Programmheft zur Liedertafel: Fünf Freunde

9
L I E D E RTA F E L : F Ü N F F R E U N D E
Sonntag, 6. September 2015
19:00 Uhr
Liederhalle Mozart-Saal
Markus Schäfer Tenor
Christian Elsner Tenor
Michael Volle Bariton
Franz-Josef Selig Bass
Gerold Huber Klavier
Die Internationale Bachakademie Stu:gart dankt ihrem
Förderkreis für die umfassende Förderung ihrer Arbeit
In Zusammenarbeit mit der
Internationalen Hugo-Wolf-Akademie
Inhalt
L I E D E RTA F E L : F Ü N F F R E U N D E
Sonntag, 6. September 2015
19:00 Uhr
Liederhalle Mozart-Saal
Programm
3
Einführung
Die Liedertafel — einig in Gesinnung und Gesang
6
Gesangstexte
12
Biographien
Markus Schäfer Christian Elsner Michael Volle Franz-Josef Selig Gerold Huber 30
30
31
31
31
Dies Konzert wird von SWR2 aufgezeichnet und zu einem späteren
Zeitpunkt in der Sendung »SWR2 aus dem Land: Musik« gesendet.
Franz Schubert 1797 – 1828
Die Gondelfahrer D 809
Die Einsiedelei D 337
Die Nachtigall D 724
.
.
.
Johannes Brahms 1833 – 1897
Aus: Deutsche Volkslieder
.Erlaube mir, fein’s Mädchen
.Die Sonne scheint nicht mehr
.Da unten im Tale
.Mir ist ein schön’s braun’s Maidelein
.Mein Mädel hat einen Rosenmund
.All’ mein Gedanken, die ich hab’
.Es steht ein’ Lind’ in jenem Tal
.In stiller Nacht
Franz Schubert
Der Wintertag D 984
Die Nacht D 983
Das Dörfchen op. 11, 1
.
.
.
Pause
Eine Veranstaltung der
Internationalen Bachakademie Stu:gart
Johann-Sebastian-Bach-Pla; 70178 Stu:gart
www.musikfest.de Tel. 0711 61 921-0
Redaktion Dr. Christiane Plank-Baldauf Der Text von
Dr. Cornelia Weidner ist ein Originalbeitrag für dieses HeI
Sa; vjp Druck OKzin Scheufele Änderungen vorbehalten.
.
.
.
.
.
.
3
DIE STUTTGARTER LIEDSAISON 2015/16
STUTTGARTER GALERIEKONZERTE
Katarina Karnéus Mezzosopran / Joseph Middleton Klavier
So, 22. November 2015 – Sibelius, Grieg
Ausstellungskonzert „Poesie der Farbe“
Do, 28. Januar 2016 – mit Emma Moore, Klara Hornig u.a.
Nuria Rial Sopran / Marcelo Amaral Klavier
Do, 11. Februar 2016 – Schumann, Ravel, Obradors u.a.
Michael Nagy Bariton / Gerold Huber Klavier
So, 10. April 2016 – Schumann, Wolf, Tschaikowsky
LIEDMATINEE: HOMMAGE AN ELLY AMELING
So, 08. November 2015 I Opernhaus, Staatstheater Stuttgart
Verleihung der Hugo-Wolf-Medaille
mit Christoph & Julian Prégardien (Tenor),
Marcelo Amaral (Klavier), Robert Holl (Laudatio)
Franz Schubert
Im Gegenwärtigen Vergangenes D 710
Wehmut D 825, 1
Grab und Mond D 893
Widerspruch D 865
Trinklied D 148
.
.
.
.
.
Felix Mendelssohn Bartholdy
Liebe und Wein op. 50, 5
.
1809 – 1847
Franz Schubert
Edit nonna, edit clerus D 847
.
Felix Mendelssohn Bartholdy
Türkisches Schenkenlied op. 50, 1
.
Franz Schubert
Trinklied D 75
.
ELISABETH SCHWARZKOPF zum 100. Geburtstag
Mi, 09. Dezember 2015 I Vortragsaal, Staatsgalerie Stuttgart
5
mit Birgid Steinberger (Sopran), Graham Johnson (Klavier),
André Tubeuf (Festrede) u.a.
FRANZ SCHUBERT: WINTERREISE
Markus Schäfer Tenor
Christian Elsner Tenor
Michael Volle Bariton
Franz-Josef Selig Bass
Gerold Huber Klavier
Mark Padmore Tenor / Kristian Bezuidenhout Hammerfl ügel
Do, 24. September 2015 / Konzertaal, Musikhochschule Stuttgart
Daniel Behle Tenor / Oliver Schnyder Trio
So, 05. Juni 2016 / Mozart-Saal, Liederhalle Stuttgart
LIEDERABENDE IN DER MUSIKHOCHSCHULE
Ludwig Mittelhammer Bariton / Jonathan Ware Klavier
Mi, 14. Oktober 2015 – Schubert, Schumann, Wolf, Medtner
Sarah Wegener Sopran / Götz Payer Klavier
Mi, 13. Januar 2016 – Schubert, Brahms, Grieg, Sibelius
...und vieles mehr...
KARTEN & INFO
www.ihwa.de I Tel. 0711.72 23 36 99
Konzertdauer etwa 1 ½ Stunden
Die Liedertafel —
einig in Gesinnung
und Gesang
»L
Liedertafel, Name von Männergesangvereinen; von Carl Friedrich Zelter
zuerst gebraucht, der im Jahre 1808, mit Erinnerung an die Tafelrunde des
Königs Artus, einen ›gesanglichen Tischverein‹ stiftete und ihn mit jenem
Namen belegte«, so definierten die Gebrüder Grimm in ihrem »Deut-
6
schen Wörterbuch« jenen Kreis von zunächst 25 männlichen Mitgliedern, der sich Anfang des 19. Jahrhunderts unter der Leitung Zelters
(1758 – 1832) aus der Berliner Singakademie heraus entwickelt ha:e.
In der Tat standen der sagenhaIe König Artus und dessen Ri:er der
Tafelrunde Pate bei der Gründung dieser besonderen Gesangsvereinigung, die das gesellige Tafeln der Artusri:er mit dem GemeinschaI
stiIenden Singen verbinden wollte. »Zur Feyer der Wiederkunft des
Königs habe ich eine Liedertafel gestiftet: eine Gesellschaft von 25 Männern,
von denen der 25ste der gewählte Meister ist, versammelt sich monatlich
einmal bey einem Abendmahle von zwey Gerichten und vergnügt sich an
gefälligen Deutschen Gesängen«, schrieb Zelter am 26. Dezember 1808
an Johann Wolfgang von Goethe und umreißt damit das Grundwesen
dieser SängerzusammenkunI. Dass der Liedertafel eine durchaus
strenge Organisation und Struktur zugrunde lag, die durchaus an die
der Freimaurer erinnert und von dieser inspiriert wurde, klingt hier
deutlich an. Es gab einen Meister, einen Beimeister, einen Schreib­
meister und einen Tafelmeister, die jährlich neu gewählt wurden.
Wie das Comité adminstratif, die bürgerliche Selbstverwaltung Berlins,
die nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon bei Jena und
Auerstedt (1806) eingeführt worden war und der Zelter angehört ha:e,
war die Liedertafel demokratisch organisiert. Damit ist sie auch ein
Spiegelbild der damaligen politischen Situation Preußens zwischen der
Verwurzelung in der preußischen Monarchie und den durch Napoelon
nach Berlin gebrachten bürgerlichen ErrungenschaIen der französischen Revolution.
Grundsä;lich ist die gesamte Entwicklung der Musik- und vor allem
ChorlandschaI im ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhundert, die
im Mai 1791 zunächst zur Gründung der Berliner Singakademie durch
Carl Friedrich Christian Fasch (1736 – 1800) geführt ha:e, ein Spiegelbild der politischen und gesellschaIlichen Umwälzungen, die mit der
französischen Revolution ihren Anfang genommen ha:en. Das Konzertwesen, das im 18. Jahrhundert noch vorwiegend eine Angelegenheit
des Adels und der Höfe gewesen war, wurde ab Mi:e des Jahrhunderts
zunehmend bürgerlich und verlagerte sich ins Private. Hausmusik wurde
gepflegt, zahlreiche Chöre entstanden. Faschs Berliner Singakademie
kommt in diesem Zusammenhang eine besondere und exemplarische
Bedeutung zu. Der gelernte Maurer Carl Friedrich Zelter, der zunächst
als musikalischer Autodidakt in das Berliner Musikleben eingestiegen
war, ha:e in Carl Friedrich Christian Fasch einen Lehrer und Förderer
gefunden und trat nur wenige Monate nach Gründung der Singakademie dieser bei. Zelter wurde schließlich Faschs Assistent und übernahm
im August 1800 nach dem Tod des Lehrers die Leitung der Akademie,
die für ihn die Basis für eine systematische und kontinuierliche Musikpflege in Preußen bilden sollte. Der nächste Schri: in dieser Richtung
war die Gründung der Liedertafel, deren Zweck laut Sa;ung zum einen
die Pflege von »Gegenstände[n] des Vaterlandes und des allgemeinen Wohles« war und die zum anderen »die ersehnte Zurückkunft des Kgl. Hauses feiert
und verewigt, wie überhaupt das Lob ihres Königs zu den ersten Geschäften
der Tafel gehört«. Neben den demokratischen Strukturen ist also die Kö-
nigstreue ein wichtiges Cema bei der Liedertafel — damit trägt sie das
Gedankengut in sich, das im Vormärz und schließlich in der Revolution
von 1848 zum Tragen kam und in die Paulkirchenverfassung mündete,
die eine konstitutionelle Monarchie als Verfassung für ein geeintes
Deutschland vorsah.
Das Vorbild der Zelterschen Liedertafel — wie auch des Berliner
Singvereins — machte schnell Schule, so dass ähnliche Vereinigungen und Verbände in rascher Folge in ganz Deutschland und auch in
anderen Ländern entstanden. Singvereine, Liedertafeln oder — vor
7
allem in Süddeutschland — auch Liederkränze schossen wie Pilze aus
dem Boden, Singvereinigungen aller Art boomten. So demokratisch der
Grundgedanke der Liedtafeln aber auch war — bei der Einbeziehung
von Frauen hörte dieser auf, denn die Liedertafeln waren reine Männervereinigungen. Und so ha:en auch Kompositionen für Männerchor und
kleinere Männerensembles Hochkonjunktur in dieser Zeit. Allerdings
drängten die Vereinigungen auch zunehmend an die ÖDentlichkeit und
bewegten sich damit immer weiter von Zelters Ideal weg. Denn für die
Zeltersche Liedertafel waren öDentliche AuIri:e noch Tabu. Man traf
sich unter Ausschluss der ÖDentlichkeit, aß und trank miteinander —
an der Tafel eben — und sang Lieder, die zumeist ein Mitglied der
Tafel gedichtet und komponiert ha:e — denn Mitglied konnten nur
Dichter, Sänger oder Komponisten werden. Viele dieser Kompositionen
sind daher einer breiteren ÖDentlichkeit nie bekannt geworden.
8
Ein durchaus prominentes Liedertafel-Mitglied war der 1809 in Berlin
geborene Felix Mendelssohn Bartholdy. Als Schüler von Carl Friedrich
Zelter machte Mendelssohn schon sehr früh BekanntschaI mit der
Liedertafel und der Berliner Singakademie. In le;terer wirkte der
junge Mendelssohn mit seiner Schwester Fanny sogar regelmäßig mit,
und im Unterricht bei Zelter entstanden auch Mendelssohns erste
vierstimmige Vokalstücke. Für die Berliner Liedertafel komponierte
Mendelssohn keine Werke, wohl aber für die beiden Leipziger Lieder­
tafeln (die ältere und die jüngere), denen Mendelssohn auch selbst
angehörte. Seine Sechs Lieder für vier Männerstimmen op. 50, die zwischen 1837 und 1804 entstanden sind, sind »Beiden Liedertafeln in
Leipzig« gewidmet. Es handelt sich hier um sechs launige und durchaus
humorvolle Stücke, zu denen auch die beiden geselligen Trinklieder
Türkisches Schenkenlied und Liebe und Wein gehören — le;teres ein
Maestoso »in angetrunkenem Zustand zu singen«.
Zum Kernrepertoire der Liedertafel, die wir heute im Konzert hören
und die sich im Jahr 2002 um den Bariton Michael Volle und den Bass
Franz-Josef Selig formiert hat, gehören Franz Schuberts Kompositionen
für Männerchor. Wie im Klavierlied gilt Schubert den vier Sängern und
dem Pianisten Gerold Huber auch im diesem Repertoire als Gipfelpunkt
und non plus ultra. Dabei sind Schuberts Werke für diese Bese;ung —
im Gegensa; zu vielen seiner Lieder — heute weitgehend unbekannt.
Gegenüber den vermeintlich gehaltvolleren Klavierliedern haben diese
häufig als Gelegenheitskompositionen quasi für den Hausgebrauch
entstandenen Stücke lange Zeit ein Scha:endasein gefristet. Formationen wie die Liedertafel verhelfen den Werken, die zu Schuberts
Lebzeiten äußerst populär waren, zu einer späten Renaissance. Mit
den Entstehungsumständen von Schuberts mehrstimmigen Gesängen
verhält es sich dabei in der Tat ein wenig anders als bei den Männerchorstücken, die für Zelters Liedertafel entstanden sind. Im Österreich
der Me:ernich-Zeit waren Vereinigungen wie die Liedertafeln und
Sängerkreise nämlich verboten: »Suchen Sie diese Pest Deutschlands
mit aller Macht zu unterdrücken!«, so soll Staatskanzler Fürst Me:ernich
seinen Polizeiminister angewiesen haben — und meinte mit dieser
»Pest« tatsächlich die wachsende Männerchor-Bewegung im benachbarten Deutschland. Der erste mit einer Liedertafel vergleichbare
österreichische Verein wurde denn auch erst 1843 — also 15 Jahre nach
Schuberts Tod — mit dem Wiener Männergesangsverein gegründet.
Schuberts mehrstimmige Gesänge sind also einem anderen gesellschaIlichen Phänomen jener Zeit geschuldet — der Vorliebe für das
häusliche Musizieren in der Biedermeierzeit. Und so sind tatsächlich
viele dieser vorwiegend für Männerquarte: entstandenen Kompo­
sitionen für den ungezwungenen häuslichen Gebrauch entstanden,
für das gesellige Musizieren im Freundeskreis, den eigenen Haus­
gebrauch — zumindest gilt dies für Schuberts frühe Werke dieser
Ga:ung. Den mehrstimmigen Vokalsa; ha:e Schubert schon im
Kompositionsunterricht bei Salieri eingehend studiert, so dass viele
dieser Kompositionen aus jener Zeit stammen. Zu Ihnen gehören Die
Einsiedelei, Das Dörfchen oder auch die beiden Trinklieder im heutigen
Programm. Diese frühen Kompositionen für Vokalquarte: sind in der
Tat häufig Gelegenheitswerke, die zur Unterhaltung gedacht waren.
Anders verhält es sich mit den Kompositionen für diese Bese;ung, die
Schubert ab etwa 1820 komponierte. Diese Ensemblestücke kommen
weniger leichtfüßig und heiter daher, die vertonten Texte behandeln
inhaltlich ähnlich tiefgründige, existentielle und zum Teil auch düstere
Cemen wie sie auch in Schuberts Sololiedern in großer Zahl zu finden
sind. Die Nacht, Im Gegenwärtigen Vergangenes, Widerspruch oder auch
Grab und Mond gehören zu dieser Werkgruppe, die auch im Hinblick
auf eine AuDührung in der ÖDentlichkeit entstanden ist. Ab den frühen
1820er Jahren ha:e Schubert nämlich in den von der GesellschaI der
Musikfreunde des österreichischen Kaiserstaats veranstalteten Abendunterhaltungen eine regelmäßige AuDührungsmöglichkeit für seine
mehrstimmigen Gesänge gefunden. Jedes dieser kleinen Konzerte im
9
halb privaten Rahmen sollte laut Sa;ung der GesellschaI »mit einem
Vokalquartett oder einem kleinen Chorstück schließen«. Schubert, der
1825 zunächst »Ersa;mann« und ab 1827 ordentliches Mitglied der
GesellschaI war, nahm als solches entscheidenden Einfluss auf die
Programme der Abendunterhaltungen — und steuerte selbst immer
wieder Werke für diesen Anlass bei. Schuberts Männerquarte:- oder
Männerchorkompositionen erfreuten sich dabei zu dessen Lebzeiten
einer großen Beliebtheit und Verbreitung. Ihnen war damals größerer
Erfolg beschieden als zum Beispiel den Klavierliedern. Laut O:o Erich
Deutsch wurden 17 der rund 130 mehrstimmigen Gesänge zu Schuberts
Lebzeiten öDentlich aufgeführt, aber nur 28 der weit über 600 Sololieder — in der Rezeptionsgeschichte sollte sich dieses Verhältnis dann
irgendwann umdrehen.
10
Bei den acht Volksliedern von Johannes Brahms, die im heutigen
Programm zu hören sind, handelt es sich recht eigentlich um Lieder für
nur eine Stimme mit Klavierbegleitung. Sie stammen aus der Sammlung
der 49 Deutschen Volkslieder, die Brahms im Winter 1893/1894 in Wien
zusammengestellt ha:e und die im Juni 1894 als WoO 33 im Druck
erschienen war. Brahms’ Interesse für Volkslieder war schon sehr früh
geweckt worden, die BeschäIigung mit diesen dem Volk abgelauschten
Liedern zieht sich durch sein gesamtes SchaDen. In diesem Zusammenhang kommt allerdings der Sammlung aus dem Jahr 1894 eine
besondere Bedeutung zu. Sie ist nicht nur seine umfangreichste und
anspruchvollste Sammlung dieser Art, Brahms sah in ihr sogar die
Krönung seines SchaDens. Seinem Verleger Simrock gegenüber
äußerte er, dass diese Sammlung, »das einzige Werk [sei], dessen
Herausgabe mir Spaß macht«.
Die Quelle für den weitaus größten Teil von Brahms’ über 100 Volks­
liedsä;en war die 1838 von August Kre;schmer und Anton Wilhelm
von Zuccalmaglio herausgegebene Sammlung Deutsche Volkslieder mit
ihren Original-Weisen, aus denen zum Beispiel die Vorlagen zu Die Sonne
scheint nicht mehr und Da unten im Tale stammen. Die Quellenlage von
In stiller Nacht ist nicht ganz so eindeutig belegt, Brahms fand das Lied
jedoch sehr wahrscheinlich in Friedrich Wilhelm Arnolds Volksliedern aus
dem Siebengebirge, das dem Komponisten im Manuskript vorgelegen
haben muss und dem er auch Erlaube mir feins Mädchen entnahm. Viele
dieser Lieder entstanden zunächst in Fassungen für vierstimmigen
Chor und/oder Frauenchor, bevor Brahms sie schließlich für sein selbst
ernanntes Opus summum, die 49 Deutschen Volkslieder, für eine Sing­
stimme und Klavier se;te. Mit großer Sicherheit wurden diese Lieder
in verschiedenen Fassungen und Bese;ungen schon zu Brahms Lebzeiten in Liedertafeln, Liederkränzen und ähnlichen Singvereinigungen
gesungen und von diesen aufgeführt. Die Fassung für Männerquarte:,
die die Liedertafel im heutigen Konzert singen wird, stammt von dem
Schweizer Komponisten, Dirigenten und Geiger Friedrich Hegar. Der
1841 in Basel geborene Hegar war seit 1863 als Kapellmeister in
Zürich tätig. Als solcher spielte er in der Entwicklung des Zürcher
Musiklebens in der zweiten HälIe des 19. Jahrhunderts eine entscheidende Rolle. So war er Gründungsdirigent des 1868 ins Leben geru­
fenen Zürcher Tonhalle-Orchesters und leitete neben seiner Tätigkeit
im Orchester ab 1865 auch den Gemischten Chor Zürich und war
darüber hinaus Kapell­meister am Ceater Zürich. Als Chorleiter leiste­te er einen bedeutenden Beitrag zur Weiterentwicklung des Männer­
gesangs, zudem gilt Hegar als Begründer der Männerchorballade.
Johannes Brahms kam erstmals 1865 auf einer Konzertreise nach
Zürich. In den folgenden Jahren bereiste er regelmäßig die Schweiz
und kam immer wieder nach Zürich, wo er Friedrich Hegar kennen­
lernte. Die beiden freundeten sich an. 1874 wurde Brahms Pate von
Hegars Sohn Johannes (der ein berühmter Cellist werden sollte) —
und 1895 leiteten Brahms und Hegar gemeinsam eines der Konzerte
zur EröDnung der Neuen Tonhalle in Zürich, in dem Hegars Orchester
eine neue Wirkungsstä:e fand. Auf dem Programm standen Brahms’
Triumphlied und Beethovens Neunte Sinfonie. Mit Sicherheit zeigte
Brahms dem Freund bei dieser Gelegenheit auch voller Stolz die
eben erst im Druck erschienene Sammlung seiner Volkslieder — und
Hegar sorgte mit seinen Bearbeitungen für eine weitere Verbreitung
dieser besonderen Lieblinge seines Freundes Johannes Brahms.
Cornelia Weidner
11
Franz Schubert
Die Gondelfahrer
Die Nachtigall
Es tanzen Mond und Sterne
Den flücht’gen Geisterreih’n:
Wer wird von Erdensorgen
Befangen immer sein?
Bescheiden verborgen im buschichten Gang
Erhob Philomele den Zaubergesang;
Er schildert der Treue beglückenden Lohn
ln hallenden Schlägen, im wirbelnden Ton.
Du kannst in Mondesstrahlen
Nun, meine Barke, wallen
Und aller Schranken los
Wiegt dich des Meeres Schoß;
SanI gleitet die Stimme aus schwellender Brust,
Als Hauch der Gefühle, als Zeuge der Lust;
Ach horcht, wie der Seufzer der Sehnsucht verhallt
Wenn lieblicher Einklang der Seelen erschallt.
Vom Markusturme tönte
Der Spruch der Mi:ernacht,
Sie schlummern friedlich alle,
Und nur der SchiDer wacht.
So, Freunde, verhallte manch’ himmlisches Lied,
Wenn Cynthias Feuer die Finsternis schied;
Es wehte mit Frieden uns wonnigen Schmerz
Aus Schwingen der Töne ins fühlende Herz.
D 809 (1824)
Johann Baptist Mayrhofer (1787 – 1816)
12
Die Einsiedelei
D 337 (1816)
Johann Gaudenz von Salis-Seewis (1762 – 1834)
Es rieselt klar und wehend
ein Quell im Eichenwald,
da wähl’ ich einsam gehend
mir meinen Aufenthalt.
Mir dienet zur Kapelle
ein Grö:chen duIig frisch,
zur meiner Klausnerzelle
verschlungenes Gebüsch.
Wie sich das Herz erweitert
im engen dichten Wald,
den öden Trübsinn heitert
der traute Scha:en bald.
Kein überlegner Späher
erforscht hier meine Spur:
hier bin ich frei und näher
der Einfalt und Natur.
D 724 (1821)
Johann Karl Unger (1771 – 1836)
13
Johannes Brahms
Deutsche Volkslieder
Die Sonne scheint nicht mehr
Erlaube mir,
fein’s Mädchen
Die Sonne scheint nicht mehr
So schön, als wie vorher,
Der Tag ist nicht so heiter,
So liebreich gar nicht mehr.
Das Feuer kann man löschen,
Die Liebe nicht vergessen,
Das Feuer brennt so sehr,
Die Liebe noch viel mehr.
bearbeitet von Friedrich Hegar (1841 – 1927)
Erlaube mir, fein’s Mädchen, in den Garten zu gehn,
Dass ich dort mag schauen, wie die Rosen so schön.
Erlaube sie zu brechen, es ist die höchste Zeit;
lhre Schönheit, ihr’Jugend hat mir mein Herz erfreut.
14
O Mädchen, o Mädchen, du einsames Kind,
Wer hat den Gedanken ins Herz dir gezinnt,
Dass ich soll den Garten, die Rosen nicht sehn?
Du gefällst meinen Augen, das muss ich gestehn.
Mein Herz ist nicht mehr mein,
O könnt’ ich bei dir sein,
So wäre mir geholfen
Von aller meiner Pein.
Das Feuer kann man löschen,
Die Liebe nicht vergessen,
Das Feuer brennt so sehr,
Die Liebe noch viel mehr.
Da unten im Tale
Da unten im Tale läuI’s Wasser so trüb
Und i kann dir’s nit sagen, i hab’di so lieb.
Sprichst allweil von Lieb, sprichst allweil von Treu,
Und a bissele Falschheit is auch wohl dabei!
Und wenn i dir’s zehnmal sag, dass i di lieb,
Und du willst nit verstehn, muss i halt weitergehn.
Für die Zeit, wo du gliebt mi hast, da dank i dir schön,
Und i wünsch, dass dir’s anderswo besser mag gehn.
15
16
Mir ist ein schön’s
braun’s Maidelein
Mein Mädel hat
einen Rosenmund
Mir ist ein schön’s braun’s Maidelein
Gefallen in den Sinn,
Wollt’ Go:, ich sollt’ heut bei ihr sein,
Mein Trauern führ’ dahin.
Kein’ Tag noch Nacht hab’ ich kein ‚Ruh’,
Das schaDI ihr’ schön’ Gestalt,
lch weiß nicht, wie ihm fürbass tu,
Mein Feinslieb macht mich alt.
Mein Mädel hat einen Rosenmund,
Und wer ihn küsst, der wird gesund;
O du schwarzbraunes Mägdelein,
Du lässt mir keine Ruh’!
Dem Mägdlein ich gern dienen will,
Wenn ich’s mit Fugen kunnt;
Darum hab ‚ich der Neider viel,
Dass mir nit wird vergunnt.
lch hoD’, sie soll’s erfahren bald,
Wie ich’s so treulich mein’.
Auf Erd’ ich mir nichts wünschen wollt’,
Denn zu sein bei ihr allein.
Dem Maidlein ich mein’ Treu’ versprich,
Zu Ehr’n und anders nicht;
All’s was doch fromm und ehrlich ist,
Danach ich stets mich richt’.
Sollt’ denn mein’ Treu’ verloren sein,
Kränkt mir mein Sinn und G’müt;
lch hoD’ sie soll’s erfahren schier,
Mein Sach’soll werden gut.
Damit will ich dem Maidelein
Gesungen haben frei,
Zu guter Nacht ein Liedelein,
All’s Gut’s wünsch’ ich dabei,
Damit dass sie gedenkt an mich,
Wenn ich nit bei ihr bin.
So b’hüt dich Go: im Himmelreich,
Ade, ich fahr’ dahinl
Die Wangen sind wie Morgenröt’,
Wie 5ie steht überm Winterschnee;
O du schwarzbraunes Mägdelein,
Du lässt mir keine Ruh!’
Dein’ Augen sind wie die Nacht 90 schwarz,
Wenn nur zwei Sternlein funkeln drin;
O du schwarzbraunes Mägdelein,
Du lässt mir keine Ruh’l
Du Mädel bist wie der Himmel gut,
Wenn er über uns blau sich wölben tut;
O du schwarzbraunes Mägdelein,
Du lässt mir keine Ruh’!
17
All’ mein Gedanken,
die ich hab’
Es steht ein’ Lind’
in jenem Tal
All’ mein’ Gedanken, die ich hab’,
Die sind bei dir,
Du auserwählter ein’ger Trost,
Bleib stet bei mir.
Du sollt an mich gedenken,
Hä:’ ich aller Wunsch Gewalt,
Von dir wollt’ ich nicht wenken.
Es steht ein’ Lind’ in jenem Tal,
Ach Go:, was tut sie da?
Sie will mir helfen trauren,
Dass ich mein Lieb verloren hab!
Du auserwählter ein’ger Trost,
Gedenk daran,
Leib und Gut das sollst du ganz
Zu eigen han.
Dein will ich bleiben,
Du gibst mir Freud’und hohen Mut
Und kannst mir Leid vertreiben.
18
Die allerliebst und minniglich,
Die ist so zart.
lhres gleich in allem Reich
Find’t man hart.
Bei dir ist kein Verlangen,
Da ich von ihr scheiden sollt’,
Dä hä:’ sie mich umfangen.
Die werte Rein’, die ward sehr wein’n,
Da das geschah;
Du bist mein und ich bin dein,
Sie traurig sprach.
Wann ich soll von dir weichen,
lch nie erkannt, noch nimmermehr
Erkenn’ ich dein geleichen.
Es si;t ein Vöglein auf dem Zaun,
Ach Go:, was tut es da?
Es will mir helfen klagen,
Dass ich mein Lieb verloren hab!
Es quillt ein Brünnlein auf dem Plan,
Ach Go:, was tut es da?
Es will mir helfen weinen,
Dass ich mein Lieb verloren habt!
ln stiller Nacht
ln stiller Nacht, zur ersten Wacht,
Ein ‚Stimm’ begunnt zu klagen,
Der nächt’ge Wind hat süß und lind
Zu mir den Klang getragen;
Von herbem Leid und Traurigkeit
lst mir das Herz zerflossen,
Die Blümelein, mit Tränen rein
Hab’ ich sie all begossen.
Der schöne Mon will untergon,
Für Leid nicht mehr mag scheinen,
Die Sterne lan ihr Gli;en stahn,
Mit mir sie wollen weinen.
Kein Vogelsang noch Freudenklang
Man höret in den LüIen,
Die wilden Tier’ traur’n auch mit mir
ln Steinen und in KlüIen.
19
Franz Schubert
Der Wintertag
D 984 (nach 1820)
Schubert/ Weiß
ln schöner heller Winterzeit
Ward eine Maid geboren,
Der Winter, den ihr Anblick freut,
Hot sie zum Lieb erkoren.
Sprach: Leben wie der Schnee so weiß,
Wie Eis so klares Denken,
Doch gleich der Wunderquelle heiß,
Will ich ein Herz ihr schenken,
20
Es wird, wenn sie den Ga:en wählt,
Die Wohl sie nie betrüben,
Sie ist ihm theurer als die Welt,
Er wird sie ewig lieben.
Je länger währt das süße Band,
Das innig sie verbunden,
Je fester schließt sich Hand in Hand
Für trüb und frohe Stunden.
Jedes Herz der lhren schlägt
lhr wandellos entgegen,
Und jedes einen Wunsch nur hegt,
Für sie den schönsten Segen.
Und all die Deinen bi:en Dich,
Der Vater und die Kinder,
Wir lieben Dich so inniglich,
O liebe uns nicht minder.
Die Nacht
D 983 (1823)
Friedrich Krummacher (1767 – 1845)
Wie schön bist du.
freundliche Stille, himmlische Ruh’ !
Sehet wie die klaren Sterne
wandeln in des Himmels Auen
und auf uns hernieder schauen.
schweigend aus der blauen Ferne.
Das Dörfchen
D 598 op. 11, 1 (1817)
Go:fried August Bürger (1747 – 1794)
Ich rühme mir mein Dörfchen hier,
Denn schön’re Auen als ringsumher
Die Blicke schauen, blüh’n nirgends mehr.
Dort Ährenfelder und Wiesengrün,
Dem blaue Wälder die Grenze zieh’n,
An jener Höhe die Schäferei,
Und in der Nähe mein Sorgenfrei.
So nenn’ ich meine geliebte,
Meine kleine Einsiedelei,
Worin ich lebe zur Lust erweckt,
Die ein Gewebe
Von Ulm’ und Rebe
Grün überdeckt.
Dort kränzen Schlehen die braune KluI,
Und Pappeln wehen in blauer LuI.
Mit sanIem Rieseln schleicht hier gemach
Auf Silberkieseln ein heller Bach,
Fliesst unter den Zweigen,
Die über ihn
Sich wölbend neigen,
Bald schüchtern hin.
Lässt bald im Spiegel
Den grünen Hügel,
Wo Lämmer geh’n,
Des Ufers Büschchen
Und alle Fischen
Im Grunde seh’n.
Da gleiten Schmerlen
Und blasen Perlen,
Ihr schneller Lauf
Geht bald hernieder,
Und bald herauf
Zur Fläche wieder.
O Seligkeit,
Dass doch die Zeit
Dich nie zerstöre,
Mir frisches Blut
Und frohen Mut
Stets neugewähre.
21
Im Gegenwärtigen Vergangenes
D 710 (1821?)
Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)
D 825,1 (1826)
Anselm Hü:enbrenner (1794 – 1868)
Ros’ und Lilie morgentaulich
Blüht im Garten meiner Nähe,
Hintenan bebuscht und traulich
Steigt der Felsen in die Höhe,
Die Abendglocke tönet,
vom Himmel sinkt die Ruh;
das Auge grambetränet
nur schliesset sich nicht zu.
Und mit hohem Wald umzogen
Und mit Ri:erschloss gekrönet,
Lenkt sich hin des Gipfels Bogen,
Bis er sich dem Tal versöhnet.
Dass meine Jugend fliehet
allein und ungeliebt,
dass jeder Kranz verblühet,
das ist. was mich betrübt.
Und da duIet’s wie vor alters,
Da wir noch von Liebe li:en,
Und die Saiten meines Psalters
Mit dem Morgenstrahl sich stri:en;
22
Wehmut
Wo das Jagdlied aus den Büschen
Fülle runden Tons enthauchte,
Anzufeuern, zu erfrischen,
Wie’s der Busen wollt’ und brauchte.
Nun die Wälder ewig sprossen,
So ermutigt euch mit diesen,
Was ihr sonst für euch genossen,
Lässt nun andern sich genießen.
Und als ich sie gefunden,
war Herz und Welt nur Lust,
und seit sie mir entschwunden.
ist Atmen ein Verlust.
Der Strom als Felsen quillend,
die Berge lieben nicht;
nur’s arme Herz, das fühlend,
so leicht von Kummer bricht.
O töne, sanI Geläute,
in’s stille Tal hinaus,
der Morgen deckt das Heute,
den Gram das Grabeshaus.
23
Grab und Mond
D 893 (1826)
Johann Gabriel Seidl (1804 – 1875)
SilberbIaue Mondenschein fällt herab,
senkt so manchen Strahl hinein in das Grab.
Niemand wird uns dann beschreien,
Dass wir uns alleine gönnen,
Nun in allen Lebensreihen
Müsset ihr genießen können.
Freund des Schlummers, lieber Mond, schweige nicht,
ob im Grabe dunkel wohnt, oder Licht.
Und mit diesem Lied und Wendung
Sind wir wieder bei Hafisen,
Denn es ziemt, des Tags Vollendung
Mit Genießern zu genießen.
Nun stilles Grab rede du,
zogst so manchen Strahl hinab in die Ruh,
Alles stumm? stumm?
birgst gar manchen Mondenblick, sliberblau,
gib nur einen Strahl zurück! Komm und schau!
Widerspruch
D 865 (1828)
Johann Gabriel Seidl
D 148 (1815)
Ignaz Franz Castelli (1780 – 1862)
Wenn ich durch Busch und Zweig
Brech’ auf beschränktem Steig,
Wird mir so weit, so frei,
Will mir das Herz en;wei.
Brüder, unser ErdenwaIlen
lst ein ew’ges Steigen, Fallen,
Bald hinauf, und bald hinab.
ln dem drängenden Gewühle
Gibt’s der Grub,en gar so viele,
Und die le;te ist das Grab.
Rings dann im Waldeshaus
Rücken die Wänd’ hinaus,
Wölbt sich das Laubgemach
Hoch mir zum Schwindeldach,
Webt sich der Blä:er schier
Jedes zur Schwinge mir,
Dass sich mein Herz so weit
Sehnt nach Unendlichkeit.
24
Trinklied
Doch wenn im weiten Raum
Hoch am Gebirgessaum,
Über dem Tal ich steh’,
Nieder zum Tale seh’,
Ach, wie beschränkt, wie eng’
Wird mir’s im LuIgedräng’!
Rings auf mein Haupt so schwer
Nicken die Wolken her,
Niederzustürzen droht
Rings mir das Abendrot,
Und in ein Kämmerlein
Sehnt sich mein Herz hinein.
Darum, Brüder; schenket ein,
Muss es schon gesunken sein,
Sinken wir berauscht vom Wein.
Einem ist der Wurf gelungen
Hat sich hoch emporgeschwungen,
Doch das Glück war nur ein Ball;
Seht, je kräI’ger man ihn schlaget
Und je höher er sich waget,
Desto tiefer ist sein Fall.
Darum Brüder, schenket ein,
Muss es schon gefallen sein,
Fallen wir berauscht vom Wein.
Einmal muss der Mensch im Leben
Sich dem blinden Go: ergeben,
`S fährt ihm Amor durch den Sinn;
Und dann muss er schrecklich büßen,
Seufzend sinkt er zu den Füßen
Der erwählten Königin.
Lasst euch nicht mit Weibern ein,
Muss es schon gesunken sein,
Sinken wir berauscht vom Wein.
25
Felix Mendelssohn Bartholdy
Franz Schubert
Liebe und Wein
Edit nonna, edit clerus
Was quälte dir dein armes Herz?
Liebesschmerz!
Was machte dir dein Auge roth?
Liebesnoth!
Was gab dir Sorgen ohne Zahl?
Liebesqual!
Ei, das hast du schlimm bedacht;
Denn schon manchesmal
Hat die Menschen umgebracht
Liebesschmerz und Qual!
Edit Nonna, edit Clerus,
Ad edendum nemo serus,
Bibit ille, bibit illa,
Bibit servus cum ancilla,
Bibit Abbas cum Priore,
Bibit coquus cum factore,
Et pro Rege, et pro Papa
Bibunt vinum sine aqua,
Et pro Papa, et pro Rege
Bibunt omnes sine lege;
Bibunt primum et secundo
Donec nihil sit in fundo.
op. 50, 5
Julius Mosen (1803 – 1867)
26
Was heilte dich von deiner Pein?
Alter Wein!
Was gab dir dann den besten Trost?
Frischer Most«
Was stärkte wieder deinen Mut?
Traubenblut!
Ei, bringet uns schnell herbei
Dieses edle Gut !
Denn es bleibt einmal dabei:
Wein erfrischt das Blut!
D 847 (1825)
Franz GraeDer (1785 – 1852)
Es isst die Nonne, es isst der Priester,
Niemand kommt zu spät zum Mahl,
Jener trinkt, diese trinkt,
Der Diener trinkt mit der Magd,
Der Abt trinkt mit dem Prior,
Der Koch trink mit dem Arbeiter,
Auf den König, auf den Papst.
Sie trinken Wein ohne Wasser,
Auf den Papst und auf den König,
Sie trinken ohne Maßen;
Sie trinken einmal und zweimal
Bis nichts mehr im Becher ist.
27
Felix Mendelssohn Bartholdy
Franz Schubert
Türkisches Schenkenlied
Trinklied
op. 50, 1
Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)
D 75 (1813)
Friedrich SchaeDer (1772 – 1800)
Se; mir nicht, du Grobian,
Mir den Krug so derb vor die Nase!
Wer Wein bringt, sehe mich freundlich an,
Sonst trübt sich der Elfer im Glase.
Freunde, sammelt euch im Kreise,
Freut euch nach der Väter Weise,
Stimmt in lautem Jubel ein.
Du zierliches Mädchen, du komm herein,
Was stehst du da auf der Schwelle?
Du sollst mir künIig der Schenke sein,
Jeder Wein ist dann schmackhaI und helle.
28
FreundschaI reicht den Wonnebecher
Zum Genuss dem frohen Zecher,
Perlend winkt der gold’ne Wein.
Schließt in dieser Feierstunde
Hand in Hand zum trauten Bunde
Freunde, stimmet fröhlich ein,
Lasst uns alle Brüder sein.
Freunde, seht die Gläser blinken,
Knaben mögen Wasser trinken,
Männer trinken edlen Wein.
Wie der gold’ne SaI der Reben
Sei auch immer unser Leben,
Stark und kräIig, mild und rein.
Unsern FreundschaIsbund zu ehren
Lasset uns die Gläser leeren!
Stark und kräIig, mild und rein
Sei das Leben, sei der Wein!
29
Der Wiederbelebung der »Liedertafel«, einer nahezu vergessenen
Männergesangs-Tradition, haben sich vier internationale Solisten,
Markus Schäfer und Christian Elsner (Tenor) sowie Michael Volle
(Bariton) und Franz Josef Selig (Bass), zusammen mit dem Pianisten
Gerold Huber verschrieben. Allen gemeinsam ist neben ihrer Tätigkeit auf den Konzert- und Opernbühnen dieser Welt die Liebe zum
Liedgesang. Im Sommer 2002 gaben sie (damals noch mit James Taylor
als erstem Tenor) erfolgreich erste Konzerte bei den Ludwigsburger
Schlossfestspielen, beim Schleswig-Holstein Musik Festival und beim
Rheingau Musik Festival. Inzwischen dokumentiert auch eine C D beim
Label O R F E O ihre Zusammenarbeit.
30
Markus Schäfer studierte Gesang und Kirchenmusik und war We:bewerbsgewinner beim Caruso-We:bewerb in Mailand. Nach seinem
Debüt am Opernhaus in Zürich folgten Engagements an der Hamburgischen Staatsoper und der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf,
wo er bis 1993 fest engagiert war. Zu seinen Lieblingsrollen gehören
Ferrando, O:avio und Tamino ebenso wie die Evangelisten-Partien in
Bachs Passionen. Unter den vielen Dirigenten, mit denen Markus
Schäfer seither international zusammengearbeitet hat, sind u. a.
René Jacobs, Sigiswald Kuijken, Paul Mc Creesh, Yehudi Menhuin,
Michael Gielen, Stephan Soltesz, Kent Nagano und Yakov Kreizberg.
Seine Arbeit wird dabei durch zahlreiche Rundfunkaufnahmen und
Pla:en dokumentiert, darunter die Grammy-prämierte Einspielung
der Matthäus-Passion mit Nikolaus Harnoncourt und dem Concentus
musicus Wien. Als Liedinterpret feierte er Erfolge in Wien, bei den
Schubertiaden in Feldkirch und Schwarzenberg, in New York sowie in
der London Wigmore Hall und der Melbourne Recital Hall.
Der zweite Tenor im Ensemble, Christian Elsner, studierte Gesang
bei Martin Gründler, Dietrich Fischer-Dieskau und Neil Semer. Zule;t
hat er sich mit erfolgreichen Rollen-Debuts beim Wagner-Zyklus des
R S B -Sinfonieorchester unter Marek Janowski als Parsifal, Loge und
Siegfried-Mime (alle auf C D ) auch als Wagnertenor etabliert und damit erneut seine Vielseitigkeit unter Beweis gestellt. Als Konzertsänger
sang er u. a. in der Carnegie Hall und der Mailänder Scala und arbeitet regelmäßig mit Dirigenten wie Janowski, Jansons, Maazel, NézetSéguin oder Ra:le zusammen. Mit seinem festen Duopartner Burkhard
Kehring gab er Liederabende u. a. in Bonn, Dresden, Brüssel, Ravinia
und bei der Schubertiade Feldkirch. Daneben hält er eine Professur für
Gesang an der Hochschule für Musik in Würzburg.
Michael Volle, der in der Liedertafel den Baritonpart übernimmt,
studierte bei Josef Me:ernich und Rudolf Piernay, bevor er 1990 sein
erstes festes Bühnenengagement am Nationaltheater Mannheim
antrat. Danach sang er in den Ensembles der Opernhäuser in Bonn,
Düsseldorf, Köln, Zürich und der Bayerischen Staatsoper in München.
Gastverträge führten Michael Volle an die großen Häuser in Berlin,
Dresden, Mailand, Wien, Paris, London und New York. AuIri:e bei
den Festspielen in Salzburg, Bayreuth, Schwe;ingen und Ludwigsburg
sowie den Londoner Proms zeigen das internationale Renommee dieses
Künstlers. Seine umfangreiche Lied- und Konzer:ätigkeit führte ihn u. a.
zum Gewandhausorchester Leipzig, den Wiener, Münchner und Bamberger Philharmonikern, der Dresdner Staatskapelle, dem Orchester
der Mailänder Scala und dem Royal Concertgebouw Orchestra sowie
den Radiosinfonieorchestern in München und Hamburg.
Als Bass bildet Franz-Josef Selig das Fundament des Ensembles.
Nach dem Studium der Kirchenmusik wechselte er in die Hochschulklasse Gesang von Claudio Nicolai. Er ist regelmäßiger Gast an den
großen Opernhäusern wie der Metropolitan Opera New York, der
Mailänder Scala, der Opéra National de Paris, dem Royal Opera
House Covent Garden, der Bayerische Staatsoper, der Wiener
Staatsoper sowie bei den Salzburger und Bayreuther Festspielen,
wo er zule;t als Daland und Hunding zu hören war. Auch als Konzertund Liedsänger ist Franz-Josef Selig im In- und Ausland gefragt.
Der Pianist Gerold Huber studierte als Stipendiat an der Hochschule
für Musik in München Klavier bei Friedemann Berger und Liedgestaltung bei Helmut Deutsch. Außerdem besuchte er die Liedklasse von
Dietrich Fischer-Dieskau in Berlin. Er ist regelmäßig bei den bekannten
Festivals wie der Schubertiade in Schwarzenberg, dem Rheingau Musik
Festival, dem Edinburgh Festival oder den Schwe;inger Festspielen zu
Gast. Zudem konzertiert er in berühmten Konzertsälen wie dem Lincoln
Center New York, der Kölner Philharmonie, der Alten Oper Frankfurt,
dem Wiener Konzerthaus, dem Concertgebouw Amsterdam, Oji Hall
Tokio und der Londoner Wigmore Hall. Solistisch widmet er sich
vornehmlich den Werken Johann Sebastian Bachs, Ludwig van
Beethovens und Franz Schuberts.
31