Predigt von Andree Werder zum Gottesdienst am 15. November

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Predigt von Andree Werder zum Gottesdienst am 15. November 2015 in der
Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Stelle
1. Petrus 4, 12-13 – Freude im Leiden? Gott macht´s möglich!
Viele Dinge lohnen sich einfach nicht! Daher bläute mir mein BWL-Lehrer in der Schule immer
wieder ein, auch für die Dinge des täglichen Lebens eine Kosten-Nutzen-Analyse zu machen!
Viele Dinge, die man machen will, bringen nichts ein und die investierte Kraft, Zeit und Geld ist
vergeudet. Wir kennen viele Beispiele, Glücksspiele sind so eine Sache. Und wer gerne den
Trödeltrupp im Fernsehen guckt, der weiß, dass Sammelleidenschaften auch sehr kritisch zu
betrachten sind. Kosten und Nutzen liegen oft sehr weit auseinander!
Ich muss zugeben, als ich mich entschieden habe, Jesus Christus nachzufolgen, habe ich
dabei nur den Nutzen bedacht, aber nicht, dass es mich vielleicht auch etwas kosten könnte.
Ich fand ein Leben mit Jesus sinnvoll, die Argumente dafür plausibel. Geborgenheit in Gott,
nimmer mehr dürsten, Schuld wird vergeben, ein neuer Leib, ewiges Leben in einer neuen
Welt. Das sind Verheißungen, die gut tun. Christen lieben Frieden und Geborgenheit.
Zu gerne predige ich ein Leben mit Christus auch als Wellness. Und tatsächlich: Gott möchte
auch, dass wir uns wohlfühlen. In ihm zur Ruhe kommen, in seiner Gegenwart Kraft tanken.
So nehmen wir gerne Bibelworte auf und geben sie auch gerne weiter, weil sie uns ein Gefühl
der Geborgenheit in Gott geben.
Aber manchmal kommen Unannehmlichkeiten auf, die unser Glauben ins Wanken bringen.
Von solchen lesen wir auch in der Bibel, Verse, die unbequem sind und uns vielleicht Angst
machen, weil es dort nicht mehr nach Ruhe und Frieden klingt, sondern nach Ärger!
Der heutige Predigttext zum Gebetstag für verfolgte Christen steht im 1. Petrusbrief.
Diese Verse sind so welche, bei denen wir ahnen, dass die Nachfolge mit Jesus nicht nur
Happyness mit sich bringt, sondern auch schwere Zeiten.
So lese ich aus dem 1. Petrusbrief, 4. Kapitel die Verse 12 und 13:
Meine lieben Freunde! Wundert euch nicht über die heftigen Anfeindungen, die ihr jetzt erfahrt. Sie
sollen euren Glauben prüfen und festigen und sind nichts Außergewöhnliches.
Freut euch vielmehr darüber, dass ihr mit Christus leidet; dann werdet ihr auch jubeln und euch mit
ihm freuen, wenn er in all seiner Herrlichkeit erscheint.
Ein Leben mit Christus bringt manchmal Stress. Gerade die Briefe des Neuen Testamentes
berichten davon. In unserem Text steht „heftige Anfeindungen“, in wortgetreueren
Übersetzungen lesen wir sogar vom Feuer der Verfolgung. Aber gleich dahinter schreibt
Petrus, dass dieses nichts Außergewöhnliches sein soll? Und darüber sollen wir uns noch
freuen! Das bedarf der Klärung, mal die Nachfolge zu Jesus auch in schweren Zeiten auf das
Kosten-Nutzen Verhältnis hin zu prüfen und zu schauen, warum sich Christsein lohnt.
Gucken wir in den ersten Teil des Textes:
„Meine lieben Freunde! Wundert euch nicht über die heftigen Anfeindungen, die ihr jetzt erfahrt. Sie
sollen euren Glauben prüfen und festigen und sind nichts Außergewöhnliches.“
Ich will nicht leiden! Mir reicht schon mein gebrochener Fuß und schon gar nicht will ich leiden
wegen meines Glaubens an Jesus Christus. Da ist es schön zu wissen, dass unsere
aufgeklärte, zivilisierte Gesellschaft eigentlich auch keinen Spielraum für Christenverfolgung
lässt. Hier in unserem Land soll jeder den anderen so akzeptieren, wie er ist. Das ist in
unserer ranghöchsten Rechtsnorm, dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland fest
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verankert. Uns geht es hier gut! Aber es gibt auch hier in unserem Land keinen Grund uns
zurückzulehnen. Denn seit Jahrtausenden gibt es immer wieder dieselben
Leidenserfahrungen: Christen werden verfolgt, weil sie zu Christus gehören. Machthaber
können ihren totalen Anspruch auf den ganzen Menschen einfach nicht durchsetzen. Das
müssen gegenwärtig unsere Glaubensgeschwister in Nordkorea, in Somalia, im Irak, Syrien
und so vielen Ländern erleben. Auch wenn einige nun gedacht haben, die Bedrängnis ist weit
weg, da können wir eh nicht viel ausrichten, so sehen wir mit der aktuellen Flüchtlingssituation,
dass diese Ereignisse nun direkte Folgen für unseren Lebensraum haben.
Es sind nicht nur einfach Flüchtlinge aus fernen Ländern, die zu uns gekommen sind, es sind
von Gott geliebte Menschen. Und darunter sind auch unsere Glaubensgeschwister. Wir
merken schnell, dass Konflikte, die bisher weit weg schienen, nun auch in Deutschland
angekommen sind.
Mittlerweile müssen auch in Deutschland Christen, die sich treu zu Gott bekennen,
Verachtung, Ausgrenzung und Misshandlung erleben.
Berichte gehen durch die Medien, dass es in deutschen Flüchtlingsunterkünften immer wieder
zu Übergriffen auf Christen kommt. Der Fall eines Christen aus Afghanistan, der flüchtete, weil
er unter größten Schwierigkeiten eine Bibel besaß, kam in den Nachrichten. Er kam nun ins
sichere Deutschland und erlebt auch hier massive Bedrängnis in seiner Unterkunft, gerade
wegen dem Besitz seiner Bibel.
Aber auch im geregelten gesellschaftlichen Leben, wie an einer Hamburger Schule, wo
Banden Schüler als Christenschweine drangsalieren. Wir dürfen uns nicht einbilden, dass
unser Grundgesetz das Feuer der Verfolgung, von dem die Bibel berichtet, verhindert.
Solange das Böse nach wie vor Bestandteil dieser Welt ist, müssen wir einsehen, dass es für
uns Christen auf dieser Welt nie wirklichen Frieden geben wird.
Petrus bringt es auf den Punkt:
„Wundert euch nicht über die heftigen Anfeindungen... sie... sind nichts Außergewöhnliches.“ (4,12)
Verfolgung ist normal! Wir müssen uns auch als Christen in Deutschland immer wieder
bewusst machen, dass auch hier das Evangelium, die gute Nachricht schon immer als Grund
für Verfolgung benutzt wurde.
Ich denke an die Zeit vor über 70 Jahren, wo in der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft
viele Christen Gott mehr gehorchen wollten als den Menschen. Und viele bezahlten dieses mit
ihrem Leben! Das ist lange her, doch Petrus schreibt hier Klartext über alle Zeiten hinweg:
Verfolgung ist nichts Außergewöhnliches!
Es ist etwas normales, sagt Petrus, aber er schreibt gleich dahinter:
„Freut euch vielmehr darüber, das s ihr mit Christus leidet“ (4,13)
In diesem Satz sind drei wesentliche Bestandteile im Leben eines Christen zusammengefasst:
Freude – Christus – Leiden
Fangen wir mit dem Letzten an: Verfolgung ist Leid! Es ist schlimm und so gibt es aus rein
menschlicher Sicht viele Gründe zu sagen, dass man aus Angst um das Leben den Glauben
an Christus lieber nicht zeigen sollte.
Umso erstaunlicher ist, dass gerade in Zeiten der Bedrängnis Menschen nicht aufgehört, sich
zu Christus zu bekennen. Trotz größten Leid halten heute weltweit 100 Millionen Menschen in
der Verfolgung an ihrem Bekenntnis zu Jesus Christus fest, gerade weil sie das Leben wählen.
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Am heutigen Weltgebetstag für die verfolgten Christen wollen nicht nur über das Leid
sprechen, sondern gerade über das, was Gott seinen leidenden Kindern schenkt.
Wenn Christen leiden, dann dürfen sie sich freuen. Denn es überwiegt die Gewissheit, dass egal was passiert, und selbst wenn der Tod eintritt - wir in Jesus geborgen sind und Gottes
Verheißungen Wirklichkeit werden. Ein Leben mit Christus bringt Leben in Fülle!
So schwach die leidende Gemeinde Jesu Christi nach außen hin aussieht, so stark ist sie
letztlich durch und in ihren Herrn. Wenn wir in die Bibel schauen, dann lesen wir, dass Gott
sich gerade durch die scheinbar Schwachen als der starke Gott erwiesen hat:
So wurde das Findelkind Mose zum Führer eines Volkes, der kleine David zum Helden, der
junge Jeremia zum vollmächtigen Verkündiger. Jesus Christus kam ärmlich in einem Stall zur
Welt - und wird zum Retter dieser Welt.Gott ist gerade im vermeintlich Schwachen mächtig.
Aus allen Teilen der Welt erfahren wir heute von großartigen Wundern, die Gott seiner
verfolgten Gemeinde schenkt:
In Nordkoreas Straflagern kommen Menschen zum lebendigen Glauben an Jesus Christus.
In tiefer Not gibt es in den erstarrten Strukturen der Kirchen Syriens, Ägyptens, in der Ukraine
neue Erweckungen.
In Nordafrika geht von den kleinen Christengemeinden ein nicht zu übersehender Segen aus.
Christen erleben Wunder der Bewahrung und Heilungen über die Gemeindegrenzen hinaus.
Gott handelt in sichtbaren Zeichen und Wundern. Jesu Kraft ist gerade in der Bedrängnis
sichtbar. Und das sind lebendige Gotteserfahrungen, die wir so auch bei uns wünschten.
Das macht Freude - Freude in Christus! Der Heilige Geist ist der Grund dafür. Jesus ging von
dieser Welt, aber er ließ seine Kinder nicht alleine zurück. Er hielt sein Versprechen und
sandte uns den Tröster. Es ist die Gegenwart des Heiligen Geistes, die dieses ganz
besondere Empfinden in uns möglich macht, selbst im Feuer der Verfolgung Freude zu
empfinden. Denn Jesus hat keine Aufgabe des Heiligen Geistes häufiger angesprochen, als
die, Helfer und Tröster in der Verfolgung zu sein. Dazu finden wir viele praktische Beispiele in
der Bibel, wie z.B. in der Apostelgeschichte als Paulus und Silas im Gefängnis saßen. Um
Mitternacht aber beteten sie und sangen Loblieder für Gott und die Gefangenen hörten ihnen
zu“ (Apostelgeschichte 16,25).
Durch die Kraft des Heiligen Geistes, die Gottes Kinder in schweren Zeiten durchträgt,
entsteht dieser scheinbare Widerspruch von Leid und Freude. Durch ihn bekommen wir die
Kraft, mit Jesus Christus auf dem Weg zu bleiben und am Ziel festzuhalten. Freude als
Geschenk des Heiligen Geistes ist intensiv und kommt von uns aus dem tiefsten Inneren.
Die bekommen wir, ohne dass wir uns verbiegen, ja als fromme Leute die Happynessmaske
aufsetzen müssen und sagen: Jaaaa! Mit Gott ist alles toll!
Freu dich, wenn du Bauchschmerzen hast,
Lobe Gott, wenn dein Auto kaputt geht,
Sei glücklich, wenn dich jemand bedroht.
Verse der Bibel dienen nicht dazu, uns etwas einzureden! Sie sollen uns ermutigen, immer
wieder Gottes Nähe zu suchen und uns von ihm versorgen zu lassen. In seiner Nähe
bekommen wir dann alles, was wir brauchen.
Noch bestimmt Leid unser Leben, wir müssen uns aber immer im Klaren sein, dass es
vergänglich ist und nur eine Durchgangsstation hin zur Herrlichkeit bei Gott. Die Freude
darüber wird ewig sein. Auch die Freude darüber, dass wir das Vorrecht hatten, mit Christus
zu leiden. Manche Christen entnehmen aus der Bibel, beispielsweise aus der Bergpredigt oder
der Offenbarung, dass Gott seine Märtyrer belohnt. Matthäus 5,11 gibt dazu einen Hinweis.
Jesus sagt dort:
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„Glücklich könnt ihr sein, wenn ihr verachtet, verfolgt und verleumdet werdet, weil ihr mir nachfolgt.
Ja, freut euch und jubelt, denn im Himmel werdet ihr dafür reich belohnt werden!“
Aber damit hier kein Missverständnis aufkommt, sag ich es nochmal:
Verfolgung ist Leid! Und Leiden ist kein erstrebenswertes Ziel! Es ist nichts, wonach man sich
sehnen soll und es ist schon gar kein Zustand, den wir uns erarbeiten sollen, um Gott zu
gefallen. Jesus sagt mit keiner Silbe, dass Leiden mit Todesfolge das Ziel, das höchste Level
ist, das ein Christ hier in dieser Welt erreichen kann. Wir dürfen nicht vergessen, dass Leid,
Angst und Not eine Folge des Sündenfalls ist und in Gottes Schöpfung ursprünglich nicht
vorgesehen war und es auch in Gottes neuer Welt nicht vorgesehen ist. Wir, die mit Christus
auf dem Weg bleiben, werden reich belohnt. Hier gibt es keine Extrabelohnung.
Wir müssen uns immer wieder klarmachen, dass das Leben eines Christen von denselben
Gegebenheiten bestimmt wird, wie die unseres Herrn Jesus Christus, nämlich heute Leiden,
morgen Herrlichkeit. Unser Herr Jesus Christus hat Leiden auf sich genommen, damit jeder
Mensch die Möglichkeit hat umzukehren und gerettet wird. Diese Botschaft sollen wir
weitersagen, weil Gott immer noch möchte, dass alle Menschen gerettet werden.
Daher soll uns Verse der Bibel nicht zum fanatischen Freudenfest anregen sondern uns
gegenseitig ermutigen, in allem Leid näher zu Gott zu rücken. Geistesgegenwärtig zu leben
und uns ihm immer wieder ihm zuwenden. Wir können daher Verfolgung nur als „Leid“
bezeichnen. Aber wir dürfen uns ermutigen und sollen uns freuen, dass wir zu Gott gehören.
Denn sein Geist ist stärker als alles Leid und er gibt seinen Kinder zur rechten Zeit, was sie
brauchen. Sein Geist ist es, der Kraft, Liebe und Besonnenheit schenkt, wenn rundherum alles
verloren scheint. So ist Freude im Leiden möglich.
Allerdings fällt mir gegenwärtig schwer, vorzustellen, ob ich in Zeiten von Anfeindungen
tatsächlich stark im Glauben bleibe. Und was ist, wenn die Angst überwiegt?
Corrie ten Boom gab dazu ein schönes Beispiel aus ihrem Leben.
Als Kind hatte sie zu ihrem Vater gesagt:
„Papa, ich glaube nicht, dass ich für Jesus leiden könnte. Mein Glaube ist nicht stark genug.”
Ihr Vater antwortete: „Corrie, wenn du mit dem Zug von Haarlem nach Amsterdam fährst, wann
gebe ich dir die Fahrkarte? Lange vorher?”
„Nein, erst dann, wenn ich fahre.”
„Genauso macht Gott es auch. Jetzt brauchst du den Glauben noch nicht dafür. Aber wenn der
Moment kommen sollte, wird Gott dir das Nötige schenken.”
Es ist ein Dialog aus ihrer Kindheit, doch der Zeitpunkt sollte kommen, an dem sie die
Wahrheit dieser Worte erkennen sollte. Familie ten Boom hat aus der Nachfolge Jesu heraus
Juden in ihrem Haus versteckt. Sie wurden denunziert und verhaftet. Schließlich wurde Corrie
ten Boom zusammen mit ihrer Schwester ins KZ Ravensbrück deportiert.
Durch ihre konsequente Nachfolge Jesu kam sie in größte Not, aber sie hörte nicht auf, sich
zu Jesus zu bekennen. Mit einer Bibel, die sie bei ihrer Einlieferung ins Lager an der Kontrolle
vorbei einschmuggeln konnte, hielt sie im Lager heimlich Bibelstunden, um den
Überlebenswillen vieler Mitgefangener zu stärken und ihnen Hoffnung zu geben.
Anders als ihr Vater und ihre Schwester Betsie überlebte sie die Qualen.
Ein entscheidendes Argument in der Kosten-Nutzen Analyse ist Nachhaltigkeit. Was ist von
langer Dauer? Was ist von großem Nutzen? Was trägt in schwierigen Zeiten, gerade in dem
Moment, wo man den Tod vor Augen hat? Ob man im Leben immer schicke Autos gehabt
hat? Oder viele Urlaubsreisen? Sicher nur das, was auch zukünftig noch Kraft hat und im
entscheidenden Moment wirkt. Gott stellt uns mit seinem Geist jemand zur Seite, der uns in
dieser Zeit beisteht und hinführt zu einer neuen Welt, in der es kein Leid mehr gibt.
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Sicher, eine Nachfolge Christi kostet oft mehr, als uns vielleicht lieb ist. Es kann uns das
Leben kosten, aber der Nutzen ist unermesslich! Am Ende werdet
„..ihr auch jubeln und euch mit ihm freuen, wenn er in all seiner Herrlichkeit erscheint.“ (4,13)
Denn für das, was Gott für dich vorbereitet hat, ewiges Leben in Fülle, für immer in Gottes
Nähe, nie mehr Leid. Dafür lohnt es sich bei Gott zu bleiben, zu ertragen und letztlich zu
siegen - in Jesus Christus, unserem Herrn!
Amen