Katastrophe für die Branche

Katastrophe für die Branche
Finanzielle Auswirkung des Wegfalls der ermäßigten Umsatzsteuer von 7 Prozent
auf Pflanzen am Beispiel einer Einzelhandelsgärtnerei
In einem Gutachten, das im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen erstellt
und im September veröffentlicht wurde, wird im Ergebnis festgestellt, dass
„Steuerermäßigungen von Leistungen für Land- und Forstwirtschaft und Gartenbau
zusammen mit der Pauschalbesteuerung abzuschaffen“ sind.
Inwieweit und ob überhaupt die Politik dieser Feststellung folgen wird, ist zurzeit nicht
bekannt. Inhalt dieses Artikels soll es auch nicht sein, über Gründe für oder gegen
diese Steuerermäßigung für Pflanzen zu berichten, sondern am Beispiel einer
modellhaften Einzelhandelsgärtnerei die finanziellen Auswirkungen zu beschreiben.
Tabelle 1 zeigt die Ausgangslage des Unternehmens. Die Einzelhandelsgärtnerei
hat einen Umsatz von 500.000 €, der sich aus Vereinfachungsgründen nur aus dem
Verkauf von Zierpflanzen, die dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %
unterliegen, generiert. Der Wareneinsatz beträgt 50 % vom Umsatz und unterliegt
ebenfalls dem Steuersatz von 7 %. Die Personalaufwendungen betragen 20 % vom
Umsatz und die Abschreibungen 20.000 € im Jahr. Die „Sonstigen betrieblichen
Aufwendungen“ betragen 75.000 € und sind mit einem Umsatzsteuersatz von 19 %
belastet. Nach Zinsen für Darlehen und Kontokorrentkredite ergibt sich ein Gewinn
von 48.000 € oder 10 % vom Umsatz. Zuzüglich der Abschreibung errechnet sich ein
Cash-flow von 68.000 €. Abzüglich der Privatentnahmen (Privater Konsum, private
Versicherungen und Einkommensteuer) von 48.000 € und der Tilgung für die
Darlehen ergibt sich ein Überschuss von 10.000 €, der zum Beispiel für notwendige
Ersatzinvestitionen verbraucht werden könnte.
Die Endverbraucher müssen insgesamt 535.000 € an das Unternehmen zahlen, von
denen 35.000 € Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen sind. Der Unternehmer
kann die Umsatzsteuer der Eingangsrechnungen (31.750 €) als Vorsteuer beim
Finanzamt geltend machen. Im Ergebnis hat der Unternehmer in diesem Beispiel
eine Umsatzsteuerzahllast von 3.250 €.
Mit einem Gewinn von 48.000 € und einem Cash-flow von 68.000 € ist das
Unternehmen (gerade noch) existenzfähig.
Tabelle 2 zeigt die Situation dieses Unternehmens bei einer Erhöhung der
Umsatzsteuer auf 19 %. Dabei wird unterstellt, dass es keine Veränderung der
Nachfrage und damit des Netto-Umsatzes gäbe. Damit ändert sich für das
Unternehmen an der Gewinnsituation nichts und die Umsatzsteuerzahllast an das
Finanzamt stiege auf 33.250 €. Die Endverbraucher müssten dann 595.000 € statt
vorher 535.000 € an das Unternehmen zahlen. In der Praxis ist es allerdings nicht zu
erwarten,
dass
eine
Umsatzsteuererhöhung
auf
19
%
nicht
zu
einem
Nachfragerückgang führen würde.
In Tabelle 3 zeigt sich die Situation, wenn die Umsatzsteuererhöhung um 19 % mit
einem Umsatzrückgang von 10 % einherginge. In diesem Fall zahlen die
Konsumenten denselben Brutto-Umsatz wie in der beschriebenen Ausgangslage
(rund 535.000 €). Der Netto-Umsatz geht allerdings auf 450.000 € zurück und bei
ansonsten gleichen Bedingungen errechnet sich ein Gewinn von 23.000 € und eine
Unterdeckung nach Privatentnahmen und Tilgung von 15.000 €. Dieses
Unternehmen ist auf Dauer nicht existenzfähig und wird letztlich über kurz oder lang
vom Markt verschwinden. Der Umsatzrückgang wird sich natürlich auch auf die
Produzenten
von
Pflanzen
auswirken,
da
der
Einzelhandel
durch
den
Umsatzeinbruch auch weniger Ware zukaufen wird.
In Tabelle 4 ist die Auswirkung eines Umsatzrückgangs um 15 % beschrieben.
Diesen drastischen Umsatzrückgang wird das Unternehmen wirtschaftlich nicht sehr
lange überleben.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Umsatzsteuererhöhung von 7 % auf
19 % für Pflanzen das Ende vieler mittlerer und kleinerer Familienbetriebe bedeuten
würde. Die Mehreinnahmen für den Staat würden sich durch den Umsatzrückgang
und damit auch durch den Wegfall von Arbeitsplätzen drastisch reduzieren.
Jürgen Forster
GUB, Gartenbau-Unternehmens-Beratungsgesellschaft mbH, Frankfurt
Tabelle 1: Einzelhandelsgärtnerei
Umsätze mit 7 % Umsatzsteuer
Netto - ohne Umsatzsteuer
Umsatzsteuer
Brutto - mit Umsatzsteuer
%
Angaben in €
Umsatz
500.000
100%
35.000
535.000
Wareneinsatz
250.000
50%
17.500
267.500
Rohertrag
250.000
50%
Personalaufwendungen
Abschreibungen
Sonst.betriebl.Aufwand
100.000
20.000
75.000
20%
14.250
100.000
20.000
89.250
55.000
11%
5.000
2.000
1%
Betriebsergebnis
Zinsen Darlehen
Zinsen Kontokorrent
sonstige Erträge
sonstige Aufwendungen
4%
15%
0%
0
0
Gewinn/Verlust
48.000
Abschreibungen
20.000
Cash-flow
68.000
Entnahmen
Einlagen
48.000
0
Tilgung
10.000
Überschuß/ Unterdeckung
10.000
10%
3.250
Umsatzsteuerzahllast
Tabelle 2: Einzelhandelsgärtnerei
Erhöhung der Umsatzsteuer auf 19 % und kein Nachfragerückgang
Netto - ohne Umsatzsteuer
Umsatzsteuer
Brutto - mit Umsatzsteuer
%
Angaben in €
Umsatz
500.000
100%
95.000
595.000
Wareneinsatz
250.000
50%
47.500
297.500
Rohertrag
250.000
50%
Personalaufwendungen
100.000
20%
100.000
Abschreibungen
20.000
4%
20.000
Sonst.betriebl.Aufwand
75.000
15%
Betriebsergebnis
55.000
11%
5.000
2.000
0
0
1%
Gewinn/Verlust
48.000
10%
Abschreibungen
Cash-flow
20.000
68.000
Entnahmen
Einlagen
Tilgung
48.000
0
10.000
Überschuß/ Unterdeckung
10.000
Zinsen Darlehen
Zinsen Kontokorrent
sonstige Erträge
sonstige Aufwendungen
14.250
89.250
0%
33.250
Umsatzsteuerzahllast
Tabelle 3: Einzelhandelsgärtnerei
Erhöhung der Umsatzsteuer auf 19 % und Nachfragerückgang um 10 Prozent
Netto - ohne Umsatzsteuer
Umsatzsteuer
Brutto - mit Umsatzsteuer
%
Angaben in €
Umsatz
450.000
100%
85.500
535.500
Wareneinsatz
225.000
50%
42.750
267.750
Rohertrag
225.000
45%
Personalaufwendungen
100.000
20%
100.000
Abschreibungen
20.000
4%
20.000
Sonst.betriebl.Aufwand
75.000
15%
Betriebsergebnis
30.000
6%
5.000
2.000
0
0
1%
Gewinn/Verlust
23.000
5%
Abschreibungen
Cash-flow
20.000
43.000
Entnahmen
Einlagen
Tilgung
48.000
0
10.000
Zinsen Darlehen
Zinsen Kontokorrent
sonstige Erträge
sonstige Aufwendungen
Überschuß/ Unterdeckung
-15.000
14.250
89.250
0%
28.500
Umsatzsteuerzahllast
Tabelle 4: Einzelhandelsgärtnerei
Erhöhung der Umsatzsteuer auf 19 % und Nachfragerückgang um 15 Prozent
Netto - ohne Umsatzsteuer
Umsatzsteuer
Brutto - mit Umsatzsteuer
%
Umsatz
425.000
100%
80.750
505.750
Wareneinsatz
212.500
50%
40.375
252.875
Rohertrag
212.500
43%
Personalaufwendungen
100.000
20%
100.000
Abschreibungen
20.000
4%
20.000
Sonst.betriebl.Aufwand
75.000
15%
Betriebsergebnis
17.500
4%
Zinsen Darlehen
Zinsen Kontokorrent
sonstige Erträge
sonstige Aufwendungen
5.000
3.000
0
0
1%
Gewinn/Verlust
9.500
2%
Abschreibungen
Cash-flow
20.000
29.500
Entnahmen
Einlagen
Tilgung
48.000
0
10.000
Überschuß/ Unterdeckung
-28.500
14.250
89.250
1%
26.125
Umsatzsteuerzahllast