Gutachten zur Artenvielfalt der Insekten auf der Alten Obstwiese

Faunistische Untersuchungen (Bienen und Wespen, Tagfalter, Heuschrecken) auf einer fast 100 Jahre alten Obstwiese der
Stadt Neumünster – Ergebnisse eines Gutachtens im Auftrag der UNB Neumünster
Artenvielfalt, „Bestäubungsservice“ und „biologischer Pflanzenschutz“ auf der
Obstwiese
Auf einer fast 100 Jahre alten Obstwiese im Norden der Stadt Neumünster wurden unter
Einbeziehung angrenzender Biotopflächen in den Jahren 2009/2010 69 Wildbienen- und 46
Wespenarten, 24 Tagfalter- sowie 11 Heuschreckenarten nachgewiesen. Darunter befanden
sich einige bemerkenswerte Funde und mehrere gefährdete Arten. Die Ergebnisse zeigen
die mögliche Bedeutung entsprechender Flächen für den Artenschutz. Gleichzeitig trägt die
Vielfalt einheimischer Wildbienen zur effizienten Bestäubung der Obstgehölze bei. Neben
der Honigbiene treten zahlreiche Arten aus den Gruppen der Sand-, Pelz-, Mauer- und
Furchenbienen sowie mehrere Hummelarten als Bestäuber auf.
Sie stehen auf Obstblüten!
Für zahlreiche Frühlingsarten unter den Bienen und
anderen Insekten sind die Blüten von Apfel, Birne,
Kirsche und Pflaume wichtige Nektar- und
Pollenquellen. Zu den typischen Besuchern der
Obstgehölze gehören auf den Untersuchungsflächen:
•
Sandbienenarten wie Andrena cineraria, A.
haemorrhoa, A. nitida, A. carantonica, A.
synadelpha
•
Pelzbiene Anthophora plumipes, Mauerbiene
Osmia bicornis
•
Steinhummel, Ackerhumel, Erdhummeln,
Baumhummel und andere
•
Furchenbienen wie Halictus tumulorum und
Halictus rubicundus und L. calceatum
Männchen und Weibchen der Roten Mauerbiene
Osmia bicornis
Die Rote Mauerbiene ist eine der häufigsten
Wildbienen in Gärten und Parks und ein effektiver
Bestäuber von Obstgehölzen.
Eng verwandt mit den Bienen sind die 312 in Schleswig-Holstein lebenden Wespenarten.
Davon zählen 11 zu den echten Wespen. Die übrigen Arten bilden mit einer Ausnahme keine
Staaten, verteidigen ihre Nester nicht und sind völlig friedfertig. Alle Wespen sind sehr
nützlich. Sie vertilgen eine große Zahl anderer Insekten. Im Untersuchungsgebiet wurden
bisher 46 Wespenarten festgestellt, darunter 30 Grab-, 5 Gold- und 6 Faltenwespenarten.
Nützliche Vertilger von Blattläusen und anderen
Insekten auf der Obstwiese
Viele Grabwespenarten sind relativ klein, schwarz
gefärbt und auf den ersten Blick nicht als Wespen zu
erkennen. Die Abbildung zeigt ein typisches Beispiel die häufige Art Crossocerus megacephalus, die als
Proviant für ihre Nachkommen Fliegen erbeutet.
Grabwespen leben räuberisch und sind je nach Art
auf bestimmte Beutetiere spezialisiert. So erbeuten die
im Rahmen der Untersuchungen nachgewiesenen
Arten wie die Sandknotenwespe Cerceris arenaria
Rüsselkäfer und viele Arten der Gattung Crossocerus
Fliegen und Mücken zur Versorgung ihrer Jungen. Die
Arten der Gattungen Nitela, Passaloecus und Pemphredon tragen ausschließlich Blattläuse als Beute ein
und sind somit als biologische Pflanzenschützer auf
der Obstwiese aktiv. Viele Grabwespenarten legen
ihre Nester vor allem in altem und abgestorbenem
Holz an. Sie bohren wie die im Holz nistenden Bienenarten das Holz dabei nicht eigenständig an, sondern
besiedeln als Nachmieter verlassene Käfergänge.
Diplom-Biologe Norbert Voigt
Umweltbildung & biologische Gutachten
Landweg 4, 24149 Kiel
[email protected]
Tel. 0431 - 36 431 15
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Faunistische Untersuchungen (Bienen und Wespen, Tagfalter, Heuschrecken) auf einer fast 100 Jahre alten Obstwiese der
Stadt Neumünster – Ergebnisse eines Gutachtens im Auftrag der UNB Neumünster
Unter den nachgewiesenen Arten sind der hohe Anteil holzbesiedelnder Arten auf der Obstwiese sowie die Nachweise gefährdeter Arten hervorzuheben. Unter den Bienen sind als
gefährdete Arten die Düsterbiene Stelis minuta, die als Kuckucksbiene auf größere Vorkommen ihrer Wirtsart Heriades truncorum angewiesen ist, sowie die Furchenbiene Lasioglossum quadrinotatum auf der Obstwiese gefunden worden. Unter den Wespen sind die HausFeldwespe Polistes dominula und die Lehmwespe Ancistrocerus parietum als besondere
Funde zu nennen. Weitere gefährdete Arten wie die Knautien-Sandbiene Andrena hattorfiana, die Seidenbiene Colletes fodiens, und die Hosenbiene Dasypoda plumipes wurden wie
die Schmetterlingsarten Sechsfleck-Widderchen Zygaena filipendulae und das Ampfer-Grünwidderchen Adscita statices auf den angrenzenden Brach- und Ruderalflächen festgestellt.
Zahlreiche Arten besiedeln altes Holz und oberirdische Hohlräume. So nistet die Löcherbiene Heriades
truncorum (unten links) in verlassenen Käfergängen alter Äste und besucht in der umgebenden Wiese oder
angrenzenden Flächen Korbblütler als Nahrungsquelle. Die Haus-Feldwespe (unten rechts) legt ihre Nester
dagegen bevorzugt in geschützten Hohlräumen und Höhlungen an. Die Art war noch vor 10 Jahren extrem selten
in Schleswig-Holstein und wird inzwischen häufiger gefunden. Sie unterscheidet sich von den echten Wespen
durch ihre wesentlich kleineren Nester, einen schlankeren Körperbau und die auffälligen orangegelben Fühler
und Beine. Im Flug lässt sie die Beine herabhängen und ist auch an diesem Flugbild gut zu erkennen.
Löcherbiene Heriades truncorum - eine häufige Art
auf der Obstbaumwiese und angrenzenden Flächen
Haus-Feldwespe Polistes dominula - sie baut ihre
Nester in geschützten Hohlräumen
Für die artenreiche Ausprägung der untersuchten Flächen, insbesondere die Fläche der
Obstwiese, erwiesen sich als besonders wichtig:
•
Ein umfangreiches Angebot an stehendem und liegendem Alt- und Totholz
•
Das umfangreiche Blütenangebot und zeitlich gestaffelte Blütenangebot (zahlreiche
verschiedene Sorten) auf der Fläche während der Obstblüte
•
Das Vorhandensein von weiteren Blütenpflanzen auf der Obstwiese sowie die
räumliche Verzahnung mit angrenzenden blütenreichen Flächen
•
Verzicht von Pflanzenschutzmitteln
•
Einbindung in ein übergeordnetes Biotopverbundsystem
•
Sandiger Boden und damit verbundene Nistmöglichkeiten auch für bodennistende
Wildbienen- und Grabwespenarten
Die vollständige Auswertung liegt in Form eines Endberichtes der UNB Neumünster vor:
Voigt, N. (2010): Untersuchung von Bienen, Wespen, Heuschrecken, Tagfalten auf ausgewählten Biotopflächen
der Stadt Neumünster .- unveröffentl. Gutachten im Auftrag d. Unteren Naturschutzbehörde d. Stadt Neumünster
Diplom-Biologe Norbert Voigt
Umweltbildung & biologische Gutachten
Landweg 4, 24149 Kiel
[email protected]
Tel. 0431 - 36 431 15
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