Finanzgruppe Deutscher Sparkassen- und Giroverband Berlin, 1. Juli 2015 Die Sparkassenorganisation in Italien Der italienische Bankenmarkt Gesamtwirtschaftlich besitzt der Bankensektor in Italien eine unterdurchschnittliche Bedeutung im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. So war die Bilanzsumme aller Banken 2013 in etwa 2,5-mal so groß wie die gesamtwirtschaftliche Leistung des Landes. Im Vergleich dazu betrug der europäische Durchschnitt das 3,2-fache des BIP. Das Bankfilialnetz in Italien ist mit 1.879 Einwohnern pro Geschäftsstelle stark überdurchschnittlich ausgebaut. Im Vergleich dazu liegt der europäische Durchschnitt bei 3.490 Einwohnern pro Geschäftsstelle (siehe Grafiken 1 und 2). Die Cost-Income-Ratio der italienischen Banken lag 2013 mit 59% auf dem Niveau anderer europäischer Länder. Die Rentabilität der italienischen Banken, gemessen am Return on Equity, war 2013 im europäischen Vergleich sehr gering (siehe Grafiken 3 und 4). Seit Sommer 2011 wurde das italienische Bankensystem durch die Intensivierung der europäischen Schuldenkrise beeinträchtigt. Die Belastungen an den Finanzmärkten sowie die Herabstufung des Landesratings führten zu zusätzlichen Schwierigkeiten beim Zugang zu den internationalen Märkten sowie zu höheren Refinanzierungskosten für die Banken. Aktuell hat das Niveau der notleidenden Kredite (NPL) mit 18% einen Rekordwert erreicht und beginnt zu einer systemischen Gefahr für den italienischen Finanzmarkt zu werden. Der größte Teil dieser ausfallgefährdeten Bankforderungen kommt aus dem Unternehmenskreditbereich. Umgekehrt hat die mit dem Anstieg der NPLs einhergehende Eigenkapitalbelastung der Banken zu einer Reduzierung bzw. Verteuerung neuer Unternehmenskredite und damit zu einer Verstärkung des wirtschaftlichen Abschwungs geführt. Besonders für klein- und mittelständische Unternehmen mit hoher Verschuldung ist es heute sehr schwer, neue Investitionskredite zu bekommen. Die hohen Abschreibungen auf notleidende Kredite haben auch 2014 zu einem insgesamt negativen Betriebsergebnis der Banken geführt. Die Banken haben in den letzten Jahren verstärkt Bemühungen unternommen, ihre Kosten zu reduzieren. Dies hat zu einem Rückgang bei der Anzahl von Mitarbeitern und Geschäftsstellen geführt. 1 Copyright DSGV Alle Rechte vorbehalten Tabelle 1: Die größten italienischen Banken/Bankengruppen nach Bilanzsumme Gruppe 2014 2013 2012 2011 Unicredit SpA 844 846 927 927 Intesa Sanpaolo 646 624 674 639 Banca Monte dei Paschi di Siena 183 199 219 241 Banco Popolare Societa Cooperativa 123 126 132 134 UBI Banca (Unione di Banche Italiane) 122 124 132 130 Mediobanca 60 64 60 55 Quelle: www.relbanks.com, 2015, in Mrd. Euro Grafik 1: Bilanzsumme Banken zu BIP (BzBIP) Grafik 2: Einwohner pro Geschäftsstelle (EpG) 500 5.000 400 4.000 300 3.000 200 2.000 100 1.000 0 2010 2011 BzBIP Italien 2012 0 2013 2010 BzBIP Europa Durchschnitt EpG Italien 2011 2012 2013 EpG Europa Durchschnitt Quelle: Europäische Zentralbank, 2015, in % Quelle: Europäische Zentralbank, 2015, Personen Grafik 3: Cost-Income-Ratio (CIR) Grafik 4: Return on Equity (RoE) 100 15 10 75 5 50 0 -5 25 2010 2011 2012 -10 0 2010 2011 CIR Italien 2012 CIR Europa Durchschnitt 2013 Quelle: Europäische Zentralbank, 2015, in % -15 RoE Italien RoE Europa Durchschnitt Quelle: Europäische Zentralbank, 2015, in % 2013 Copyright DSGV Alle Rechte vorbehalten Die italienischen Sparkassen Die Gründung der italienischen Sparkassen (Casse di Risparmio) erfolgte im frühen 19. Jahrhundert als Institutionen mit doppeltem Auftrag. Zum einen sollten sie der Bevölkerung Bankdienstleistungen zur Verfügung stellen und zum anderen gemeinnützige Zwecke verfolgen. Beginnend in den 1990er Jahren wurden die ursprünglich öffentlich-rechtlich verfassten Sparkassen in operative Aktiengesellschaften mit privaten Trägerstiftungen umgewandelt. Hierbei wurde die philanthropische Rolle der Sparkassen den Trägerstiftungen zugeordnet. Die folgende Tabelle gibt ein Überblick zu den einzelnen gesetzlichen Vorschriften für Sparkassen: Tabelle 2: Gesetzliche Vorschriften für italienische Sparkassen Jahr Gesetz 1990 Amato -Gesetz: Formelle Privatisierung Verpflichtung zum Behalt der Mehrheitsanteile durch die Stiftungen Ciampi-Gesetz: Materielle Privatisierung Verpflichtung zum Verkauf der Mehrheitsanteile Ende der Steuerbefreiung für Verkäufe von Sparkassenanteilen vorläufiger Abschluss der Privatisierung 1998 2005 Quelle: Italienischer Sparkassenverband ACRI Rechtlich sind die Sparkassen in Italien heute keine eigene Kreditinstitutsgruppe mehr und werden von der Banca d’Italia nicht gesondert erfasst. Der Sparkassenverband ACRI definiert Sparkassen als jene Bankaktiengesellschaften, die aus Sparkassen hervorgegangen, unabhängig sowie Mitglieder des Verbands sind. Hintergrund für die Privatisierung der italienischen Sparkassen war der politische Wille, den Bankensektor effizienter zu gestalten und die Bruttoschulden des Staates vor der Euro-Einführung zu reduzieren (Maastricht-Kriterium). Zeitgleich mit den Sparkassen wurde ein Großteil der teilweise bereits 1933 verstaatlichten Banken privatisiert. Im Rahmen der Privatisierung der Sparkassen war der größte Teil der Trägerstiftungen gezwungen, seine Mehrheitsanteile an den Sparkassen zu veräußern. Dies begünstigte eine Konsolidierung der italienischen Sparkassen. Eine Vielzahl von Sparkassen ist daher in den zwei großen Konglomeraten Unicredit und Intesa Sanpaolo aufgegangen, unter deren Aktionären sich noch einige Stiftungen befinden. Copyright DSGV Alle Rechte vorbehalten Per Dezember 2013 hatten von den insgesamt 88 Stiftungen: • • • 13 Stiftungen mehr als 50% am Kapital, 53 Stiftungen eine Minderheitsbeteiligung (unter 50%) und 22 Stiftungen keine direkte Beteiligung mehr an ihrer Sparkasse. Tabelle 3: Die fünf größten Sparkassenstiftungen Italiens nach Stiftungsvermögen Stiftungsvermögen Stiftung Fondazione Cariplo 6,62 Compagnia di San Paolo di Torino 5,66 Fondazione C.R. Verona Vicenza B.A. 2,67 Fondazione C.R. Torino 2,07 Fondazione C.R. Padova e Rovigo 1,76 Quelle: Geschäftsbericht Sparkassenstiftungen 2013, in Mrd. Euro Die Beteiligungen an Sparkassen machten per Ende 2012 mit 42,2 Mrd. Euro mehr als 80% des Gesamtvermögens der Stiftungen aus. Im Zeitraum 2000 bis 2012 haben die Stiftungen 18,5 Mrd. Euro zur Förderung des Gemeinwohls aufgewendet. Tabelle 4: Wichtige Strukturmerkmale italienischer Sparkassen Rechtsform Bankgeschäft in Aktiengesellschaften (durch Amato-Gesetz 1990 ermöglicht, Umwandlung seit 1993 abgeschlossen), privatrechtliche Trägerstiftungen Geschäftstätigkeit Keine Einschränkung der Geschäftstätigkeit. Regionalprinzip Bereits seit 1962 war eine Filialgründung mit Genehmigung der Notenbank landesweit möglich. Das Regionalprinzip wurde 1990 abgeschafft. Stiftungen Die zunächst als öffentlich-rechtliche Stiftungen eingerichteten Trägerinstitute sind mittlerweile vollständig in privatrechtliche Stiftungen überführt worden (durch das Ciampi-Gesetz vorgeschrieben). Bis Ende 2005 mussten die Stiftungen zudem ihr Anteilseigentum an der Aktiengesellschaft auf unter 50 % reduzieren. Ausgenommen davon sind Stiftungen mit einem Kapital von bis zu 200 Mio. Euro. Gemeinwohlorientierung Von Trägerstiftungen wahrgenommen Copyright DSGV Alle Rechte vorbehalten Tabelle 5: Wichtige Kennzahlen der italienischen Sparkassen 2014 Bilanzsumme Einlagen Eigenkapital Geschäftsstellen Mitarbeiter 206 Mrd. Euro 144 Mrd. Euro 13 Mrd. Euro 4.345 36 Mrd. Euro Quelle: Webseite des Verbandes ACRI, 2015 Tabelle 6: Wichtige Kennzahlen der fünf größten Sparkassen Italiens Banca Carige Spa Banca delle Marche Spa Banca C.R. Asti Spa C.R. di Ravenna Spa C.R. di Bolzano Spa Bilanzsumme Eigenkapital Geschäftsstellen 38,31 22,69 12,32 6,46 8,41 1,82 0,97 0,77 0,57 0,47 26.420 15.763 9.994 4.847 6.660 Quelle: Webseite des Verbandes ACRI, 2015, in Mrd. Euro Copyright DSGV Alle Rechte vorbehalten Der Dachverband: Associazione fra le Casse di Risparmio Italiane (ACRI) Der Nationalverband der italienischen Sparkassen wurde 1912 gegründet. Tabelle 7: Strukturmerkmale des italienischen Sparkassenverbandes Mitglieder 37 Sparkassen, 86 Stiftungen, 3 regionale Stiftungen, 1 ausländische Stiftung, 2 weiteres Unternehmen Rechtsform Verein Zweck • Vertretung der Interessen der Sparkassen und Sparkassenstiftungen • Koordinierung der Aktivitäten der Mitglieder, Durchführung gemeinsamer Projekte • Förderung von Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Mitgliedern, sowie inländischen und ausländischen Unternehmen und Organisationen • Verhandlung der Grundlagen von Abkommen und Vereinbarungen, welche den Mitgliedern zur Genehmigung vorgelegt werden Alle Angaben ohne Gewähr. Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V. Abt. Volkswirtschaft und Finanzmärkte Charlottenstraße 47 10117 Berlin
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