LEHREN UND FORSCHEN 107 Interview mit Praxisassistent Dr. Dominic Staudenmann «Der grosse Vorteil sind die un zähligen praktischen Erfahrungen» Dominic Staudenmann, Gabriela Rohrer Dr. Dominic Staudenmann absolvierte eine Praxisassistenz in der Praxis von Dr. Cuno Wetzel in Schönbühl. Unsere Redaktorin Gabriela Rohrer hat ihn zu seinen bisherigen Erfahrungen befragt. Gabriela Rohrer: Warum machst du eine Praxis Abläufen sowie der Zusammenarbeit des Praxisteams. assistenz? Notfallmedizin Kategorie IV würde doch Ich wurde vom Lehrarzt sowie von den MPA sehr herz- auch reichen für den Facharzttitel ... lich empfangen. Auch die Resonanz der Patienten war Neben der sicherlich klinisch sehr relevanten Ausbil- sehr erfreulich. Viele ermuntern mich und hatten dung in den Spitälern war für mich von Anfang an klar, Freude, von einem jungen Arzt mitbetreut zu werden. dass ich unbedingt eine Praxisassistenz absolvieren Natürlich musste ich auch lernen, dass der Diagnose- möchte. Ich wollte nach der Basis-Weiterbildung mög- weg und der Entscheidungsfindungsprozess, der durch lichst früh in eine Hausarztpraxis, um zu schauen, ob die Prävalenz und Inzidenz von Krankheit in der Be- Hausarzt für mich das richtige Berufsziel ist, aber auch, völkerung bestimmt wird, oft ganz anders sind als im um das Weiterbildungs-Curriculum entsprechend Spital. meinen Stärken und Schwächen zu planen. Des Weiteren bietet die Hausarztmedizin ganz andere GR: Hattest du einen «Praxisschock»? Aspekte. Sie stellt normalerweise den ersten, unvor- Da ich im Spital bereits Erfahrungen in der ambulan- eingenommenen medizinischen Kontaktpunkt im ten Medizin (Notfall, ambulante Patienten) sammeln Gesundheitssystem dar und kann sich über eine grosse konnte, hatte ich keinen Praxisschock. Nichtsdesto- Diversität verschiedener Gesundheitsprobleme, un- trotz war die Umstellung anfänglich anstrengend, da abhängig von Alter, Geschlecht oder Sozialstatus, pro- der Patientenload in der Hausarztpraxis grösser ist als filieren. im Spital. Zusätzlich ist die theoretische Weiterbildung im Praxisalltag deutlich schwieriger (im Spital gibt es GR: Wie bist du zu deinem Lehrarzt gekommen, täglich organisierte Fortbildungen); es braucht ein warum hast du dich ausgerechnet für diese Praxis hohes Mass an Eigeninitiative, sich am Abend nach ei- entschieden? nem ausgefüllten Praxisalltag noch hinter die Bücher/ Um einen möglichst breiten Einblick in die hausärzt- Journals zu machen. Demgegenüber steht natürlich liche Tätigkeit und die Fertigkeiten zu erwerben, wollte der grosse Vorteil unzähliger praktischer Erfahrungen ich in eine ländliche Praxis. Zusätzlich fasziniert mich und Beispiele. die Sportmedizin. So hatte ich natürlich eine riesige Möglichkeit, vom grossen Wissen von Dr. Cuno Wetzel (Teamarzt BSC Young Boys und der Schweizer FussballNationalmannschaft) zu profitieren. GR: Bist du in einem kantonalen Programm? Ich bin am Praxisassistenzprogramm des Kantons Bern angeschlossen. GR: Wie ist es dir in deiner ersten Woche ergangen, wie wurdest du in der Praxis empfangen, vom Lehrarzt,von den MPA, den Patienten? Wie jeder Anfang, waren natürlich die ersten paar Wochen geprägt vom Kennenlernen des Praxisalltags, den PRIMARY AND HOSPITAL CARE – ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN 2016;16(6):107–108 Dr. med. Dominic Staudenmann ist 1984 geboren. Er hat in Fribourg und Lausanne Medizin studiert und 2011 mit dem Staatsexamen abgeschlossen. Nach Assisntenzen in Anästhesie/Intensivmedizin, Radiologie und Innerer Medizin arbeitete er 2015 für ein halbes Jahr als Praxis assistent bei Dr. Cuno Wetzel in Schönbühl. LEHREN UND FORSCHEN Korrespondenz: Dr. med. Gabriela Rohrer Flurweg 22a CH-3250 Lyss garielarohrer[at]bluewin.ch 108 GR: Wie bist du zufrieden mit den Arbeits nalen Praxisassistenzprogramms – auch die Ent- bedingungen, und könntest du dir vorstellen, später löhnung gut. Jeden Abend, wenn ich die Praxis verlasse in die Praxis deines Lehrarztes einzusteigen? und mit dem Rennvelo Richtung Bern fahre, habe Im Gegensatz zum Spital bietet die Arbeit in der Praxis ich das Gefühl, einen sehr abwechslungsreichen, an- einen ziemlich geregelten Berufsalltag, ohne Nacht- spruchsvollen und erfüllenden Beruf ausüben zu oder Wochenendschichten. Die Wertschätzung der können. Daher kann ich mir gut vorstellen, vielleicht Hausarztpatienten ist tendenziell sehr hoch (sicherlich einmal in die Praxis von Dr. Wetzel einzusteigen. hilft die oft jahrelange Arzt-Patient-Beziehung). Neben der grossen Arbeitsbefriedigung ist – dank des kanto- PRIMARY AND HOSPITAL CARE – ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN 2016;16(6):107–108 GR: Vielen Dank für dieses Interview!
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