LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlp erio d e Drucksache 16/ 21. 07. 2015 5328 Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) und Antwort des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Anwerbung von Frauen für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) Die Kleine Anfrage 3497 vom 26. Juni 2015 hat folgenden Wortlaut: Junge Frauen werden systematischer für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angeworben als bislang bekannt. Laut Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz sind rund ein Dutzend Anwerberinnen bekannt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat zudem mitgeteilt, dass immer mehr junge Frauen aus Deutschland dem Ruf des IS zum Dschihad in Syrien oder im Irak folgen. Bislang seien rund 700 Islamisten aus Deutschland in Richtung der Kampfgebiete ausgereist, darunter annähernd 100 Frauen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie viele Islamisten und Islamistinnen aus Rheinland-Pfalz haben sich dem Islamischer Staat angeschlossen (bitte aufgegliedert nach Staatsangehörigkeiten und Alter)? 2. Gab es schon Rückkehrer von Islamisten und Islamistinnen aus Kriegsgebieten nach Rheinland-Pfalz? Wenn ja, wie viele und wurden aufenthaltsbeendete Maßnahmen durchgeführt? 3. Wann wird in Rheinland-Pfalz ein Aussteigerprogramm für Islamisten und Islamistinnen angeboten? 4. In wie vielen Fällen konnte die Ausreise von Islamisten und Islamistinnen verhindert werden (bitte aufgegliedert nach Staatsangehörigkeiten und Alter)? 5. Liegen der Landesregierung Informationen vor, ob sich unter Asylbewerbern Islamisten und Islamistinnen befinden? Wenn ja, wie viele und was für welche Maßnahmen wurden ergriffen? 6. Verfügen die rheinland-pfälzischen Schulen über einen Ansprechpartner, wenn bei einer Schülerin/einem Schüler die Gefahr besteht zum Islamismus abzurutschen? Wenn nein, warum nicht? Sind die Schulen auf diese Problematik vorbereitet? 7. Wie viele Salafisten sind in Rheinland-Pfalz wohnhaft (bitte aufgegliedert nach Staatsangehörigkeiten und Alter)? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 20. Juli 2015 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Ein Islamwissenschaftler des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz nahm in einem Interview zu Veröffentlichungen in sozialen Netzwerken Stellung, die das Kalifat des „Islamischen Staates“ (IS) verherrlichen und gezielt junge Frauen in Deutschland mit dem Ziel ansprechen, sie zur Ausreise in die Krisenregionen und einem Anschluss an den IS zu animieren. In diesem Zusammenhang legte er dar, dass den Sicherheitsbehörden rund ein Dutzend einschlägige Foren bekannt seien, in denen diese Art islamistischer Propaganda betrieben werde. Die in der öffentlichen Berichterstattung dem Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz zugeschriebenen angeblichen Erkenntnisse zu rund einem Dutzend Anwerberinnen für den IS können hingegen nicht bestätigt werden. Zu Frage 1: Insgesamt liegen derzeit Erkenntnisse zu 13 Islamisten aus Rheinland-Pfalz vor, die mit dem Ziel Syrien/Irak ausgereist sind. Aufgrund der unübersichtlichen Lage und der dynamischen Entwicklungen vor Ort liegen zumeist keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, ob sie sich dort einer Terrororganisation wie beispielsweise dem IS angeschlossen haben oder diese unterstützen. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 19. August 2015 b. w. Drucksache 16/ 5328 Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode Im Falle zweier männlicher Personen mit bosnisch-herzegowinischer sowie deutscher Staatsangehörigkeit liegen Hinweise über einen Anschluss an die Terrororganisation IS vor. Diese Personen wurden vermutlich Anfang 2015 bei Kampfhandlungen im Norden Syriens getötet. Zu Frage 2: Bislang kehrten zwei Islamisten aus der Krisenregion Syrien/Irak nach Rheinland-Pfalz zurück, davon eine Person mit deutscher und eine mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Im letztgenannten Fall ist die Prüfung aufenthaltsbeendender Maßnahmen eingeleitet worden. Zu Frage 3: Auf die Antwort zur Großen Anfrage der Fraktion der CDU (Drucksache 16/5241, zu Frage 1) wird verwiesen. Ergänzend wird mitgeteilt, dass sich die Beratungsstelle im Falle eines Zustandekommens auch an Personen richten soll, die bereit oder bestrebt sind, aus der islamistischen Szene auszusteigen. Zu Frage 4: In einem Fall wurde die Ausreise durch den vorübergehenden Entzug des Reisepasses verhindert. Der 26-Jährige deutsche Staatsangehörige ist zwischenzeitlich in ein anderes Bundesland verzogen. Zu Frage 5: Den Sicherheitsbehörden in Rheinland-Pfalz ist bislang ein Asylsuchender bekannt, der in Syrien einer islamistischen Organisation angehört oder eine solche unterstützt haben soll. Darüber hinaus liegen Hinweise über islamistische Äußerungen einzelner Asylbewerber vor. In diesen Fällen wurden Ermittlungen eingeleitet. Zu Frage 6: In Rheinland-Pfalz wurde durch die Struktur der 14 Schulpsychologischen Beratungszentren im Pädagogischen Landesinstitut die Möglichkeit geschaffen, Schulen regional ein stabiles Unterstützungsangebot zu bieten, um sich bei schulrelevanten Fragen zum Thema religiöser Extremismus fachliche Hilfe holen zu können. Jedes Schulpsychologische Beratungszentrum besitzt regionale Zuordnungen. Die regionale Struktur der Beratungszentren ermöglicht eine gezielte Beratung der Betroffenen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven in den Schulen. In den gewachsenen Beratungsstrukturen zwischen Schule, Elternschaft und Schulpsychologischem Beratungszentrum sowie gegebenenfalls einem externen Beratungs- und Unterstützungsnetzwerk können in der Regel effektive Lösungen gefunden werden. Dabei geht es zunächst grundsätzlich darum, eine Sensibilisierung für mögliche Anzeichen einer Radikalisierung zu entwickeln. Die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen kooperieren mit den Fachkräften der Schulsozialarbeit und der Jugendhilfe. Sie bieten Schulen ihre professionelle Unterstützung und Beratung an und binden – je nach Bedarf – Kolleginnen und Kollegen mit spezifischen Qualifikationen und andere Institutionen mit ein. Auch im Rahmen der regulären Krisenberatungstätigkeit sind Schulpsychologinnen und Schulpsychologen vorbereitet, Schulen und Elternschaft für mögliche Anzeichen einer Radikalisierung zu sensibilisieren. In konkreten Verdachtsfällen erfolgt eine enge Zusammenarbeit zwischen Schulleitung, ADD und der Polizei. Zu Frage 7: Eine detailliert nach Staatsangehörigkeit und Alter gegliederte Auflistung kann Rückschlüsse auf konkrete personenbezogene Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden zulassen. Vor diesem Hintergrund wird ausgeführt, dass in Rheinland-Pfalz nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden ca. 120 Personen leben, von denen salafistische Bestrebungen ausgehen. Die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen ca. 30 Prozent der Salafisten. Ähnlich ist der Anteil der Doppelstaatler, d. h. jener Personen, die neben der deutschen über eine weitere Staatsangehörigkeit verfügen. Eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen ca. 40 Prozent der Salafisten. Sie verteilen sich auf ca. 20 unterschiedliche Staatsangehörigkeiten. Die größten Altersgruppen stellen die 20 bis 29-Jährigen sowie die 30 bis 39-Jährigen dar, gefolgt mit deutlichem Abstand von den 40 bis 49-Jährigen. Der Anteil der unter 20-Jährigen liegt bei sechs Prozent. In Vertretung: Randolf Stich Staatssekretär
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