Personen mit massgeblichem Einfluss auf die - Treffpunkt

ALE
SECO-TC
AVIG-Praxis ALE /B17-B18
Personen mit massgeblichem Einfluss auf die Entscheidfindung
des Betriebs
Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidgremiums: Ohne Prüfung der effektiven Entscheidbefugnisse
B17
Bei Verwaltungsräten/innen einer AG (Art. 716 ff. OR) und Gesellschafter/innen einer
GmbH (Art. 804 ff. OR) ergibt sich die massgebliche Einflussnahme von Gesetzes wegen. Die Arbeitslosenkasse hat in diesen Fällen ohne weitere Prüfung den Leistungsausschluss zu verfügen. 
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Beispiel
Ein Mitglied des Verwaltungsrates, welches lediglich 2 % der Aktien besitzt und über Kollektivunterschrift zu zweien verfügt, ist ohne weitere Prüfung von der ALE ausgeschlossen.
Dieser Ausschluss gilt unabhängig seines Aufgabenbereiches und der internen Aufgabenteilung sowie ungeachtet der Tatsache, dass z. B. der Verwaltungsratspräsident 95 % der Aktien besitzt und einzelunterschriftsberechtigt ist.
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Rechtsprechung
EVG C 373/00 vom 19.3.2002 (Der gekündigte Geschäftsführer einer AG, der über die Firma
als Liquidator amtet, deren Mehrheitsaktionär und Verwaltungsrat er weiterhin ist, kann die
Weiterführung des Geschäfts bis zu dessen Verkauf oder Auflösung beschliessen. Aus diesem Grund hat er in Anlehnung an Art. 31 Abs. 3 Bst. c AVIG keinen Anspruch auf ALE)
BGE 8C_776/2011 vom 14.11.2012; BGE 8C_729/2014 vom 18.11.2014 (Bei Gesellschafter/innen sowie bei geschäftsführenden Gesellschafter/innen einer GmbH ergibt sich die
massgebliche Einflussnahme gleich wie bei den Verwaltungsräten/innen von Gesetzes wegen) 
Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidgremiums: Mit Prüfung der effektiven Entscheidbefugnisse
B18
Bei den Mitgliedern eines obersten betrieblichen Entscheidgremiums ist, mit Ausnahme
von Verwaltungsräten/innen einer AG und Gesellschafter/innen einer GmbH, jeweils im
Einzelfall zu prüfen, welche Entscheidungsbefugnisse den Personen aufgrund der internen betrieblichen Struktur tatsächlich zukommen. Die Grenze zwischen dem obersten
betrieblichen Entscheidungsgremium und den unteren Führungsebenen lässt sich nicht
allein anhand formaler Kriterien beurteilen. So kann etwa aus einer Prokura oder anderen Handlungsvollmachten noch nichts Zwingendes hinsichtlich Stellung und Einflussmöglichkeit innerhalb des betreffenden Betriebes abgeleitet werden, weil damit nur die
Verantwortlichkeiten nach aussen geregelt werden. Zwar gehen mit solchen Stellungen
in aller Regel vergleichbare Kompetenzen im Innenverhältnis einher, doch kann aus
ihnen allein, ohne Bezugnahme auf den gegebenen statutarischen oder vertraglichen
Rahmen und die gelebten Verhältnisse, noch keine massgebliche Beeinflussung der
Willensbildung im Betrieb abgeleitet werden. Diese einzelfallbezogene Prüfung der Entscheidbefugnisse gilt auch für Geschäftsführer/innen einer AG und GmbH, die nicht
gleichzeitig Verwaltungsräte/innen bzw. Gesellschafter/innen sind. Mehrheitlich dürfte
 B17 geändert im Oktober 2015
Oktober 2012
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SECO-TC
AVIG-Praxis ALE /B18-B18
jedoch der Ausschluss aufgrund umfassender Rechte und Pflichten der Geschäftsführer/innen gegeben sein. 
Bei einem nicht dem Verwaltungsrat angehörenden einzelzeichnungsberechtigte/n Generaldirektor/in, der für die Bereiche Administration und Finanzen verantwortlich ist,
kann ohne Bezugnahme auf die intern herrschenden Verhältnisse noch nicht zwingend
eine massgebliche Beeinflussung der Willensbildung im Betrieb abgeleitet werden. Bei
kleineren Betrieben mit wenig ausgeprägten Organisationsstrukturen kann jedoch unter
Umständen ein massgebender Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen auch ohne formelle Zeichnungsberechtigung und ohne Handelsregistereintrag möglich sein. Allerdings muss in solchen Einzelfällen eine tatsächliche, massgebende Einflussnahme
auch nachgewiesen werden können.
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Rechtsprechung
BGE 120 V 521 (Es ist unzulässig, Angestellte in leitenden Funktionen allein deswegen generell vom Anspruch auszuschliessen, weil sie für einen Betrieb zeichnungsberechtigt und
im Handelsregister eingetragen sind)
BGE 8C_252/2011 vom 14.6.2011 (Die Einzelunterschriftsberechtigung, die Bezeichnung
als «Managing Partner», die wenig ausgeprägten Organisationsstrukturen und flachen Hierarchien eines Kleinbetriebes lassen auf eine massgeblichen Einfluss des Versicherten
schliessen)
 B18 geändert im Oktober 2015
Oktober 2012
ALE
SECO-TC
AVIG-Praxis ALE /D1-D4
EINSTELLUNG IN DER ANSPRUCHSBERECHTIGUNG
ZWECK DER EINSTELLUNG
D1
Zweck der Einstellung als versicherungsrechtliche Sanktion ist die angemessene Mitbeteiligung der versicherten Person am Schaden, den sie durch ihr pflichtwidriges Verhalten der ALV verursacht hat. Sie hat zudem zum Ziel, Druck auf die einzelne Person auszuüben und sie dadurch zur Erfüllung ihrer Pflichten zu bewegen. Die Dauer der Einstellung bemisst sich aber grundsätzlich nicht nach der Höhe des der Versicherung verursachten Schadens, sondern nach dem Verschulden der versicherten Person.
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Rechtsprechung
EVG C 152/03 vom 25.6.2004 (selbstverschuldete Arbeitslosigkeit, Fälschung Kündigungsschreiben)
D2
Eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung hat bei jedem Verschulden, d. h. auch
bei leichter Fahrlässigkeit (leichtes Verschulden) zu erfolgen. Dies gilt für sämtliche Einstelltatbestände, ausgenommen den Tatbestand der selbstverschuldeten Arbeitslosigkeit, welcher ein (eventual-)vorsätzliches Herbeiführen der Entlassung voraussetzt.
D3
Erfüllt die versicherte Person einen in Art. 30 Abs. 1 AVIG erwähnten Tatbestand und ist
ihr Verschulden mit dem notwendigen Beweisgrad erstellt, muss die zuständige Durchführungsstelle eine Einstellung aussprechen. Eine vorgängige Verwarnung ist nicht erlaubt.
D4
(D4 gestrichen) 
 D4 gestrichen im Oktober 2015
Oktober 2011
ALE
SECO-TC

AVIG-Praxis ALE/B370-B374
Rechtsprechung
EVG C 233/00 vom 6.4.2001 (Hat eine arbeitslose Person die Höchstbezugsdauer der Krankentaggelder ausgeschöpft und bleibt sie weiterhin arbeitsunfähig, fällt die Anspruchsberechtigung dahin, selbst wenn die versicherte Person noch über kontrollfreie Tage verfügt)
B370 Ein Vorbezug von noch nicht erworbenen kontrollfreien Tagen ist unzulässig.
B371 Die kontrollfreien Tage können in der Regel nur aufeinander folgend, jeweils in Fünferblöcken von 5, 10, 15 usw. Tagen, bezogen werden. Mit dieser Regelung wird dem Feriengedanken Rechnung getragen. Zudem wird verhindert, dass ein Beratungs- und Kontrollgesprächstermin wegen dem Bezug von einem einzelnen kontrollfreien Tag nicht
stattfinden kann.
Vom blockweisen Bezug kann abgewichen werden, wenn durch den tageweisen Bezug
Weisungen nach Art. 17 AVIG nicht beeinträchtigt werden (bspw. Beratungs- oder Kontrollgespräche, Stellenzuweisungen und Zuweisungen in AMM).
B372 Die versicherte Person hat den Bezug ihrer erworbenen kontrollfreien Tage spätestens
14 Tage zum Voraus der zuständigen Amtsstelle zu melden. Diese Meldepflicht ermöglicht es, bei der Festlegung von Gesprächs- und Vorstellungsterminen oder bei der Zuweisung in eine arbeitsmarktliche Massnahme frühzeitig auf Ferienabwesenheiten
Rücksicht zu nehmen. Die vorangemeldeten kontrollfreien Tage gelten auch dann als
bezogen, wenn sie ohne entschuldbaren Grund nicht angetreten worden sind.
B373 Eine versicherte Person, welche während eines Zwischenverdienstes die ihr nach Arbeitsvertrag zustehenden Ferien bezieht, hat auch für diese Zeit Anspruch auf Kompensationszahlungen nach Art. 41a AVIV. Die während des Zwischenverdienstes bezogenen Ferientage werden von den bis zum Ferienbeginn erworbenen kontrollfreien Tagen
abgezogen. Der versicherten Person entsteht jedoch kein Minussaldo, wenn sie bei Ferienbeginn noch über keinen Anspruch auf kontrollfreie Tage verfügt oder ihr Ferienbezug die erworbenen kontrollfreien Tage übersteigt.
B374 Um das Ziel einer raschen Wiedereingliederung bzw. die Wirkung der entsprechenden
Massnahme nicht zu beeinträchtigen, ist für die Dauer einer arbeitsmarktlichen Massnahme der Bezug der erworbenen kontrollfreien Tage eingeschränkt. Nimmt die versicherte Person an einer arbeitsmarktlichen Massnahme teil, so darf sie während dieser
Zeit höchstens so viele kontrollfreie Tage beziehen, wie sie aufgrund der Gesamtdauer
dieser Massnahme erwerben könnte. Das Verbot eines Vorbezuges von noch nicht erworbenen kontrollfreien Tagen gilt auch für die arbeitsmarktlichen Massnahmen.
 B371 geändert im April 2015
Oktober 2012
ALE
C29
SECO-TC
AVIG-Praxis/C29-C29
Stellt eine andere Sozialversicherung im Laufe der RFL rückwirkend einen Invaliditätsgrad fest, muss der versicherte Verdienst der verbleibenden Erwerbsfähigkeit angepasst
werden – unabhängig davon, ob der festgestellte Invaliditätsgrad zu einem Rentenanspruch führt. Bereits aufgrund des Vorbescheids der Invalidenversicherung hat eine allfällige Anpassung des versicherten Verdienstes zu erfolgen. 
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Rechtsprechung
BGE 8C_53/2014 vom 26.8.2014 (Kündigt die IV-Stelle in ihrem Vorbescheid an, die versicherte Person habe auf der Basis einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % Anspruch auf eine
ganze Invalidenrente, so ist die Vermittlungsunfähigkeit spätestens ab diesem Zeitpunkt offensichtlich, womit die Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung endet.)
Anpassung des versicherten Verdienstes bei Rentenanspruch
Die Anpassung des versicherten Verdienstes erfolgt ab dem Monat, ab dem Anspruch
auf eine Rente besteht. Beginnt der Rentenanspruch im Laufe eines Monats, ist der versicherte Verdienst auf Beginn der nächsten Kontrollperiode anzupassen.
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Beispiel
Die Invalidenversicherung kündigt am 30.7.2012 mit Vorbescheid rückwirkend per 15.7.2011
einen Invaliditätsgrad von 80 % mit entsprechendem Rentenanspruch an. Die Arbeitslosenkasse passt den versicherten Verdienst mit Wirkung ab dem 1.8.2011 an die verbleibende
Erwerbsfähigkeit von 20 % an. Gleichzeitig beantragt sie bei den betroffenen Sozialversicherungen die Verrechnung der Rückforderung (Art. 94 AVIG).
Anpassung des versicherten Verdienstes ohne Rentenanspruch
Die Arbeitslosenkasse passt den versicherten Verdienst auf Beginn des dem Rentenentscheid folgenden Monats an. Eine rückwirkende Anpassung des versicherten Verdienstes ist ausgeschlossen.
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Beispiel
Am 6.8.2012 erhält die Arbeitslosenkasse einen Vorbescheid der IV vom 20.7.2012, worin
sie der versicherten Person einen Invaliditätsgrad von 30 % zuspricht, der aber zu keiner
Rente berechtigt. Die Arbeitslosenkasse passt den versicherten Verdienst mit Wirkung ab
dem 1.8.2012 an die verbleibende Erwerbsfähigkeit von 70 % an.
Invalidität von weniger als 10 %
Ein Invaliditätsgrad von weniger als 10 % führt nicht zu einer Anpassung des versicherten Verdienstes (BGE 8C_678/2013 vom 31.3.2014). Dies gilt auch für den Fall, dass
trotzdem eine Rente ausbezahlt wird (z. B. eine Invalidenrente der Militärversicherung).
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 C29, angepasst im Januar 2015
Januar 2013
RVEI
SECO-TC
AVIG-Praxis RVEI/D3−D6bis
VOLLSTRECKUNG DURCH VERRECHNUNG
Art. 94 Abs. 1 AVIG
D3
Rückforderungen und fällige Leistungen aufgrund des AVIG können untereinander verrechnet werden.
Die Kasse ist demnach befugt, zu Unrecht ausbezahlte Leistungen mit künftigen Leistungsansprüchen der versicherten Person zu verrechnen. Obwohl das Gesetz lediglich
von einer Möglichkeit zur Verrechnung ausgeht, hat Art. 94 AVIG analog der Rechtsprechung zu Art. 20 AHVG zwingenden Charakter (BGE 110 V 183).
Eine Verrechnung mit laufenden Leistungen einer anderen Kasse ist möglich. Da es kein
zentrales Schuldenregister gibt, ist die Gläubigerkasse jedoch nicht verpflichtet, systematisch zu suchen, ob der Schuldner oder die Schuldnerin von einer anderen Kasse
Leistungen erhält.
D4
Für eine Verrechnung mit fälligen Leistungen müssen folgende Voraussetzungen erfüllt
sein: 
 es wurde eine Rückforderungsverfügung erlassen;
 die versicherte Person hat im Zeitpunkt der Verrechnung noch immer Anspruch auf
Leistungen.
D5
Einsprachen und Beschwerden gegen Rückforderungsverfügungen haben grundsätzlich
aufschiebende Wirkung (Ausnahme in Art. 100 Abs. 4 AVIG). Ist eine Verrechnung noch
möglich, muss einer allfälligen Einsprache oder Beschwerde deshalb die aufschiebende
Wirkung entzogen werden (Art. 54 Abs. 1 Bst. c ATSG). 
Die Verrechnung dauert so lange bis der gesamte zurückgeforderte Betrag beglichen
wurde. Dies gilt auch während eines Erlassverfahrens.
Die Verrechnung wird durch das Einsprache- oder Beschwerdeverfahren nicht unterbrochen, sofern das Gericht nichts anderes anordnet.
Wird der versicherten Person die Rückforderung nachträglich erlassen, werden ihr die
verrechneten sowie die Beträge, die sie vor Einreichung des Erlassgesuchs unaufgefordert bezahlt hatte, zurückerstattet.
D6
Die Arbeitslosenkasse muss nicht prüfen, ob die Verrechnung in das Existenzminimum
der versicherten Person eingreift. Die versicherte Person muss ihre finanzielle Situation
im Rahmen eines Erlassgesuchs geltend machen. 
D6bis Die Verrechnung hat gegenüber der vom Betreibungsamt angeordneten Lohnpfändung
oder einer allfälligen Abtretung an die Fürsorgestelle der Gemeinde Vorrang. 
 D4–D6, angepasst im Januar 2015
 D6bis eingefügt im Januar 2015
Januar 2014