Erasmus-Erfahrungsbericht Jaén Das Wintersemester 2015/2016

Erasmus-Erfahrungsbericht Jaén
Das Wintersemester 2015/2016 habe ich an der Universidad de Jaén verbracht und möchte euch ein
wenig davon erzählen, damit ihr einen ersten Eindruck gewinnt.
Vorbereitung
Nachdem ich erfolgreich für Jaén nominiert wurde und alle erforderlichen Unterlagen abgeschickt
habe, wurde es ernst. Im Mai kamen zwei Dozenten aus Jaén, um ein wenig über die Uni zu erzählen.
Einer davon, Antonio Martí, wird gleichzeitig euer Koordinator sein, weil er alle Düsseldorfer Juristen
betreut, ihr könnt ihm also direkt Fragen stellen. Er freut sich jedes Mal, herzukommen!
Viel vorbereiten kann man von Deutschland aus nicht. Zuerst kommt ein Online-Sprachtest (lediglich
zu statistischen Zwecken der EU), in dem man sein Sprachniveau bereits gut abschätzen lassen kann.
Anschließend habe ich mich am Buddy-Programm beworben, damit ich direkt aus Jaén Hilfe bei der
Unterkunftssuche und den ersten Tagen in der neuen Stadt erhalten kann. Anfang August hat sich
mein Buddy dann bei mir gemeldet und mir direkt geholfen, Wohnungen zu suchen. Einen Buddy
kann ich nur dringend empfehlen, schon alleine, weil ihr euch auf dem Campus nicht auskennt und er
oder sie euch alles zeigen kann!
Wichtig ist es, die Erasmus-Checkliste des International Offices der HHU immer vor Augen zu haben
und alle Unterlagen parat zu haben. Das Learning Agreement könnt ihr bereits vorab an das
International Office senden, damit sie das stempeln, anschließend wird es an euren Koordinator
weitergeleitet und er schickt es euch wieder zu.
Unterkunft
Zunächst blieb ich im Hostal direkt am Bahnhof, da war man schön zentral (bei Google Maps: Sucht
„Renfe“) und ich konnte mir die Stadt gut anschauen. Alternativ waren viele Freunde in der Albergue
Juvenil, die allerdings deutlich weiter weg liegt (von Renfe aus zu Fuß mindestens 20 Minuten).
Die Wohnung, die mir mein Buddy gezeigt hat, gefiel mir nicht, deshalb habe ich mich die ersten Tage
selber auf die Suche gemacht. Überall hängen massig (!) Zettel aus (geht einfacher als im Internet zu
suchen), ansonsten gibt es Facebook-Gruppen für Erstis und Wohnungssuchende und die ErasmusGruppe sowie ESN (Erasmus Student Network) Jaén. Innerhalb von 2 Tagen hatte ich eine schöne
Wohnung am Corte Inglés gefunden, was für mich als Erasmus-Studentin die mit Abstand beste Zone
ist. Man liegt genau in der Mitte der wichtigsten Punkte und kann alles sternenförmig erreichen: 1520 min zur Uni, 15 zur Innenstadt und weitere 10 zu den Cafés und Bars auf der Avenida Andalucia.
Das Krankenhaus ist für den Notfall auch um die Ecke. Alternativ ist die Zone der Kathedrale eine sehr
schöne, aber weiter weg von der Uni. Für mein Zimmer in einer WG mit drei spanischen Mädchen
zahlte ich 175€ plus Nebenkosten (ca. 35€). Ich kann nur empfehlen, euch eine Karte der Stadt
auszudrucken und euch alles anzuschauen, bevor ihr einen Mietvertrag unterschreibt.
Viele Freunde wohnten am Ende der Avenida Andalucia, wo die Mietpreise günstiger sind (ca. 120€),
aber man wohnt wirklich weit weg und muss für jedes Treffen weit laufen. Auf Dauer kann das den
Spaß verderben, denn Fahrräder hat in Jaén kaum einer.
Ankunft an der Universität
Als Düsseldorfer Jura-Studenten solltet ihr euch schnellstmöglich bei eurem Koordinator melden, das
dürfte für uns alle Antonio Martí del Moral sein. Ihn findet ihr im Gebäude D3, Raum 234. Er hilft
euch bei der Zusammenstellung des Stundenplans und kann auch etwas Deutsch, falls ihr im
Spanischen noch nicht so sicher seid. Im Stundenplan wird in Jaén strikt zwischen Morgens (8:3014:30) und Nachmittagsgruppe (15:30-21:30) unterschieden, je nachdem wo man zugeteilt wird.
Aber wir Erasmusstudenten dürfen uns die Gruppe frei aussuchen! Manchmal ändern sich auch die
Dozenten im Fach, also ist es lohnenswert, sich alles anzuschauen und sich dann für einen Kurs zu
entscheiden. Meine lagen, der Einfachheit halber, alle morgens.
Am ersten Tag finden die Sprachtests statt, damit ihr einem kostenlosen Kurs zugeteilt werdet. Ich
selber musste und wollte nicht in einen Kurs, weil ich C2 Niveau habe, aber alle meine Freunde
waren da und haben noch mal, je nach Niveau, Vokabeln und Grammatik wiederholt. Die
angebotenen Niveaus reichen von A1.1 bis C1.1 und sollen von guten Dozenten gehalten werden.
Studium
Der Campus ist sehr schön, die Gebäude sind alle in gutem Zustand und man fühlt sich schnell wohl.
Insbesondere bei Sonnenschein freut man sich über die überdachten Wege auf dem Campus! Die
Hörsäle sind deutlich kleiner als bei uns und die Atmosphäre ist viel entspannter. Meine meisten
Dozenten habe ich geduzt (in Spanien wird sehr selten gesiezt) und konnte ich nach den Vorlesungen
jederzeit ansprechen. Sie haben sich über meine Fragen sehr gefreut und mich im Unterricht oft aktiv
eingebunden (typische Frage: „Wie ist das denn in Deutschland?“).
Zu den Kurswahlen kann ich nur empfehlen: schreibt Kurse auf das Learning Agreement, die
potenziell interessant klingen, aber schaut euch jede mögliche Vorlesung an. Ich habe durch Zufall
zwei Kurse für mich entdeckt, die spannender waren als die auf meinem LA. Grundsätzlich lässt sich
sagen: Die Kurse aus dem 1. Studienjahr sind meist geschichtlich orientiert, weil es das
Einführungsjahr ist. Die Kurse des 4. Jahres sind Wahlkurse, die im Regelfall leichtere Klausuren
haben, weil die Studenten zu sehr mit ihrem Abschluss beschäftigt sind. Dafür wird aber auch viel
Grundwissen erwartet.
Bei der Kursauswahl bin ich neben dem Inhalt an sich auch nach der Aussprache der Dozenten
gegangen, um dem Unterricht bestmöglich zu folgen. Spanier lehren Jura strikt nach dem Lehrbuch,
also sucht euch eines in der Bibliothek und kopiert die notwendigen Seiten, um alles nacharbeiten zu
können, weil juristisches Vokabular wirklich schwer sein kann.
In den Klausuren wird weniger Nachdenken als viel mehr stumpfes Auswendiglernen erwartet.Zum
Beispiel in Strafrecht BT muss man das spanische Strafgesetzbuch inhaltlich wiedergeben können, im
Vertragsrecht werden grundsätzliche Theorien und Strukturen abgefragt (Schuldnerwechsel?) und
weniger Fälle gelöst (dafür gibt es immer AGs, dort „prácticas“ genannt). Wie sich eure Endnote in
jedem Fach zusammensetzt, steht in der Fächervorstellung und könnt ihr mit eurem Dozenten oder
Koordinator im Zweifel auch besprechen. Manchmal muss man zusätzlich die AG-Fälle abgeben,
manchmal muss man Aufsätze schreiben, die Endklausur darf man in Jaén auch immer mündlich
ablegen.
Leben
Wichtig: Ihr befindet euch in Südspanien. Dort herrscht eine ganz andere Atmosphäre und der
Tagesrhythmus ist mindestens 4 Stunden nach hinten verschoben! Spanier lieben ihre Siesta und weil
es im Süden immer so warm ist (Anfang September: 35°C und mehr) essen sie auch deutlich später.
Die südliche Kultur und insbesondere Jaén ist geprägt von Tapas. Immer, wenn man mit Freunden
ausgeht, wird man wohl in einer Tapasbar landen. Zu jedem Getränk erhält man dort eine kleine
Ration Essen. Insgesamt ist das Leben dort deutlich entspannter und leider auch manchmal
unorganisierter, aber wenn man sich darauf einlässt, dass man einem spanischen Handwerker 3 mal
Bescheid sagen muss, bis er wirklich kommt, kann man dort wunderbar leben. Insbesondere die
Siesta bringt einen zunächst aus dem Konzept: im Sommer von 13:30-18:00 Uhr circa, im Winter von
14:00-17:00. Meine spanischen Mitbewohnerinnen schliefen tatsächlich jeden Nachmittag!
Preislich ist Jaén eine der günstigsten Städte der Region, man kann wohl mit einem Budget von 100
bis 150 Euro rechnen für Lebensmittel – ohne Tapas oder sonstige Ausflüge! Insbesondere für
Ausflüge in die Region sollte man so viel Geld wie möglich einplanen. Andalusien ist eine der
schönsten Regionen Spaniens, der arabische Einfluss ist überall spürbar.
Anerkennung der Leistungen
Als Jurastudent ist das alles etwas komplizierter. Man erhält nicht eine direkte Umrechnung der
spanischen Noten auf das deutsche Studium, sondern die beste spanische Note wird in eine
Deutsche umgerechnet und als eine Übungsklausur an der HHU gewertet. Zusätzlich müssen 8 SWS
im ausländischen Recht belegt werden und ein Leistungsnachweis vorgewiesen werden, um eine
Anrechnung auf den Freischuss zu erhalten. Die Endnoten stehen spätestens eine Woche nach
Beginn des neuen Semesters im Internet zum Abruf bereit, die offizielle Notenübersicht (Transcript of
Records) kommt dann 4 Wochen später an der Heimatuniversität an.
Fazit
Die Universidad de Jaén ist eine tolle Uni, die Dozenten sind nett und verständnisvoll und freuen sich
über jeden ausländischen Studenten. Das International Office ist gut organisiert und hilft bei allen
Problemen rund um das Studium.
Jaén ist eine ideale Studentenstadt: nicht zu groß (ca. 120.000 Einwohner), mit einer süßen
Innenstadt voller Geschäfte, es ist günstig (im Vergleich zu Sevilla, die Hauptstadt Andalusiens), voller
Bars und Cafés und voller ausländischer Studenten (die Deutschen waren eine der meistvertretenen
Nationen dieses Jahr!), die überall willkommen sind. Das Spanisch dort unten ist sehr schnell und der
andalusische Akzent ist geprägt von Abkürzungen: Andalusier lassen gerne die letzten Buchstaben an
einem Wort weg (aus „Cómo estás?“ wird „Cómo ehtá?“), aber man gewöhnt sich schnell daran. Das
Klima spricht natürlich für Südspanien: an den kältesten Tagen kamen wir auf 5°C, die aber durch die
trockene Luft nicht so kalt wirkten. Eine Mütze brauchte man im gesamten Winter nicht. Regen gibt
es in Jaén auch wenig, nur ab und zu etwas Wind. Da ich persönlich extreme Hitze nicht mag, stand
fest dass ich das Sommersemester nicht in Jaén verbringen würde. Laut der Einwohner Jaéns kommt
man an sehr heißen Tagen zur Mittagsstunde auf 50°C… Aber Südspanier neigen zu Übertreibungen.
Jetzt wo ich wieder in Deutschland bin vermisse ich die Kultur und das Leben dort unten sehr, für
mich steht fest dass ich noch mal dorthin reisen werde, um meine Freunde zu besuchen! Deshalb
kann ich jedem Jaén nur wärmstens ans Herz legen.