36 Eisenbahn-Bundesamt soll systematisch überzahlte Zuwen

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Drucksache 18/XXXX
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)
(Einzelplan 12)
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Eisenbahn-Bundesamt soll systematisch überzahlte Zuwendungen von Eisenbahninfrastrukturunternehmen zurückfordern
Kat. B
(Kapitel 1222 Titel 891 01)
36.0
Eisenbahninfrastrukturunternehmen haben Kosten gegenüber dem Bund systematisch zu
hoch abgerechnet. Seit dem Jahr 2012 verhandelt das Eisenbahn-Bundesamt mit ihnen
darüber, wie die Schadenshöhe mit einem Stichprobenverfahren ermittelt werden soll.
Mangels Ergebnis forderte es noch keine Mittel zurück.
36.1
Systematische Fehler bei Kostenabrechnungen
Auf der Grundlage von Finanzierungsvereinbarungen erstattet der Bund den Eisenbahninfrastrukturunternehmen (Unternehmen) zuwendungsfähige Kosten für den Neuund Ausbau seines Schienenwegenetzes (Baukosten). Zusätzlich zahlt der Bund auf die
Baukosten einen prozentualen Aufschlag. Dieser soll die Planungs- und Verwaltungskosten
der Unternehmen pauschal abdecken.
Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) vereinbarte mit den Unternehmen, welche Leistungen zu
Bauleistungen und welche zu Planungsleistungen gehören sollten. Diese Festlegungen
galten für alle Finanzierungsvereinbarungen.
Die Unternehmen beauftragten Firmen (Auftragnehmer) mit der Bauausführung. Als Vorlage für die Verträge mit den Auftragnehmern verwendeten sie Musterverträge oder andere
standardisierte Verträge. In diesen war geregelt, dass die Auftragnehmer ihre Aufwendungen für Planungs- und Verwaltungsleistungen in ihre Baukosten einzurechnen haben.
Auf dieser Grundlage rechneten die Unternehmen die Planungs- und Verwaltungsleistungen
als Baukosten mit dem Bund ab. Zusätzlich erhielten sie den prozentualen Aufschlag auf die
Baukosten. Der Bund berücksichtigte Planungs- und Verwaltungsleistungen dadurch
doppelt; dies führte zu erheblichen Überzahlungen.
Der Bundesrechnungshof prüfte mit Unterstützung des Prüfungsamtes des Bundes Stuttgart mehrere Baumaßnahmen, für die Unternehmen Zuwendungen des Bundes erhielten.
Er beanstandete seit dem Jahr 2006 mehrfach Überzahlungen und empfahl jeweils, die
überzahlten Zuwendungen zurückzufordern. Zudem stellte er fest, dass die Unternehmen
nicht nur bei den auf Musterverträgen beruhenden Verträgen, sondern auch bei Liefer- und
Dienstleistungsverträgen Planungs- und Verwaltungsleistungen vereinbarungswidrig abrechneten.
Das EBA bestätigte die Feststellungen des Bundesrechnungshofes und teilte seine Bewertung zu den Abrechnungen. Auch nach seiner Auffassung hätten die Unternehmen weder
bei den Bau- noch bei den Liefer- und Dienstleistungen Planungs- und Verwaltungskosten
zusätzlich abrechnen dürfen. Die Musterverträge und die standardisierten Verträge führten
zu systematischen Überzahlungen.
Ermittlung der Schadenshöhe und Rückforderung
Das EBA verlangte im Jahr 2012 von den Unternehmen eine Aufstellung aller Bauverträge,
die auf den Musterverträgen basierten. Es verfolgte damit das Ziel, die genaue Scha-
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denshöhe zu ermitteln und anschließend die Überzahlungen zurückzufordern. Es schätzte
damals den Schaden für den Bund auf einen zweistelligen Millionenbetrag.
Im August 2013 gab das EBA an, es habe von den Unternehmen eine Liste mit 1 100
Bauverträgen erhalten. Für diese Verträge hätten die Unternehmen Zuwendungen des
Bundes von 2,3 Mrd. Euro in Anspruch genommen. Es sei ihm aus Kapazitätsgründen nicht
möglich, alle Verträge zu überprüfen. Es wolle ein Stichprobenverfahren anwenden und den
gesamten Schaden mit einer Hochrechnung ermitteln. Der Bundesrechnungshof gab dem
EBA Hinweise zum geplanten Stichprobenverfahren. So teilte er ihm u. a. mit, welche
Leistungspositionen der Abrechnungen häufig falsch waren.
Das EBA und die Unternehmen einigten sich noch nicht darüber, wie das Stichprobenverfahren genau ausgestaltet sein soll. Die überzahlten Zuwendungen forderte der Bund noch
nicht zurück.
36.2
Der Bundesrechnungshof hat kritisiert, dass das EBA die Schadenshöhe noch nicht ermittelt
und demzufolge die Überzahlungen nicht geltend gemacht hat. Er hat das EBA aufgefordert
sich festzulegen, bis wann es die genaue Schadenshöhe ermittelt und die überzahlten
Zuwendungen zurückfordert.
36.3
Das BMVI hat in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass das EBA für die Schadensermittlung Daten von den Unternehmen benötigt. Seit März 2015 liege dem EBA eine
„finale“ Liste vor. Diese solle die Grundlage für die stichprobenartige Überprüfung sein.
Geplant sei, die Schadenshöhe bis September 2015 zu ermitteln und anschließend die
überzahlten Zuwendungen zurückzufordern. Hierzu habe das EBA im Dezember 2014 einen
Zeitplan erstellt. Eine Liste der Liefer- und Dienstleistungsverträge liege ihm noch nicht vor.
Für diese Verträge gebe es keine Musterverträge. Zudem sei es strittig, ob hier überhaupt
ein Systemfehler vorgelegen habe.
Die vom Bundesrechnungshof kritisierte lange Bearbeitungszeit sei durch die „komplexen
Sachverhalte“ bedingt. Es könne einen „zweistelligen Millionenbetrag“ als Schadenshöhe
nicht bestätigen, da es sich lediglich um eine „Modellschätzung“ des EBA handele. Aussagen
zur Schadenshöhe seien erst nach Auswertung der Stichprobe möglich.
Das BMVI hat zudem mitgeteilt, dass die Unternehmen auf Betreiben des EBA die Musterverträge überarbeitet haben.
Auch die Unternehmen haben zu den Ausführungen des Bundesrechnungshofes Stellung
genommen. Sie haben darauf hingewiesen, dass sie dem EBA eine Aufstellung mit rund
350 000 Datensätzen zu den Bauverträgen übermittelt hätten. Dafür hätten sie mehr Zeit
als vorgesehen benötigt. Die Aufstellung umfasse alle betroffenen Bauverträge seit dem
Jahr 2006.
36.4
Der Bundesrechnungshof erkennt an, dass das EBA den Schaden aufarbeiten will. Auch
erkennt er an, dass es erfolgreich auf die Überarbeitung der Musterverträge hingewirkt hat.
Damit sollte es ihm künftig leichter fallen, bei den Abrechnungen Planungs- und Verwaltungskosten von den Baukosten abzugrenzen.
Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist, dass das EBA einen Zeitplan erstellt hat und
nun auch Abrechnungen zu Liefer- und Dienstleistungsverträgen untersuchen will. Der
Bundesrechnunghof kann nachvollziehen, dass das EBA bei der genauen Ausgestaltung des
Stichprobenverfahrens auf die Kooperationsbereitschaft der Unternehmen angewiesen ist.
Der Gesamtwert der relevanten Verträge und die hohe Anzahl an Datensätzen verdeutlichen die Dimension der systematischen Fehler. Gerade deshalb hat sich das EBA für ein
Stichprobenverfahren entschieden. Dass es dennoch nach mehr als zwei Jahren keine
belastbare Schadenshöhe ermittelt hat, ist nicht hinnehmbar.
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Der Bundesrechnungshof teilt die Auffassung des BMVI nicht, bei den Abrechnungen zu den
Liefer- und Dienstleistungsverträgen habe es keinen systematischen Fehler gegeben. Denn
auch bei diesen Abrechnungen waren die Planungs- und Verwaltungsleistungen doppelt
berücksichtigt.
Er erwartet vom BMVI sicherzustellen, dass das EBA betroffene Verträge unverzüglich
stichprobenartig überprüft und zusätzlich auch Liefer- und Dienstleistungsverträge berücksichtigt. Die so ermittelten überzahlten Beträge soll es unverzüglich zurückfordern.
In künftigen Vereinbarungen sollte das EBA Sanktionsmöglichkeiten wie z. B. Vertragsstrafen für den Fall vorsehen, dass die Unternehmen systematisch vereinbarungswidrig
abrechnen.