9 L I E D E RTA F E L : F Ü N F F R E U N D E Sonntag, 6. September 2015 19:00 Uhr Liederhalle Mozart-Saal Markus Schäfer Tenor Christian Elsner Tenor Michael Volle Bariton Franz-Josef Selig Bass Gerold Huber Klavier Die Internationale Bachakademie Stu:gart dankt ihrem Förderkreis für die umfassende Förderung ihrer Arbeit In Zusammenarbeit mit der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie Inhalt L I E D E RTA F E L : F Ü N F F R E U N D E Sonntag, 6. September 2015 19:00 Uhr Liederhalle Mozart-Saal Programm 3 Einführung Die Liedertafel — einig in Gesinnung und Gesang 6 Gesangstexte 12 Biographien Markus Schäfer Christian Elsner Michael Volle Franz-Josef Selig Gerold Huber 30 30 31 31 31 Dies Konzert wird von SWR2 aufgezeichnet und zu einem späteren Zeitpunkt in der Sendung »SWR2 aus dem Land: Musik« gesendet. Franz Schubert 1797 – 1828 Die Gondelfahrer D 809 Die Einsiedelei D 337 Die Nachtigall D 724 . . . Johannes Brahms 1833 – 1897 Aus: Deutsche Volkslieder .Erlaube mir, fein’s Mädchen .Die Sonne scheint nicht mehr .Da unten im Tale .Mir ist ein schön’s braun’s Maidelein .Mein Mädel hat einen Rosenmund .All’ mein Gedanken, die ich hab’ .Es steht ein’ Lind’ in jenem Tal .In stiller Nacht Franz Schubert Der Wintertag D 984 Die Nacht D 983 Das Dörfchen op. 11, 1 . . . Pause Eine Veranstaltung der Internationalen Bachakademie Stu:gart Johann-Sebastian-Bach-Pla; 70178 Stu:gart www.musikfest.de Tel. 0711 61 921-0 Redaktion Dr. Christiane Plank-Baldauf Der Text von Dr. Cornelia Weidner ist ein Originalbeitrag für dieses HeI Sa; vjp Druck OKzin Scheufele Änderungen vorbehalten. . . . . . . 3 DIE STUTTGARTER LIEDSAISON 2015/16 STUTTGARTER GALERIEKONZERTE Katarina Karnéus Mezzosopran / Joseph Middleton Klavier So, 22. November 2015 – Sibelius, Grieg Ausstellungskonzert „Poesie der Farbe“ Do, 28. Januar 2016 – mit Emma Moore, Klara Hornig u.a. Nuria Rial Sopran / Marcelo Amaral Klavier Do, 11. Februar 2016 – Schumann, Ravel, Obradors u.a. Michael Nagy Bariton / Gerold Huber Klavier So, 10. April 2016 – Schumann, Wolf, Tschaikowsky LIEDMATINEE: HOMMAGE AN ELLY AMELING So, 08. November 2015 I Opernhaus, Staatstheater Stuttgart Verleihung der Hugo-Wolf-Medaille mit Christoph & Julian Prégardien (Tenor), Marcelo Amaral (Klavier), Robert Holl (Laudatio) Franz Schubert Im Gegenwärtigen Vergangenes D 710 Wehmut D 825, 1 Grab und Mond D 893 Widerspruch D 865 Trinklied D 148 . . . . . Felix Mendelssohn Bartholdy Liebe und Wein op. 50, 5 . 1809 – 1847 Franz Schubert Edit nonna, edit clerus D 847 . Felix Mendelssohn Bartholdy Türkisches Schenkenlied op. 50, 1 . Franz Schubert Trinklied D 75 . ELISABETH SCHWARZKOPF zum 100. Geburtstag Mi, 09. Dezember 2015 I Vortragsaal, Staatsgalerie Stuttgart 5 mit Birgid Steinberger (Sopran), Graham Johnson (Klavier), André Tubeuf (Festrede) u.a. FRANZ SCHUBERT: WINTERREISE Markus Schäfer Tenor Christian Elsner Tenor Michael Volle Bariton Franz-Josef Selig Bass Gerold Huber Klavier Mark Padmore Tenor / Kristian Bezuidenhout Hammerfl ügel Do, 24. September 2015 / Konzertaal, Musikhochschule Stuttgart Daniel Behle Tenor / Oliver Schnyder Trio So, 05. Juni 2016 / Mozart-Saal, Liederhalle Stuttgart LIEDERABENDE IN DER MUSIKHOCHSCHULE Ludwig Mittelhammer Bariton / Jonathan Ware Klavier Mi, 14. Oktober 2015 – Schubert, Schumann, Wolf, Medtner Sarah Wegener Sopran / Götz Payer Klavier Mi, 13. Januar 2016 – Schubert, Brahms, Grieg, Sibelius ...und vieles mehr... KARTEN & INFO www.ihwa.de I Tel. 0711.72 23 36 99 Konzertdauer etwa 1 ½ Stunden Die Liedertafel — einig in Gesinnung und Gesang »L Liedertafel, Name von Männergesangvereinen; von Carl Friedrich Zelter zuerst gebraucht, der im Jahre 1808, mit Erinnerung an die Tafelrunde des Königs Artus, einen ›gesanglichen Tischverein‹ stiftete und ihn mit jenem Namen belegte«, so definierten die Gebrüder Grimm in ihrem »Deut- 6 schen Wörterbuch« jenen Kreis von zunächst 25 männlichen Mitgliedern, der sich Anfang des 19. Jahrhunderts unter der Leitung Zelters (1758 – 1832) aus der Berliner Singakademie heraus entwickelt ha:e. In der Tat standen der sagenhaIe König Artus und dessen Ri:er der Tafelrunde Pate bei der Gründung dieser besonderen Gesangsvereinigung, die das gesellige Tafeln der Artusri:er mit dem GemeinschaI stiIenden Singen verbinden wollte. »Zur Feyer der Wiederkunft des Königs habe ich eine Liedertafel gestiftet: eine Gesellschaft von 25 Männern, von denen der 25ste der gewählte Meister ist, versammelt sich monatlich einmal bey einem Abendmahle von zwey Gerichten und vergnügt sich an gefälligen Deutschen Gesängen«, schrieb Zelter am 26. Dezember 1808 an Johann Wolfgang von Goethe und umreißt damit das Grundwesen dieser SängerzusammenkunI. Dass der Liedertafel eine durchaus strenge Organisation und Struktur zugrunde lag, die durchaus an die der Freimaurer erinnert und von dieser inspiriert wurde, klingt hier deutlich an. Es gab einen Meister, einen Beimeister, einen Schreib meister und einen Tafelmeister, die jährlich neu gewählt wurden. Wie das Comité adminstratif, die bürgerliche Selbstverwaltung Berlins, die nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon bei Jena und Auerstedt (1806) eingeführt worden war und der Zelter angehört ha:e, war die Liedertafel demokratisch organisiert. Damit ist sie auch ein Spiegelbild der damaligen politischen Situation Preußens zwischen der Verwurzelung in der preußischen Monarchie und den durch Napoelon nach Berlin gebrachten bürgerlichen ErrungenschaIen der französischen Revolution. Grundsä;lich ist die gesamte Entwicklung der Musik- und vor allem ChorlandschaI im ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhundert, die im Mai 1791 zunächst zur Gründung der Berliner Singakademie durch Carl Friedrich Christian Fasch (1736 – 1800) geführt ha:e, ein Spiegelbild der politischen und gesellschaIlichen Umwälzungen, die mit der französischen Revolution ihren Anfang genommen ha:en. Das Konzertwesen, das im 18. Jahrhundert noch vorwiegend eine Angelegenheit des Adels und der Höfe gewesen war, wurde ab Mi:e des Jahrhunderts zunehmend bürgerlich und verlagerte sich ins Private. Hausmusik wurde gepflegt, zahlreiche Chöre entstanden. Faschs Berliner Singakademie kommt in diesem Zusammenhang eine besondere und exemplarische Bedeutung zu. Der gelernte Maurer Carl Friedrich Zelter, der zunächst als musikalischer Autodidakt in das Berliner Musikleben eingestiegen war, ha:e in Carl Friedrich Christian Fasch einen Lehrer und Förderer gefunden und trat nur wenige Monate nach Gründung der Singakademie dieser bei. Zelter wurde schließlich Faschs Assistent und übernahm im August 1800 nach dem Tod des Lehrers die Leitung der Akademie, die für ihn die Basis für eine systematische und kontinuierliche Musikpflege in Preußen bilden sollte. Der nächste Schri: in dieser Richtung war die Gründung der Liedertafel, deren Zweck laut Sa;ung zum einen die Pflege von »Gegenstände[n] des Vaterlandes und des allgemeinen Wohles« war und die zum anderen »die ersehnte Zurückkunft des Kgl. Hauses feiert und verewigt, wie überhaupt das Lob ihres Königs zu den ersten Geschäften der Tafel gehört«. Neben den demokratischen Strukturen ist also die Kö- nigstreue ein wichtiges Cema bei der Liedertafel — damit trägt sie das Gedankengut in sich, das im Vormärz und schließlich in der Revolution von 1848 zum Tragen kam und in die Paulkirchenverfassung mündete, die eine konstitutionelle Monarchie als Verfassung für ein geeintes Deutschland vorsah. Das Vorbild der Zelterschen Liedertafel — wie auch des Berliner Singvereins — machte schnell Schule, so dass ähnliche Vereinigungen und Verbände in rascher Folge in ganz Deutschland und auch in anderen Ländern entstanden. Singvereine, Liedertafeln oder — vor 7 allem in Süddeutschland — auch Liederkränze schossen wie Pilze aus dem Boden, Singvereinigungen aller Art boomten. So demokratisch der Grundgedanke der Liedtafeln aber auch war — bei der Einbeziehung von Frauen hörte dieser auf, denn die Liedertafeln waren reine Männervereinigungen. Und so ha:en auch Kompositionen für Männerchor und kleinere Männerensembles Hochkonjunktur in dieser Zeit. Allerdings drängten die Vereinigungen auch zunehmend an die ÖDentlichkeit und bewegten sich damit immer weiter von Zelters Ideal weg. Denn für die Zeltersche Liedertafel waren öDentliche AuIri:e noch Tabu. Man traf sich unter Ausschluss der ÖDentlichkeit, aß und trank miteinander — an der Tafel eben — und sang Lieder, die zumeist ein Mitglied der Tafel gedichtet und komponiert ha:e — denn Mitglied konnten nur Dichter, Sänger oder Komponisten werden. Viele dieser Kompositionen sind daher einer breiteren ÖDentlichkeit nie bekannt geworden. 8 Ein durchaus prominentes Liedertafel-Mitglied war der 1809 in Berlin geborene Felix Mendelssohn Bartholdy. Als Schüler von Carl Friedrich Zelter machte Mendelssohn schon sehr früh BekanntschaI mit der Liedertafel und der Berliner Singakademie. In le;terer wirkte der junge Mendelssohn mit seiner Schwester Fanny sogar regelmäßig mit, und im Unterricht bei Zelter entstanden auch Mendelssohns erste vierstimmige Vokalstücke. Für die Berliner Liedertafel komponierte Mendelssohn keine Werke, wohl aber für die beiden Leipziger Lieder tafeln (die ältere und die jüngere), denen Mendelssohn auch selbst angehörte. Seine Sechs Lieder für vier Männerstimmen op. 50, die zwischen 1837 und 1804 entstanden sind, sind »Beiden Liedertafeln in Leipzig« gewidmet. Es handelt sich hier um sechs launige und durchaus humorvolle Stücke, zu denen auch die beiden geselligen Trinklieder Türkisches Schenkenlied und Liebe und Wein gehören — le;teres ein Maestoso »in angetrunkenem Zustand zu singen«. Zum Kernrepertoire der Liedertafel, die wir heute im Konzert hören und die sich im Jahr 2002 um den Bariton Michael Volle und den Bass Franz-Josef Selig formiert hat, gehören Franz Schuberts Kompositionen für Männerchor. Wie im Klavierlied gilt Schubert den vier Sängern und dem Pianisten Gerold Huber auch im diesem Repertoire als Gipfelpunkt und non plus ultra. Dabei sind Schuberts Werke für diese Bese;ung — im Gegensa; zu vielen seiner Lieder — heute weitgehend unbekannt. Gegenüber den vermeintlich gehaltvolleren Klavierliedern haben diese häufig als Gelegenheitskompositionen quasi für den Hausgebrauch entstandenen Stücke lange Zeit ein Scha:endasein gefristet. Formationen wie die Liedertafel verhelfen den Werken, die zu Schuberts Lebzeiten äußerst populär waren, zu einer späten Renaissance. Mit den Entstehungsumständen von Schuberts mehrstimmigen Gesängen verhält es sich dabei in der Tat ein wenig anders als bei den Männerchorstücken, die für Zelters Liedertafel entstanden sind. Im Österreich der Me:ernich-Zeit waren Vereinigungen wie die Liedertafeln und Sängerkreise nämlich verboten: »Suchen Sie diese Pest Deutschlands mit aller Macht zu unterdrücken!«, so soll Staatskanzler Fürst Me:ernich seinen Polizeiminister angewiesen haben — und meinte mit dieser »Pest« tatsächlich die wachsende Männerchor-Bewegung im benachbarten Deutschland. Der erste mit einer Liedertafel vergleichbare österreichische Verein wurde denn auch erst 1843 — also 15 Jahre nach Schuberts Tod — mit dem Wiener Männergesangsverein gegründet. Schuberts mehrstimmige Gesänge sind also einem anderen gesellschaIlichen Phänomen jener Zeit geschuldet — der Vorliebe für das häusliche Musizieren in der Biedermeierzeit. Und so sind tatsächlich viele dieser vorwiegend für Männerquarte: entstandenen Kompo sitionen für den ungezwungenen häuslichen Gebrauch entstanden, für das gesellige Musizieren im Freundeskreis, den eigenen Haus gebrauch — zumindest gilt dies für Schuberts frühe Werke dieser Ga:ung. Den mehrstimmigen Vokalsa; ha:e Schubert schon im Kompositionsunterricht bei Salieri eingehend studiert, so dass viele dieser Kompositionen aus jener Zeit stammen. Zu Ihnen gehören Die Einsiedelei, Das Dörfchen oder auch die beiden Trinklieder im heutigen Programm. Diese frühen Kompositionen für Vokalquarte: sind in der Tat häufig Gelegenheitswerke, die zur Unterhaltung gedacht waren. Anders verhält es sich mit den Kompositionen für diese Bese;ung, die Schubert ab etwa 1820 komponierte. Diese Ensemblestücke kommen weniger leichtfüßig und heiter daher, die vertonten Texte behandeln inhaltlich ähnlich tiefgründige, existentielle und zum Teil auch düstere Cemen wie sie auch in Schuberts Sololiedern in großer Zahl zu finden sind. Die Nacht, Im Gegenwärtigen Vergangenes, Widerspruch oder auch Grab und Mond gehören zu dieser Werkgruppe, die auch im Hinblick auf eine AuDührung in der ÖDentlichkeit entstanden ist. Ab den frühen 1820er Jahren ha:e Schubert nämlich in den von der GesellschaI der Musikfreunde des österreichischen Kaiserstaats veranstalteten Abendunterhaltungen eine regelmäßige AuDührungsmöglichkeit für seine mehrstimmigen Gesänge gefunden. Jedes dieser kleinen Konzerte im 9 halb privaten Rahmen sollte laut Sa;ung der GesellschaI »mit einem Vokalquartett oder einem kleinen Chorstück schließen«. Schubert, der 1825 zunächst »Ersa;mann« und ab 1827 ordentliches Mitglied der GesellschaI war, nahm als solches entscheidenden Einfluss auf die Programme der Abendunterhaltungen — und steuerte selbst immer wieder Werke für diesen Anlass bei. Schuberts Männerquarte:- oder Männerchorkompositionen erfreuten sich dabei zu dessen Lebzeiten einer großen Beliebtheit und Verbreitung. Ihnen war damals größerer Erfolg beschieden als zum Beispiel den Klavierliedern. Laut O:o Erich Deutsch wurden 17 der rund 130 mehrstimmigen Gesänge zu Schuberts Lebzeiten öDentlich aufgeführt, aber nur 28 der weit über 600 Sololieder — in der Rezeptionsgeschichte sollte sich dieses Verhältnis dann irgendwann umdrehen. 10 Bei den acht Volksliedern von Johannes Brahms, die im heutigen Programm zu hören sind, handelt es sich recht eigentlich um Lieder für nur eine Stimme mit Klavierbegleitung. Sie stammen aus der Sammlung der 49 Deutschen Volkslieder, die Brahms im Winter 1893/1894 in Wien zusammengestellt ha:e und die im Juni 1894 als WoO 33 im Druck erschienen war. Brahms’ Interesse für Volkslieder war schon sehr früh geweckt worden, die BeschäIigung mit diesen dem Volk abgelauschten Liedern zieht sich durch sein gesamtes SchaDen. In diesem Zusammenhang kommt allerdings der Sammlung aus dem Jahr 1894 eine besondere Bedeutung zu. Sie ist nicht nur seine umfangreichste und anspruchvollste Sammlung dieser Art, Brahms sah in ihr sogar die Krönung seines SchaDens. Seinem Verleger Simrock gegenüber äußerte er, dass diese Sammlung, »das einzige Werk [sei], dessen Herausgabe mir Spaß macht«. Die Quelle für den weitaus größten Teil von Brahms’ über 100 Volks liedsä;en war die 1838 von August Kre;schmer und Anton Wilhelm von Zuccalmaglio herausgegebene Sammlung Deutsche Volkslieder mit ihren Original-Weisen, aus denen zum Beispiel die Vorlagen zu Die Sonne scheint nicht mehr und Da unten im Tale stammen. Die Quellenlage von In stiller Nacht ist nicht ganz so eindeutig belegt, Brahms fand das Lied jedoch sehr wahrscheinlich in Friedrich Wilhelm Arnolds Volksliedern aus dem Siebengebirge, das dem Komponisten im Manuskript vorgelegen haben muss und dem er auch Erlaube mir feins Mädchen entnahm. Viele dieser Lieder entstanden zunächst in Fassungen für vierstimmigen Chor und/oder Frauenchor, bevor Brahms sie schließlich für sein selbst ernanntes Opus summum, die 49 Deutschen Volkslieder, für eine Sing stimme und Klavier se;te. Mit großer Sicherheit wurden diese Lieder in verschiedenen Fassungen und Bese;ungen schon zu Brahms Lebzeiten in Liedertafeln, Liederkränzen und ähnlichen Singvereinigungen gesungen und von diesen aufgeführt. Die Fassung für Männerquarte:, die die Liedertafel im heutigen Konzert singen wird, stammt von dem Schweizer Komponisten, Dirigenten und Geiger Friedrich Hegar. Der 1841 in Basel geborene Hegar war seit 1863 als Kapellmeister in Zürich tätig. Als solcher spielte er in der Entwicklung des Zürcher Musiklebens in der zweiten HälIe des 19. Jahrhunderts eine entscheidende Rolle. So war er Gründungsdirigent des 1868 ins Leben geru fenen Zürcher Tonhalle-Orchesters und leitete neben seiner Tätigkeit im Orchester ab 1865 auch den Gemischten Chor Zürich und war darüber hinaus Kapellmeister am Ceater Zürich. Als Chorleiter leistete er einen bedeutenden Beitrag zur Weiterentwicklung des Männer gesangs, zudem gilt Hegar als Begründer der Männerchorballade. Johannes Brahms kam erstmals 1865 auf einer Konzertreise nach Zürich. In den folgenden Jahren bereiste er regelmäßig die Schweiz und kam immer wieder nach Zürich, wo er Friedrich Hegar kennen lernte. Die beiden freundeten sich an. 1874 wurde Brahms Pate von Hegars Sohn Johannes (der ein berühmter Cellist werden sollte) — und 1895 leiteten Brahms und Hegar gemeinsam eines der Konzerte zur EröDnung der Neuen Tonhalle in Zürich, in dem Hegars Orchester eine neue Wirkungsstä:e fand. Auf dem Programm standen Brahms’ Triumphlied und Beethovens Neunte Sinfonie. Mit Sicherheit zeigte Brahms dem Freund bei dieser Gelegenheit auch voller Stolz die eben erst im Druck erschienene Sammlung seiner Volkslieder — und Hegar sorgte mit seinen Bearbeitungen für eine weitere Verbreitung dieser besonderen Lieblinge seines Freundes Johannes Brahms. Cornelia Weidner 11 Franz Schubert Die Gondelfahrer Die Nachtigall Es tanzen Mond und Sterne Den flücht’gen Geisterreih’n: Wer wird von Erdensorgen Befangen immer sein? Bescheiden verborgen im buschichten Gang Erhob Philomele den Zaubergesang; Er schildert der Treue beglückenden Lohn ln hallenden Schlägen, im wirbelnden Ton. Du kannst in Mondesstrahlen Nun, meine Barke, wallen Und aller Schranken los Wiegt dich des Meeres Schoß; SanI gleitet die Stimme aus schwellender Brust, Als Hauch der Gefühle, als Zeuge der Lust; Ach horcht, wie der Seufzer der Sehnsucht verhallt Wenn lieblicher Einklang der Seelen erschallt. Vom Markusturme tönte Der Spruch der Mi:ernacht, Sie schlummern friedlich alle, Und nur der SchiDer wacht. So, Freunde, verhallte manch’ himmlisches Lied, Wenn Cynthias Feuer die Finsternis schied; Es wehte mit Frieden uns wonnigen Schmerz Aus Schwingen der Töne ins fühlende Herz. D 809 (1824) Johann Baptist Mayrhofer (1787 – 1816) 12 Die Einsiedelei D 337 (1816) Johann Gaudenz von Salis-Seewis (1762 – 1834) Es rieselt klar und wehend ein Quell im Eichenwald, da wähl’ ich einsam gehend mir meinen Aufenthalt. Mir dienet zur Kapelle ein Grö:chen duIig frisch, zur meiner Klausnerzelle verschlungenes Gebüsch. Wie sich das Herz erweitert im engen dichten Wald, den öden Trübsinn heitert der traute Scha:en bald. Kein überlegner Späher erforscht hier meine Spur: hier bin ich frei und näher der Einfalt und Natur. D 724 (1821) Johann Karl Unger (1771 – 1836) 13 Johannes Brahms Deutsche Volkslieder Die Sonne scheint nicht mehr Erlaube mir, fein’s Mädchen Die Sonne scheint nicht mehr So schön, als wie vorher, Der Tag ist nicht so heiter, So liebreich gar nicht mehr. Das Feuer kann man löschen, Die Liebe nicht vergessen, Das Feuer brennt so sehr, Die Liebe noch viel mehr. bearbeitet von Friedrich Hegar (1841 – 1927) Erlaube mir, fein’s Mädchen, in den Garten zu gehn, Dass ich dort mag schauen, wie die Rosen so schön. Erlaube sie zu brechen, es ist die höchste Zeit; lhre Schönheit, ihr’Jugend hat mir mein Herz erfreut. 14 O Mädchen, o Mädchen, du einsames Kind, Wer hat den Gedanken ins Herz dir gezinnt, Dass ich soll den Garten, die Rosen nicht sehn? Du gefällst meinen Augen, das muss ich gestehn. Mein Herz ist nicht mehr mein, O könnt’ ich bei dir sein, So wäre mir geholfen Von aller meiner Pein. Das Feuer kann man löschen, Die Liebe nicht vergessen, Das Feuer brennt so sehr, Die Liebe noch viel mehr. Da unten im Tale Da unten im Tale läuI’s Wasser so trüb Und i kann dir’s nit sagen, i hab’di so lieb. Sprichst allweil von Lieb, sprichst allweil von Treu, Und a bissele Falschheit is auch wohl dabei! Und wenn i dir’s zehnmal sag, dass i di lieb, Und du willst nit verstehn, muss i halt weitergehn. Für die Zeit, wo du gliebt mi hast, da dank i dir schön, Und i wünsch, dass dir’s anderswo besser mag gehn. 15 16 Mir ist ein schön’s braun’s Maidelein Mein Mädel hat einen Rosenmund Mir ist ein schön’s braun’s Maidelein Gefallen in den Sinn, Wollt’ Go:, ich sollt’ heut bei ihr sein, Mein Trauern führ’ dahin. Kein’ Tag noch Nacht hab’ ich kein ‚Ruh’, Das schaDI ihr’ schön’ Gestalt, lch weiß nicht, wie ihm fürbass tu, Mein Feinslieb macht mich alt. Mein Mädel hat einen Rosenmund, Und wer ihn küsst, der wird gesund; O du schwarzbraunes Mägdelein, Du lässt mir keine Ruh’! Dem Mägdlein ich gern dienen will, Wenn ich’s mit Fugen kunnt; Darum hab ‚ich der Neider viel, Dass mir nit wird vergunnt. lch hoD’, sie soll’s erfahren bald, Wie ich’s so treulich mein’. Auf Erd’ ich mir nichts wünschen wollt’, Denn zu sein bei ihr allein. Dem Maidlein ich mein’ Treu’ versprich, Zu Ehr’n und anders nicht; All’s was doch fromm und ehrlich ist, Danach ich stets mich richt’. Sollt’ denn mein’ Treu’ verloren sein, Kränkt mir mein Sinn und G’müt; lch hoD’ sie soll’s erfahren schier, Mein Sach’soll werden gut. Damit will ich dem Maidelein Gesungen haben frei, Zu guter Nacht ein Liedelein, All’s Gut’s wünsch’ ich dabei, Damit dass sie gedenkt an mich, Wenn ich nit bei ihr bin. So b’hüt dich Go: im Himmelreich, Ade, ich fahr’ dahinl Die Wangen sind wie Morgenröt’, Wie 5ie steht überm Winterschnee; O du schwarzbraunes Mägdelein, Du lässt mir keine Ruh!’ Dein’ Augen sind wie die Nacht 90 schwarz, Wenn nur zwei Sternlein funkeln drin; O du schwarzbraunes Mägdelein, Du lässt mir keine Ruh’l Du Mädel bist wie der Himmel gut, Wenn er über uns blau sich wölben tut; O du schwarzbraunes Mägdelein, Du lässt mir keine Ruh’! 17 All’ mein Gedanken, die ich hab’ Es steht ein’ Lind’ in jenem Tal All’ mein’ Gedanken, die ich hab’, Die sind bei dir, Du auserwählter ein’ger Trost, Bleib stet bei mir. Du sollt an mich gedenken, Hä:’ ich aller Wunsch Gewalt, Von dir wollt’ ich nicht wenken. Es steht ein’ Lind’ in jenem Tal, Ach Go:, was tut sie da? Sie will mir helfen trauren, Dass ich mein Lieb verloren hab! Du auserwählter ein’ger Trost, Gedenk daran, Leib und Gut das sollst du ganz Zu eigen han. Dein will ich bleiben, Du gibst mir Freud’und hohen Mut Und kannst mir Leid vertreiben. 18 Die allerliebst und minniglich, Die ist so zart. lhres gleich in allem Reich Find’t man hart. Bei dir ist kein Verlangen, Da ich von ihr scheiden sollt’, Dä hä:’ sie mich umfangen. Die werte Rein’, die ward sehr wein’n, Da das geschah; Du bist mein und ich bin dein, Sie traurig sprach. Wann ich soll von dir weichen, lch nie erkannt, noch nimmermehr Erkenn’ ich dein geleichen. Es si;t ein Vöglein auf dem Zaun, Ach Go:, was tut es da? Es will mir helfen klagen, Dass ich mein Lieb verloren hab! Es quillt ein Brünnlein auf dem Plan, Ach Go:, was tut es da? Es will mir helfen weinen, Dass ich mein Lieb verloren habt! ln stiller Nacht ln stiller Nacht, zur ersten Wacht, Ein ‚Stimm’ begunnt zu klagen, Der nächt’ge Wind hat süß und lind Zu mir den Klang getragen; Von herbem Leid und Traurigkeit lst mir das Herz zerflossen, Die Blümelein, mit Tränen rein Hab’ ich sie all begossen. Der schöne Mon will untergon, Für Leid nicht mehr mag scheinen, Die Sterne lan ihr Gli;en stahn, Mit mir sie wollen weinen. Kein Vogelsang noch Freudenklang Man höret in den LüIen, Die wilden Tier’ traur’n auch mit mir ln Steinen und in KlüIen. 19 Franz Schubert Der Wintertag D 984 (nach 1820) Schubert/ Weiß ln schöner heller Winterzeit Ward eine Maid geboren, Der Winter, den ihr Anblick freut, Hot sie zum Lieb erkoren. Sprach: Leben wie der Schnee so weiß, Wie Eis so klares Denken, Doch gleich der Wunderquelle heiß, Will ich ein Herz ihr schenken, 20 Es wird, wenn sie den Ga:en wählt, Die Wohl sie nie betrüben, Sie ist ihm theurer als die Welt, Er wird sie ewig lieben. Je länger währt das süße Band, Das innig sie verbunden, Je fester schließt sich Hand in Hand Für trüb und frohe Stunden. Jedes Herz der lhren schlägt lhr wandellos entgegen, Und jedes einen Wunsch nur hegt, Für sie den schönsten Segen. Und all die Deinen bi:en Dich, Der Vater und die Kinder, Wir lieben Dich so inniglich, O liebe uns nicht minder. Die Nacht D 983 (1823) Friedrich Krummacher (1767 – 1845) Wie schön bist du. freundliche Stille, himmlische Ruh’ ! Sehet wie die klaren Sterne wandeln in des Himmels Auen und auf uns hernieder schauen. schweigend aus der blauen Ferne. Das Dörfchen D 598 op. 11, 1 (1817) Go:fried August Bürger (1747 – 1794) Ich rühme mir mein Dörfchen hier, Denn schön’re Auen als ringsumher Die Blicke schauen, blüh’n nirgends mehr. Dort Ährenfelder und Wiesengrün, Dem blaue Wälder die Grenze zieh’n, An jener Höhe die Schäferei, Und in der Nähe mein Sorgenfrei. So nenn’ ich meine geliebte, Meine kleine Einsiedelei, Worin ich lebe zur Lust erweckt, Die ein Gewebe Von Ulm’ und Rebe Grün überdeckt. Dort kränzen Schlehen die braune KluI, Und Pappeln wehen in blauer LuI. Mit sanIem Rieseln schleicht hier gemach Auf Silberkieseln ein heller Bach, Fliesst unter den Zweigen, Die über ihn Sich wölbend neigen, Bald schüchtern hin. Lässt bald im Spiegel Den grünen Hügel, Wo Lämmer geh’n, Des Ufers Büschchen Und alle Fischen Im Grunde seh’n. Da gleiten Schmerlen Und blasen Perlen, Ihr schneller Lauf Geht bald hernieder, Und bald herauf Zur Fläche wieder. O Seligkeit, Dass doch die Zeit Dich nie zerstöre, Mir frisches Blut Und frohen Mut Stets neugewähre. 21 Im Gegenwärtigen Vergangenes D 710 (1821?) Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) D 825,1 (1826) Anselm Hü:enbrenner (1794 – 1868) Ros’ und Lilie morgentaulich Blüht im Garten meiner Nähe, Hintenan bebuscht und traulich Steigt der Felsen in die Höhe, Die Abendglocke tönet, vom Himmel sinkt die Ruh; das Auge grambetränet nur schliesset sich nicht zu. Und mit hohem Wald umzogen Und mit Ri:erschloss gekrönet, Lenkt sich hin des Gipfels Bogen, Bis er sich dem Tal versöhnet. Dass meine Jugend fliehet allein und ungeliebt, dass jeder Kranz verblühet, das ist. was mich betrübt. Und da duIet’s wie vor alters, Da wir noch von Liebe li:en, Und die Saiten meines Psalters Mit dem Morgenstrahl sich stri:en; 22 Wehmut Wo das Jagdlied aus den Büschen Fülle runden Tons enthauchte, Anzufeuern, zu erfrischen, Wie’s der Busen wollt’ und brauchte. Nun die Wälder ewig sprossen, So ermutigt euch mit diesen, Was ihr sonst für euch genossen, Lässt nun andern sich genießen. Und als ich sie gefunden, war Herz und Welt nur Lust, und seit sie mir entschwunden. ist Atmen ein Verlust. Der Strom als Felsen quillend, die Berge lieben nicht; nur’s arme Herz, das fühlend, so leicht von Kummer bricht. O töne, sanI Geläute, in’s stille Tal hinaus, der Morgen deckt das Heute, den Gram das Grabeshaus. 23 Grab und Mond D 893 (1826) Johann Gabriel Seidl (1804 – 1875) SilberbIaue Mondenschein fällt herab, senkt so manchen Strahl hinein in das Grab. Niemand wird uns dann beschreien, Dass wir uns alleine gönnen, Nun in allen Lebensreihen Müsset ihr genießen können. Freund des Schlummers, lieber Mond, schweige nicht, ob im Grabe dunkel wohnt, oder Licht. Und mit diesem Lied und Wendung Sind wir wieder bei Hafisen, Denn es ziemt, des Tags Vollendung Mit Genießern zu genießen. Nun stilles Grab rede du, zogst so manchen Strahl hinab in die Ruh, Alles stumm? stumm? birgst gar manchen Mondenblick, sliberblau, gib nur einen Strahl zurück! Komm und schau! Widerspruch D 865 (1828) Johann Gabriel Seidl D 148 (1815) Ignaz Franz Castelli (1780 – 1862) Wenn ich durch Busch und Zweig Brech’ auf beschränktem Steig, Wird mir so weit, so frei, Will mir das Herz en;wei. Brüder, unser ErdenwaIlen lst ein ew’ges Steigen, Fallen, Bald hinauf, und bald hinab. ln dem drängenden Gewühle Gibt’s der Grub,en gar so viele, Und die le;te ist das Grab. Rings dann im Waldeshaus Rücken die Wänd’ hinaus, Wölbt sich das Laubgemach Hoch mir zum Schwindeldach, Webt sich der Blä:er schier Jedes zur Schwinge mir, Dass sich mein Herz so weit Sehnt nach Unendlichkeit. 24 Trinklied Doch wenn im weiten Raum Hoch am Gebirgessaum, Über dem Tal ich steh’, Nieder zum Tale seh’, Ach, wie beschränkt, wie eng’ Wird mir’s im LuIgedräng’! Rings auf mein Haupt so schwer Nicken die Wolken her, Niederzustürzen droht Rings mir das Abendrot, Und in ein Kämmerlein Sehnt sich mein Herz hinein. Darum, Brüder; schenket ein, Muss es schon gesunken sein, Sinken wir berauscht vom Wein. Einem ist der Wurf gelungen Hat sich hoch emporgeschwungen, Doch das Glück war nur ein Ball; Seht, je kräI’ger man ihn schlaget Und je höher er sich waget, Desto tiefer ist sein Fall. Darum Brüder, schenket ein, Muss es schon gefallen sein, Fallen wir berauscht vom Wein. Einmal muss der Mensch im Leben Sich dem blinden Go: ergeben, `S fährt ihm Amor durch den Sinn; Und dann muss er schrecklich büßen, Seufzend sinkt er zu den Füßen Der erwählten Königin. Lasst euch nicht mit Weibern ein, Muss es schon gesunken sein, Sinken wir berauscht vom Wein. 25 Felix Mendelssohn Bartholdy Franz Schubert Liebe und Wein Edit nonna, edit clerus Was quälte dir dein armes Herz? Liebesschmerz! Was machte dir dein Auge roth? Liebesnoth! Was gab dir Sorgen ohne Zahl? Liebesqual! Ei, das hast du schlimm bedacht; Denn schon manchesmal Hat die Menschen umgebracht Liebesschmerz und Qual! Edit Nonna, edit Clerus, Ad edendum nemo serus, Bibit ille, bibit illa, Bibit servus cum ancilla, Bibit Abbas cum Priore, Bibit coquus cum factore, Et pro Rege, et pro Papa Bibunt vinum sine aqua, Et pro Papa, et pro Rege Bibunt omnes sine lege; Bibunt primum et secundo Donec nihil sit in fundo. op. 50, 5 Julius Mosen (1803 – 1867) 26 Was heilte dich von deiner Pein? Alter Wein! Was gab dir dann den besten Trost? Frischer Most« Was stärkte wieder deinen Mut? Traubenblut! Ei, bringet uns schnell herbei Dieses edle Gut ! Denn es bleibt einmal dabei: Wein erfrischt das Blut! D 847 (1825) Franz GraeDer (1785 – 1852) Es isst die Nonne, es isst der Priester, Niemand kommt zu spät zum Mahl, Jener trinkt, diese trinkt, Der Diener trinkt mit der Magd, Der Abt trinkt mit dem Prior, Der Koch trink mit dem Arbeiter, Auf den König, auf den Papst. Sie trinken Wein ohne Wasser, Auf den Papst und auf den König, Sie trinken ohne Maßen; Sie trinken einmal und zweimal Bis nichts mehr im Becher ist. 27 Felix Mendelssohn Bartholdy Franz Schubert Türkisches Schenkenlied Trinklied op. 50, 1 Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) D 75 (1813) Friedrich SchaeDer (1772 – 1800) Se; mir nicht, du Grobian, Mir den Krug so derb vor die Nase! Wer Wein bringt, sehe mich freundlich an, Sonst trübt sich der Elfer im Glase. Freunde, sammelt euch im Kreise, Freut euch nach der Väter Weise, Stimmt in lautem Jubel ein. Du zierliches Mädchen, du komm herein, Was stehst du da auf der Schwelle? Du sollst mir künIig der Schenke sein, Jeder Wein ist dann schmackhaI und helle. 28 FreundschaI reicht den Wonnebecher Zum Genuss dem frohen Zecher, Perlend winkt der gold’ne Wein. Schließt in dieser Feierstunde Hand in Hand zum trauten Bunde Freunde, stimmet fröhlich ein, Lasst uns alle Brüder sein. Freunde, seht die Gläser blinken, Knaben mögen Wasser trinken, Männer trinken edlen Wein. Wie der gold’ne SaI der Reben Sei auch immer unser Leben, Stark und kräIig, mild und rein. Unsern FreundschaIsbund zu ehren Lasset uns die Gläser leeren! Stark und kräIig, mild und rein Sei das Leben, sei der Wein! 29 Der Wiederbelebung der »Liedertafel«, einer nahezu vergessenen Männergesangs-Tradition, haben sich vier internationale Solisten, Markus Schäfer und Christian Elsner (Tenor) sowie Michael Volle (Bariton) und Franz Josef Selig (Bass), zusammen mit dem Pianisten Gerold Huber verschrieben. Allen gemeinsam ist neben ihrer Tätigkeit auf den Konzert- und Opernbühnen dieser Welt die Liebe zum Liedgesang. Im Sommer 2002 gaben sie (damals noch mit James Taylor als erstem Tenor) erfolgreich erste Konzerte bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen, beim Schleswig-Holstein Musik Festival und beim Rheingau Musik Festival. Inzwischen dokumentiert auch eine C D beim Label O R F E O ihre Zusammenarbeit. 30 Markus Schäfer studierte Gesang und Kirchenmusik und war We:bewerbsgewinner beim Caruso-We:bewerb in Mailand. Nach seinem Debüt am Opernhaus in Zürich folgten Engagements an der Hamburgischen Staatsoper und der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf, wo er bis 1993 fest engagiert war. Zu seinen Lieblingsrollen gehören Ferrando, O:avio und Tamino ebenso wie die Evangelisten-Partien in Bachs Passionen. Unter den vielen Dirigenten, mit denen Markus Schäfer seither international zusammengearbeitet hat, sind u. a. René Jacobs, Sigiswald Kuijken, Paul Mc Creesh, Yehudi Menhuin, Michael Gielen, Stephan Soltesz, Kent Nagano und Yakov Kreizberg. Seine Arbeit wird dabei durch zahlreiche Rundfunkaufnahmen und Pla:en dokumentiert, darunter die Grammy-prämierte Einspielung der Matthäus-Passion mit Nikolaus Harnoncourt und dem Concentus musicus Wien. Als Liedinterpret feierte er Erfolge in Wien, bei den Schubertiaden in Feldkirch und Schwarzenberg, in New York sowie in der London Wigmore Hall und der Melbourne Recital Hall. Der zweite Tenor im Ensemble, Christian Elsner, studierte Gesang bei Martin Gründler, Dietrich Fischer-Dieskau und Neil Semer. Zule;t hat er sich mit erfolgreichen Rollen-Debuts beim Wagner-Zyklus des R S B -Sinfonieorchester unter Marek Janowski als Parsifal, Loge und Siegfried-Mime (alle auf C D ) auch als Wagnertenor etabliert und damit erneut seine Vielseitigkeit unter Beweis gestellt. Als Konzertsänger sang er u. a. in der Carnegie Hall und der Mailänder Scala und arbeitet regelmäßig mit Dirigenten wie Janowski, Jansons, Maazel, NézetSéguin oder Ra:le zusammen. Mit seinem festen Duopartner Burkhard Kehring gab er Liederabende u. a. in Bonn, Dresden, Brüssel, Ravinia und bei der Schubertiade Feldkirch. Daneben hält er eine Professur für Gesang an der Hochschule für Musik in Würzburg. Michael Volle, der in der Liedertafel den Baritonpart übernimmt, studierte bei Josef Me:ernich und Rudolf Piernay, bevor er 1990 sein erstes festes Bühnenengagement am Nationaltheater Mannheim antrat. Danach sang er in den Ensembles der Opernhäuser in Bonn, Düsseldorf, Köln, Zürich und der Bayerischen Staatsoper in München. Gastverträge führten Michael Volle an die großen Häuser in Berlin, Dresden, Mailand, Wien, Paris, London und New York. AuIri:e bei den Festspielen in Salzburg, Bayreuth, Schwe;ingen und Ludwigsburg sowie den Londoner Proms zeigen das internationale Renommee dieses Künstlers. Seine umfangreiche Lied- und Konzer:ätigkeit führte ihn u. a. zum Gewandhausorchester Leipzig, den Wiener, Münchner und Bamberger Philharmonikern, der Dresdner Staatskapelle, dem Orchester der Mailänder Scala und dem Royal Concertgebouw Orchestra sowie den Radiosinfonieorchestern in München und Hamburg. Als Bass bildet Franz-Josef Selig das Fundament des Ensembles. Nach dem Studium der Kirchenmusik wechselte er in die Hochschulklasse Gesang von Claudio Nicolai. Er ist regelmäßiger Gast an den großen Opernhäusern wie der Metropolitan Opera New York, der Mailänder Scala, der Opéra National de Paris, dem Royal Opera House Covent Garden, der Bayerische Staatsoper, der Wiener Staatsoper sowie bei den Salzburger und Bayreuther Festspielen, wo er zule;t als Daland und Hunding zu hören war. Auch als Konzertund Liedsänger ist Franz-Josef Selig im In- und Ausland gefragt. Der Pianist Gerold Huber studierte als Stipendiat an der Hochschule für Musik in München Klavier bei Friedemann Berger und Liedgestaltung bei Helmut Deutsch. Außerdem besuchte er die Liedklasse von Dietrich Fischer-Dieskau in Berlin. Er ist regelmäßig bei den bekannten Festivals wie der Schubertiade in Schwarzenberg, dem Rheingau Musik Festival, dem Edinburgh Festival oder den Schwe;inger Festspielen zu Gast. Zudem konzertiert er in berühmten Konzertsälen wie dem Lincoln Center New York, der Kölner Philharmonie, der Alten Oper Frankfurt, dem Wiener Konzerthaus, dem Concertgebouw Amsterdam, Oji Hall Tokio und der Londoner Wigmore Hall. Solistisch widmet er sich vornehmlich den Werken Johann Sebastian Bachs, Ludwig van Beethovens und Franz Schuberts. 31
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