Ein Dutzend Agendagruppen für Ravensburg

RAVENSBURG
Schwäbische Zeitung
17
Ein Dutzend Agendagruppen für Ravensburg
Bürgerschaftliches Engagement wird seit über 16 Jahren in der Stadt gelebt
agentur noch Bürgerbüro, da es jedoch immer wieder zu Verwechslungen mit dem Bürgeramt kam, entschied man sich zur Umbenennung.
„Das Bürgeramt ist zum Beispiel für
die Ausstellung von Pässen verantwortlich, es kam in der Vergangenheit immer wieder zu Verwechslungen, darum haben wir das Bürgerbüro zur Freiwilligenagentur umbenannt“, erklärt Bader.
Von Erika Bader
●
RAVENSBURG - Hunderte von Bür-
gern engagieren sich in einem Dutzend Gruppen ehrenamtlich in der
Stadt. Etwa die Hälfte der Agendagruppen sind Quartiersgruppen, die
sich direkt für die Belange ihrer
Nachbarschaft einsetzen. Andere
widmen sich Schülern, Senioren
oder Radfahrern. Die Ravensburger
haben erkannt, dass sie in Form der
Agendagruppen
zum
direkten
Sprachrohr der Bürger werden können und von Gemeinderat und Verwaltung ernst genommen und auch
um Rat gefragt werden.
Die Fachstelle für Bürgerschaftliches Engagement stellt alle Agendagruppen, Arbeitskreise und Interessengemeinschaften unter den Begriff
Gruppen des Bürgerschaftlichen Engagements, oder kurz BE-Gruppen.
Den Namen haben viele Gruppen
noch im Bezug auf Rio bei ihrer
Gründung Anfang der 2000er-Jahre
aufgestellt. „Die Gruppen haben sich
selbst ihre Namen gegeben, vom An-
Ravensburg zeichnet sich durch viel bürgerliches Engagement aus.
FOTO: ARNO ROTH/QUADROCOPTERFLUEGE.DE
satz her sind jedoch alle Gruppen
gleichberechtigt, unabhängig von ihrem Namen“, sagt Sophie Bader, Leiterin der Fachstelle für Bürgerschaftliches Engagement in Ravensburg .
Zu Verwirrungen durch die Namensgebung kommt es allerdings
nicht nur bei den Gruppennamen,
sondern auch bei der Freiwilligenagentur. Die ist der Fachstelle für
Bürgerschaftliches Engagement unterstellt und für die Vermittlung von
Ehrenamtlichen zuständig. Im vergangenen Jahr hieß die Freiwilligen-
Stadt vergibt 20 000 Euro
20 000 Euro stehen der Fachstelle
jährlich zur Verfügung. Vorträge, Podiumsdiskussionen und Berater werden von dem Budget bezahlt. Geld
gibt es gegen einen Antrag bei der
Fachstelle. Raumkosten, Fortbildungen für Mitglieder der Gruppen oder
auch Marketing und Öffentlichkeitsarbeit zehren zudem von dem Budget, das die Stadt zur Verfügung
stellt. Zwölf Gruppen in einer Stadt
wie Ravensburg, „das ist eine Menge“, meint Bader.
Eine BE-Gruppe könne jeder
gründen, so Sophie Bader. Wesent-
lich sei ein Zweck, der die Gruppe
abbildet. Außerdem bräuchte eine
neu gegründete Gruppe Gewicht. 30
bis 40 Mitglieder seien deshalb eine
gute Voraussetzung. Bader: „Wir
sind da, um die Belange der Bürgerschaft anzuhören, natürlich können
wir nicht jede einzelne Stimme hören, aber wir bemühen uns, die großen Belange zu hören.“
Auch wenn die BE-Gruppen ein
starkes Gewicht in der Bürgerbeteiligung stellen, das letzte Wort hat immer noch ein anderer. „Letztendlich
hat der Gemeinderat die Entscheidungsmacht, nicht die BE-Gruppen.
Der Gemeinderat profitiert jedoch
von ihrem Expertenwissen, und
durch die Gruppen wird die Bürgerschaft gehört“, sagt Bader.
Aktuelle Informationen gibt es im
Newsletter der Fachstelle Bürgerschaftliches Engagement. Den
Newsletter erhält man, nach Abgabe seiner E-Mail-Adresse, in der
Fachstelle im Rathaus.
Am Anfang war Rio
Der Grundstein für die Ravensburger Agendagruppen wurde
1992 in Rio de Janeiro (Brasilien)
gelegt. 172 Staaten beschlossen
auf der Konferenz für Umwelt
und Entwicklung der Vereinten
Nationen ein Aktionsprogramm
für das 21. Jahrhundert. 2600
Kommunen folgen in Deutschland den Leitsätzen der Agenda
21. Der Beschluss zum AgendaProzess wurde in Ravensburg
am 6. März 1999 gefasst und
damit der Startschuss zur Bürgerbeteiligung gegeben. Bürger
engagieren sich in Initiativen in
eigener Sache, zumeist aus
persönlicher Betroffenheit heraus, und werden dadurch zu
Experten auf einem bestimmten
Wissensgebiet. Die Stadt greift
dem bürgerschaftlichem Engagement dafür finanziell unter
die Arme. (sz)
Grafik: David Weinert
Nachgefragt
Das Netzwerk der Agenda „Eine Welt“
●
„Wir können viel bewegen und spannende Projekte begleiten“
Sophie Bader ist Leiterin der Fachstelle für Bürgerschaftliches Engagement. Seit zweieinhalb Jahren hat sie
den Überblick über die vielen Agendagruppen in Ravensburg. Mit Erika
Bader sprach sie über ihre Arbeit.
Frau Bader, was sind die Hauptaufgaben in der Fachstelle?
Wir sind die Koordinierungsstelle
zwischen Agenda- und BE-Gruppen,
dem Gemeinderat und der Verwaltung. Als Anlaufstelle für die Gruppen beraten wir diese, unterstützen
bei Veranstaltungen, bilden fort und
sorgen für Transparenz. Der andere
Bereich, den wir bedienen, ist die
Leitung der Freiwilligenagentur zur
Vermittlung von Ehrenamtlichen,
Umsetzung von Bürgerprojekten
und unsere Anerkennungskultur.
Was ist das Schönste und das
Schwierigste an Ihrer Arbeit?
Das Schönste ist, dass wir für unsere Arbeit sehr viel Wertschätzung
und positives Feedback bekommen.
Wir können sehr viel bewegen, haben einen großen Gestaltungsspielraum und dürfen spannende Projekte begleiten. Die Schwierigkeit liegt
in der großen Informationsflut und
bindungsglied zwischen den Gruppen, dem Gemeinderat und der Verwaltung zu sein.
Sophie Bader
FOTO: ERB
der Bandbreite der Themen, die uns
jeden Tag erreichen. Und es kann
manchmal schwierig sein, das Ver-
Warum braucht die Stadt Agendagruppen?
Es ist wichtig, Bürger an Entscheidungsprozessen der Stadt zu beteiligen, und das ist einfacher, wenn sie
unter einem Dach organisiert sind.
In den Gruppen gibt es ganz viel Expertenwissen und ein hohes Maß an
Engagement. Der Gemeinderat und
die Verwaltung können dieses Wissen nutzen, darum sind solche Gruppen eine Bereicherung für die Stadt.
Unter dem Dach der Agenda „Eine
Welt“ stehen insgesamt 31 Gruppen, die sich entwicklungspolitisch in der Stadt und der ganzen
Welt einbringen.
Die beteiligten Gruppen sind folgende: Alevitische Kulturgemeinde
Ravensburg, Kinder-PolioklinikKenia-Hilfe, Ekuthuleni Projekte,
Amnesty International Gruppe
1448 Ravensburg/Weingarten,
attac Ravensburg/Weingarten,
BUND Ravensburg, Kinderregenwald-Team der Edith-Stein-Schule,
Das Hunger Projekt, Evangelischer
Entwicklungsdienst, Fairhandelsgenossenschaft, Grundschule
Kuppelnau Ravensburg „Kakadus“,
Eine-Welt-Gruppe Ravensburg-
Mitte, Impuls-Afghanistan, Katholische Erwachsenenbildung Kreis
Ravensburg, Aidshilfe-Bodensee/
Oberschwaben, Humpis-Schule,
Kirchengemeinde Heilige Dreifaltigkeit Weststadt, Pax ChristiGruppe Ravensburg, Stadt Ravensburg, Evangelische Gesamtkirchengemeinde Ravensburg, Türkischer Akademiker-Verein in Ravensburg, Transfair,
UNESCO-Projektschule GS Kuppelnau und St. Christina, UNICEF,
UNESCO-Projektschule Edith-Stein,
Weltladen Ravensburg, Arbeitskreis Asyl Ravensburg-Weingarten,
Förderschule St. Christina, Kwizera, Wirundjetzt, Eine-Welt-Theater.
(sz)
© 2016 Schwäbisch Media Digital GmbH & Co. KG
.
Donnerstag, 7. Januar 2016