öffnen - Limesschule

Vor allem die Diäten sind wichtig
Die Schüler der Limesschule hatten sich im Unterricht mit Fragen auf das Gespräch mit der
Bundestagsabgeordneten vorbereitet. Fotos: Potengowski
Bettina Müller räumt in der Diskussion mit Schülern Versäumnisse ein, die Arbeit der Politiker zu
vermitteln.
POLITIKERALLTAG Bettina Müller diskutiert mit Altenstädter Schülern über ihre Arbeit und ihr
Leben als Bundestagsabgeordnete
ALTENSTADT - (ten). Im Rahmen des Jubiläumsjahrs der Limesschule war die SPDBundestagsabgeordnete Bettina Müller zu Gast an der Altenstädter Gesamtschule. Ausführlich beantwortete
sie Schülerfragen. Dabei interessierte die Jugendlichen vor allem die Bezahlung der Politiker.
„Ich freue mich sehr, wenn ich an Schulen bin, weil das oft sehr offene Gespräche sind“, erklärte Bettina
Müller zu Beginn der Diskussionsveranstaltung mit den Schülern. Zwar war anfangs eine gewisse Distanz
zu spüren. Diese drückte sich auch in der Sitzordnung aus. Die ersten vier Stuhlreihen blieben bei den
Schülern der Politik-Leistungskurse zunächst frei. Doch nach den ersten Fragen, die Bettina Müller sehr
offen beantwortete, war die Atmosphäre deutlich lockerer.
Im Unterricht waren zuvor Listen mit Fragen vorbereitet worden. Einige davon beantwortete Müller
allerdings bereits bei ihrer Vorstellung, bevor die Fragen überhaupt gestellt wurden. Vor allem die
Informationen zu ihrem Privatleben ließen ahnen, welche emotionalen Belastungen das Mandat für einen
Familienmenschen wie Müller bedeutet.
„Wenn mein Enkel am Montag früh die Treppe herunter ruft, ,Oma, bleib doch’, da blutet mir das Herz“,
beschrieb sie. Gemeinsam mit ihrem Mann, ihren Kindern und den beiden Enkeln hat sie sich in
Flörsbachtal das Zukunftsmodell vom Zusammenleben der Generationen erfüllt. Wenngleich es nicht immer
so harmonisch ist, wie sich Müller das wünscht. „Mein Mann und mein Sohn haben eine andere
Schmutztoleranz.“ Deshalb müsse sie manchmal, wenn sie am Wochenende aus Berlin komme, erst mal
aufräumen und putzen. Trotz aller erfolgreichen emanzipatorischen Bemühungen in ihrem Leben bleibt auch
die Bundestagsabgeordnete nicht von den Problemen vieler Partnerschaften und Familien verschont.
Vielleicht erklären diese Konflikte zwischen Privatleben und Mandat auch, warum sich in der Mehrzahl
bestimmte Charaktere für den Beruf des Politikers entscheiden. Müller sprach von einem „Glaskasten“
Berlin. „Wir brauchen vor allem Menschen, die eine gewisse Lebenserfahrung haben und wissen, was die
Menschen umtreibt“, wünschte sie sich von Politikern. Gut seien Politiker, die auch in Vereinen oder der
normalen Arbeitswelt verwurzelt seien.
Viele Schüler interessierte, wie viel Geld ein Bundestagsabgeordneter für seine Arbeit bekommt. Jonas
formulierte die Frage schärfer, ob die hohen Abgeordnetendiäten denn gerechtfertigt werden können. Müller
erklärte freimütig, dass sie 9000 Euro brutto bekomme. „Ich verdiene sehr gut“, räumte sie ein. Allerdings
müsse man die Diäten relativieren. Ein ehemaliger Kommunalpolitiker habe ihr gesagt, „jetzt verdiene ich
mal so viel, wie ich als Landrat eines mittelgroßen Landkreises verdient habe“.
In der freien Wirtschaft seien die Gehälter oft noch höher. „Wir wollen Menschen in der Politik haben, die
unabhängig sind“, begründete Müller die Höhe der Diäten. Und sprach gleich den nächsten Kritikpunkt auch
gegen Mitglieder ihrer Fraktion an. Die Politiker sollten nicht auf Buch- oder Vortragshonorare angewiesen
sein, um ihre Bezüge aufzubessern.
Solche und auch kritischere Fragen beantwortete Müller offen und oft auch nachdenklich. „Andererseits sind
wir auch selbst dran schuld, weil wir kein gutes Image haben als Politiker“, übernahm sie Verantwortung für
schlechte Wahlbeteiligung und Nachwuchsprobleme der Parteien. „Ich weiß, dass das nicht sexy ist, in so
einen Ortsverein zu gehen und da sitzen 20 Leute über 50.“ Aber die Bürger seien auch selbst
verantwortlich, die Demokratie mit Leben zu füllen. „Ich weiß nicht, ob es Sinn macht, im Supermarkt eine
Wahlurne aufzustellen“, erklärte sie, dass das Problem nicht die Mühe sei, sich an der Wahl zu beteiligen.
Vielmehr liege die Wahlbeteiligung am fehlenden Interesse. An dem die Politiker aber mit schuld seien.
„Ich glaube, das ist unsere Aufgabe, diese mühsame, zähe Arbeit, die wir in Berlin machen, besser zu
erklären.“
Kreisanzeiger am 6.6.2015