Lösungssatz.
Machen Sie nun folgende Übung:
Die große Zahl zeigt das
Kapitel an.
Hier steht der Name des
Buches.
Und so finden Sie sich
darauf zurecht:
So sieht eine Seite der Bibel aus.
Wie finden Sie eine Bibelstelle?
ZitiereneinerBibelstelle
DieEntstehungderBibel
Aufgabe:VollziehenSiedieGeschichteIsraelsunddieEntwicklungdesNeuenTestamentsjeweilsan
einem Zeitstahl nach. Recherchieren Sie Begriffe, die Sie nicht kennen, im Internet. Beziehen Sie
sowohldieEreignisgeschichtewieauchdieReligionsgeschichtemitein.
GeschichteIsraelsunddieEntstehungdesAltenTestaments
Das Alte Testament entstand in der
Zeitvonetwa1200vorChr.bis300v.
Chr. an verschiedenen Orten, vor
allem aber in Palästina und in
Babylon (in der Nähe des heutigen
Bagdad).
Palästina ist ein Durchgangsland, das
zwischen den Großreichen am Nil
(Ägypten) sowie an Euphrat und
Tigris
(Assyrisches
Reich,
Babylonisches
Reich)
liegt.
Geographisch liegt es eingeklemmt
zwischen Meer und Wüste. Auf
dieserengenfruchtbarenLandbrücke
sind im Lauf der Geschichte immer
wieder unterschiedliche Staaten
entstanden,
die
Pufferstaaten
zwischen den Großreichen bildeten.
Da diese Kleinstaaten strategisch
bedeutsam waren, ist die Geschichte
Palästinas immer wieder von
Konflikten mit den Großmächten
geprägt.
Für die Entstehung des Alten
Testaments ist diese Situation von
großer Bedeutung: Die Schriften des
AT befinden sich in ständiger
Auseinandersetzung
mit
den
Religionen der umliegenden Länder,
vor allem aber mit der ägyptischen
undderbabylonischenReligionsowie
mit
den
Gottheiten
der
Nachbarländer,beispielsweiseBaal.
DieGeschichteIsraelswirdindenGeschichtsbücherndesATberichtet.DasATbildeteinewichtige
Quelle ihrer Erschließung; daneben gibt es aber auch Quellen aus anderen Staaten der damaligen
ZeitundmittlerweileeineVielzahlvonarchäologischenFunden,dieunsgenauerenAufschlussüber
dieGeschichteIsraelsgeben.
ZwaristesfürSchülernichtnotwendig,alleDetailszukennen–einpaarZahlenundFaktensindaber
unerlässlich.
Zeit
(vorChr.)
Biblische
Personen
Bibelstellen
HistorischeEreignisse
um2000v. Abraham,
Chr.
Isaak,
Jakob
Gen12-36
Erzväter / Patriarchen. Die Existenz dieser Personen ist
nicht gesichert. Es könnten reine Legendengestalten sein.
Auch möglich wäre, dass unterschiedliche Traditionen
später zusammengefügt wurden, d.h. dass Abraham und
Isaak unterschiedliche, nicht verwandte Vätergestalten von
unterschiedlichenGruppenwaren.
danach
Josef
Gen37-50
DieJosefsgeschichteerklärt,wiedieIsraelitennachÄgypten
gekommen sind. Tatsächlich wissen wir nur von den
Vorfahren der Hebräer, ägyptisch „Hapiru“, die im
Pharaonenreich die Unterschicht bildeten. Woher diese
kamen und ob sie eine einheitliche Ethnie bildeten, ist
unbekannt.
um1200
Mose
Exodus
Auszug aus Ägypten. Der Bibel nach führt Mose, ein
Hebräer, das Volk Israel aus Ägypten, von wo es nach
Palästina (Kanaan) einwandert. Die Gestalt des Mose ist
außerhalbderBibelnirgendsbelegt.Auchsagenägyptische
Quellen nichts über den Exodus. Fest steht allerdings, dass
in dieser Zeit Kanaan unter ägyptischem Einfluss stand.
Ägyptologen spekulieren, dass die Exodus-Geschichte auf
Thronwirren und dynastische Streitigkeiten nach dem Tod
Ramses II. in Ägypten zurückgeht; Mose wäre dann ein
ranghoherÄgyptergewesen.Sicheristdasaberauchnicht.
Sicher ist wiederum: Die Mose-Gruppe war eng mit dem
Volksstamm der Midianiter verbunden. Diese waren die
ersten, die an den Gott Jahwe glaubten. Den Glauben an
JahwebrachtedieseGruppedannnachPalästinamit.
danach
Josua
Josua
Landnahme. Das Buch Josua suggeriert, dass die Israeliten
aus Ägypten eingewandert sind und das Land Kanaan von
dendortansässigenVölkerneroberthaben.Tatsächlichsind
NomadenausdemSüdennachPalästinaeingewandert.Die
Landnahme ging allerdings weniger kriegerisch vonstatten,
sondern in längeren Zeiträumen durch Vermischung der
Bevölkerung. Hierbei kam es auch zur Vermischung der
Religionen.
um1000
Saul
David
Salomo
1Sam
1Kön11
- Groß-Israel. Da sich das neuassyrische Reich bildet, hat
Palästina eine Phase der relativen Ruhe vor den
Großreichen. Die Bibel berichtet, dass Israel in dieser Zeit
ein Königtum wird, das von David zu einem Großreich
ausgeweitet wird. Archäologisch haben diese Reiche nur
geringe Spuren hinterlassen, so dass wir wenig Genaues
wissen.
Schon während dieser Zeit beginnt sich ein Nord-SüdGefälle abzuzeichnen: Der Norden und die Küstenregion
urbanisierenunderwirtschafteneinengewissenWohlstand;
das Bergland um Jerusalem gerät wirtschaftlich ins
Hintertreffen.
926
Jerobeam 1Kön12
Rehabeam
Amos
722/701
Israel:
Hoschea
Juda:
Hiskia
638-609
Reichsteilung / Königszeit. Nach dem Tod König Salomos
zerfällt das Reich Israel in zwei Teile, in einen Nordteil
(Israel) und in einen Südteil (Juda). Historisch gesichert ist:
Tatsächlich gab es diese beiden Staaten. Fraglich ist
allerdings,obdieseDoppelexistenzeinProduktdesZerfalls
einesGroßreichesnachdemTodSalomosist,wiedieBibel
suggeriert. Ägyptische Textfunde lassen darauf
zurückschließen, dass zur fraglichen Zeit (926 v. Chr.) kein
größererStaataufdemGebietPalästinasexistierte,sondern
nureineFüllevonmilitärischschwachenStadtstaaten.
Die wirtschaftliche Entwicklung geht weiter in der oben
beschriebenenRichtung:DerNordenprosperiert,allerdings
verbunden mit starken sozialen Verwerfungen, gegen die
derProphetAmosangeht.
2 Kön 16-19, Ende des Nordreichs. Israel wird durch das Reich der
Jes 7, Jes 36- Assyrererobertundzerfällt.DieOberschichtdesNordreichs
39,Hos5
wurdedeportiertunddurchandereVölkerersetzt.
Juda kann sich durch kluge Bündnispolitik der Könige Ahas
undHiskiahalten.HiskiaistderersteKönig,derauchdurch
nichtbiblischeQuellenbelegtist.701jedochkommteszum
Streit mit den Assyrern, die Juda zerstören und Jerusalem
belagern. Die Belagerung wird abgebrochen – nach
biblischem Bericht durch das Eingreifen Gottes, vermutlich
abernacheinerTributzahlungdurchHiskia.
Juda:Josias 2Kön22f.
Dtn
Kultreform des Josias. König Josias unternimmt eine
umfangreiche Kultreform (vgl. unten). Angeblich hat Josias
das Deuteronomium aufgefunden und als maßgebliches
Gesetzbuchbehandelt.JosiaskommtdaherbeidenAutoren
desAT,dievomDeuteronomiumgeprägtsind,„gutweg“–
er ist eine der Lichtgestalten in der Wertung vieler Bücher
desAT.
Während seiner Regierungszeit fällt Ninive als Hauptstadt
des assyrischen Reiches. Mit Babylon kommt eine neue
GroßmachtaufdenPlan.
597/87539
2 Kön 24, Exil in Babylon. Die Babylonier erobern Jerusalem und
Hes,
Jes deportieren rund 20% der Bevölkerung in ihre Hauptstadt
40ff.,
Babylon. Dort lebten die Vertriebenen frei und
vergleichsweise komfortabel. Dies führt dazu, dass sie
zunehmend beginnen, sich an die Babylonier und ihre
Religion zu assimilieren. In dieser Zeit entstehen viele
Schriften des Alten Testament, vor allem weite Teile der 5
Bücher Mose: Die Priester wollen verhindern, dass sich die
Jugend den Babyloniern anpasst. Auch die Propheten
HesekielundDeuterojesajawirkenindieserZeit.
nach539
Esra,
Esra,Neh
Wiederaufbau.MitderEroberungdesBabylonischenReichs
Nehemia
400-0
durch die Perser 539 dürfen die Juden nach Jerusalem
zurückkehren. Viele gehen unfreiwillig, weil es für sie eine
wirtschaftliche Verschlechterung bedeutet. In Jerusalem
werden der Tempel und die Stadtmauer wieder aufgebaut.
Das Judentum entwickelt sich erst in dieser Zeit zu einer
religiös festen Größe. Die Entwicklung des AT ist um 400
abgeschlossen.
Makk
ZwischentestamentlicheZeit.DasJudentumentwickeltsich
weiter: Messianische Hoffnungen steigen auf, die Idee der
Auferstehung gewinnt an Zulauf. Palästina steht kulturell
unterdemEinflussderGriechen(Hellenismus),dasATwird
auf Griechisch übersetzt („Septuaginta“, abgekürzt LXX).
Jüdische Gemeinden bilden sich im gesamten
Mittelmeerraum. Sie werden später den Ausgang für die
MissiondesChristentumsbilden.DasJudentumspaltetsich
in unterschiedlich hellenisierte Gruppen auf (z.B. Pharisäer
und Sadduzäer),dieaber,wiewir heutewissen,nichtganz
sofestabgeschlossensind.
Palästina wird von unterschiedlichen Gruppen beherrscht.
Weil das Land politisch immer wieder fremd beherrscht
wird,gewinntderHohepriesteramTempelinJerusalemfür
das Judentum mehr Bedeutung. Es gibt oft Aufstände, z.B.
denMakkabäeraufstand164.Ab63v.Chr.stehtJudäaunter
römischerHerrschaft.
Die Menschen interessieren sich für die möglichen
Ereignisse am Ende der Welt. Eine neue Textgattung
entsteht:dieApokalyptik.
ReligionsgeschichteIsraelsundTheologiedesAT
Die Religion des Volkes Israel hat sich über lange Zeiträume
entwickelt. Das gilt insbesondere für den Glauben an den
GottJahwealseinzigenGott.
DieVölkerinderUmweltIsraelsverehrtenvieleGötter.Diese
Form von Religion nennt man Polytheismus. Wie man aus
zahlreichen archäologischen Funden, zum Beispiel
Götzenstatuen in Häusern (vgl. Bild mit einer Statue des
GottesBaal),weiß,habenauchdiealtenIsraelitenamAnfang
mehrere Götter verehrt. Im Prinzip hatte jeder seinen
privaten „Haus-Gott“ bzw. mehrere Haus-Götter, den/die er
als Glücksbringer verehrte, z.B. Baal, Stierfiguren oder die
FruchtbarkeitsgöttinAschera,dieauchals„Frau“desJahweauftaucht.Nebendem„offiziellen“Kult
des Staates gab es im Volk Israel eine Vielzahl von kultischen Praktiken, die sich stark voneinander
unterschieden.
Nachundnachsetzteessichaberdurch,nureinenGottzuverehren.DabeierkanntendieIsraeliten
an,dassesverschiedeneGöttergibt – abernureinem,Jahwe,kamihreVerehrungzu.DieseForm
derReligionnenntmanMonolatrie.ZeugnissediesermonolatrischenZeit(vermutlichzwischen1000
v.Chr.unddemBeginnderReformendesJosias;vgl.unten)sindbeispielsweisePs82undPs89,6-8.
SchlussendlichsetztesichinIsraelderMonotheismusdurch–dieFormderReligion,dienureinen
Gott als existent akzeptiert und die Existenz anderer Götter abstreitet. Auf dem Weg von
Polytheismus über Monolatrie zum Monotheismus hat Jahwe immer facettenreicher die Züge
anderer altorientalischer Götter und Göttinnen absorbiert, so dass sich heute in der Bibel ein sehr
vielfältigesBildvonGottergibt.
Die Entwicklung zum Monotheismus ist von Rückschlägen gekennzeichnet. Die Bibel berichtet
ausführlich, dass das Volk Israel immer wieder von Gott Jahwe abfiel und andere Götter verehrte.
WesentlichwurdedieEntwicklungdurchzweiEreignissebefördert:DieKultreformdesJosias(640609). Josias strebte an, alle übrigen noch in Israel existierenden Kulte (wie die Baals-Verehrung)
abzuschaffen und den Kult am Jerusalemer Tempel zu zentralisieren. Diese beiden Maßnahmen
werden als Kultuseinheit und Kultusreinheit bezeichnet. Vollkommen durchsetzen konnten sich
diese Maßnahmen allerdings nie, wie der im Jahr 410 mit Wissen Jerusalems aufgebaute JahweTempel auf der Nilinsel Elephantine oder das Heiligtum der Samaritaner auf dem Berg Garizim
beweisen.
Das zweite für die Religionsgeschichte Israels zentrale Ereignis ist das Exil in Babylon (597-539).
Nachdem die Babylonier das Reich Juda erobert hatten, wurden die „oberen 10.000“ des Volkes
Israel nach Babylon verschleppt. Als die Exulanten in der 3. Generation anfingen, sich der
babylonischenReligionzuzuwenden,habenPriesterdenBestandderReligionIsraelsaufgeschrieben,
umihnzusichern.IndieserZeitsindvielewichtigeTextedesATentstanden.
AlsdasVolkIsraelausdemExilzurückkehrt,istdieEntwicklungderReligionvorläufigabgeschlossen
–abetwa400v.ChristusgibteseinpraktiziertesJudentummitunseremheutigenAltenTestament
als Heiliger Schrift, das im Kern bis heute existiert. Selbstverständlich ist die Entwicklung im
Judentumnichtstehengeblieben–genausowiedasChristentumhatdasJudentumauchimLaufeder
Zeit auf neue Herausforderungen reagiert und Antworten gefunden – zum Beispiel bereits in der
Antike auf die griechische Kultur des Hellenismus. Wie beim Christentum aber auch haben diese
nichtmehrEinzugindieHeiligenSchriftengefunden,sondernwurdenBestandteildertheologischen
Diskussion.
GeschichtedesUrchristentumsundEntstehungdesNeuenTestaments
Das NT entsteht in einem deutlich kürzeren Zeitraum als das AT. Die ältesten Schriften sind der 1.
Thessalonicherbrief und (möglicherweise) der Galaterbrief, geschrieben um 48 n. Chr. Die jüngsten
Schriften wie die Johannesbriefe oder 1/2 Tim sind um 120 n. Chr. geschrieben. Die Evangelien
entstehenzwischen70n.Chr.und100n.Chr.
VondenAutorendesNThatkeinerJesuspersönlichgekannt.AlleAutorenwarenaufBerichteüber
JesusangewiesenundnutztenfrühereschriftlicheQuellen,dieabernichtmehrerhaltensind.Einige
Autoren, wie beispielsweise Paulus, geben an, eine Offenbarung Jesu gehabt zu haben. Eine Reihe
von Schriften trägt die Namen bedeutender Verfasser, z.B. die Petrusbriefe – tatsächlich aber
stammen sie von uns unbekannten Christen und sind weit nach dem Tod der jeweiligen Apostel
entstanden.DiesesPhänomen,BriefeinfremdenNamenzuverfassen,nenntmanPseudepigraphie.
Die Entstehung der Schriften des NT hängt sehr eng zusammen mit der Entwicklung des
Urchristentums.
Zeit
Chr.)
(n. Personen
um30
Jesus
Bibel–
HistorischeEreignisse
stellen /
außerbib–
lische
Schriften
Mk16parr. Tod und Auferstehung Jesu. Bildung der Urgemeinde in
Jerusalem: Die Jünger Jesu sind sich sicher, dass seine Sache
auchnachseinemTodweitergehensoll.UnterderLeitungvon
Petrus und Jakobus, dem Bruder Jesu, entsteht in Jerusalem
dieUrgemeinde.
Apg6ff.
Q,
EvThom?
RechtbaldtauchteinsozialesProblemauf:DieVersorgungder
WitwenundWaisen.DieUrgemeinde„erfindet“dieDiakonie
alskirchlichesWerkzurLinderungderNotderMenschen.
Menschen sammeln Aussprüche Jesu und schreiben sie auf.
DiesbildetdieGrundlagefürdiespäterenEvangelien.Obdas
nicht in der Bibel enthaltene Thomasevangelium in diese Zeit
gehört,istunterForschernumstritten.
vor48
Apg
9, Paulus,derursprünglichdieChristenverfolgte,wirdChrist.Er
Apg11
missioniertinvielenStädtenKleinasiens.InAntiochiawirddie
neue Gemeinde erstmals als „Christen“ bezeichnet. Paulus
missioniertso,dasseranfängt,indenSynagogenzupredigen.
Christ kann nach seiner Auffassung aber jeder werden, nicht
nurJuden.
48
Petrus,
Paulus
Apg15
Gal1-2
Auf dem „Apostelkonzil“ in Jerusalem beschließen Petrus,
Jakobus und Paulus, dass Paulus für die Mission der Heiden
zuständigist;PetrusundJakobusinJerusalemfürdieJuden.
Apg16ff.
Aufgrund der großen Erfolge des Paulus bei seinen nächsten
Missionsreisen (vgl. Karte in der Bibel) schwindet die
Briefe des
Bedeutung der Jerusalemer Urgemeinde immer mehr. Paulus
Paulus:
schreibt seine Briefe und zieht damit die Konturen für die
Theologie des Christentums und damit des NT fest: Röm, 1/2
Kor,Gal,Phil,Phlm,1Thess.
ab70
Evangelisten
Nach einem Aufstand zerstören die Römer den Tempel in
Jerusalem.DadieEvangelienhieraufBezugnehmen,istdavon
auszugehen,dasssieerstdanachgeschriebenwurden.Um70
entsteht Mk, um 90 Lk und Mt, um 100 Joh. Dass die
Evangelien entstehen, ist dem Umstand geschuldet, dass die
Augenzeugen Jesu aussterben. Die Gemeinden in Syrien und
Kleinasien hatten das Bedürfnis an einer Darstellung des
Wirkens Jesu. Gleichzeitig sind die Evangelien aber keine
historische Nacherzählung des Lebens Jesu – in ihnen steckt
bereitseinetheologischeReflexion,dieJesusalsdenChristus,
alsodenRetterverkündigt.
IndenGemeindenbildensichnachundnachfesteStrukturen,
nochistaberallessehrflexibel.
96
Domitian
1Petr
Christenverfolgungen. Christen geraten in Konflikt mit dem
Römischen Reich, weil sie die römische Staatsreligion nicht
anerkennen.FürdieChristenistesunmöglich,denrömischen
Kaiser als Gott zu verehren, sie erkennen ihn „nur“ als
Staatschef an. Daher gehen Christen für ihren Glauben als
MärtyrerindenTod.
1 / 2 Tim, MittlerweilehabensicheinigermaßenfesteStruktureninden
Gemeindenetabliert.EsgibtfesteÄmterund„hauptamtliche
Tit,
Mitarbeiter“.AusdenGemeindenwirdzunehmenddieKirche,
dieAbnabelungvomJudentumistendgültigerfolgt.Diesging
nicht ohne Auseinandersetzung vor sich – gerade das
Joh
JohannesevangeliumunddieJohannesbriefeweisendeutliche
KritikamJudentumauf.
um100
Didache,
Ignatius
um120
Offb
AußerbiblischeSchriftengebenunsAufschlussüberdasLeben
dieser frühen Gemeinden, so z.B. die Didache, eine
GemeindeordnungoderdieBriefedesIgnatiusvonAntiochia.
Das Christentum setzt sich intensiv mit der Apokalyptik
auseinander. Mit der Offenbarung entsteht ein Buch, das
untypisch ist und dem sonstigen Christentum vergleichsweise
wesensfremd. Es ist am Anfang sehr umstritten, ob es
überhaupt in die Bibel aufgenommen werden soll.
Nichtsdestotrotz hat es große Nachwirkungen, vor allem im
Mittelalter.
ReligionsgeschichtedesUrchristentumsundTheologiedesNT
Die Religionsgeschichte des Urchristentums und die Theologie des NT sind umstritten. An dieser
Frage scheiden sich die Konfessionen untereinander und wiederum die Forscher innerhalb der
Konfessionen.
FolgendeFragenwerdendiskutiert–esistandieserStellevollkommenunmöglich,Entscheidungen
zutreffen.
1. Rolle Jesu. Ist Jesus bewusster Gründer einer neuen Religion oder nur Rabbi in einer
jüdischenSekte?FassteersichselbstalsMessiasaufoderwurdeernachseinemToddazu
gemacht?IstdieTheologieJesuähnlichzurTheologiedesPaulusodergibteseinejüdischpalästinensischgeprägteTheologie,diemitJesusundeinehellenistischgeprägteTheologie,
diemitPaulusinVerbindungsteht?WasistderKernderVerkündigungJesu–predigterdas
endzeitliche Reich Gottes oder ist ihm an einer sozialen Revolution gelegen? Welche Rolle
spieltdieEthikinbeidenKonzepten?
2. Theologie des Paulus. Kern der Theologie des Paulus ist der Umstand, dass das Verhältnis
Gott-Mensch nicht vom Halten des Gesetzes abhängig ist, sondern von der Gnade Gottes,
derdieSündenvergibt.Umstrittenistallerdings,obundwiesichderMenschandieGesetze
Gottes halten soll oder muss. Zielt die Gesetzeskritik des Paulus auf das ganze Gesetz oder
nuraufKultgeboteab?WelcheRollespieltChristusfürPaulus–isterSühnopferodergibter
Versöhnung? Ist die Theologie des Paulus stärker von hebräischem Denken oder von
hellenistischemDenkengeprägt?RechnetPaulusmiteinerErrettungIsraelsunabhängigvon
Christus–odergrenztersichscharfvomJudentumab?
IstdieBibeldas„WortGottes“?
„Die Schrift ist in ihrer Gesamtheit irrtumslos und damit frei von Fehlern, Fälschungen oder
Täuschungen. ... Sie ist ihren Autoren wortwörtlich von Gott eingegeben (Verbalinspiration)“
(ChicagoerErklärungzurIrrtumslosigkeitderHeiligenSchrift1978)
„Jesus Christus ist das geoffenbarte Wort Gottes. Die Bibel ist Wort Gottes, insofern sie Jesus
Christusbezeugt.“(KarlBarth)
„Die Bibel ist Gottes Wort in Gestalt menschlicher Worte.“ (Synode der Evangelischen Kirche in
Deutschland)
„Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne
medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und
WunderweltdesNeuenTestamentsglauben.“(RudolfBultmann)
„WiekannmanvernünftigerweiseGottalsQuelle,alsKommunikatoreinerBotschaftansehen,dieso
schlecht bei ihrem Empfänger ankommt, dass über ihren Inhalt so chaotische Uneinigkeit besteht,
dass seit der Frühzeit des Christentums bis heute die verschiedensten Kirchen und sonstigen
konfessionellen Gruppen sich darüber streiten, was eigentlich mit dieser Botschaft gemeint sei?“
(FranzBuggle)
DieDeutscheBibelgesellschaftschreibtzudieserFrage:
„Judentum und Christentum nennen die Bibel auch „Wort Gottes“, „Heilige Schrift“ oder „vom
heiligen Geist durchdrungen“. Das führt manchmal zu dem Missverständnis, Gott habe die Bibel
sozusagenWortfürWort„diktiert“.DieBibelselbstzeichnethierjedocheinganzanderesBild.
So erzählt z.B. der Anfang des Lukasevangeliums ganz offen von dem komplizierten und
offensichtlichnichtimmerimgewünschtenMaßzuverlässigenProzessderWeitergabederBotschaft
Jesu, der den Verfasser des Evangeliums dazu gebracht hat, „all diesen Überlieferungen bis hin zu
denerstenAnfängen“selbst„sorgfältignachzugehen“,umsiesodann„inderrechtenOrdnungund
Abfolgeniederzuschreiben“(Lk1,3).Wasistesalso,dasdieBibelzum„WortGottes“,zur„Heiligen
Schrift“macht?
Es gibt Erfahrungen, die wie Fenster sind, in denen unsere „normale“ Lebenswirklichkeit plötzlich
ganzanderserscheintalszuvor,indenensieaufeinmaldurchsichtigwirdaufeinenGrund,dersie
trägt,aufeinenSinn,derunverlierbarist:aufdieHandGottes,inderdieWeltundallesLebensteht.
SolcheErfahrungensindnichtnurangenehm.VieleMenschenhabenGottesNähegeradeinZeiten
derNoterfahren–mitunterauchsolche,diezuvormitderBotschaftderBibelgarnichtvielanfangen
konnten. Die Bibel erzählt an vielen Stellen von solchen Erfahrungen– und mehr noch: Wer sich
intensivaufihreBotschafteinlässt,kannselbstdieErfahrungmachen,dasshierGottzuihm,zuihr
spricht. Dann werden die Worte der Bibel zum erlösenden Wort, das aus Ängsten und Zweifeln
befreit,zumSinnstiftendenWort,dasdemLebenHaltgibt.SogesehenistdieBibelGottesWort,ist
sieHeiligeSchrift.AberdiesesWortwirdhörbarunderfahrbarinMenschenworten.“
Aus:http://www.die-bibel.de/bibelwissen/ist-die-bibel-noch-aktuell/gottes-wort/
Aufgaben
1. GebenSiedieArgumentationdesTextesineigenenWortenwieder!
2. NehmenSieanhanddesTextesundderZitateStellung,obundwennjainwieferndieBibel
„WortGottes“ist!DiskutierenSiedieseFrageineinerKleingruppe!
Bibelübersetzungen
((Bildvorschlag: entweder Bibelcover von den einzelnen Bibeln oder eine Statistik über die
meistverkaufteÜbersetzungetc.))
Aufgabe
VergleichenSieGen1(Schöpfung),Gen2,4-3,*(DerSündenfall)undJoh2(dieHochzeitvonKana)in
verschiedenenÜbersetzungen.
BeginnenSiezunächstmitdemTextderLuther-undderEinheitsübersetzung.
Danach lesen Sie die folgenden Übersetzungen. Versuchen Sie dabei, möglichst genau die
EigenheitenderjeweiligenÜbersetzungherauszuarbeiten.
BibelübersetzungvonMartinBuberundFranzRosenzweig
Gen1,1ff.ImAnfangschufGottdenHimmelunddieErde.
Die Erde aber war Irrsal und Wirrsal. Finsternis über Urwirbels Antlitz. Braus Gottes schwingend
überdemAntlitzderWasser.Gottsprach:Lichtwerde!Lichtward.GottsahdasLicht:daßesgutist.
GottschiedzwischendemLichtundderFinsternis.
GottriefdemLicht:Tag!undderFinsternisriefer:Nacht!AbendwardundMorgenward:EinTag.
Gott sprach: Gewölb werde inmitten der Wasser und sei Scheide von Wasser und Wasser! Gott
machte das Gewölb und schied zwischen dem Wasser, das unterhalb des Gewölbs war und dem
Wasser, das oberhalb des Gewölbs war. Es ward so. Dem Gewölb rief Gott: Himmel! Abend ward
undMorgenward:zweiterTag.
Gottsprach:DasWasseruntermHimmelstauesichaneinemOrt,unddasTrocknelassesichsehn!
Eswardso.DemTrocknenriefGott:Erde!undderStauungderWasserriefer:Meere!Gottsah,daß
esgutist.
Gottsprach:SprießenlassedieErdeGesproß,Kraut,dasSamensamt,Fruchtbaum,dernachseiner
ArtFruchtmachtdarinseinSameist,aufderErde!Eswardso.DieErdetriebGesproß,Kraut,das
nachseinerArtSamensamt,Baum,dernachseinerArtFruchtmachtdarinseinSameist.Gottsah,
daßesgutist.AbendwardundMorgenward:dritterTag.
GuteNachricht
Gen2,4bAlsGott,derHERR,ErdeundHimmelmachte,
5 gab es zunächst noch kein Gras und keinen Busch in der Steppe; denn Gott hatte es noch nicht
regnenlassen.Eswarauchnochniemandda,derdasLandbearbeitenkonnte.
6NurausderErdestiegWasseraufundtränktedenBoden.
7 Da nahm Gott, der HERR, Staub von der Erde, formte daraus den Menschen und blies ihm den
LebensatemindieNase.SowurdederMenscheinlebendesWesen.
8DannlegteGottimOsten,inderLandschaftEden,einenGartenan.ErließausderErdealleArten
vonBäumenwachsen.EswarenprächtigeBäumeundihreFrüchteschmecktengut.Dorthinbrachte
GottdenMenschen,denergemachthatte.
9InderMittedesGartenswuchsenzweibesondereBäume:derBaumdesLebens,dessenFrüchte
Unsterblichkeitschenken,undderBaumderErkenntnis,dessenFrüchtedasWissenverleihen,was
fürdenMenschengutundwasfürihnschlechtist.
10InEdenentspringteinStrom.ErbewässertdenGartenundteiltsichdanninvierStröme.
11DerersteheißtPischon;erfließtrundumdasLandHawila,woesGoldgibt.
12 Das Gold dieses Landes ist ganz rein, außerdem gibt es dort kostbares Harz und den Edelstein
Karneol.
13DerzweiteStromheißtGihon;erfließtrundumdasLandKusch.
14DerdritteStrom,derTigris,fließtöstlichvonAssur.DervierteStromistderEufrat.
15Gott,derHERR,brachtealsodenMenschenindenGartenEden.ErübertrugihmdieAufgabe,den
Gartenzupflegenundzuschützen.
16Weitersagteerzuihm:»DudarfstvonallenBäumendesGartensessen,
17nurnichtvomBaumderErkenntnis.Sonstmusstdusterben.«
BibelingerechterSprache
Gen2,4bff.
DasFolgendeistdieGeschichtederKindervonHimmelundErde,seitdieseerschaffenwurden.Am
Tage,alsAdonaj,dasistderNameGottes,ErdeundHimmelmachte,-nochgabesdieSträucherdes
FeldesnichtaufderErdeunddasGründerFelderwarnochnichtaufgesprossen,dennAdonaj,also
Gott,hatteesnochnichtregnenlassenaufdieErde,undesgabauchnochkeineMenschen,umden
Ackerzubearbeiten,nureinQuellstiegausderErdeaufundtränktedieganzeFlächedesAckers.Da
bildeteAdonaj,alsoGott,Adam,dasMenschenwesen,ausErdevomAckerundbliesinseineNase
Lebensatem.DawurdederMenschatmendesLeben.
GütersloherErzählbibel
Gen2,4bff.
AlsGottErdeundHimmelmachte,warnichtsGrünesaufderErde,weileresnochnichthatteregnen
lassen. Es war aber auch kein Mensch da, um den Erdboden zu bebauen. Der Nebel stieg vom
Erdboden auf und bewässerte ihn. Da handelte Gott als Töpferin, formte aus Lehm ein
Menschenwesen und blies ihm göttlichen Atem in die Nase – so wurde das Menschenwesen
lebendig.EswarnochnichtMannundnochnichtFrau....
Darum ließ Gott das Menschenwesen in einen tiefen Schlaf fallen. Sie nahm ein Stück von ihm,
werkeltealsBaumeisterinundbauteeineFrau,diesiezudemMenschenwesenbrachte.
GuteNachricht
Joh2DieHochzeitinKana
2,1AmdrittenTagwurdeinKanainGaliläaeineHochzeitgefeiert.DieMuttervonJesuswardabei,
2undauchJesuswarmitseinenJüngerndazueingeladen.
3AlsderWeinvorratzuEndewar,sagteseineMutterzuihm:»SiehabenkeinenWeinmehr!«
4 Jesus erwiderte ihr: »Frau, das ist meine Sache, nicht deine! Meine Stunde ist noch nicht
gekommen.«
5DawandtesichseineMutterandieDienerundsagte:»Tutalles,wasereuchbefiehlt!«
6 Im Haus standen sechs Wasserkrüge aus Stein, von denen jeder etwa hundert Liter fasste. Man
brauchtesiewegenderReinigung,diedasGesetzvorschreibt.
7JesussagtezudenDienern:»FülltdieseKrügemitWasser!«SiefülltensiebisandenRand.
8 Dann befahl er ihnen: »Jetzt nehmt eine Probe davon und bringt sie dem Mann, der für das
Festessenverantwortlichist.«SiebrachtenihmeineProbe,
9underkostetedasWasser,daszuWeingewordenwar.Erwusstenicht,woherdieserWeinkam;
nurdieDiener,diedasWassergeschöpfthatten,wusstenes.ErriefdenBräutigamzusich10und
sagte:»JederbringtdochzuerstdengutenWeinaufdenTisch,undwenndieGästeschonreichlich
getrunkenhaben,folgtderschlechtere.AberduhastdengutenWeinbiszuletztaufgehoben!«
11 So vollbrachte Jesus in Kana in Galiläa sein erstes Wunderzeichen und offenbarte seine
Herrlichkeit.UndseineJüngerkamenzumGlaubenanihn.
12DanachgingermitseinerMutter,seinenBrüdernundseinenJüngernnachKafarnaumhinunter
undbliebeinigeTagedort.
Volxbibel
Joh1,1-12AufeinerHochzeitsparty
AmübernächstenTagwareinefetteHochzeitspartyindemDorfKanainGaliläaangesetzt.Unterden
GästenwarauchMaria,dieMuttervonJesus,aberauchJesuswarmitseinenFreundengekommen.
MitteninderPartystelltesichheraus,dasszuwenigWeinbestelltwordenwar.Mariagingdannzu
Jesusundsagte:„AchJesus,übrigens,derWeinistgleichalle!“.Jesuswarsichtlichgenervt.„Wassoll
das?DieZeit,woichsolcheSachenbringensoll,istnochnichtda!“.Siebliebaberdabeiundsagte
sogarzudenServicekräften:„Egal,wasereuchsagt,tuteseinfach!“.
ImHauswarensechsriesigeFässer,diemanfürirgendwelchereligiösenWaschritualebrauchte.In
jedes Teil passten ungefähr 500 Liter rein. Jesus sagte zu den Servicekräften: „Füllt die Teile mal
randvollmitWasser!“Nachdemsiedasgetanhatten,sagteer:„UndjetztlasstdemKüchenchefmal
neKostproberüberwachsen!“.DerKüchencheftrankeinenSchluckvondemWasser,dasjetztWein
gewordenwar.ErhattekeineAhnung,woherderWeinkam,nurdieServicekräftewusstendas.Er
trafsichsofortleichtgenervtmitdemBräutigamundsagtezuihm:„AlsoEntschuldigung,aberjeder
normaleGastgeberbietetdochseinenGästenzuerstdengutenTropfenan!Understspäter,wenn
alle betrunken sind, kommt der billige Fusel. Aber Sie haben ja den besten Wein bis zum Schluss
aufgehoben!“.DieseirreGeschichtepassierteinKanainGaliläa.DaswardasersteMal,dassJesus
durchsoeinWunderzeigte,dasserwirklichvonGottgeschicktwordenwar.
Wiesollmanüberhauptübersetzen?
MartinLuthererläutertaneinemBeispielseineArt,dieBibelzuübersetzen(ausdem„Sendbriefvom
Dolmetschen“,1530,WA30II,638):
„Also:DaderEngelMariagrüßtundspricht:„GegrüßetseistDu,MariavollGnaden,derHerr
mit Dir“ [Lk 1,28]. Wohlan, so ist es nach dem lateinischen Buchstaben verdeutscht [gratia
plena].Sagemiraber,obsolchesauchgutesDeutschsei?WoredetderDeutscheMannso:
„Du bist voll Gnaden“? Und welcher Deutscher versteht, was damit gemeint ist – „voll
Gnaden“?ErmussdenkenaneinFassvollBieroderBeutelvollGeldes!Alsohabeichmich
entschieden, zu verdeutschen: „Gott grüße dich du liebe Maria“, denn das will der Engel
sagen und so würde er geredet haben, wenn er sie auf Deutsch hätte grüßen wollen. Wer
Deutschkann,derweiß,welcheinherzlichWortdasist,dieliebeMaria,derliebeGott,der
liebe Kaiser, der liebe Mann, das liebe Kind. Und ich weiß nicht, ob man das Wort „liebe“
auchsoherzlichinLateinischeroderanderenSprachenredenkann.
Aufgaben
1. BeschreibenSie,welchePrinzipienLutherseinerBibelübersetzungzugrundelegt.
2. Erstellen Sie Kriterien: Was muss eine Übersetzung leisten, damit sie als „gut“ bezeichnet
werdenkann?WelcheÜbersetzungwirddiesenKriteriengerecht?
Textkritik–denUrtextderBibelherausfinden
Problem:KeineinzigesBuchderBibelexistiertnochindervomVerfassergeschriebenenFassung.Die
Textewurdenvielfachabgeschrieben,derUrtextistverlorengegangen.BeimAbschreibenhabensich
Fehler eingeschlichen, die ganz unterschiedliche Ursachen haben können. Die wissenschaftliche
Disziplin,diedieAufgabehat,austausendenvonHandschriftendenUrtextzurekonstruieren,nennt
manTextkritik.
DieSprachenderBibel
DasAlteTestamentistaufHebräischverfasst,dasNeueTestamentaufGriechisch.
Hebräisch wird nicht nur von rechts nach links gelesen, sondern ist auch eine reine
Konsonantenschrift. Der Text des AT wurde daher erst ohne Konsonanten geschrieben, erst im 4.
Jahrhundertn.Chr.hatmandieVokaleinFormvonkleinenPunktenüberundunterdenBuchstaben
ergänzt.DasschafftProbleme:Wörterkönntenprinzipiellunterschiedlichgelesenwerden.Manweiß
nicht, ob die Vokale, die erst Jahrhunderte nach der Entstehung des Textes nachträglich eingefügt
wurden,auchdiesind,dieursprünglichgemeintwaren.
BeispieleimDeutschen:„SCHN“kann„SUCHEN“,„SCHNEE“,„SCHEUNE“,„SACHEN“oder„SCHÖN/E“
heißen. „HT“ kann „HUT“, „HÜTTE“, „HAT“, „HATTE“, „HÄTTE“, „HIT“ oder „HEUT/E“ heißen. Nicht
immeristganzgenausicher,waseigentlichgemeintist.
SosiehtderAnfangdesAltenTestamentsaus,manliestdenTextvonrechtsnachlinks:
.CrE)F|ha t)'w: MyimA#$F%hA t)' Myh3Il&)V )rFb@F ty#$I)r'b|
.w%hb&wf w%ht& htfy:h\f CrE)F|ha'w:
Leserichtung
IndeutscherUmschriftwürdemanessolesen:
Bereschítbaráelohímethaschamájimwe’étha’árez.Weha’árezhajetátohuwabóhu.
(AmAnfangschufGottHimmelundErde.UnddieErdewarwüstundleer.)
Aufgabe:LesenSiediedeutscheUmschriftlaut,umeinGefühlfürdenTextzubekommen!
SosiehtderBeginndesJohannes-EvangeliumsimNTaus:
)en a)rxh?= h)=n o( lo/goj, kai o( lo/goj h)=n pro_j to_n qeo_n, kai_ qeo/j h)=n o( lo/goj.
IndeutscherUmschriftwürdemanessolesen:
Enarchäänhológos,kaihológosänprostontheón,kaitheósänhológos.
(ImAnfangwardasWortunddasWortwarbeiGottundGottwardasWort.)
Aufgabe:LesenSiediedeutscheUmschriftlaut,umeinGefühlfürdenTextzubekommen!
DashebräischeunddasgriechischeAlphabet:
Aufgabe:SchreibenSieIhrenNamenmitgriechischenundhebräischenBuchstaben!
HandschriftentypenundihreProbleme
ÄltereHandschriftenbestehenausschließlichausGroßbuchstaben(Majuskel-Handschriften),jüngere
ausKleinbuchstaben(Minuskel-Handschriften).Schreibmaterialwarsehrteuer,deshalbschriebman
fortlaufend, d.h. ohne Abstand zwischen Wörtern und Sätzen (scriptio continua). Auch konnte ein
WortohneTrennstrichaufzweiZeilenverteiltwerden.
DasbirgtVerständnisprobleme:Nichtimmeristklar,wieSätzeaufzuteilensind.Amos6,12kannman
lesen„RennenPferdedennaufFelsen,oderpflügtmandaraufmitRindern?“oder„RennenPferde
denn auf Felsen oder pflügt man mit dem Rind das Meer?“. In Mk 10,40 steht
ALLOISHTOIMASTAI–daskannaufgelöstwerdenina)/ll’ o(ij h(toima/stai (sondernfürdie,für
dieesbereitetist)oderina)/lloij h(toima/stai(anderenistesbereitet).
ImDeutschenkennenwirsolchePhänomeneauch:
URINSTINKT:Ur-Instinktvs.Urinstinkt
WACHSTUBE:Wachs-Tubevs.Wach-Stube
Aufgabe: Stellen Sie von diesem Text (Mt 13,44-46) die sogenannte Normalform her, indem Sie
Wörter mit einem Strich trennen! Markieren Sie mit einer anderen Farbe andere
Trennmöglichkeiten!
DASHIMMELREICHGLEICHTEINEMSCHATZVERBORGENIMACKERDENEINMENSCHFANDUNDVERBARG
UNDINSEINERFREUDEGINGERHINUNDVERKAUFTEALLESWASERHATTEUNDKAUFTEDENACKERWIEDER
UMGLEICHTDASHIMMELREICHEINEMKAUFMANNDERGUTEPERLENSUCHTEUNDALSEREINEKOSTBARE
PERLEFANDGINGERHINUNDVERKAUFTEALLESWASERHATTEUNDKAUFTESIE.
WeitereFehlerquellen
Weitere Fehlerquellen beim Abschreiben sind zunächst unbewusste Veränderungen: ähnlich
aussehende Buchstaben wurden verwechselt, Wörter versehentlich doppelt geschrieben, ganze
Zeilen wiederholt oder ausgelassen. Wenn beim Übersetzen diktiert wurde, konnten Hörfehler zu
Veränderungenführen–imNeugriechischenhörensichvieleVokaleanwie„i“,sodassdieWörter
„wir“und„ihr“beimHörennichtzuunterscheidensind.
Manche Abschreiber haben die Texte aber auch bewusst verändert: Sie haben kurze Kommentare
eingefügtoder(vermeintliche)Fehlerkorrigiert.
MethodikderTextkritik
Allein zum NT existieren 5664 bekannte Handschriften und Fragmente. Das
älteste von ihnen, Papyrus 52 (P52), stammt aus dem Jahr 125 n. Chr. und
enthälteinenAusschnittausdemJohannesevangelium.
Man könnte meinen, dass die Vielfalt der Handschriften zu größerer
Unsicherheitführt.DasGegenteilistjedochderFall:Geradeweilessoviele
Handschriften gibt, kann der Text sehr sicher rekonstruiert werden. Zum
Vergleich: Insgesamt existiert nur eine einzige Handschrift zu Ciceros „de re
publica“,siestammtausdem9.Jahrhundert.Niemandkanngenausagen,ob
darin–nachrund1000JahrendesAbschreibens-nichtvieleFehlersindund
was Cicero wirklich schrieb. Vom NT sind hingegen die ältesten Abschriften
desgesamtenTextesvielälter,soz.B.der
Codex Sinaiticus ()): 4. Jahrhundert, enthält das ganze NT, aufgefunden auf
demSinai.
CodexAlexandrinus(A):5.Jahrhundert,Alexandria,NTbisaufMtundTeiledesJoh.
CodexVaticanus(B):4.Jahrhundert,wirdimVatikanaufbewahrt.Enthältaucheinegr.Übersetzung
desAT.
DanebengibteszahlreichePapyrushandschriften,vondenenvielebisins3.undeinigesogarbisins
2.Jahrhundertzurückreichen.SiesindnummeriertundwerdenmitP123abgekürzt.
DasNTistdamitderambestenüberlieferteTextdergesamtenAntike.
RegelnderTextkritik
WelcheVarianteistrichtig?WelcheHandschrifthatRecht?DiewissenschaftlicheTextkritikwendet
vorallemzweiRegelnan:
1. Äußere Kritik: Wie viele Handschriften unterstützen eine Lesart, wie viele eine andere? Zeigen
bspw. nur wenige Schriften eine bestimmte Lesart, eine überwältigende Mehrheit jedoch eine
andere,istdieersteunwahrscheinlich.GleichzeitigmussaberdieGüteeinerHandschriftbeachtet
werden: Ist die Handschrift, die eine abweichende Lesart hat, sonst zuverlässiger? Ist sie
besondersalt?
Beispiel: Sprechen 5 sehr alte Handschriften, die für ihre Zuverlässigkeit bekannt sind, für eine
Lesart, dagegen 200 jüngere Fragmente aus der gleichen Region für eine andere, ist die ältere
vorzuziehen, auch wenn sie viel seltener ist: Wahrscheinlich sind die jüngeren von einer
fehlerhaftenVorlageunddannwiedervoneinanderabgeschrieben.
2. Innere Kritik: Sofern die äußere Kritik nicht zu einem sicheren Urteil verhilft, muss man nach
Möglichkeiten suchen, eine Entscheidung innerhalb des Textes zu machen. Dazu vergleicht man
dieLesartenmitdenFehlerquellen(vorigeSeiten):KönnteeinefalscheTrennungverantwortlich
sein?EinHörfehler?EinRechtschreibfehler?Usw.
DieinnereKritikverfährtnachzweiRegeln:
a.
Jekürzer,destoursprünglicher:Ergänzungensindwahrscheinlicher,alsStreichungen.
b.
Je schwieriger, desto ursprünglicher: Abschreiber neigen dazu, schwierige Texte zu
vereinfachen.DieschwierigeVarianteistdahervorzuziehen.
TextkritischeBibelausgaben
EinetextkritischeBibelausgabeverfügtübereinensog.„textkritischenApparat“.D.h.,dassuntenauf
jeder Seite alle (!) Varianten angegeben sind. Jeder Bibelleser kann sich selbst ein Bild machen,
sofern er die Sprachen beherrscht und die vielen Symbole und Zeichen, die der Apparat enthält,
deutenkann.DafürgibteseigeneBücher,diedasVorgehenerklären.
Die weltweit wichtigsten textkritischen Bibelausgaben wurden von deutschen Wissenschaftlern
herausgegebenundwerdenständigüberarbeitet.Diessind:
- für das AT die „Biblia Hebraica Stuttgartensia“, herausgegeben von Wissenschaftlern der
DeutschenBibelgesellschaftinStuttgart.
- fürdasNTdas„NovumTestamentumGraece“,HerausgegebenvoneinerForschergruppein
Münster;ursprünglichunterderLeitungderProfessorenEberhardNestleundKurtAland.
AufgabenzurTextkritik:
FürSchüleristTextkritikeineinderRegelnichtlösbareAufgabe,weildienötigenSprachkenntnisse
fehlen.AneinigenBeispielenkönnenSieestrotzdemprobieren.DieAufgabeistbeiallen:TreffenSie
bei den folgenden Beispielen mit den oben genannten Regeln eine textkritische Entscheidung,
welche Variante der Urtext ist! Nehmen Sie dazu die Liste der wichtigen Handschriften oben
((QuerverweisS.27))zurHilfe.
Aufgabe1(Plenum):Joh7,53-8,11–DieGeschichtevonderEhebrecherin
Die Geschichte fehlt in ), A, B sowie sämtlichen Papyrus-Handschriften des 3. und 4.
Jahrhunderts.
Aufgabe2:Mt6,13(Vaterunser):Nach„sondernerlöseunsvondemBösen“endetderTextinden
Codizes und Papyrushandschriften des 3. und 4. Jahrhunderts. Zahlreiche jüngere
Handschriften haben danach die Ergänzung „Denn dein ist das Reich, und die Kraft und die
HerrlichkeitinEwigkeit.Amen.“
Aufgabe 3:Joh10,7:„WiederumsagtJesus°zuihnen:Amen,Amen,ichsageEuch,ichbin[dieTür]
derSchafe.“
° Das Personalpronomen ist belegt in ), zwei Papyrushandschriften aus dem frühen 3.
Jahrhundert sowie in zahlreichen lateinischen Übersetzungen. Es ist ausgelassen in B und
einemanderenPapyrusdes3.Jahrhunderts.
[...] Eine Papyrushandschrift vom Beginn des 3. Jahrhunderts liest hier statt „die Tür“ „der
Hirte“.Ebensolesenmehrerealtägyptische(koptische)Überlieferungen.
LiterarkritikundRedaktionsgeschichte–dieQuellenderTexteherausfinden
DieBibelstelltdasEndprodukteinerkomplexenEntwicklungdar.Textewurdenverfasst,ausgewählt,
bearbeitet,ergänztundingrößereZusammenhängeeingefügt,ehesieschließlichkanonisiert(alsozu
einemeinfüralleMalverbindlichenTexterklärt)wurden.Danachunterlagensiekeinerproduktiven
Weiterentwicklung mehr, sondern wurden nur noch ausgelegt, abgeschrieben und übersetzt. Ein
Begleitphänomen dieser literargeschichtlichen Dimension der Texte ist, dass der Endtext in vielen
FälleninseinerKohärenzgestörtist.Gemeintist:WaswiralsEndtextvorliegenhaben,istnichtder
Text,denderAutorverfassthat,sonderneinSammelsuriumvonTextbausteinen,dievieleMenschen
eingefügt haben. Dabei sind diejenigen, die die biblischen Texte geschrieben und verändert haben,
nichtsystematischvorgegangen.DahersindimEndtextanvielenStellenDopplungen(z.B.Gen1,12,4und2,4bis3*)undWidersprüchezufinden.EsistdieAufgabederLiterarkritik,denliterarischen
EntstehungsprozessderTextezurekonstruieren.DieIdeeistdabeifolgende:DervorliegendeTextist
möglicherweiseausmehrerenQuellenzusammengesetzt.IneinemerstenSchrittgiltes,dieQuellen
zuerkennenundherauszufiltern.
1.Feststellungvonsogenannten„literarkritischenBrüchen“(Analyse)
Zuerst wird der Text in die Einheiten zerlegt, die in sich eine literarische Einheit bilden. Man muss
sich das ähnlich wie ein Puzzle vorstellen: Das fertige Puzzle wird in seine Bestandteile zerlegt.
Gesuchtwerdendie„Bruchstellen“:Wogehtesnichtsinnvollweiter,woistetwasdoppelt,woistein
Widerspruch?DabeisindgrundsätzlichzweiVerfahrenüblich:
Verfahren1:VergleichzweierTexte
BeiÄhnlichkeitengibteszweiMöglichkeiten:
-
Beide Texte haben eine gemeinsame Vorlage, eine gemeinsame Quelle, die sie je auf ihre
eigene Weise bearbeiten, d.h. weglassen, umformulieren, zusätzliche Abschnitte einfügen
undinandereKontexteeinbetten.
DereineTexthatdenanderendirektalsVorlagebenutzt,alsoabgeschrieben.
Beispiel: Ein Lehrer stellt fest, dass zwei Arbeiten von Schülern sehr ähnlich sind. Es bestehen
zwei Möglichkeiten: a) beide haben unabhängig voneinander aus der gleichen Vorlage
abgeschrieben,z.B.ausWikipediaoderb)dereinehatvomanderenabgeschrieben.DerLehrer
möchte natürlich wissen, was genau passiert ist. Daher wird er versuchen, zunächst einmal
herauszufinden,wasüberhauptabgeschriebenistundwaseineLeistungdesSchülersist.
Verfahren2:Kohärenzstörungen(literarkritischeBrücheimengerenSinn)
EswirdinnerhalbeinesTextesgesucht,woBrüchevorliegen;derTextwirddannnachFeststellung
derBrücheinseineEinzelteilezerlegt.DiesekönnendannmittelsderForm-undderTraditionskritik
(vgl. unten) weiter untersucht werden: liegen hier bspw. ältere Traditionen vor oder signalisieren
bestimmteliterarischeFormendenBruch?(letztererSchrittistfürSchülerkaumzuleisten!)
2.Schichtzuweisung(ZuordnungderTextsegmente)
DiegefundenenkleinenEinheitenwerdeneinanderzugeordnet.DieFrageist:Gehörenmancheder
ermittelten literarischen Einheiten zur selben Schicht? Es kann vorkommen, dass die in Schritt 1
herausgefundenen Einzelteile irgendwie untereinander zusammengehören, obwohl sie
möglicherweiseanganzunterschiedlichenStellenstehen.
Beispiel:EinSchülerschreibtfüreineschriftlicheAufgabevonzweiInternetseitenab.Dabeischreibt
ernichtzuerstvollständigvondereinenunddannvonderanderenab,sondernmaleinenSatzvon
dieser, mal einen Satz von jener Internetseite. Die Lehrerin würde versuchen, herauszufinden,
welcheSätzevonwelcherInternetseiteabgeschriebensind.DasgehtheutemitSuchmaschinensehr
leicht–beimbiblischenTextistdieArbeitdeutlichkomplizierter!
3.RelativeChronologie
BesonderswichtigistdierelativeChronologie,d.h.dieBestimmung,wiedieSchichtenzeitlichnach
einandereinzuordnensind.Oftisterkennbar,dasseineSchichteineanderevoraussetzt,z.B.weilsie
ohnedievorausgesetzteSchichtkeinenSinnergibt.
Beispiel:EinSchülerschreibteineHausaufgabeteilweisevonseinerälterenSchwesterab,teilweise
aus dem Internet. Der Lehrer merkt, dass abgeschrieben wurde. Er stellt fest, dass einige
Informationen veraltet sind. Daher vermutet er, dass der Schüler von seiner Schwester
abgeschriebenhat.
4.RekonstruktionderAbsichtenderRedaktoren-Redaktionsgeschichte(Synthese)
Nachdem die analytische Arbeit geleistet ist, geht es an die Rekonstruktion der
Redaktionsgeschichte: Zuerst wird in der Literarkritik der Text „auseinandergenommen“ (Analyse),
dannwieder„zusammengesetzt“(Synthese).
Wichtige Fragen in diesem Schritt: Warum hat welche Schicht welche andere Schicht wie
überarbeitet?WelchereligiösenErfahrungenspiegeltdieserliterarischeProzesswieder?Undwieist
derentstandeneEndtextaufdemHintergrunddieserEntwicklungzuverstehen?
Die Evangelisten beispielsweise waren nicht nur als „Schriftsteller“ tätig, sondern haben in
erheblichemMaßGeschichten,dieesschonlangegab,gesammeltundverbunden.DieKenntnisder
Vorgeschichte des Textes ist daher aufschlussreich: Man kann erkennen, wo im Text lediglich
vorformuliertesMaterialübernommenwirdundwoÄnderungenvorgenommenwurden.Geradedie
Aussagen, die die Vorlage signifikant verändern, erlauben einen Rückschluss auf die eigentliche
ProblemstellungunddieIntentiondesTextes.DieserSchrittistzuweilenspekulativ–alsoVorsicht!
Beispiel:InunseremBeispielwürdederLehrerversuchen,herauszufinden,wasderSchülersichdabei
gedacht hat, als er bestimmte Teile abgeschrieben hat. Welche Gedanken des Schülers sind
erkennbar?DerLehrermussdasherausfinden,weilnurdieseGedankenbenotetwerdenkönnen.
Aufgaben
1. Vergleichen Sie die beiden Schöpfungsberichte Gen 1,1-2,4a und 2,4b-25! Welche Unterschiede
fallenIhnenauf?AchtenSiebesondersdarauf,wieGottbeschriebenundbezeichnetwird!
2.ÜberprüfenSieineinerLerngruppefolgendeThese:„InEx14sindzweivoneinanderunabhängige
Geschichtenenthalten!“
Lesen Sie zunächst Ex 14 komplett in Ihrer Bibel! Im Folgenden sind die Verse dieser Geschichte
normal bzw. kursiv gedruckt. Versuchen Sie, zwei in sich logische Geschichten zu rekonstruieren.
Überprüfen Sie die Richtigkeit Ihres Ergebnisses anhand des Bibeltextes. Welche der beiden ist
glaubwürdiger?
AusschnitteausEx13-14
1.Undsiefürchtetensichsehr.DasprachMosezumVolk:Fürchteteuchnicht,stehetfestundsehetzu,wasfür
ein Heil der HERR heute an euch tun wird. Denn wie ihr die Ägypter heute seht, werdet ihr sie niemals
wiedersehen.DerHERRwirdfüreuchstreiten,undihrwerdetstillesein.
2.UnddieIsraelitengingenhineinmitteninsMeeraufdemTrockenen,unddasWasserwarihneneineMauer
zurRechtenundzurLinken.UnddieÄgypterfolgtenundzogenhineinihnennach,alleRossedesPharao,seine
WagenundMänner,mitteninsMeer.
3.DawurdeseinHerzverwandeltunddasHerzseinerGroßengegendasVolk,undsiesprachen:Warumhaben
wirdasgetanundhabenIsraelziehenlassen,sodasssieunsnichtmehrdienen?UnderspannteseinenWagen
an und nahm sein Volk mit sich und nahm sechshundert auserlesene Wagen und was sonst an Wagen in
ÄgyptenwarmitKämpfernaufjedemWagen.UnddieÄgypterjagtenihnennachundholtensieein,alssiesich
gelagerthattenamMeer
4.AlsnunMoseseineHandüberdasMeerreckte,teiltensichdieWasser
5.UnddieWolkensäulevorihnenerhobsichundtrathintersie
6.AberderHERRsprachzuMose:ReckedeineHandausüberdasMeer,dassdasWasserwiederkommeund
herfalleüberdieÄgypter,überihreWagenundMänner.DareckteMoseseineHandausüberdasMeer,
7.SozogensieausvonSukkotundlagertensichinEtamamRandederWüste.UndderHERRzogvorihnenher,
amTageineinerWolkensäule,umsiedenrechtenWegzuführen,undbeiNachtineinerFeuersäule,umihnen
zuleuchten,damitsieTagundNachtwandernkonnten.NiemalswichdieWolkensäulevondemVolkbeiTage
nochdieFeuersäulebeiNacht.
8.UndderHERRsprachzuMose:Wasschreistduzumir?SagedenIsraeliten,dasssieweiterziehen.Duaber
hebedeinenStabaufundreckedeineHandüberdasMeerundteileesmittendurch,sodassdieIsraelitenauf
demTrockenenmittendurchdasMeergehen.Siehe,ichwilldasHerzderÄgypterverstocken,dasssiehinter
euchherziehen,undwillmeineHerrlichkeiterweisenandemPharaoundallerseinerMacht,anseinenWagen
undMännern.UnddieÄgyptersolleninnewerden,dassichderHERRbin,wennichmeineHerrlichkeiterweise
andemPharaoundanseinenWagenundMännern.
9.ließesderHERRzurückweichendurcheinenstarkenOstwinddieganzeNachtundmachtedasMeertrocken,
AlsnundieZeitderMorgenwachekam,schautederHERRaufdasHeerderÄgypterausderFeuersäuleundder
Wolke und brachte einen Schrecken über ihr Heer. Da sprachen die Ägypter: Lasst uns fliehen vor Israel; der
HERRstreitetfürsiewiderÄgypten.
10.UndderHERRverstocktedasHerzdesPharao,desKönigsvonÄgypten,dasserdenIsraelitennachjagtemit
Rossen,WagenundihrenMännernundmitdemganzenHeerdesPharaobisPi-HahirotvorBaal-Zefon.
11.unddasMeerkamgegenMorgenwiederinseinBett,unddieÄgypterflohenihmentgegen.Sostürzteder
HERRsiemitteninsMeer.SoerrettetederHERRanjenemTageIsraelausderÄgypterHand.Undsiesahendie
Ägypter tot am Ufer des Meeres liegen. So sah Israel die mächtige Hand, mit der der HERR an den Ägyptern
gehandelthatte.UnddasVolkfürchtetedenHERRN,undsieglaubtenihmundseinemKnechtMose.
12. Und das Wasser kam wieder und bedeckte Wagen und Männer, das ganze Heer des Pharao, das ihnen
nachgefolgtwarinsMeer,sodassnichteinervonihnenübrigblieb.AberdieIsraelitengingentrockenmitten
durchsMeer,unddasWasserwarihneneineMauerzurRechtenundzurLinken.
13.UndalsderPharaonaheherankam,...schriensiezudemHERRN
14. und kam zwischen das Heer der Ägypter und das Heer Israels. Und dort war die Wolke finster, und hier
erleuchtetesiedieNacht,undsokamendieHeeredieganzeNachteinandernichtnäher.
15.UndderHERRredetemitMoseundsprach:RedezudenIsraelitenundsprich,dasssieumkehren
und sich lagern bei Pi-Hahirot zwischen Migdol und dem Meer, vor Baal-Zefon; diesem gegenüber
solltihreuchlagern.DerPharaoaberwirdsagenvondenIsraeliten:SiehabensichverirrtimLande;
dieWüstehatsieeingeschlossen.UndichwillseinHerzverstocken,dasserihnennachjage,undwill
meine Herrlichkeit erweisen an dem Pharao und aller seiner Macht, und die Ägypter sollen
innewerden,dassichderHERRbin.-Undsietatenso.
EntwicklungdesPentateuch
((Bild,Darstellung5BücherMosebzw.einerThorarolle))
Die 5 Bücher Mose werden auch als der „Pentateuch“ bezeichnet – griechisch für „das fünfteilige
Buch“.DiejüdischeTraditionsprichtvonTora,„Weisung“bzw.„Gesetz“.
Anhand der letzten Übung ist ersichtlich: Der Pentateuch besteht aus mehreren Quellen, die von
Redaktoren planvoll zusammengesetzt wurden: Der Endtext ist so zusammengesetzt, dass in der
RegeleinesinnvolleLektüremöglichist.
Der Pentateuch gehört in den Zusammenhang der Erzählung der Geschichte Israels, die sich vom
Buch Genesis bis zum 2. Königebuch erstreckt. In der Forschung wurde viel darüber gerätselt, aus
welchenQuellendieseBücherbestehenundwiesieabzugrenzensind.
Einigkeit besteht heute in der Forschung über drei Punkte (vgl. Gertz, Jan: Grundinformation Altes
Testament, Göttingen 42010, S. 201ff.). Der Zusammenhang ist anhand des folgenden Schaubilds
verdeutlicht.
1. DasDtnbildeteinevollständigeigenständigeQuelleundstehtinengemZusammenhangmit
denBüchernDtnbis2Kön,diedassogenannte„DeuteronomistischeGeschichtswerk“DtrG
bilden.DieAnfängedesDtnliegeninderspätenKönigszeit(KönigJosias),seineAusführung
während der Exilzeit nach 597 v. Chr., allerdings in Palästina. Das DtrG besteht seinerseits
wieder aus unterschiedlichen Quellen, die aber eine große theologische Nähe zueinander
aufweisen.
2. Ein erheblicher Teil der ersten vier Bücher Mose ist die sogenannte „Priesterschrift“ „P“.
HierbeihandeltessichumSchriften,dieebenfallswährendderZeitdesExilsvonPriestern
aufgeschrieben wurde, und zwar in Babylon. Die Priester befürchteten, dass sich die dritte
Generation der Exulanten vom Jahwe-Glauben abwenden und zur babylonischen Religion
zuwenden könnte und versuchten, dies durch Verschriftlichung der Überlieferungen des
VolkesIsraelunddurchAuseinandersetzungmitderbabylonischenReligionzuverhindern.P
benutzt bis Ex 3,14 „Elohim“ für Gott, danach „Jahwe“. Ein prominenter Text ist
beispielsweisedieSchöpfungsgeschichteinGen1,1-2,4a.
3. Neben der Priesterschrift enthalten die ersten vier Bücher Mose nichtpriesterliche Teile
(„NP“),vondeneneinigevermutlichältersindundbisins8.JahrhundertvorChristuszurück
reichen. Charakteristisch ist, dass hier von vornherein der Gottesname „Jahwe“ verwendet
wird. Ob sich diese Quelle in weitere Quellen aufspalten lässt („Jahwist“, abgekürzt „J“,
„Elohist“), ist umstritten und wird heute eher verneint. Vermutlich hat die Redaktion alte,
vorpriesterliche Quellen, die aber in sich keinen geschlossenen Zusammenhang bildeten,
aufgenommenundverarbeitet.
NP
P
D
Redaktion
Torah (5 Bücher Mose)
Nichtpriesterliche
Überlieferung
Deuteronomistisches
Geschichtswerk
(Dtr, Jos, Ri, 1/2 Sam, 1/2 Kön)
9. Jhdt. / Südreich / Situation: Trennung
vom Nordreich 926
8. Jhdt. / Nordreich / Situation:
Reichtum, Gerechtigkeit: Amos
Untergang des Nordreichs 722, Jesaja;
später Jeremia
Priesterschrift
Exil 587-538, Oberschicht in Babylon.
Probleme: Sicherung der Religion und
des Gesetzes, Hesekiel
Deuteronomist /
Deuteronomistisches
Geschichtswerk
Aus dem Exil zurückgebliebene:
Probleme: Schuldfrage. --> historische
Sünde, Kultuseinheit / -reinheit
nachexilische
Schriften
Wiederaufbau.
Apokalyptik: Dan, Sach
Formgeschichte–dieVerwendungderTexteverstehen
WillmaneinenTextverstehen,mussmandieliterarischeGattungdesTexteskennen.Zunächstzwei
BeispielefürunterschiedlicheTextsorten:
Es war einmal ein reicher Mann, dem wurde seine Frau krank, und als sie fühlte, dass ihr Ende
herankam,riefsieihreinzigesTöchterleinzusichansBettundsprach:„LiebesKind,bleibefrommund
gut,sowirddirderliebeGottimmerbeistehen,undichwillvomHimmelaufdichherabblicken,und
willumdichsein.“
EineHochdruckzone,diesichvomAtlantikbisnachMitteleuropaerstreckt,bestimmtmitzunehmend
warmerundtrockenerLuftdasWetterinDeutschland.Sonnigundtrockenbei26bis31Grad;nachts
17bis13Grad.EinzelneWärmegewittermöglich.ZeitweiseschwacheWindeumWest…
MankannbeibeidenTextsortenleichtdieliterarischeGattungbestimmen,dennjederweiß,dasser
einMärchenzuerwartenhat,wennderTextmitdenWorten„eswareinmal…“beginnt.Niemand
würde diesen Text für eine wahre Geschichte halten und sich überlegen, ob es Aschenputtel (das
Märchen, aus dem der obige Text entnommen ist) wirklich gab. Und wenn im Radio der
Wetterberichtbeginnt,wissenwirnachdenerstenWorten,waskommtundobwirjetztweghören
oderbesondersgutaufpassen,jenachdem,obunsderWetterberichtinteressiert.
BeidenbiblischenTextenistesvielschwieriger,dierichtigeTextsortezuerkennen.Waswirheute
unter dem Stichwort „biblische Geschichte“ zusammenfassen, besteht in Wirklichkeit aus einer
VielzahlvonTextsorten.VertutmansichinderTextsorte,wirdeinTextleichtmissverständlich.Man
hältDingefürwahrbzw.historisch,dieniesogemeintgewesensind.EintypischesBeispielfürein
Missverständnis ist der Versuch, naturwissenschaftliche Informationen aus dem Bibeltext zu
entnehmen (beispielsweise die Erschaffung der Welt in sieben Tagen) – die Bibel war nie ein
naturwissenschaftlichesLehrbuch,wasihrenzeitgenössischenLesernauchklarwar.DieBehauptung,
dass beispielsweise die Welt unter Verweis auf Gen 1 tatsächlich in sieben Tagen entstanden sein
müsse,istbloßeinProduktmittelalterlicherPhantasie,alsoerstlangenachderEntstehungderBibel
selbst.EinBeispieleinerbestimmtenGattungsollverdeutlichen,wasdamitgemeintist:
Aufgabe
LesenSieinderBibelGen19,1–26!
HierhandeltessichumdieGattung„Ätiologie“,einebesondereFormeinerSage.EineÄtiologiesoll
dieHerkunfteinerbestimmtenLandschaftsform(hierdieSalzsäulen)erklären.MitÄtiologiensollen
auch bestimmte Bräuche oder Kulte erklärt werden. Dem antiken Hörer war klar, dass es sich um
eine Sage handelt – daher wäre es ein Missverständnis, wenn wir der Geschichte heute eine
historische Wahrheit unterstellten (Lots Frau sei tatsächlich zur Salzsäule geworden), die sie nie
beanspruchte.
Aufgabe
Finden Sie Beispiele für ätiologische Sagen, die Landschaftsformen Ihrer Umgebung bzw. Ihres
Bundeslandeserklären.
DenFormenreichtumderBibelzuergründenunddieAussageabsichtderTexteherauszufinden,ist
AufgabederFormkritik.
SiestelltaneinenbiblischenTextfolgendeFragen:
WelcheTextsorte(literarischeGattung)liegtvor?AnwelchenMerkmalenkannmansieerkennen?
WelchenSitzimLebenhatderText?Manfragtalso:WannundbeiwelcherGelegenheitwurdesolch
einTexterzähltodergeschrieben?UndwelchenreligiösenGehalthatderText?
WasistdemnachdieAussageabsichtdesTextes?
WeitereAufgabenzurFormgeschichte
1.Textsortenerkennen
Schlagen Sie die angegebenen Texte nach und versuchen Sie, die literarische Gattung,den „Sitz im
Leben“ und die Aussageabsicht zu bestimmen. Erstellen Sie eine Tabelle! Zur Erleichterung einige
VorschlägefürSpaltezwei,dieallerdingsrichtigzugeordnetwerdenmüssen!
Liebeslied–Gleichnis–Chronik–Wundererzählung–Reisetagebuch–Fabel
Fundort
Gattung,Textsorte
Sitz im Leben: Wann, wo Aussageabsicht
geschriebenodererzählt?
Ri9,8-15
2Kön18,9–10
Hld2,10–13
Mk1,40–45
Mk4,26–29
Apg21,1–10
2.EineschwierigeTextsorte:„ProphetischeGeschichtsschreibung“
HiersollaneinembekanntenTextdiehistorischeZuverlässigkeitderEvangelistenüberprüftwerden.
Das„Weihnachtsevangelium“beiLukasvermitteltaufdenerstenBlickdenEindruck,eshandelesich
hierbeiumeineechteBiographie.
Lesen Sie zunächst den Text in Lk 2,1–20. Überlegen Sie nun, welche Aussagen des Textes
besondershistorischklingen.
HistorischeNachprüfungenergaben:
EinersterallgemeinerZensusimganzenrömischenReichistnichtbelegbar.
QuiriniuswarinderfraglichenZeitnichtStatthaltervonSyrien.DaLukasdasEvangeliumlangenach
der fraglichen Zeit schrieb (ca. 90 n.Chr.), war er wohl mit den historischen Tatsachen nicht mehr
vertraut.DieFrageistaber,oberüberhaupteinenhistorischenBerichtschreibenwollte.Esscheint
eherso,alswürdeerseineAussageinAntithesenhervorhebenwollen.FüllenSiedazudenfolgenden
Lückentextaus,umdieAussageabsichtdesLukasbesserzuverstehen!
Nicht
sondern istdervonGottauserwählteOrt.
Nicht
sondern istderMessias.
Nichtzu sondernzu kommtzuerstdieFroheBotschaft.
Lukas stellt damit die Geburt Jesu in einen heils- und weltgeschichtlichen Rahmen, auf eine exakte
Historizitätkamesihmgarnichtan.Hieransiehtman,dassmanbeiderBestimmungderTextsorte
aufpassen muss, denn manchmal wird eine literarische Gattung (hier Biographie) in ganz anderem
Zusammenhangverwendet,alsoverfremdet(hierprophetischerText).
Traditionsgeschichte – die Auseinandersetzung der Bibel mit ihrer Umwelt
nachvollziehen
Problem(imAT):AlsdasVolkIsraelimExilinBabylonwar(584-538v.Chr.),drohtespätestensinder
drittenGenerationdievölligeAssimilierungderIsraelitenandieBabylonier.DiePriesterwolltenden
Bestand ihrer Religion sichern und sich mit der Religion der Babylonier auseinandersetzen – so
entstand die „Priesterschrift“, die unter anderem die Erzählung von der Erschaffung der Welt in 7
Tagen(Gen1,1-2,4a)unddieGeschichtevonNoahundderSintflut(Gen6-9)beinhaltet.
Heutewissenwir,dassdiePriesterdesVolkesIsraelfürihrAnliegenbabylonischeTexte,vorallem
religiöse Mythen, benutzt haben. Manches haben sie einfach abgeschrieben, manches haben sie
verändert.SiehabenalteTraditionenaufgenommenundneueAkzentegesetzt.
Die Methode der Traditionsgeschichte: Die traditionsgeschichtliche Untersuchung eines biblischen
TextesistderVersuch,diesenProzessderÜbernahmeundderVeränderungvonsolchenTraditionen
zuverstehenundnachzuvollziehen.
Da eine Tradition selten in detaillierter Breite in einem Text aufgenommen wird, stützt sich das
Erkennen einer Tradition zumeist auf auffällige Leitbegriffe, Bilder, Redewendungen oder
Wortensembles, die den Interpreten an Inhaltskomplexe erinnern und die ihn auf Parallelen in
anderenTextenaufmerksammachen.
FolgendeFragengebendieRichtungfüreinetraditionsgeschichtlicheUntersuchungvor:
a)GreifteinTexteineVorstellungauf?
b)InwelchengrößerenZusammenhanggehörtdieseVorstellung?
c)MitwelcherIntentionwirddieVorstellungineinembestimmtenTextaufgenommen?
d) In welcher Weise schreitet der Text gegebenenfalls über seine vorgegebene geistige Welt
hinaus?InwieweitisteinGedankenfortschritterkennbar?
IndieserWeisewirdderSchatzanWissenundKenntnissenanalysiert,dereinemVerfasserbekannt
war und den er bei der Abfassung seines Textes verwendete. Gerade im Alten Testament kann die
ErfassungundBeschreibungderTraditionen,diedieTextespeisen,einenwesentlichenBeitragzum
Textverständnisleisten.
DabeigibtesauchüberraschendeErgebnisse:Z.B.zeigtessich,dassTraditionenimmerwiederneu
aktualisiert und auch uminterpretiert werden. So wird z.B. in Ps 78,7f. die Wüstenwanderung der
Väter zu einem Negativbeispiel für halsstarrigen Ungehorsam, während bei Hosea dasselbe
Traditionsgut aufgenommen wird, um die Wüstenwanderung als Zeit der noch guten Beziehung
zwischen Gott und seinem Volk zu beschreiben (Hos 2,16-17). Bei Traditionsgut, das sich im
gesamtenaltorientalischenRaumfindet,kanneintraditionsgeschichtlicherFokusauchdazudienen,
dieSpezifika„hebräischenDenkens“inseinemzeitgenössischenUmfeldherauszustellen.
Aufgabe: Beschreiben Sie mit eigenen Worten das Problem, das Ziel und den Nutzen der
Traditionsgeschichte!
DasaltorientalischeWeltbild
Betrachten Sie zunächst traditionsgeschichtliche Parallelen zum priesterschriftlichen
Schöpfungsbericht(Gen1,1-2,4a):
In einem sumerischen Mythos heißt es
zurErschaffungderErde:
„Enlil [der „Obergott“], beeilte sich, den
HimmelvonderErdezutrennen
So dass die Saat vom Feld aufsprießen
konnte,
SodassdieerstenMenschenhervorgehen
konnten...“
Die wichtigste Parallele zur Bibel ist der
um 650 v. Chr. aufgeschriebene
babylonische Mythos „Enuma Elisch“,
wasaufDeutschbedeutet„Alsoben“.So
fängtdasEnumaElischan:
„Als oben der Himmel noch nicht
existierteunduntendieErdenochnichtentstandenwar...
alsdieWasserdesuraltenApsu[=Süßwasserozean],ihresVaters,
undderMutterTiamat[=derUrozean],diesieallegebar,nochvermischtwaren...“
AusApsuundTiamatentstehenweitereGötter.InderFolgezeitkommteszumKampfzwischenden
Göttern;imVerlaufdessenwerdenApsuundTiamatvonihrenKindern,denGestirngöttern,getötet.
NunerschafftderGottMarduk,derSonnengott,dieWelt:
„EsruhtederHerr(Marduk),TiamatsLeichnamzubetrachten,
denRumpfzuteilen,Kunstvolleszuschaffen.
ErhälftetesiewieeineMuschelinzweiTeile
undsetzteihreHälftehin,denHimmeldeckteerdamit.“
Aufgabe:
1. Vollziehen Sie nach, durch welchen Akt die Erde in diesen Vorstellungen entsteht! Neben den
TextenbefindetsicheineGraphik,dieverdeutlicht,wiemansichimaltenOrientdieBeschaffenheit
derWeltvorstellte.BeschreibenSiedieGraphik!
Hilfe: Beschreiben Sie zunächst den Zustand vor der Erschaffung der Erde, dann den Zustand nach
derErschaffung.
2.AuszugausGenesis1,1.2.6-8:
„Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer und der Geist Gottes
schwebteaufdenWassern.
UndGottsprach:EswerdeeineFestezwischendenWassern,diedascheidezwischendenWassern.
DamachteGottdieFesteundschieddasWasserunterderFestevondemWasserüberderFeste.Und
esgeschahso.
UndGottnanntedieFesteHimmel.“
BearbeitenSiedenTexttraditionsgeschichtlichmitHilfederobenangegebenenFragena,bundd!
(Anmerkung:FragecistfürunsimMomentnochnichtsinnvollzulösen)
SosiehtderBeginndesEnumaElischinKeilschriftaus
DieErschaffungdesMenschen
AuseinemsumerischenMythos:
DasWesen,dasdu[Enki,eineweiblicheGottheit]nanntest,istda:
VerbindemitihmdasBildderGötter
MischedenKerndesLehmsüberdemUrozean.
DieGötterundfürstlichenGestalterwerdendenLehmeindicken.
DuaberversiehdieGliedermitLeben
Ninmach[einGott]wirddirdabeihelfen,
DieGottheitenwerdendirbeimFormenbeistehen,
Bestimmesein(desneuenWesens)Geschick.
AusdemEnumaElisch
Zu allerletzt wird nach dem großen Kampf der Götter der Mensch geschaffen. Vielleicht hat ein
verlorenes Stück des Gedichts berichtet, dass den Göttern alles zu schwer geworden sei. Um den
Menschenzuschaffen,wirdderGottKingu,derderFeldherrderTiamatundderAnstifterzumKrieg
gewesenwar,getötetunddieMenschendarausgeformt.WeilsieausdemBlutundGewebeeines
bösenGottesbestehen,sindsieabersterblich.
„BlutwillichbindenundKnochenherrichten,
einWesenwillichbilden,
seinNameseiMensch.
Wahrlich,einWesenwillicherschaffen,damiterdenGötterndieneundsieesbequemhaben.“
Aufgaben
1. Bearbeiten Sie Gen 2,7 und Gen 1,26-28 traditionsgeschichtlich! Achten Sie dabei auch auf die
UnterschiedezwischenTraditionundBibeltext!
2. Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit Mitschüler/innen in einer Lerngruppe! Arbeiten Sie die
Unterschiede zwischen den beiden Bibeltexten heraus: Worin besteht der Gedankenfortschritt
zwischendemälteren(nichtpriesterlichen)BerichtGen2,7unddemjüngeren(priesterschriftlichen)
BerichtGen1,26-28?
TraditionsgeschichtedespriesterschriftlichenSchöpfungsberichtsGen1,1-2,4a
Aufgabe(Lerngruppe)
NunsollderganzepriesterschriftlicheSchöpfungsberichttraditionsgeschichtlichanhandder4Fragen
bearbeitet werden. Benutzen Sie zur Vorarbeit folgende Tabelle, die Gemeinsamkeiten und
UnterschiedezwischenaltorientalischerTraditionundBibeltextverdeutlicht.
EnumaElisch
Genesis1,1-2,4a
1.WieentstehtdieWelt?
2.WelcheRollespielen
dieSterne?
3.WiewirdderMensch
geschaffen?
4. Welche Aufgabe hat der Mensch? / Wie ist sein Verhältnis zu Gott bzw. denGöttern?
BearbeitenSienundenTexttraditionsgeschichtlich(4Fragenoben)!
AlternativeAuslegungsmethoden
Während die historisch-kritische Exegese ein immer deutlicheres Bild von der Bibel zu erforschen
wusste,gabesEinsprücheaussehrunterschiedlichenRichtungen.Gemeinsamistdiesenvorallem,
dassdiehistorisch-kritischeExegesezuabstraktsei,dabeiaberbesondereAspekteundBedürfnisse
der Menschen nicht ausreichend berücksichtige. Insbesondere wurde beklagt, dass die Perspektive
von Frauen und von Armen zu kurz komme – so entstanden die feministische und die
befreiungstheologische Auslegung. Daneben gibt es die tiefenpsychologische Exegese, die die Bibel
imLichtderErkenntnissederPsychologenSigmundFreudundCarlGustavJungliest.
FeministischeExegese
DiefeministischeExegesegehtdavonaus,dassdieBibelvorrangigeinergesellschaftlichenOrdnung
entspricht, die die Perspektive einer Höherwertigkeit der Männer einnimmt (Patriarchat). Diese
Strukturen sollen aufgedeckt werden. Gleichzeitig gibt es in der Bibel auch viele Hinweise auf die
GleichwertigkeitvonFrauenundMännernalsEbenbilderGottesbzw.alsGliederderGemeindeJesu
Christi.DamittragedieBibelauchdasPotentialzurBefreiungderFraueninsich.
„Jesu radikales Miteinschließen der Frauen ist auch aus der Geschichte von Martha und Maria
ersichtlich. Maria nimmt ihren Platz zu Jesus Füßen ein, der Platz, der traditionell von
Rabbinerstudenten eingenommen wird. Martha (wie das sogar heute noch so oft unter Frauen
geschieht, wenn die Traditionen des Patriarchats in Frage gestellt werden) protestiert. Doch Jesus
lobt Marias Wissensdrang nach Gott: "Maria hat das gute Teil erwähnt; das soll nicht von ihr
genommen werden" (Lk 10,38-42). Im ganzen Evangelium sehen wir, wie Jesus tief eingesessene
patriarchale Gegebenheiten in Frage stellt. Stattdessen werden die Männer aufgefordert, ihren
SchuldanteilbeimEhebrucheinzugestehen.“
Aus:https://futurechurch.org/jesus-und-frauen
Befreiungstheologie
DieBefreiungstheologiewurdevonkatholischenTheologeninderArbeitmitArmeninLateinamerika
entwickelt. Ihnen kommt es vor allem darauf an, die befreiende und soziale Botschaft des
Evangeliumsals„OptionfürdieArmen“starkzumachen.DieBibelredevorallemvonderBefreiung
derUnterdrückten–unddamitistganzkonkretauchdieBefreiungvonsozialerUnterdrückung,von
Armuthierundheutegemeint.DabeigehtdiebefreiungstheologischeExegeseineinemDreischritt
vor: Sehen – urteilen – handeln. Insbesondere der letzte Punkt ist wichtig: Die Bibel fordere den
Menschenauf,hierundheutezuhandelnundsichfüreinegerechtereWelteinzusetzen.Innerhalb
der Befreiungstheologie gab es radikale Strömungen, heute haben sich aber gemäßigte
Vertreter/innendurchgesetzt.
„InderGegenwartkönnenauchwirimEvangeliumdieSchlüsselfinden,dieesunsmöglichmachen,
uns den aktuellen Herausforderungen zu stellen, indem wir die Unterschiede schätzen, den Dialog
unddieBeteiligungohneAusgrenzungenfördern,sodassdieErfolgeinFortschrittundEntwicklung,
die gerade erzielt werden, sich festigen und eine bessere Zukunft für alle garantieren. Hierbei ist
besonderes Augenmerk auf unsere schwächsten Brüder und Schwestern zu legen und auf die am
meistenverletzlichenMinderheiten.“
Aus:PapstFranziskus2015,vgl.http://www.kath.net/news/51233
TiefenpsychologischeExegese
Die tiefenpsychologische Exegese geht davon aus, dass sich die Schriften der Bibel leichter
interpretieren lassen, wenn man sie als Zeugnisse der menschlichen Psyche liest – und wenn man
psychologische Erkenntnisse mit einbezieht. Ein wichtiger Vertreter der tiefenpsychologischen
Exegese in Deutschland ist der Theologe Eugen Drewermann. Er schreibt über die Geschichte des
12jährigenJesusimTempel(Lk2,41ff):
„Gewiss soll mit Erzählungen solcher Art zunächst die absolute Unvergleichlichkeit des
heranwachsenden Gottessohnes gegenüber seinen Zeitgenossen demonstriert werden. Aber man
darf auf dem Vordergrund derartiger scheinbar biographischer Legenden den uralten mythischen
UrsprungdesMotivsselbstnichtvergessen:UrsprünglichwirdimMythosvonderSonnebzw.vom
Mond erzählt, wie schnell sie nach ihrer Geburt (am Himmel) zu ihrer eigentlichen Größe
heranwachsen[...].KehrtmandiesemythischeProjektiondesPsychischenindieNaturwiederum,
so wird man in dem schnellen Wachstum des Lichtgestirns ein Symbol für die Entfaltungskraft des
Bewusstseinssehenmüssen,dieinderGestaltdes„Erlösers“,deswahrenIchseinesMenschen,die
NachtderBewusstlosigkeitvertreibtunddieseelischeWeltmitgeistigerKlarheitdurchströmt.“
In:Drewermann,Eugen:DeinNameistwiederGeschmackdesLebens.TiefenpsychologischeDeutungder
KindheitsgeschichtenachdemLukasevangelium.Freiburg:Herder,3.Aufl.1995.S.174f.
Aufgaben
1. Beschreiben Sie die drei Formen der alternativen Exegese! Begründen Sie, ob und welche
Ihnenbesonderszusagt!
2. Der Vatikan schreibt über die Befreiungstheologie – und Ähnliches auch über feministische
undtiefenpsychologischeExegese:
„HierunddakannsiewohletwasvoreingenommenseinundnichtallenTextenderBibelihre
gleiche Aufmerksamkeit schenken. Die Exegese kann nie ganz neutral sein; sie muss sich
jedochvorEinseitigkeithüten.AußerdemgehörtdassozialeundpolitischeEngagementnicht
direktzudenAufgabendesExegeten“.
(Quelle:
http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/pcb_documents/rc_con_cfaith_doc_19930415_interpretazione_ge.h
tml).
NehmenSieanhanddieserEinschätzungkritischzudenalternativenExegese-Methoden
Stellung!
LektüreundInterpretationwichtigerBibelstellen
WichtigeAT-Texte
Im Alten Testament gibt es eine Fülle von wichtigen Texten: Geschichten, Gebete, Prophetentexte.
Viele haben Einzug in die Weltliteratur und die Weltkulturgeschichte in Kunst und Musik gehalten.
SchonalleinumamkulturellenLebensinnvollteilhabenzukönnen,isteinegrundsätzlicheKenntnis
biblischerGeschichtenunerlässlich.
ImFolgendenstehenAT-Texte,dieinbesondererWeisemitdemNTzutunhaben.Geschichten,von
denendieAutorendesNeuenTestamentsderAuffassungwaren,dasssieganzunmittelbaraufdas
bezogensind,wasinunddurchJesusChristuspassiertist.
Gen18,1-15undGen21,1-19
LesenSiedieobenstehendenGeschichten.VersuchenSie,beideGeschichtendurcheinSchaubildzu
visualisieren.ImMittelpunktdesSchaubildessollteAbrahamundseinVerhältniszuGottstehen.
Gen22,1-19
Eine Geschichte, die „unter die Haut geht“. Versetzen Sie sich in die beteiligten Personen: Was
mögenAbrahamundIsaakgedachthaben?WashatsichGottbeiderGeschichtegedacht?
Ex19,1-20,21
HierhandeltessichumdieRahmengeschichtezuden10Geboten.AchtenSiehierbesondersaufdie
Begleitumstände. Erzählen Sie die Geschichte nach, indem Sie auf so viele Details wie möglich
eingehen!VersuchenSie,Schlussfolgerungenzuziehen–welchesGottesbildstecktdahinter?
Jes7,14;Sach9,9undJes53,4-12
Hierbei handelt es sich um Stellen, die von neutestamentlichen Autoren unmittelbar auf Jesus
Christusbezogenwurden.ErläuternSie,warumdasnahelag!
WichtigeTextedesNT
Vorbemerkung: Einige äußerst wichtige Evangelientexte werden in der Unterrichtseinheit „Jesus“
behandelt.
Die Evangelien sind erst lange nach dem Tod Jesu (etwa 30 n. Chr.) entstanden. Das
Markusevangeliumistdasälteste(entstandenum70n.Chr.),gefolgtvonMatthäusundLukas(um
90n.Chr.)undschließlichJohannes(um100n.Chr.).DieEvangelistenhattennichtdieAbsicht,eine
Biographie Jesu zu schreiben, sondern die Gute Nachricht vom Messias (griechisch: Christus) zu
verkünden.
LesenSiediefolgendenBibelstellenundmachenSiesicheinigeNotizendazu:
LesenSieMt16,13-16!
Mk10,32-34
Mk13,24-27
Lk24,36-*
Joh1,1-17
Joh10,1-30
Galaterbrief
Der Galaterbrief ist eine der wichtigsten Schriften der Bibel, weil hier in wenigen Kapiteln
zusammengefasstist,worumesimChristentumgeht.
DieEmpfängersindChristeninGalatien,einTeilderheutigenTürkei.Umstrittenist,obessichum
ChristeninderLandschaftGalatiengehaltenhatoderumChristeninderrömischenProvinzGalatien.
Faktumist:PaulushattedieGemeindengegründet.DasMissionsprinzipdesPauluswarso,dasserin
die Großstädte ging und dort in den Synagogen Werbung für das Christentum machte. Einige Zeit
nach seiner Abreise gibt es Probleme: Juden bzw. Judenchristen wollen die Heidenchristen dazu
bringen,jüdischeGesetzeeinzuhaltenundsichbeschneidenzulassen.DieslehntPaulusstriktab.Es
ist umstritten, ob Juden von den Christen die Reintegration in die Synagoge verlangen oder ob
JudenchristenvonHeidenchristeneineengereAnbindunganjüdischeSittenfordern.
3
vgl.dazu:Schnelle,Ulrich:EinleitungindasNeueTestament,Göttingen 1999,106ff.
Aufgaben
LesenSieGal1-2underarbeitenSieeineChronologiederEreignisse!
Den Mittelpunkt der Chronologie bildet das Treffen von Paulus mit den Jerusalemern, das
sogenannte„Apostelkonzil“.EsfandimJahr48statt.
LesenSieGal3,1-14underklärenSie:
WoherkommtderGeist?
WasistdasGesetz?Wozuführtes?
WasistdieTatChristi?
LesenSieGal3,15-4,7.
WoraufbeziehtsichdieVerheißung?WarumistsiewichtigeralsdasGesetz?
WasistdieAufgabedesGesetzes?
VersuchenSie,dieArgumentationvon4,1-7mitdemvorherGesagteninVerbindungzubringen!
LesenSie5,1-6,2.
WarumsprichtsichPaulussovehementgegendieBeschneidungaus?
Interpretieren Sie Vers 5,1! Beziehen Sie in Ihre Überlegungen auch 5,16-6,2 ein – was heißt
christlicheFreiheit?
ErstellenSieeinSchaubildzumThema:„DiechristlicheFreiheitnachdemGalaterbrief“.
NeueZugängezurBibel:TextraumerkundungundBibliolog
IndenletztenJahrenhabensichStimmengehäuft,dieeinenanderenZugangzurBibelforderten:Das
Erleben, das eigene Mitmachen, kämen bei der bloßen Lektüre zu kurz. Zwei Methoden haben als
niederschwelligeZugängebesondereVerbreitungempfunden:DieTextraumerkundungundderaus
denUSAstammendeBibliolog.
Textraumerkundung
DieTextraumerkundungbasiertaufvierSchritten,dieunterAnleitungeinesModeratorsausgeführt
werden:
1.
2.
3.
4.
DenTextvorlesenwieeinSchauspieler
ImText„spazierengehen“
StandbildausdemText
WiegehtesmirmitdemText?
Erklärung:
1. Stellen Sie sich vor, Sie bewerben sich auf einer Schauspielschule. Sie sollen einen Text so
überzeugendwiemöglichvortragen.NehmenSiealsBeispielApg9,1-9.
2. Lassen Sie sich von Ihrer/m Lehrer/in zum Text befragen und assoziieren Sie mit Ihrer
Phantasie.Beispiele:WieschnaubtePaulus?WiegingerzumHohepriester?Usw.
3. StellenSiemitmehrerenPersoneneinStandbilddar.
4. ErläuternSiedenanderen:WiegehtesmirmitdemText?
Bibliolog
Der Bibliolog dient dazu, dass Menschen sich in einen Text hineinversetzen. Das Prinzip ist dabei,
dasseinModeratoreinenTextverliestunddieTeilnehmeranbestimmten,vorherwohlüberlegten
Stellen bittet, sich in eine Person oder auch einen Gegenstand hineinzuversetzen und einen
KommentarausderenPerspektivezuformulieren.
DerhermeneutischeZirkel
Hermeneutik ist das Fachwort für die Kunst der Auslegung (Interpretation von Texten, Situationen
etc.). Seit gut 200 Jahren wird in der Philosophie und Theologie heftig diskutiert, wie Texte
angemessenzuinterpretierensind.
Ein wesentlicher Punkt ist die Frage der Subjektivität der Interpretation. Rudolf Bultmann, ein
bedeutender Theologe des 20. Jahrhunderts, führte in seinem berühmten Aufsatz „Ist
voraussetzungsloseExegesemöglich?“(in:GlaubenundVerstehenIII,Tübingen31965,142-150)aus:
„Die Frage, ob voraussetzungslose Exegese möglich ist, muss mit Ja beantwortet werden, wenn
„voraussetzungslos“meint:ohnedassdieErgebnissederExegesevorausgesetztwerden.Indiesem
SinneistdievoraussetzungsloseExegesenichtnurmöglich,sonderngeboten.IneinemanderenSinn
ist freilich keine Exegese voraussetzungslos, da der Exeget keine tabula rasa ist, sondern mit
bestimmten Fragen bzw. einer bestimmten Fragestellung an den Text herangeht und eine gewisse
VorstellungvonderSachehat,umdieessichimTextehandelt.“
Aufgabe: Lesen Sie Lk 7,36-39. Was für eine Sünde hat die Frau wohl begangen? Was ist der
PharisäerfüreinTyp?WashatergegendieFrau?
DasBeispieldesTexteszeigt:WirgehenallemitunterschiedlichemVorverständnisanTexteheran.Je
nachdem, wie unser Vorverständnis ist, ändert sich das Textverständnis. Es ist unmöglich, das
Vorverständnisauszublenden.JedeInterpretationistsubjektiv.EineobjektiveInterpretationgibtes
nicht. Schlimmer noch: Tritt eine Textauslegung mit dem Anspruch auf, den Text oder den Autor
objektivzuverstehen,heißtdasnichtsanderes,alsdasssichderInterpretnichtüberdiesesProblem
bewusstist.EinesolcheAuslegungistinallerRegelunseriös.
Konkret bedeutet das: Man kann eine seriöse Interpretation nur durchführen, wenn man in einen
ständigenDialogmitdemTexteintritt;sichmitihmineinerständigenKreisbewegungbefindet.Diese
KreisbewegungnenntmandenhermeneutischenZirkel.
Gemeintist,dassmaneinenTextmitseinemVorverständnisinterpretiert.DanndieseInterpretation
wiedermitdemTextvergleichtundkorrigiertusw.
Aufgabe:BeschreibenSiedasSchaubildmiteigenenWorten!
WiekannmannundasProblemdessubjektivenAnteilsderExegeseüberwinden?Natürlichhilftdie
historisch-kritischeMethode,damanhierFaktensichernkann.AberauchdannwirddasVerstehen
eines Textes nie vollkommen sein. Bultmann erkannte: Historisches Verstehen setzt über die
Methode hinaus ein Verhältnis zur Sache voraus, um die es geht. Man kann beispielsweise das
Kommunistische Manifest von 1848 nicht verstehen, ohne die Prinzipien von Sozialismus und
Kapitalismus zu kennen. Nur wer ein Verhältnis zur Musik hat, kann einen Text, der über Musik
handelt,verstehen.DiesesVerhältniszueinerSache,dasistdasangemesseneVorverständnis.
InBezugaufdieBibelheißtdas:ZueinemangemessenenVerständniswirdnurderjenigekommen,
der einen Bezug zu Religion hat und bereit ist, sich –abseits des Historischen- auf der religiösen
Ebenebereichernzulassen.Dabeimussmanaberoffensein,seinVorverständniszukorrigieren.Der
Text,soBultmann,zwingtdenLeserzueinerEntscheidung.AndersalsbeieinemRoman,denman
gut oder schlecht finden kann oder der einem egal sein kann, nötigt die Bibel dem Leser die
Entscheidungauf:Glaubstduoderglaubstdunicht?
BultmannfasstdasinfolgendenThesenzusammen:
1. DieExegesederbiblischenSchriftenmusswiejedeInterpretationeinesTextesvorurteilslos
sein.
2. Die Exegese ist aber nicht voraussetzungslos, weil sie als historische Interpretation die
Methodehistorisch-kritischerForschungvoraussetzt.
3. VorausgesetztistfernerderLebenszusammenhangdesExegetenmitderSache,umdieesin
derBibelgeht.DasnenntBultmann„Vorverständnis“.
4. Das Vorverständnis ist kein abgeschlossenes, sondern ein offenes, so dass es zur
existentiellen Begegnung mit dem Text kommen kann und zu einer existentiellen
Entscheidung.
5. Das Verständnis des Textes ist nie ein definitives, sondern bleibt offen, weil der Sinn der
SchriftsichjederZukunftneuerschließt.
Kanonbildung
Mitder„Kanonbildung“bezeichnetmandenProzessderZusammenstellungderbiblischenSchriften,
alsodieFrage,wieausdeneinzelnenSchrifteneinvollständigesBuchwurde.DabeiwarderUmfang
sowohldesATwieauchdesNTimLaufderZeitheftigumstritten.
AltesTestament
Längst nicht alle religiösen Schriften, die zur Zeit der Bibelentstehung vorlagen, wurden in die
Sammlung der »heiligen Schriften« aufgenommen. Bei ihrer Abgrenzung spielten verschiedene
KriterieneineRolle:DasBuchEsterwarsehrumstritten,weildarinkaumvonGottdieRedeist.
DieEntstehungdesalttestamentlichenKanonshatsichinfolgendenEtappenvollzogen:
AlsErsteswardieToraabgeschlossen.InderZeitvon400bis100v.Chr.wurdendanndierestlichen
Bücher der Hebräischen Bibel vervollständigt. Zunächst eine Sammlung prophetischer Schriften–
dazugehörtaucheinTeilderspätersogenanntenGeschichtsbücher(JosuabisKönige)–,danachdie
»Schriften« (Ketubim), sehr unterschiedliche Bücher wie das Hohelied, Ester, Judit, Daniel, die
MakkabäerbücherunddieweisheitlichenSchriften(Weisheit,JesusSirach,Sprichwörter).
Grundsätzlichentstehensolche„Kanones“immerdann,wenndiedarinthematisiertenZeitepochen
vorbei sind, also z.B. der Prophetenkanon, nachdem es keine Propheten mehr gibt, das Neue
TestamentnachdemToddererstenApostelgeneration.
Jesus konnte auf diesen Kanon zurückgreifen. Er kannte aber neben den in den biblischen Kanon
aufgenommenenSchriftennochweitereundzitiertesie.
Quelle:www.die-bibel.de
NeuesTestament
MancheBücherdesNT,wiederHebräerbriefoderdieOffenbarungdesJohanneswurdenvonvielen
TheologenalsBestandteilderBibelabgelehnt.AuchgibtesvieleSchriften,dienichtimNTenthalten
sind, obwohl darüber diskutiert wurde, so z.B. der 1. Klemensbrief, die Briefe des Ignatius von
Antiochia oder das Thomasevangelium. Die Zusammenstellung des Kanons war entsprechend
kompliziertundstrittig.
DieKriteriendafür,einenKanonzusätzlichzumAltenTestamentzusammenzustellen,waren:
1. Apostolizität. Es ging darum, dass die Texte entweder von einem Apostel selbst verfasst
warenoderaberzumindestindergeistigenTraditionderApostelstanden.
2. Katholizität.DieSchriftenmusstenallgemeinalsheiliganerkanntsein.
3. Inspiration.EsmusstedieÜberzeugungherrschen,dassdieSchriftenvomHl.Geistinspiriert
sind.
DerProzessderKanonbildungbegannim2.JahrhundertnachChristusundisterstim4.Jahrhundert
abgeschlossen. Den ersten Anstoß gab der Theologe Markion, der eine christliche Sekte gründete.
Für ihn wesentlich war die scharfe Abgrenzung zum Judentum – seine „Bibel“, die er um 150
vorlegte, bestand aus den Briefen des Paulus und einem leicht veränderten Lukasevangelium. Das
AlteTestamentlehnteerab.
367 n. Chr. wird der heute feststehende Kanon mit 27 Schriften von Patriarch Athanasius von
Alexandrienfestgelegt.382n.Chr.wirddieseFestlegungauchvonderKircheimWestendurcheine
SynodeunterPapstDamasusakzeptiert.
HeiligeSchriften
((BildervondenverschiedenenheiligenSchriften))
DasChristentumhatmitdemJudentumunddemIslamgemeinsam,dassalsGrundlageundMaßstab
ihrerTheologieeineHeiligeSchriftsteht:FürChristendieganzeBibel,fürJudender„Tanach“,also
derTeilderBibel,denChristenalsdasAlteTestamentbezeichnenundfürMuslimederKoran.Aber
dieBedeutungderHeiligenSchriftenindenReligionenistunterschiedlich.
DerTanach
Das Wort „Tanach“ ist eine Abkürzung aus den Buchstaben T, N und K/Ch und steht für die
BestandteilederhebräischenBibel:DieThora(Gesetz,5BücherMose),diePropheten(Nebiim)und
dieübrigenSchriften(Ketuvim).FürdieJudenistdasGesetzGottesunmittelbareOffenbarungund
Gnade Gottes. Die Propheten haben ihr Wort im Namen Gottes erhoben, wenn das Gesetz
gebrochenwurde.ImJudentumistdieHaltungzumTanachähnlichvielfältig,wieimChristentumzur
Bibel:EsgibtorthodoxeJuden,dievonderGöttlichkeitjedeseinzelnenWortesausgehenebensowie
liberaleJuden,dieeinenhistorisch-kritischenZugangzumTanachbevorzugen.
DerKoran
„Die Muslime glauben, dass der Koran dem Propheten Mohammed durch den Engel Gabriel in
arabischer Sprache offenbart wurde und Gottes authentisches Wort ist. Das bedeutet, dass jeder
Buchstabe ihrer heiligen Schrift direkt von Gott kommt und verbalinspiriert ist. Demnach ist der
Koranunverfälscht,unveränderbarundewiggültig.ErenthältsämtlicheAnweisungenundHilfen,die
sie benötigen, um ein Gott wohlgefälliges Leben führen zu können. Nicht-muslimische
Wissenschaftler dagegen betrachten den Koran als eine von Mohammed verfasste Schrift. ... Der
Koranbestehtaus114Suren,dievonderlängstenbiszurkürzestenhintereinandergeordnetsind....
Der Koran muss von Muslimen mit allerhöchster Ehrfurcht behandelt werden. ... Einen Koran
absichtlich zu beschädigen oder gar zu zerreißen kommt einer Kränkung Gottes und damit der
Gotteslästerung gleich; ein Koranexemplar gilt schließlich als konkret gewordenes, in zwei
BuchdeckeleingebundenesWortGottes.“
3
Aus:Spuler-Stegemann,Ursula:Islam.Die101wichtigstenFragen,München 2014,S.44ff.
Aufgaben
1. Beschreiben Sie möglichst genau, wo der Unterschied im Verständnis des Korans durch
MuslimeimVergleichzumVerständnisdesTanach/derBibelinJudentumundChristentum
liegt! Beachten Sie dabei: Was ist in den jeweiligen Religionen Offenbarung Gottes?
2. DiskutierenSie:WoisteinDialogzwischendendreiReligionensinnvoll?Warumfällteruns
oftsoschwer?