45-Stunden-Woche soll fallen

Datum: 20.11.2015
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Abo-Nr.: 660008
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45-Stunden-Woche soll fallen
Die Wirtschaftsverbände verlangen die Liberalisierung des schweizerischen Arbeitsgesetzes: Nur noch die
gesamte Jahresarbeitszeit soll definiert werden.
setz für betroffene Branchen «nur die
Am deutlichsten äussert sich TreuAndreas Valda
Jahresarbeitszeit
zu
regeln».
Er
betont
handsuisse.
Eine Gesetzesrevision sei unDie erste Sitzung fand vor zwei Wochen
die
Wichtigkeit
des
Vorhabens.
«Die
umgänglich,
sagt Geschäftsführerin Vastatt. Geladen waren «die üblichen Ver-
stehenden politischen Anliegen nessa J. Lincoln. Man wolle sich nicht
dächtigen», sagt ein Teilnehmer, das oben
sind
sehr
relevant, da die bestehenden mehr «auf wöchentliche Arbeitszeiten
heisst die Spitzen der Branchenver- Regeln nicht
mehr der Realität der mo- ausrichten». Mitarbeitende auf allen Stubände, deren Mitgliederfirmen häufig im
Konflikt mit dem Arbeitsgesetz stehen.
Den Firmen gemeinsam ist, dass kantonale Arbeitsinspektoren bei ihnen vehement eine rechtskonforme Arbeitszeitkontrolle einfordern.
Koordinator des politischen Projekts
ist der Verband Expertsuisse. Er vertritt
dernen Arbeitsformen in unserer Dienstleistungsgesellschaft entsprechen.»
Die Arbeitsbelastung von Wirtschaftsprüfern und Beratern ist je nach Jahreszeit sehr unterschiedlich. In einem NZZ-
fen seien gewohnt, «ihre Mandate in hoher Eigenverantwortung zeit- und fachgerecht für ihre Kunden abzuwickeln».
Auch das Verbot der Sonntagsarbeit sei
«nicht sinnvoll». Nach der saisonalen
Artikel vor zwei Wochen sagte Bürgy, Spitze würden die Überzeiten und Sonndass Wirtschaftsprüfer zwischen Januar tagsarbeitspensen wieder abgetragen.
Die Dachverbände Arbeitgeberver900 Arbeitgeber, darunter die «Big Four» und Juni «gängig 60-Stunden-Wochen»
band
und Gewerbeverband unterstützder Revisionsbranche, sowie 14 000 Mit- absolvierten. Angestellte von Banken
glieder. Sein Präsident Dominik Bürgy und Unternehmensberatern arbeiteten ten die Ansinnen. Eine Anpassung des
bestätigt: «Wir sind dran, einen konkre- «in der heissen Phase» von Projekten Arbeitsgesetzes sei «unausweichlich»,
ten Vorschlag auszuarbeiten, und haben «um 14 Stunden pro Tag und an Wochen- sagt Arbeitgeberdirektor Roland Müller.
Auf Details wollten beide Verbände aus
dafür andere Branchen kontaktiert.» enden». Beides ist verboten.
taktischen Gründen nicht eingehen.
Welche es sind, dürfe er nicht sagen. GeAngestellte von PWC, KPMG und Ernst
Deutlich reagierten die Arbeitnehsichert ist, dass der Versicherungsverband (SVV), der Arbeitgeberverband der
Banken und Treuhandsuisse dahinterstehen. Kontaktiert wurden der Anwaltsverband und der Verband Schweizer Medien
(VSM). Einbezogen sind auch der Arbeitgeberverband und der Gewerbeverband.
«Die nächste Sitzung ist vereinbart»,
sagte ein Teilnehmer. Diskutiert werden
drei Hauptpunkte:
Keine Wochenarbeitszeit
Heute gilt für Büropersonal, in der Industrie, für technische Berufe und im
Detailhandel (Grossbetriebe) die Höchstarbeitszeit von 45 Stunden. Die genann-
& Young bestätigten, dass 400 Überstun- merverbände. KV Schweiz liess den Leiden in drei Monaten «keine Seltenheit» ter von KV Zürich, Rolf Butz, antworten:
seien, ebenso «drei Monate ohne freies
Wochenende». Gewisse Mitarbeiter Was die Arbeitgeber propagierten, sei
schliefen «teilweise am Arbeitsplatz». «Arbeiten bis zum Umfallen». Die
Dem «Bund» bekannt ist eine Frau, die Schweiz erreiche «weltweit die höchste
von einer grossen Revisionsfirma für 400 Produktivität». Das hiesige ArbeitsgeÜberstunden mit 4000 Franken entschä- setz sei «eines der liberalsten der Welt».
digt wurde. Bürgy sagt, das Ziel sei nicht Ein Pilotprojekt des Bundes im Bankeneine Entschädigung, sondern eine Über- sektor habe unzweideutig gezeigt, dass
stundenkompensation im Jahresverlauf. unkontrollierte Arbeitszeit zu GesundHäufig betreffe es Studenten, die viel ar- heitsschäden führe. Dossierleiter Luca
beiteten und während der kompensier- Cirigliano vom Gewerkschaftsbund ergänzt, gerade die Branche der Treuhänten Zeit für Prüfungen lernten.
der und Wirtschaftsprüfer leide «sehr
unter Stress, körperlichen Stressfolgen
Einige Verbände bestätigen, am Projekt und Burn-out». Die erhobenen Forde-
ten Wirtschaftsverbände wollen diese «Mehr Freiheit» bei der Einteilung
45-Stunden-Woche aufheben.
Reduzierte minimale Ruhezeit
mitzuarbeiten, so etwa der SVV. Die ein- rungen seien «ein Frontalangriff auf den
Aktuell darf ein Arbeitnehmer maximal fache Regelung der Jahresarbeitszeit er- Schutz der Arbeitnehmer».
Arno Kerst, Präsident der Gewerk13 Stunden arbeiten. Die tägliche mini- laube «mehr Freiheit bei der Arbeitseinmale Ruhezeit beträgt 11 Stunden. Die Re- teilung als mit Regeln der maximalen Tagel soll gelockert werden.
ges- oder Wochenarbeitszeit». Sie solle
Sonntagsarbeit-Verbot lockern
aber nicht erhöht werden. Die ArbeitgeZurzeit ist Sonntagsarbeit im Grundsatz
verboten. Ausnahmen gelten für gewisse ber der Banken begrüssen «ÜberlegunBranchen, die wiederkehrende Tätigkei- gen, die auf eine Anpassung des in die
ten verrichten, die «technisch und wirt- Jahre gekommenen Arbeitsgesetzes abzielen». Der Anwaltsverband liess offen,
schaftlich unentbehrlich» sind.
Laut Bürgy gibt es noch keinen aus- ob eine Revision nötig sei. Der Verlegerformulierten Text. Eine Idee sei, im Ge- verband reagierte nicht.
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schaft Syna und Dossierverantwortlicher beim Arbeitnehmenden-Dachverband Travailsuisse, sagt, die Absicht der
Arbeitgeber seien «substanzielle Einsparungen, da Überstunden und die gesetz-
lichen Überzeiten nicht mehr nachgewiesen und damit nicht mehr zeitlich
oder finanziell eingefordert werden
könnten». Das Vorhaben bedeute die
Abschaffung «des Arbeitsvertrags, wel-
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cher den Lohn in Beziehung zur geleisteten Arbeitszeit setzt».
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In manchen Branchen sind 14-Stundentage keine Seltenheit. Doch das ist eigentlich verboten. Foto: Jean-Pierre Attal
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