Tagesablauf in der Suchtklinik Frankental (von Sabrina, Diana und

 1 Diana Teider, Sabrina Boes, Eva Wintsch, G1i „Ich war am Ende. Meine Eltern liessen sich scheiden und ich wollte einfach nur dazugehören. Aber zu wem? Zu den vermeintlich „coolen Kids“, die Drogen nehmen? Ja, denn ich kannte nur die. Jetzt gehöre ich dazu. Nur finde ich es nicht mehr besonders cool. Das einzige Ziel ist die nächste Spritze, der Flash, durch den man das ganze beschissene Leben vergessen kann. Aber wie es halt so ist, ohne Grund hört man nicht damit auf. Endlich habe ich einen Grund gefunden. Das Wohlergehen meiner Mutter.“ Bild 1 Solche und ähnliche Geschichten, wie Franco* sie erzählt, erwarten wir zu hören, als wir uns auf den Weg in die Suchtklinik Frankental machen. In der Suchtklinik Frankental findet man Angebote für alle Behandlungsbedürfnisse im Bereich illegaler Drogen. Dort sind für die Patienten Erholung, Klärung, Orientierung und neue Perspektiven möglich. Gut ausgebildete und erfahrene Fachleute aus den Gebieten Medizin, Psychotherapie, Arbeitsagogik und Sozialpädagogik garantieren für Professionalität, Qualität und Weiterentwicklung. Bild 2 Es ist kein besonders schöner Tag und die Nervosität ist allen deutlich anzusehen, denn man macht nicht täglich die Bekanntschaft mit (ehemaligen) Drogenabhängigen. Die besagte Klinik liegt etwas ausserhalb der Stadt Zürich. Sie ist umgeben von einem kleinen Wald. Es ist ruhig, das Haus wirkt wie ausgestorben. Endlich kommt Thomas, einer der Pfleger. Der Empfang ist herzlich, die Nervosität verschwindet und macht der Vorfreude platz. Die Angestellten und die Patienten sind locker und alle duzen sich gegenseitig. Die Stimmung im Haus ist zuerst etwas angespannt. Die Patienten tuscheln und sind misstrauisch. Das Haus wirkt warm und einladend, nicht kalt und leer, wie erwartet. Im zweiten Stock des alten und hauptsächlich aus Holz gebauten Hauses sind die Zimmer der Patienten und ein Büro. Die Patienten betreten nacheinander dieses Büro, um ihre Medikamente für den Morgen abzuholen. Sie brauchen diese Medikamente, als Drogenersatz, um einen kalten Entzug zu verhindern. Dieser kalte Entzug würde sie so schwächen, dass ihre Überlebenschancen viel geringer wären. Dazu gehört zum Beispiel Methadon, welches als Heroinersatz dient. Ausserdem erzählen sie, wie es ihnen geht und wie ihre Nacht war. Um 8:30 Uhr beginnt die Teambesprechung. Die Betreuer und Ärzte sitzen in dem kleinen und hellen Büro zusammen und besprechen, was bei der bevorstehenden Gruppensitzung thematisiert werden soll. Arzttermine der Patienten werden vereinbart, man diskutiert über die Fortschritte der Patienten und über ihr *Name geändert 2 Verhalten in der Klinik. Wir können nicht viel mehr tun, als daneben zu sitzen und gebannt zuzuhören. Besonders interessant wird es, als sie darauf zu sprechen kommen, dass einer der Patienten Drogen ins Haus gebracht hat. Man klärt uns auf, dass es Drogen gibt, die man in den Urinproben nicht finden kann. Ab und zu gelingt es einzelnen Patienten solche Drogen ins Haus zu schmuggeln. „Das geschieht aber wirklich nicht oft“, erzählt Thomas. Das ist auch der Grund dafür, warum die Patienten so aufgewühlt und nervös sind. Bild 3 GHB ist die Abkürzung für Gammahydroxybutyrat, auch unter Liquid Ecstasy oder K.O Tropfen bekannt. Durch den Urin kann es bis etwa 12 Stunden nachgewiesen werden und im Blut nur bis etwa sechs Stunden mit allerdings sehr aufwendigen Verfahren. GHB wird als farbloses Pulver oder als klare, geruchlose Flüssigkeit mit salzigem, leicht seifigem Geschmack gehandelt. In geringen Dosen erzeugt es einen mit einem Alkoholrausch vergleichbaren Effekt. Ab einer Dosis von zwei bis drei Gramm verfällt der Konsument in einen tiefen Schlaf. Höhere Dosen sind lebensgefährlich, da GHB die Atmung bis zum Atemstillstand unterdrückt. Der Konsum als illegale Droge spielt in der Bevölkerung kaum eine Rolle. Anders sieht es in der Party-­‐Szene und im Bodybuilding aus. Laut Statistiken, bleibt es bei Partys meist nur beim Probieren. Einige Bodybuilder konsumieren es, da es Muskelmasse aufbauen kann. Unglücklicherweise ist es auch als Vergewaltigungsdroge bekannt, unter dem Stichwort K.O Tropfen. Es besteht der Verdacht, dass sich Gewalttäter die betäubende Wirkung von GHB zunutze machen, um ihre Opfer handlungsunfähig zu machen und sie anschließend zu vergewaltigen. Das Geschehen ähnelt einem Krimi. Patienten werden verdächtigt, andere werden ausgeschlossen, konsumiert zu haben. Thomas, der Leiter der Gruppenstunden, möchte die Patienten direkt mit dem Thema konfrontieren und hält es darum für besser, wenn wir bei der Gruppenstunde nicht dabei sind. Dort werden normalerweise die Ämtli für den Tag verteilt. Dazu gehören hauptsächlich putzen, aufräumen, abwaschen, den Garten pflegen und kochen. Zudem können bei der Sitzung Beschwerden sowie Anliegen ausgetauscht werden. Nach dieser Sitzung haben die Patienten Freizeit. Einige gehen zum Arzt, andere mit Begleitung in die Stadt, um Sachen zu erledigen. „Ein guter Ort, um zu faulenzen“, meint Veronica* und lacht laut. Mit ihr unterhalten wir uns lange. „Einmal Junkie, immer Junkie“ und „Heroin ist eine Bi***!“. Ihre Offenheit ist überraschend, denn sie erzählt ihre ganze Lebensgeschichte. Sie hatte viel zu verkraften und war zuvor schon drei Mal in derselben Klinik. Für sie ist es momentan nicht wirklich ein Entzug, eher ein Time-­‐out, um ihre riesige Verletzung am rechten Bein etwas zu heilen, denn mit Drogenkonsum wäre eine Heilung unmöglich. Bei ihrem Freund ist dies anders. Anstatt selbst mal eine Pause zu machen und seine Wunden am Bein zu heilen, spritzt er sich das Heroin dort rein. Bild 4 3 Veronica* geht mit dem Gebäude um, als wäre es ein Ferienhaus. Sie ist sehr aufgestellt und freut sich auf morgen. Nach vier Monaten in diesem Entzugsgebäude geht sie dann wieder zu ihrem Freund nach Hause und konsumiert wieder Heroin. Bei ihren vorherigen Besuchen im Frankental versuchte sie, den Konsum zu beenden, doch das hat sie mittlerweile aufgegeben. Bei ihr begann alles damit, dass sie eine Ballettaufnahmeprüfung für eine Tanzschule in Deutschland nach über 8 Jahren Training nicht bestand, weil sie 2cm zu klein war. Anfangs wusste sie gar nicht, was sie zu sich nahm, doch als sie dann ein paar Wochen später plötzlich unerträgliche Schmerzen plagten und sie ihrem Freund anrief, erklärte ihr dieser: „Du bist auf dem Affen!“, und ihr wurde bewusst, dass sie Heroin konsumierte und jetzt auf Entzug ist. Sie wurde süchtig und war nun in der Welt der Sucht gefangen. Um das Geld für die Drogen aufzutreiben, arbeitete sie bei den Dealern zu Hause als Putzfrau, weil diese „am meisten Kohle haben“, wie sie sagt. Sich zu prostituieren war nie eine Option für sie. Veronica* erklärt uns, dass Heroin eine Bi*** ist, die einem zuerst das Gefühl gibt, die Welt sei super, doch dann lässt sie dich in ein tiefes Loch fallen und hat dich doch nur reingelegt. Obwohl sie nicht vorhat, ihre Beziehung zu den Drogen zu beenden, stehen ihre Eltern zu ihr und besuchen sie regelmässig. Die Ärzte sagen, dass Veronica* ein kleines Wunder sei und abnormal viel Drogen verarbeiten kann. Andere wären bei ihren Dosen schon längst gestorben. *Name geändert Heroin ist ein halbsynthetisches Opiat, welches aus dem Schlafmohn gewonnen wird. Es reduziert massiv das Schmerzempfinden, vermindert Angst und Depressionen und steigert Wohlbefinden und Selbstzufriedenheit. Es ist in vielen Ländern illegal wegen seinem hohen Abhängigkeitspotenzial bei jeder Konsumform. Ausserdem hat Heroin schlimme Folgen, wie zum Beispiel Infektionen vom Spritzen mit unreinen Nadeln. Es können so Krankheiten wie Hepatitis und HIV (Aids) übertragen werden oder Blutvergiftungen auftreten. Eine Abhängigkeit von Heroin bedeutet unstillbares Drogenverlangen, Kontrollverlust beim Konsum, starke Entzugserscheinungen, Erhöhung der Dosis, um die gleiche Wirkung zu erzielen, Vernachlässigung anderer Aktivitäten und Interessen und Fortsetzung des Konsums trotz gesundheitlicher Schäden. Es wird als eine der gefährlichsten Drogen bezeichnet. Heroin wird meist in gelöster Form gespritzt, seltener auch inhaliert, auf Folien geraucht oder geschnupftt. Sollte man 30 Tage Heroin konsumieren, kostet es um ein Mal am Tag high zu werden etwa 210 Dollar. Zwei Mal am Tag high zu werden, kommt auf etwa 420 Dollar und um drei Mal am Tag high zu werden, ergibt eine Geldsumme von etwa 630 Dollar. An diesem Beispiel wird klar, dass Heroinkonsum eine massive Beschaffungskriminalität verursacht. 4 Bild 5, Schlafmohn Bild 6 Bild 7 Zurück im Büro freuen sich bereits alle auf das bevorstehende Mittagessen. Um 12:00 Uhr klingelt eine Glocke, welche die Patienten zum Essen ruft, das von einigen Patienten und einem Koch zubereitet wird. Alle Angestellten, Ärzte, Patienten und auch wir sitzen zusammen in einem kleinen Raum mit vielen Tischen. Neben dem Eingang steht ein riesiges Salatbuffet. „Alles, was nach einem komischen Salat aussieht, ist das Essen, welches von gestern und vorgestern übrig ist. Das machen sie immer so, um möglichst wenig weg zu werfen.“, so Veronica*. Das Essen schmeckt ausgesprochen lecker. Die Stimmung ist entspannt, es wird viel geredet und das Essen verlief sehr ruhig. Nach dem Essen helfen alle, die Tische abzuräumen und zu putzen. Einer der Patienten ist dabei sehr zuvorkommend und wir dürfen nichts abräumen, da wir die „Gäste“ sind. An manchen Tagen gibt es ein kleines Dessert, aber zu diesem Genuss kommen wir leider nicht. Kaffee wird ausgeschenkt, aber es sind längst nicht mehr alle Patienten anwesend. Einige verziehen sich auf die Terrasse um eine Zigarette zu rauchen und andere gehen zurück in ihr Zimmer. Rauchen darf man nur auf dem Balkon wegen der Brandgefahr. Die Angestellten machen sich wieder an die Arbeit und die Patienten geniessen ihre Freizeit. Auch wir arbeiten weiter. Im spärlich eingerichteten Gemeinschaftsraum warten wir auf Franco*. In diesem Raum gibt es lediglich einen Tisch, Sofas, Stühle, einen Fernseher an der Wand und einen Box Sack. Fernsehen dürfen die Patienten nur abends. In diesem Raum sind nie viele Patienten, denn lesen können sie auch im Zimmer. Nur wenn jemand wütend ist, wird ab und zu geboxt. Franco erscheint und wir unterhalten uns mit ihm. Er erzählt viel von seiner Vergangenheit. Er hatte viele Schicksalsschläge, wie die Scheidung seiner Eltern in der Pubertät. Nach sieben Jahren, in welchen er „clean“ lebte, starb seine Freundin an einer Überdosis Heroin, was seine Sucht wieder auslöste. „Das war mein Untergang“, sagt er. Veronica* und Franco* wogen beide 34kg, als sie ins Frankental eintraten. Franco* erzählt, wie es ihm dort ergeht und auf was er achten muss, wie zum Beispiel auf seine Ernährung. Durch seinen langjährigen Konsum darf er nichts Salziges mehr essen. Im Gespräch wird schnell klar, wie stark sein Wille ist, mit dem Ganzen endlich abzuschliessen und er warnt alle, nie in diese Szene reinzugeraten. Den Entzug macht er für sich und seine Mutter, welche leider im Sterben liegt. Im Laufe des Tages wird uns bewusst, was für fatale Folgen der Drogenkonsum hat und wie viele Jahre ein Abhängiger von seinem Leben verliert, nur um wieder ein normales Leben führen zu können. Auch die Vorurteile von Menschen sind 5 erstaunlich. Franco* erzählt, dass er sich wegen seines Aussehens in öffentlichen Verkehrsmittel schämen musste. Die Leute haben ihn angestarrt, getuschelt und blöd gelacht. Veronica* erzählt uns, dass ihr ein Zahn gezogen wurde, als sie ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Dies bemerkte sie jedoch erst, als sie wieder bei Sinnen war. Die Ärzte haben sie also nicht nach ihrem Einverständnis gefragt. Sie sieht dies ebenfalls als ein Vorurteil gegen sie, als ob ein Junkie kein Mitbestimmungsrecht hätte. Nach diesem Interview ist die Stimmung etwas niedergeschlagen, da es doch sehr schwere Schicksalsschläge sind. Die nervöse Stimmung vom Morgen ist noch immer zu spüren, aber die Patienten wirken schon viel entspannter, da der Patient, der das GHB in die Klinik gebracht hat, bereits gestanden hat und die Klinik verlassen wird. Das ist eine der Regeln des Frankentals. Er darf nun erst nach zwei Wochen zurückkommen, um den Entzug neu zu beginnen. Die hölzernen Wendeltreppen hinauf, machen wir uns auf den Weg in den dritten Stock, den wir bis jetzt noch nicht betreten haben. Dort sind nämlich nur Büros. Wir treffen uns dort mit Thomas, der uns netterweise einige Informationen über die Klinik und die Drogenszene in Zürich verrät. Die Klinik wurde von der Stadt Zürich errichtet. Vor etwa 20-­‐30 Jahren war erst auf dem Platzspitz und dann beim Bahnhof Letten die offene Drogenszene. Die offene Drogenszene entwickelte sich jedoch so rasant weiter, dass man die sogenannte Viersäulenpolitik einführen musste. Dadurch wurden Entzugskliniken wie das Frankental gebaut. Bild 8, Platzspitz Bild 9, Bahnhof Letten 6 Gegen Ende der 1980er Jahre waren der Platzspitz und Bahnhof Letten der Treffpunkt von Drogenabhängigen aus der ganzen Schweiz und sogar vom Ausland. Es wurde von der Polizei und von der Politik lange toleriert, was dazu führte, dass immer mehr Drogenabhängige zum Platzspitz kamen. Zeitweise hielten sich dort bis zu 3'000 Drogenabhängige auf. Inmitten der reichen und kontrollierten Schweiz, war der Needle Park international bekannt für seinen offenen Drogenhandel und Drogenkonsum. An Spitzentagen mussten die Sanitäter bis zu 25 Menschen wegen einer Heroinüberdosis wiederbeleben. 1992 wurden die Drogenabhängigen vom Platzspitz vertrieben und siedelten sich dann unter anderem beim stillgelegten Bahnhof Letten, welcher ebenfalls in Zürich liegt, an. Der Bahnhof Letten war auch als Drogenhölle Letten bekannt. Als drei Jahre später das Letten Areal geschlossen wurde, verbesserte sich die Lebensqualität der Drogenabhängigen in Zürich sehr. Es wurde die Viersäulenpolitik eingeführt. Die vier Säulen sind Prävention, Therapie, Überlebenshilfe und Repression. Es wurden sogenannte Fixerräume eingerichtet, in denen die Abhängigen saubere Spritzen holen können, um Krankheiten vorzubeugen. Dort werden auch Wunden gereinigt und gepflegt. In diesen Räumen dürfen die Abhängigen nicht von der Polizei festgenommen werden. Bild 10 Bild 11 Im Frankental können bis zu 12 Personen entziehen. Einige bleiben bis zu zwei Monaten und machen danach eine Therapie, um langfristig clean zu bleiben. Andere nehmen sich nur eine Auszeit und es ist schon beim Eintritt klar, dass sie nach dem Austritt weiter konsumieren werden. Sie machen den Entzug nur, damit sich der Körper vom Leben auf der Gasse erholen kann . Im Winter hat es durchschnittlich mehr Patienten, da die Lebensbedingungen auf der Gasse sehr viel härter sind. „Wenn es so kalt ist, ist die Motivation etwas an seinem Leben zu ändern, viel grösser“, meint Thomas. Die meisten Patienten sind freiwillig in der Klinik. Nur einige wenige sind dort, weil sie die Wahl hatten zwischen einem Entzug oder einer Gefängnisstrafe. Die Patienten haben samstags und sonntags abends Ausgang. Das heisst, sie dürfen nach der zweiten Woche alleine in die Stadt gehen, um zu beweisen, dass sie auch ausserhalb der Klinik clean bleiben können. Wenn jemand sich in der Klinik nicht an die Regeln hält oder im Ausgang konsumiert, wird ihm der Ausgang gestrichen. 7 Nur an Silvester ist der Ausgang für alle Patienten gestrichen, da die Gefahr rückfällig zu werden, viel zu gross wäre. Denn an Silvester fliesst viel zu viel Alkohol und es sind so viele Drogen im Spiel, dass es sehr schwierig für unsere Patienten wäre, nicht zu konsumieren. An Silvester ist ein grosses Feuerwerk auf dem Areal der Klinik geplant. Silvester soll einfach möglichst normal gefeiert werden, einfach ohne Alkohol. Man weiss leider nicht, wie viele ehemalige Patienten nach ihrem Aufenthalt wirklich clean blieben, da sich nur wenige gemeldet haben und einige gar nicht mit dem Ziel hingehen, aufzuhören. Sicher ist, dass die meisten die Behandlung erfolgreich schaffen, aber was danach ausserhalb passiert, dass weiss man nicht. Jedes Jahr wird jedoch im Frankental ein Fest gefeiert, zu dem manchmal auch ehemalige Patienten kommen. Unsere Meinung und Fazit Es war ein sehr eindrücklicher Tag und wir haben sehr viel gelernt. Die Menschen dort haben mit Vielem zu kämpfen, im Alltag auch mit sehr vielen Vorurteilen. Diese Vorurteile belasten die meisten von ihnen und die Patienten würden mehr Toleranz erwarten. Die Patienten dort sind gar nicht so wie man sie erwartet, sie sind alle sehr gelassen und finden sich mit ihrer Situation zurecht. Sogar die Familien von Franco* und Veronica* stehen zu ihnen und unterstützen sie. Auch wenn nicht alle mit dem Ziel dort sind, mit den Drogen aufzuhören, ziehen sie zumindest eine Weile einen Schlussstrich und lassen sich von den vielen Herausforderungen, die der Entzug mitbringt, nicht klein kriegen. Die Angst, welche wir am Morgen hatten, ist schnell vergangen und wir hatten nebenbei sehr viel Spass. Jedoch wurde uns sehr klar gemacht, dass man NIE Drogen nehmen sollte, auch nicht ‚nur zum Probieren’. Es kann das ganze Leben zerstören und um sich wiederaufzubauen, benötigt man einen sehr starken Willen und viel Zeit. Beim Verabschieden haben wir uns beim Team mit ‚Merci Schöggeli’ freundlich bedankt, denn wir wurden sehr lieb aufgenommen und gut in den Tag integriert. Wir danken dem ganzen Team und den Angehörigen für ihre Offenheit und für die vielen Informationen, an die wir ohne sie wahrscheinlich niemals rangekommen wären. 8 QUELLEN: http://www.drugcom.de/topthema/september-2008-ghb-kleine-tropfen-mitgrosser-wirkung/
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hatte-­‐1.14765790 9 9) http://www.swissinfo.ch/ger/der-­‐beruechtigte-­‐zuercher-­‐needle-­‐park-­‐/37725502 10) http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/Und-­‐was-­‐ist-­‐mit-­‐den-­‐
LettenKindern/story/15194559 11)http://www.hanfparade.de/archiv/2013/website/www.hanfparade.de/ziele-­‐
motto/btmg.html 10 Interview mit Veronica*, Patientin im Frankental *Name geändert Wie bist du in den Drogenkonsum geraten? Mit 17 war ich ein halbes Jahr auf Heroin, habe es aber erst nach drei Monaten bemerkt, da ich einfach Sachen beim Freund geschnupft habe, ohne zu wissen, was es war. Als Tänzerin bestand ich nach 8,5 Jahren die Prüfung nicht, ich sei ein Supertalent, aber wäre zwei cm zu klein, was mich damals sehr deprimierte. Auf jeden Fall habe ich das Zeug dann einfach genommen. Nach 3 Monaten habe ich eine Schnupperlehre begonnen, bekam Schmerzen und Krämpfe und dachte: „Hey, was ist denn mit mir los?“ Dann habe ich meinen Freund angerufen, der meinte, ich sei auf dem Affen (so sagt man den Entzugserscheinungen), sei doch logisch, wenn ich Heroin nehme. Ich dachte darauf: „waaaasss Heroin?? Das kann doch nicht sein?“ Nach drei Tagen Heroinkonsum ist man Heroin abhängig, hat also schon Entzugserscheinungen, wenn man aufhört. Dann war ich zwei Wochen sauber, aber als ich nach der Schnupperlehre zurückkam, wusste ich nichts besseres, als weiter zu machen. Ich konsumierte drei Monate weiter, an Neujahr löschte es mir ab und ich war der Meinung, dass es so nicht weitergehen kann. Ich konsumierte dann doch an einem Tag, war dann wieder zwei Wochen auf Entzug und immer so weiter. Ein Entzug ist wirklich hässlich, man hat enorme Schmerzen, vor allem in den Beinen. Daraufhin nahm ich 14 Jahre lang kein Heroin mehr. In dieser Zeit schnupfte ich ab und zu Kokain. Es war mir nach dieser Enttäuschung mit dem Ballett alles egal, ich habe während dieser Zeit 15 Jahre lang gekifft. Im Jahr 2000 wurde ich schliesslich von meinem Ex-­‐Freund schwanger. Ich liess das jedoch Kind abtreiben, denn ein Kind, das mit meinen Drogengeschichten aufwachsen müsste, wollte ich nicht. Ab dort fing ich an, mir das Heroin zu spritzen, was ich davor noch nie gemacht habe. Wie bist du an das Geld für die Drogen gekommen? Ich putzte (grinst) bei den Dealern zu Hause, da diese viel Geld besitzen, aber prostituiert habe ich mich nie, ich bin keine H***. Zu dieser Zeit konsumierte ich wöchentlich. Meiner Meinung nach ist dies das „Anständigste“, was man machen kann. Das Konsumieren verhalf dir also das mit dem Ballett zu verarbeiten? Ja klar. Mit dem Heroin ist es so: Als erstes, hast du eine neue Freundin, nach 5 Tagen, hast du dann ein riesiges Problem. Das einzige was man mit dem Heroin macht, ist sich zurückzulehnen vom Geschehen, nach einer halben Stunde wieder zu konsumieren und immer so weiter. Einfach nur um das Gefühl zu haben, an nichts denken zu müssen, dabei denkst du immer weiter. Es ist überhaupt nicht das, was es verspricht, Heroin ist eine B****, sie täuscht dir alles vor und du denkst, es gehe dir gut. Aber eigentlich geschieht das Gegenteil. Ich wog nur noch 34 Kilo, als ich zum ersten Mal hier her kam. Ui, das ist sehr wenig. Und wie lange bist du jetzt schon da? Ich bin schon zum vierten Mal hier. Die ersten zwei Mal war ich hier mit dem Ziel, den Konsum zu beenden, was jedoch nicht funktionierte. 2010 war ich dann für 4,5 Monate hier, und dann sieben Monate in der Therapie, doch dann wurde ich so dick, dass ich wieder begann zu konsumieren, so wie jetzt. Ich fühle mich wirklich fett. In der Zeit, als ich nicht konsumierte, arbeitete ich furchtbar viel, am Meisten als Ballettlehrerin. 11 Wie entstand eigentlich deine Wunde am Bein? Ich habe eine angeborene Krankheit, bei der mein Blut in die Beine fliessen kann, aber nicht mehr von alleine wieder zurückkommt. Und als Kind war ich eigentlich ungewollt, meine Mutter hat immer hart auf den Bauch eingeschlagen, aber zurück zum Thema: Durch das, dass das Blut nicht nach oben kommt, wird die Haut an den Beinen immer dünner und als ich mir das Bein dann einmal anschlug, ist es „aufgeplatzt“. Schon als ich im 2010 hier war, war diese Wunde bereits präsent und als ich im Spital war, haben sie sie wahrscheinlich falsch behandelt. Aus einer kleinen Wunde wurde eine riesige. Wegen dieser Wunde bin ich dieses Mal hierhergekommen, also nicht um zu entziehen, sondern, um diese Verletzung zu heilen und um mich zu erholen. Dort draussen gibt es für mich keine Chance diese Wunde zu heilen, denn durch den Konsum heilt einfach nichts, es ist einfach nur hirnrissig. Also hier bist du wie ein „Schöfli“, du gehst am Morgen und am Abend deine Medikamente (wie Heroinersatz) abholen, alle 2 Tage verbinde ich mein Bein neu und sie geben mir hier die Sachen dafür. Morgen gehe ich ja hier wieder raus (Jass!) und ich musste ihnen versprechen, nicht in die Wunde zu spritzen, denn ich werde weiterhin konsumieren. Weiterhin werde ich dann aber alle 2 Wochen zum Spital gehen. Dort kratzen sie dann den ganzen Dreck wieder raus, es ist richtig eklig und schmerzhaft. Zum Glück kann ich durch die Drogen den Schmerz nicht mehr spüren. Also gefällt es dir hier nicht? Doch! Sicher gefällt es mir hier, es ist wie Ferien zu haben. Es ist ein wunderschönes Haus, wir WAREN auch eine tolle Gruppe, aber im Moment hatten wir ja Konsum im Haus und das geht gar nicht, nur 3 Personen konsumierten nicht. Es reizt uns alle so extrem auch zu konsumieren. Doch diese Personen verpfeifen wir nicht, auch wenn es Sinn machen würde, es ist ja schlussendlich dann ihr Problem. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz bei uns. Beim Entzug arbeitet man mit Rückfällen, es geht gar nicht ohne, meiner Meinung nach. Einmal Junkie, immer Junkie, auch die, die nicht mehr konsumieren, es bleibt ihnen einfach für immer im Kopf drinnen. Du hast also nicht vor mit dem Konsum aufzuhören? Nö. Im Moment wirklich nicht, ich war ja auch vier Monate im Spital, wo ich nicht konsumierte und jetzt diese Zeit hier, um eine Pause zu machen, aber die Drogen ganz abbauen könnte ich gar nicht, mein Körper würde viel zu schwach werden. Für mich gibt es auch nicht die Option kontrolliert oder nur halbwegs zu konsumieren. Mit wem konsumierst du eigentlich und wie ist deine Familiensituation? Am liebsten alleine oder mit meinem Freund. Mein Vater besucht mich jeden Monat und meine Mutter wohnt nicht mehr in der Schweiz, kommt aber auch manchmal nach Zürich, um mich zu sehen. Meine Eltern sind Gold, viele Drogenabhängige werden von den Eltern verstossen, was ich nicht verstehen kann. Dann habe ich noch eine Schwester, sie ist 4 Jahre älter und „heilig“, hat noch nie eine Zigarette geraucht, noch nie harte Drogen genommen, aber ein Mal einen Joint geraucht und seit dem nie mehr. Sie geht in die Kirche und ist, wie gesagt, die „Heilige“ von uns. Letztens hatte sie jedoch einen Hirntumor, weil sie zu viel arbeitete, was bringt dir das jetzt Schwesterlein? Ich bin so alt, 46 Jahre alt, sehe 1000 Mal jünger aus als sie, nehme Drogen und mir geht’s blendend, versteht ihr was ich meine? Meiner Meinung nach haltet uns die Nacht jünger, weil wir ja fast nur dann unterwegs sind, so Gerüchte wie „Drogen konservieren“ sind doch nur Mist. 12 Was hast du denn für Hobbys? Hobbys habe ich viele. Alles was Hausarbeit ist liebe ich, ich stricke, ich häkle, ich mache gerne so Armbänder. Dein Handy hat ja Ohren! So geil (lacht) das gefällt mir riesig! Ja egal, zurück zum Thema. Woher hast du eigentlich diese Zahnlücke? Als ich im Spital war, bekam ich Zahnschmerzen, dann haben sie mir den Zahn einfach gezogen. Ich wollte eigentlich zum Zahnarzt, aber dann war der Zahn einfach weg, ihr könnt euch vorstellen, wie ich ausgerastet bin. Sie haben mich nicht einmal gefragt, sondern einfach gerissen. Dürfen sie das? Ja klar. Scheinbar steht das irgendwo geschrieben, es geht auch nur um das, dass ich „Drögeler“ bin, dann „dürfen“ sie alles. Also schweben dort auch Vorurteile? Ja, ja! Es ist wirklich schlimm, es gibt halt Leute, die sich nicht benehmen können, und durch diese Leute habe ich viel mit Vorurteilen zu schaffen. Und zurück zu deinem Freund, der konsumiert also auch? Ja, aber er hat überhaupt nicht vor aufzuhören und war auch noch nie in einer Klinik. Er hat an beiden Beinen eine Wunde von einem Autounfall, wo das Auto ihm eine Dreiviertelstunde auf den Beinen stehen blieb, was ihm das Leben rettete, sonst wäre er verblutet. Auf jeden Fall spritzt er dort das Heroin, was ich nie machen könnte, das finde ich total widerlich, ich spritze in die Leisten. Aber er ist trotzdem ein „geiler Siech“, er kommt auch nicht aus der Schweiz, sondern aus Kroatien und darum ist er ja so geil (lacht). Jetzt zwar nicht zum Thema, aber ihr drei seid wirklich hübsch, ich meine es gibt ja viele hässliche Menschen, aber bei euch gibt’s nichts zu motzen. Erwachsen werden gibt es für mich auch nicht, alle sagen: „Ich bin jetzt 35“ (spricht sie mit tiefer Stimme) und dann komme ich und meine: „Ich bin jetzt 46, ätschi bätschi“. Nun zur letzten Frage, wie ist eigentlich dein Tagesablauf hier? Da? Faulenzen. Nein Spass bei Seite, am Morgen gibt es so eine Sitzung, wo die Ämtchen für den Tag verteilt werden, dann macht man diese doofen Ämtchen. Um 12 Uhr gibt’s dann Food, also Essen, man sollte eigentlich pünktlich sein, aber ich komme immer etwas später, denn bis alle da sind, dauert es gefühlte Stunden. Nach dem Essen hat man Pause bis 13:30, dann muss man wieder an so eine Sitzung, um den Tag zu besprechen. Aber morgen bin ich hier raus und dann habe ich endlich keine Schmerzen mehr, weil ich dann wieder konsumiere. Vergisst du die Schmerzen dann einfach? Nein ich habe gar keine! Beim Heroin stellt es dir im Gehirn die Schmerzen ab und du bekommst sie gar nicht mit. Danke viel Mal für dieses Interview und für deine Offenheit, das hat uns sehr gefreut! Habe ich gern gemacht, war wirklich witzig mit euch. 13 Interview mit Franco*, Patient im Frankental *Name geändert Warum hast du angefangen Drogen zu nehmen? Meine Mutter hatte eine Hafenkneipe. Dort haben sich die Kiffer getroffen. Als ich in der Schule war, musste ich dort jeweils meine Hausaufgaben machen. Mit 12 ½ Jahren habe ich dann angefangen zu kiffen. Als ich 13 Jahre alt war, haben sich meine Eltern geschieden, was auch ein Grund sein könnte. So bin ich in die Drogen geraten. Davor habe ich Zigaretten geraucht. Ich wollte einfach mit den Grossen mithalten. Es war eine Art Gruppenzwang. Ich habe etwa zwei ½ Jahre Cannabis geraucht. Als ich etwa 16 Jahre alt war, habe ich angefangen, Heroin zu rauchen. Das war mein Untergang. Etwa drei, vier Jahre später habe ich angefangen, mich zu fixen. Das habe ich 23 Jahre praktiziert, bis vor vier Monaten. Dazu habe ich auch sehr viel Alkohol getrunken. Jetzt bin ich fertig damit, für immer. Ich muss einen endgültigen Schlussstrich ziehen, da ich bald 40 werde. In diesem Alter muss endlich fertig sein. Ausserdem liegt meine Mutter im Sterben und ich will nicht, dass sie sich den Kopf über mich zerbrechen muss. Ich habe schon ihr ganzes Leben versaut, denn sie musste sich immer Sorgen um mich machen, wo ich bin oder was ich mache. Ich trieb mich oft draussen herum, ohne ihr zu sagen, wo ich bin. Das wird aber in Zukunft nicht mehr so sein, denn ich möchte ihr noch ein schönes Leben bieten. Wenn es ihr gut geht, geht es mir automatisch auch gut. Bevor ich in die Klinik kam, habe ich nur noch Kokain konsumiert (gespritzt). Mit Heroin habe ich vor 1.5 Jahren aufgehört. Irgendwann bin ich auch noch magersüchtig geworden, ich wog nur noch 34 Kilo, jetzt bin ich zum Glück wieder 63 Kilo schwer. Dazu bekam ich eine Leberkrankheit, deshalb darf ich nur noch gesund essen und muss auch genau darauf achten, was ich esse. Die Ärzte sagten, wenn ich mich genau daran halte, habe ich noch etwa 20 Jahre zu leben. Jetzt bin ich schon einen Monat in dieser Klinik. Momentan geht es mir auch gut, meine Blutwerte sind wieder normal und mein Körper erholt sich auch langsam. Hast du Hobbys, die dir beim Entzug helfen? Meine grosse Leidenschaft ist Fliegenfischen, hierbei kann ich mich entspannen. Immer wenn ich über Drogen nachdenke, gehe ich fischen, da kann ich einfach alles vergessen. Hast du einen Beruf? Ich habe eine Lehre als Koch absolviert, habe die Lehrabschlussprüfung jedoch nicht gemacht. Eventuell werde ich diese nachholen, wovon mir aber viele abraten. Ich erhalte 900 Franken ‚Sackgeld’ und mir wird die Wohnung und die Krankenversicherung bezahlt. Ich arbeite nebenbei in einer Firma, die Teile von Hörgeräten herstellt. Dabei darf ich einfach nicht mehr als 300 Franken im Monat verdienen. War es anfangs schwierig, dich in der Klinik einzuleben? Schon ein wenig. Am Anfang hat es mir total gestunken, da ich nie Ausgang hatte. Mittlerweile habe ich mich aber gut eingelebt. Hast du dich ganz freiwillig für einen Entzug und diese Klinik entschieden? Ja, habe ich. Ich dachte, wenn ich nicht gehe, müsse ich sterben. Ich habe in letzter Zeit viel zu viel konsumiert. Als ich einmal von der Polizei erwischt wurde, ging es mir so schlecht, dass sie mir keine Busse erteilt haben, sondern mir einfach verboten haben, 14 mich in nächster Zeit auf der Landstrasse aufzuhalten. Da habe ich gedacht: „Das ist genau der richtige Moment um aufzuhören“. Jetzt bin ich seit etwa einem Monat hier. Wir haben mitbekommen, dass in dieser Klinik heimlich konsumiert wird. Wie stehst du dazu und kannst du dem wiederstehen? Ja, leider kam von aussen eine Droge hier her und einige konsumieren daher heimlich. Ich wurde auch gefragt, konnte aber zum Glück wiederstehen. Da bin ich recht froh drüber, denn hätte ich etwas davon genommen, könnte ich mich vielleicht nicht mehr hier aufhalten. Ausserdem möchte ich ja wirklich aufhören. Vielleicht kann es sein, dass ich ab und zu am Wochenende einen Joint rauche. Aber von stärkeren Drogen werde ich definitiv die Finger lassen. Darum empfehle ich euch, nehmt nie irgendwelche Drogen. Auch nicht die „Einstiegsdroge“ Cannabis, denn es kann gut sein, dass ihr irgendwann etwas Neues und ausprobieren wollt. So kommt ihr schnell in diesen Teufelskreis hinein. Aber lasst auch die Finger von Alkohol. Wenn ihr davon trinken müsst, dann bitte nur sehr wenig, denn es kann euer ganzes Leben versauen. Wie sieht dein Tagesablauf hier aus? Ich stehe morgens um sieben Uhr auf, dann gehe ich duschen. Zwischen 7:30 und 8:00 Uhr nehme ich meine Medikamente und um 8:00 ist die Gruppensitzung. Dort werden die Ämtli verteilt. Dazu gehören vor allem putzen, aufräumen und kochen. Danach gibt es Frühstück und anschliessend werden die Ämtli erledigt. Vor und nach dem Mittagessen hat man Freizeit. Währenddessen suche ich eine Wohnung. Oft gehe ich auch Joggen und mache Krafttraining für meine Kondition. Man hat aber auch viel Gemeinschaft mit den anderen. Am Wochenende gehen die Meisten in den Ausgang, was ich mittlerweile auch tue. Was tust du im Ausgang? Das ist unterschiedlich. Normalerweise gehe ich meine Mutter besuchen. Aber letztes Wochenende war ich Kleider einkaufen. Ab und zu gehe ich auch alleine ins Spital. Oder wie schon erwähnt, gehe ich gerne Fliegenfischen. Wie stehst du zu den anderen Patienten hier? Ich verstehe mich mit allen sehr gut, auch mit allen Arbeitern. Ich bin ein sehr friedlicher Mensch, beklaue niemanden und bin ein sehr netter MenschJ. Welche Medikamente nimmst du? Momentan habe ich noch Schlaftabletten, welche ich aber hoffentlich nächste Woche abbauen kann. Ausserdem nehme ich sogenanntes Subutex, das ist ein Heroinersatz. Zuerst war ich jedoch auf Methadon, welches stärker ist als Subutex. Bevor ich darauf umsteigen durfte, musste ich zuerst 32 Stunden ohne jegliche Medikamente auskommen. Dabei habe ich unglaubliche Entzugserscheinungen erlitten. Mein Ziel ist es aber, frei von jeglichen Medikamenten zu sein. Was hast du damals für Entzugserscheinungen gehabt? Ich war vor allem sehr nervös, habe brutale Schweissattacken gehabt und auch Bauchkrämpfe. Am Abend konnte ich überhaupt nicht schlafen, ich habe mich nur im Bett hin und her gewälzt. 15 Wie kamst du überhaupt an das Geld für die Drogen? Ich habe meistens vermittelt oder gedealt. Deswegen wurde ich auch erwischt und habe einige Jahre im Gefängnis verbracht. Wie ging es dir im Gefängnis? Verglichen mit anderen, gar nicht so schlecht, denn ich durfte auf einem Bauernhof in Graubünden arbeiten. Dort habe ich mich vor allem ausgeruht und wieder Kraft aufgebaut. Dort habe ich auch nur Hash konsumiert. Ich hatte aber das Glück, dass ich meistens beim Bauern essen durfte. Dort wurde ich schon fast verwöhnt mit Zopf, frischer Milch, Eiern etc., während die Anderen nur hartes Brot mit Konfitüre und Butter bekamen. Wolltest du nach dem Gefängnisaufenthalt nicht aufhören mit dem Konsum? Doch, das habe ich auch. Ich war danach acht Jahre clean. Was brachte dich dann wieder da rein? Meine Freundin ist vor einem Jahr an einer Überdosis gestorben. Das hat mich sehr frustriert und wieder rein geritten. Momentan habe ich das jedoch verkraften können. Ich gebe mir auch sehr Mühe dabei, wieder ganz auf die Beine zu kommen und vor allem, nichts mehr zu konsumieren. Das finden wir sehr stark von dir! 16 Interview mit Thomas, Mitarbeiter des Frankental Seit wann gibt es diese Klinik? Das Frankental durfte gerade den 30. Geburtstag feiern. Früher hat es einfach anders geheissen. Seit wir den Standort gewechselt haben, heisst es Frankental. Wer hat die Klinik gegründet? Sie wurde von der Stadt gegründet. Es gab ja diese grosse offene Drogenszene und die Stadt Zürich hätte den Abhängigen nicht verbieten können, Drogen zu nehmen, ohne dass sie solche Kliniken errichtet hätten. Wie lange dauert ein durchschnittlicher Aufenthalt? Das ist sehr schwierig zu sagen. Ich schätze ca. 25 Tage. Aber es variiert natürlich sehr stark. Es gibt Leute, die kommen nur für ein paar Tage, um sich eine Auszeit zu nehmen. Die Leute, die nachher tatsächlich eine Therapie machen wollen, bleiben bis zu zwei Monaten. Dann gibt es natürlich noch die unfreiwilligen Patienten, die anstelle eines Gefängnisaufenthalts einen Entzug machen, und bis zu mehreren Monaten bleiben und danach drei Jahre eine Therapie machen. Hat es immer Patienten? Ja. Wie viele Patienten sind es denn im Durchschnitt? Wir haben 12 offizielle Plätze. Dieses Jahr gab es eine Auslastung von ca. 80%. Was aber auffällt ist, dass es im Sommer tendenziell weniger Patienten hat als im Winter. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass unsere Obdachlosen Patienten im Sommer gut draussen überleben können, wenn es warm ist. Im Winter, wenn es kalt und unangenehm ist, kommt man eher in die Motivation, einen Entzug zu machen. Wie wird das mit den Festtagen geregelt? Kann man da nach Hause gehen? Nein, also wir haben schon bestimmte Ausgangszeiten am Wochenende. Das darf man aber erst ab der dritten Woche. Dann darf man die Klinik nur in Begleitung eines Mitarbeiters oder eines Familienmitglieds/ Freunde (einfach jemand, der keine Drogen nimmt) verlassen. Oft haben sie aber nur Freunde, die sie durch die Drogen kennen, die sie also nicht fragen könnten. Auch sind sie oftmals mit der Familie zerstritten. Da ist es schon eine Herausforderung, jemand Aussenstehendes zu finden, der einem begleitet. Wenn dann alles gut geht, dürfen sie ab dem vierten Wochenende die Klinik alleine verlassen. Das ist wie eine Realitätsüberprüfung, ob sie draussen sein können, ohne direkt Drogen kaufen zu wollen. Sie dürfen samstags von 12:30-­‐22:00 draussen sein. Am Sonntag müssen sie schon um 20:00 wieder in der Klinik sein. Wird Weihnachten demnach hier gefeiert? Ja. An den Feiertagen haben wir auch eine Ausgangsregelung. Wir bieten ihnen aber auch ein spezielles Programm an. An Weihnachten wird einfach das Leben in der Gesellschaft gepflegt. Wir machen auch zusammen Ausflüge, wie Bowling oder sonstiges. Aber an Silvester haben die Leute Ausgangsverbot, da die Gefahr rückfällig zu werden, an einem Tag wie Silvester viel zu gross ist. 17 Wie feiert ihr denn Silvester? Dieses Jahr ist ein grosses Feuerwerk auf unserem Areal geplant. Wir möchten auch gerne ein Feuer machen, in welches die Leute Zettel mit ihren Lastern werfen können, um diese im nächsten Jahr loszuwerden. Es soll einfach möglichst normal gefeiert werden, nur ohne Alkohol und Drogen. Wie kommt man genau in die Klinik? Also wie muss man sich anmelden? Man muss sich zuerst telefonisch anmelden, bevor man eintreten darf. Dann überprüfen wir, ob diese Person überhaupt in unsere Klinik passt. Wenn ja, verlangen wir ein Zuweisungsschreiben des Arztes und dann können die Leute eintreten. Die andere Möglichkeit ist eben, dass die Person von der Justiz angemeldet wird. Also einen Entzug anstelle einer Gefängnisstrafe macht. Gab es viele erfolgreiche Entzüge, also Leute, die dauerhaft sauber blieben, seit du hier arbeitest? Das ist ziemlich schwierig einzuschätzen. Die Leute kommen für den Entzug und danach hört man meistens nichts mehr von ihnen. Da weiss man oft nicht, ob man nichts mehr hört, weil alles gut läuft, weil sie rückfällig wurden, umgezogen sind, oder sogar gestorben sind. Es gibt aber natürlich auch Leute, die sich immer wieder melden und sagen, dass es ihnen gut gehe, aber das machen nur die wenigsten. Deshalb ist es so schwierig zu sagen, wer von ihnen es wirklich geschafft hat. Was wir wissen, ist, dass die meisten die Behandlung erfolgreich schaffen, aber was danach ausserhalb passiert, das wissen wir nicht. Ist hier schon einmal jemand gestorben? Nein hier noch nie. Das passiert eher draussen, da sie sich oft in kriminellen Kreisen aufhalten. Es besteht natürlich auch immer die Gefahr einer Überdosis. Aber es gab auch schon Fälle, dass Leute hier waren, die körperlich so schwach waren, dass sie ins Krankenhaus mussten und dort starben. Aber hier ist noch nie jemand gestorben. 18 Interview mit Claudia, Care Managerin im Frankental Kannst du uns zuerst erklären, für was du genau zuständig bist? Mein Beruf hier ist das Care Management. Ich arbeite zu Bürozeiten, extra dafür dass ich immer für Sozialarbeiter oder die Justiz erreichbar bin. Für diese bin ich die Bezugsperson und sie wissen, dass sie sich immer an mich wenden können. Als Bezugs-­‐/Kontaktperson bin ich auch dafür zuständig, richtig zu handeln, wenn jemand, der verpflichtet ist hier zu sein, der also von der Justiz kommt, abhaut. Ich habe die Übersicht über die ganze Behandlung von allen Patienten. Meine Aufgabe ist zu schauen, warum jemand hier ist, was die Ziele sind und wie es nach einem Austritt weitergehen soll. Eigentlich plane ich schon beim Eintritt wieder den Austritt eines Patienten. Am Anfang rede ich mit jedem Patienten und schaue welche und wie viel Unterstützung sie brauchen. Es gibt Leute, die viel Unterstützung brauchen, weil sie geistig gar nicht in der Lage wären, alles selber zu machen und es gibt welche, die praktisch selbstständig sind. Immer donnerstags am Morgen führe ich Standortgespräche mit den Patienten. Dort schauen wir, was der Patient für Fortschritte macht, ob alles nach Plan läuft, ob man die Behandlung ändern muss etc. Eigentlich geht es bei meinem Job um Qualität. Es geht darum, dass die Behandlung einen gewissen roten Faden hat. Manche Patienten haben andere Case Manager/innen. Mit ihnen muss ich eng zusammenarbeiten, denn wenn ich nicht weiss, was diese schon alles probiert haben, würden wir das alles noch einmal machen und das wäre ja nicht sehr effizient. Was hast du ursprünglich gelernt? Ich bin gelernte Pflegefachfrau, ehemalige Krankenschwester. Danach habe ich eine Weiterbildung zur Case Managerin gemacht. Wie bist du zum Frankental gekommen? Ich habe lange Zeit im Unispital gearbeitet und habe dann gedacht, dass ich gerne den Fachbereich ändern würde. Obwohl es mir dort sehr gut gefallen hat. Mit Drogensüchtigen zu arbeiten hat mich schon immer interessiert. Dann habe ich hier angerufen und durfte zum hier eine Art Schnupperlehre machen, welche mir ausgesprochen gut gefallen hat. Da war gerade eine Stelle frei, für welche ich mich beworben habe und seither arbeite ich hier. Das war vor etwa sieben Jahren. Wie läuft alles ab, wenn jemand die Behandlung abbrechen möchte? Da die Leute, die nicht von der Justiz aus hier sind, freiwillig bei uns sind, dürfen sie jederzeit die Behandlung abbrechen. Klar, wenn wir sehen, dass diese Person sehr viel erreicht hat und es schade wäre, die Behandlung aus irgendeinem Grund abzubrechen, dann sitzen wir zusammen und versuchen sie umzustimmen. Aber wenn sie gehen möchten, dann dürfen sie das. Die, die hier sind, anstatt ins Gefängnis zu gehen, dürfen nicht einfach gehen. Es ist jedoch nicht schwer, hier auszubrechen und das wissen die aus der Justiz auch. Darum wird immer abgewogen, ob die Person eine Bedrohung darstellt oder nicht. Welcher Fall ist häufiger, dass Leute freiwillig kommen oder von der Justiz aus kommen müssen? Viel mehr, die freiwillig kommen. 19 Hast du schon viele erfolgreiche Patienten begleiten können? Während dem sie hier sind, sind die meisten erfolgreich und haben gute Aufenthalte, aber was dann passiert, weiss ich nicht, da ich die Patienten ja nicht wiedersehe. Aber wir organisieren jedes Jahr ein Fest und da kommen manchmal auch alte Patienten, welche sauber geblieben sind. Das freut mich immer, wenn ich sehe, dass es den Leuten, die aus dem Elend kamen, wieder gut geht und sie wieder arbeiten können und, so gut es geht, ein normales Leben führen. Es kommt auch immer darauf an was man als „gut“ oder „erfolgreich“ betrachtet. Es ist nicht immer das Ziel, möglichst schnell alle Substanzen abzubauen. Die Ersatzdrogen, wie Methadon stabilisieren sie anfangs, damit sie zuerst körperlich wieder stark werden können und erst danach fängt man an abzubauen. Es gibt auch Patienten, die gar nicht sauber werden wollen, sondern die nur hier her kommen, damit sich ihre Körper von den Drogen erholen können und von denen wir auch wissen, dass sie draussen wieder konsumieren werden. Was magst du an deinem Beruf? Und was gefällt dir weniger? Es gibt viel mehr Sachen, die mir gefallen. Ich mag meinen Beruf sehr. Ich habe Freude am Umgang mit den Menschen hier. Es macht mir Spass mit der Randgruppe, die von der Gesellschaft verachtet wird zusammenzuarbeiten. Ich mag ihre direkte Art. Was mir aber am besten gefällt, ist jemandem Unterstützung zu bieten, wenn ein Mensch sein Leben verändern möchte. Was mir nicht so gefällt, ist, dass im Bezug auf den Konsum viel gelogen wird. Mit der Zeit kann man das aber recht gut einschätzen, ob jemand die Wahrheit sagt oder lügt. Am wenigsten mag ich, wenn jemand der von der Justiz da ist, konsumiert hat und deshalb gehen muss. Dann kommt die Polizei und führt diese Patienten in Handschellen ab. Das kann man ihnen nicht im Voraus sagen und sie nicht darauf vorbereiten. Es ist so gezwungen und das mag ich überhaupt nicht. Ich verstehe schon, dass es sein muss, sie haben ja auch ihre Schuld daran, aber den Zwang mag ich trotzdem nicht. 20 Unser Arbeitsjournal Ferien: Wir trafen uns und telefonierten mit verschiedenen Suchtkliniken, um nachzufragen, ob wir vorbei kommen könnten. Die Schwierigkeit dabei war, dass wir zuerst einige Absagen erhielten und uns einige Kliniken gar keine Rückmeldungen gaben. Nachdem wir die Zusage vom Frankental erhielten, waren wir demnach sehr erleichtert. 28.10.-­‐> Wir sammelten Fakten über die Droge „Heroin“ und informierten etwas über die Suchtklinik, welche wir besuchen würden. Dabei kamen wir schnell voran und hatten keinerlei Schwierigkeiten. 4.11.-­‐> Wir überlegten uns Fragen für die Interviews und notierten uns diese. Da wir uns zuerst etwas über die Klinik und Heroin informiert haben, konnten wir uns sehr einfach und schnell viele Fragen ausdenken, welche wir bei den Interviews mit den Patienten stellen möchten. Dabei war das Problem, dass sie uns nicht genau sagen konnten, mit welcher Betreuungsperson wir sprechen dürfen. Deshalb war es etwas schwierig, allgemeine Fragen aufzuschreiben, die uns alle dort beantworten können. 11.11.-­‐> Unser Tag in der Klinik war gekommen und unser Wissen bereicherte sich um Einiges. Es sprachen alle sehr offen mit uns und wir konnten gute Eindrücke sammeln. Auch dabei hatten wir keine Schwierigkeiten, ausser, dass wir manchmal lange warten mussten, bis die Interviewpartner Zeit für uns hatten. Diese Zeit konnten wir jedoch sinnvoll nutzen und haben unser neu gewonnenes Wissen zusammengetragen und aufgeschrieben. 17.11.-­‐> Wir teilten uns die vier Interviews auf und schrieben diese auf. Das ging sehr gut, da wir alle Interviews aufnehmen durften. 18.11.-­‐> Wir haben die Interviews an die Klinik geschickt und daraufhin erhielten wir deren Einverständnis. Danach schrieben wir die Einleitung unserer Reportage und entwarfen das Titelbild. Bevor wir zu schreiben begannen, haben wir uns im Internet etwas schlau gemacht, wie man eine Reportage schreibt und wie sie gegliedert wird. Schwierigkeiten hatten wir mit dem Anfang, da wir lange nicht wussten, wie wir am besten anfangen sollten, damit die Reportage den Leser packt. 29.11. und 30.11.-­‐> Die Reportage wurde vervollständigt und verbessert. Wir haben gegenseitig unsere Texte gelesen und sie verbessert und manchmal wichtige Sachen noch hinzugefügt. 2.12 -­‐> Wir haben unsere Reportage ausgedruckt und am Nachmittag mitgenommen. Da wurde sie von einigen Klassenkameraden gegengelesen. Wir bekamen einige nützliche und einige weniger nützliche Rückmeldungen. Nun wussten wir, was wir noch verbessern mussten. 15.12 -­‐> Dank den Rückmeldungen konnten wir den letzten Feinschliff unserer Reportage machen und unser Projekt beenden. 21