Medikamente und Fliegen

Medical, Doping, Fit to ‘fly’?
Dr. med. Stefan Drechsel, Facharzt FMH für Innere Medizin und
Kardiologie, FA Sportmedizin SGSM
AME und kardiologischer Experte des BAZL
Verbandsarzt Ballon
Aufgaben Verbandsarzt
• Expertengruppe des Aeroclub (Aeromed)
• Doris de Marco, René Maire (FAI, CIMP), Walter
Frey, Stefan Drechsel, Gregoire Schrago
• The Fédération Aéronautique Internationale, FAI The World Air Sports Federation
• Mitglieder der schweizerischen Gesellschaft
für Flugmedizin (SSAVmed)
• SSAVmed ist Mitglied der European Society of
Aviation Medicine (ESAM)
• Flugmedizinische Forschung (Dehydratation bei
Segelflugpiloten)
• Fliegerärztliche Untersuchungen
• Flugmedizinische Experten (Augen, Herz, Zucker,
Lunge, etc.)
• Fortbildungen
• Antidoping
Fahrtauglichkeit
• Unfallursachen
• Medical
• Rechtliches
• Lizenzen
• Durchführung, Einschränkungen
• Doping
• Antidoping.ch
• Fahren mit Medikamenten
Unfallstatistik
Unfallursachen
• Technische Defekte
• Medizinische Gründe
• ‘sudden incapacitation’: Herzinfarkt, epileptischer Anfall
• Fehlleistungen: Medikamente, Unterzuckerungen, Infekte
• Fehleinschätzung der Situation (Human factors)
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Häufig erfahrene Piloten
Missachtung der Vorschriften
Fehlende Checklisten
Zu hohe Risikobereitschaft (Gebirge, Meteo)
Ursachen menschlicher Fehlhandlungen
• Funktionelle Körperstörungen, Erkrankungen (z.B. Hyperventilation,
Herzinfarkt)
• Psychische Faktoren (z.B. Selbstüberschätzung, Fehlreaktionen)
• Physiologische Faktoren (z.B. Sauerstoffmangel, Drehschwindel)
• Ungünstige ergonomische Faktoren (z.B. schlechte Außensicht)
• Ablenkung durch Passagiere
EASA
• EU will Zivilluftfahrt einheitlich regeln
• Schaffung und Aufrechterhaltung eines einheitlichen hohen Niveaus
der zivilen Flugsicherheit in Europa
• Die Sicherstellung eines einheitlichen und hohen Niveaus des
Umweltschutztes
• Die Erleichterung des freien Waren- , Personen- und
Dienstleistungsverkehrs
Lizenzen, Medical
• Bis 8.4.2018 müssen die nationalen Ballonlizenzen durch eine LAPL
(B) oder BPL ersetzt werden
• Die neuen EASA-Lizenzen werden nur nach einem Medical ausgestellt
• LAPL (B) benötigt ein LAPL-Medical, BPL benötigt ein Class 2 Medical
Fahrtauglich?
• Medical Class 2 und LAPL: Keine Selektionsuntersuchung
• Medizinischen Anforderungen sind sehr tief
• Keine Alterslimite
• Risiko für ‘sudden incapacitation’ sollte < 1-2%/Jahr betragen
• Herzinfarkt, Hirnschlag, epileptische Anfälle, etc.
• Fahren mit Medikamenten ist möglich
• Aeromedical Examiner = Partner des Piloten
• Fahrtauglichkeit soll möglichst lange erhalten bleiben
• Es wird an die Selbstverantwortung der Piloten appelliert
Medical
• Standardisiertes Vorgehen, Daten vertraulich, Weiterleitung an BAZL
• Selbstdeklaration des Gesundheitszustandes
• Durchgemachte Erkrankungen, Medikament, Alkohol, Nikotin
• Blutuntersuchung
• Herzstromkurve (EKG)
• Körperliche Untersuchung
• Kein wesentlicher Unterschied in den Anforderungen Class 2 und LAPL
• Gleicher Untersuchungsablauf, gleiche Kosten
Einschränkungen
• Das Medical ist nur eine Momentaufnahme
• Kontrollintervalle sehr lang (<40 yo: 5 Jahre)
• Untersuchungsmethoden zum Teil sehr wenig sensitiv
• Psyche
• Herzinfarktrisiko
Neue Regelung, Umsetzung bis 8.4.2018
• 2 Lizenzen gemäss EASA Part FCL
• BPL
• LAPL (B)
• BPL (ICAO-Konform)
• Kommerzielle Tätigkeit
• Class II Medical
• LAPL (B)
• LAPL Medical
Empfehlung
• Piloten < 50 jährig sollen ein Class 2 Medical und eine BPL verlangen
• Piloten > 50 jährig sollen ein Class 2 Medical verlangen, wenn Sie sich
einmal pro Jahr ärztlich checken lassen wollen
• Piloten > 50 jährig, die sich nur alle zwei Jahre untersuchen lassen
möchten oder den Class 2 Standard nicht erfüllen, können ein LAPL
Medical und eine LAPL (B) beantragen
I’M SAFE?
• I Illness (Krankheit) Bin ich gesund?
• M Medication (Medikamente) Bin ich frei von Medikamenten, die die
Fahrfähigkeit beeinträchtigen könnten?
• S Stress (psychische Belastungen) Bin ich entspannt und frei von
psychischen Belastungen?
• A Alcohol (Alkohol) Habe ich in den letzten 8 Stunden keinen Alkohol
getrunken?
• F Fatigue (Müdigkeit) Bin ich ausgeruht?
• E Eating (Ernährung) Habe ich ausreichend gegessen, so dass mich
Hunger nicht belasten kann
Fahren mit Medikamenten
• Amtsblatt der Europäischen Union
• ……. müssen Lizenzinhaber unverzüglich flugmedizinischen Rat einholen, wenn sie:
• (2) mit der regelmässigen Einnahme oder Anwendung eines Arzneimittels begonnen haben
• Dopingrichtlinien
• Liste der verbotenen Substanzen und Methoden
• Liste der erlaubten Wirkstoffe
• www.antidoping.ch (Gratis-App)
Doping
Olympiade 1908 London: Der Italiener Dorando Pietri ist
beim Marathon-Lauf mit Strychnin gedopt und erreicht
taumelnd das Ziel und stirbt anschliessend beinahe. Er
wurde disqualifiziert, weil ihm über die Ziellinie geholfen
wurde.
www.antidoping.ch
Alkohol
• Auf Dopingliste
• Grenze: 0.1 Promille
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Strassenverkehr CH: 0.5 Promille
EASA: 0.2 Promille, 8 Stunden Abstinenz
> 0.4 Promille verbunden mit Fehleranstieg
Erreicht nach 2 Units Alkohol = 0.2 dl Ethanol
1 Unit:
• 1 Glas Wein (10cl/10%)
• 1 Glas Whisky (2.5cl/40%)
• 1 Stange Bier (25cl/4%)
• Abbaugeschwindigkeit: 0.1 Promille/Stunde
Aufputschmittel
• Koffein
• Leistungssteigernd, nicht auf Dopingliste
• Nebenwirkungen beachten
• Amphetamine
• Verboten, auf Dopingliste
• Ritalin: Ausnahmebewilligung (ATZ) notwendig
• Leistungssteigerung wegen Selbstüberschätzung, erhöhte Risikobereitschaft
Koffein
Stimulans, anregende Wirkung
Positive Leistungsbeeinflussung
3 – 6mg pro kg Körpergewicht 1 Stunde vor Belastung
1 – 2mg pro kg Körpergewicht spätestens 30min vor Wettkampfende
Nebenwirkungen: Zittern, Herzrasen, Kopfschmerzen
Aufputschmittel
• Müdigkeit
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Schlafmangel
Eisenmangel, Vitamin-D-Mangel
Blutarmut
Schilddrüsenunterfunktion
Atemaussetzer im Schlaf (Schlaf-Apnoe-Syndrom)
Viagra (Sildenafil)
• Senkt den Blutdruck in den Lungengefässen
• Nicht auf Dopingliste
• Möglicherweise leistungssteigernd
• Achtung Nebenwirkungen: Blutdruckabfall, Kollaps
• Viele Ausdauersportler (Velofahren) nehmen Viagra
Allgemeines
• Auf die Publikation einer Liste mit erlaubten Medikamenten wird bewusst
verzichtet
• Befindlichkeitsstörungen: Können auch ohne ‘Chemie’ behandelt werden
(z.B. banale Rückenschmerzen)
• Einschläfernde Medikamente sind nicht erlaubt
• Alle Medikamente haben Wirkungen und Nebenwirkungen, auch
Scheinmedikamente (Plazebos)
• Alle Medikamente können Magen-Darm-Nebenwirkungen haben
(Uebelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall)
• Auf jedes Medikament kann man allergisch reagieren (Atemnot,
Gesichtsschwellungen, Hautveränderungen)
Fahren mit Medikamenten
• Braucht es das Medikament wirklich?
• Wird das Medikament bereits regelmässig eingenommen (> 1
Woche)?
• Fühlt man sich fit?
• Eine Arztkonsultation ist gesetzlich vorgeschrieben
• Beim Arztbesuch muss der behandelnde Arzt auf die aviatische
Tätigkeit aufmerksam gemacht werden
Nebenwirkungen von Medikamenten
• ‘Sudden incapacitation’
• Reduktion der Leistungsfähigkeit
• Durch den Piloten bemerkt oder unbemerkt
• Durch Drittpersonen (Bodenmannschaft) bemerkt oder unbemerkt
• Problematische Substanzen
• Blutverdünnung
• Schlafmittel, Psychopharmaka
• Insulin
Nebenwirkungen
Antiallergika (Heuschnupfen)
Akzeptiert
Loratadin (Claritin®, Aerius®)
Fexofenadin (Telfast®)
Nicht geeignet
Cetirizin (Zyrtec®, Cet Mepha®,
Cetallerg®, Ceteco®, Yyzal®, etc.)
Psychopharmaka
• (Zu) häufig verschrieben von Grundversorgern:
• Erschöpfung
• Burn-out
• Leichte Depression
• Gemäss Studien keine Wirkung, Zunahme der Selbstmordrate
• Einnahme von Psychopharmaka bedeuten Fluguntauglichkeit
• Grunderkrankung muss durch Psychiater evaluiert werden
• Neuropsychologische Testung
Gefährliche Grundhaltungen
• Impulsivität IMPULSIVITY
• Antiautoritär/Disziplinlosigkeit ANTIAUTHORITY
• Ältere Piloten?
• Selbstüberschätzung/Imponiergehabe MACHO
• Stimulantien (Ritalin)
• Resignation RESIGNATION
• Antidepressiva?
• Gefühl der Unverletzbarkeit
• Stimulantien (Ritalin)
Prophylaktische Medikamente
• Ab dem 60. Lebensjahr ist es praktisch normal irgendein Medikament
aus prophylaktischen Gründen einzunehmen
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Blutdruckmittel
Blutverdünner
Cholsterinhemmer
Osteoporosebehandlung
Magensäurehemmer
Zuckermedikamente (Diabetes)
• Damit kann das Risiko für ‘sudden incapacitation’ und für
Hirnfehlleistungen reduziert werden
Blutverdünner z.B. Aspirin
• Vorgeschrieben nach Herzinfarkt oder Hirnschlag
• Class 2 Medical möglich
• Sonst prophylaktisch nicht empfohlen, da Blutungen möglich
• Z.B. Nasenbluten
1898
F. Hofmann
(Bayer)
Bluthochdruck
• Behandlung vorgeschrieben, da sonst nicht flugtauglich
• Nebenwirkungen kontrollieren
• Gewisse Substanzen auf Dopingliste (Diuretika, Betablocker)
Zusammenfassung
• Fahren mit Medikamenten ist kein ‘no go’ mehr
• Prävention: z.B. Herzinfarkt/Hirnschlag, Nebenwirkungen beachten
• Einstellung durch Hausarzt nach Rücksprache mit Fliegerarzt
• Therapie: Meist ist die Grunderkrankung limitierend
(Infektion/Antibiotika)
• Für Wettkämpfer (WAG Dubai), gilt auch für Helfer
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Dopingliste beachten: Asthma, Bluthochdruckmittel, Alkohol
www.antidoping.ch
Liste der erlaubten Medikamente bei Bagatellerkrankungen
Ausnahmebewilligung zu therapeutischen Zwecken (ATZ) beantragen
Danke für die Aufmerksamkeit