Grundsteuern beim Verkauf von Wertschriften? Begriff

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IX Verkauf einer Immobiliengesellschaft –
auch ein Steuerthema
Melanie Knüsel, M.A. HSG in Law, dipl. Steuerexpertin
A
Damit kann in der Praxis auch ein Treuhandunter­
Grundsteuern
beim ­Verkauf von
­Wertschriften?
nehmen als Immobiliengesellschaft qualifizieren.
Sofern es sich um eine echte Betriebsgesellschaft
handelt, besteht kein Risiko, dass die Steuerbehör­
den von einer Immobiliengesellschaft ausgehen,
selbst wenn diese über Immobilien in erheblichem
Umfang verfügt. Ein Beispiel dafür ist ein Unter­
Die Veräusserung von Anteilen an einer Immobi­
nehmen, das in einem eigenen Gebäude ein Hotel
liengesellschaft unterscheidet sich zivilrechtlich
führt. In diesen Fällen geht es dem erwerbenden
nicht vom Verkauf einer gewöhnlichen Kapitalge­
Aktionär nicht darum, die wirtschaftliche Verfü­
sellschaft. Anders sieht dies aus Sicht der Steuern
gungsgewalt über von der Gesellschaft gehaltene
aus: Wird eine Mehrheit an einer so genannten
Grundstücke zu erlangen, sondern er möchte das
Immobiliengesellschaft veräussert, löst dies beim
gesamte Unternehmen und den von diesem ge­
Verkäufer verschiedene Steuern aus.
führten Betrieb übernehmen. Zur Beurteilung, ob
eine Immobiliengesellschaft vorliegt, wird auf die
Nachfolgend wird zunächst der Begriff der Immobi­
Verhältnisse im Zeitpunkt des Beteiligungsver­
liengesellschaft umschrieben und anschliessend
kaufs abgestellt.
auf die einzelnen Steuerfolgen beim Verkauf einer
Mehrheitsbeteiligung eingegangen. Dabei wird so­
wohl die Situation des Aktionärs als auch die der
C
Gesellschaft beleuchtet. Zum Schluss werden noch
Situation des Inhabers
mehrwertsteuerliche Aspekte aufgegriffen, die es
bei der Übernahme einer Immobiliengesellschaft
zu beachten gilt.
1
Begründung der Steuerfolgen
B
Überträgt ein Anteilsinhaber eine Mehrheitsbetei­
Begriff der
­Immobiliengesellschaft
ligung an einer Immobiliengesellschaft, liegt eine
sogenannte
wirtschaftliche
Handänderung
vor,
denn die Steuerverwaltung stellt sich auf den
Standpunkt, dass es zwar zu keiner zivilrechtlichen
Übertragung einer Liegenschaft gekommen ist,
Unter einer Immobiliengesellschaft ist eine Unter­
dass die Übertragung der Anteile aber zum glei­
nehmung zu verstehen, deren Zweck ausschliess­
chen Ergebnis, nämlich zur Übertragung der wirt­
lich oder vorwiegend im Erwerb, der Überbauung,
schaftlichen Verfügungsmacht über das Grund­
dem Verwalten und Veräussern von Grundstücken
stück, geführt hat. Sie behandelt den Übergang der
besteht. Massgebend sind jedoch nicht nur der sta­
Aktien damit steuerlich gleich, wie die effektive
tutarische Zweck und die Jahresrechnung einer
Übertragung der durch die Gesellschaft gehaltenen
Gesellschaft. Die Steuerbehörden berücksichtigen
Liegenschaften durch den Aktionär. Konsequenter­
jeweils auch die tatsächliche Geschäftstätigkeit.
weise löst der Vorgang dieselben Steuerfolgen aus,
wie wenn der Aktionär die Liegenschaften direkt
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Immobilien Verkauf einer Immobiliengesellschaft – auch ein Steuerthema
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verkauft hätte. Ob der erzielte Grundstückgewinn
Aktienverkaufspreis
mit der Grundstückgewinnsteuer oder der Einkom­
mens- bzw. Gewinnsteuer erfasst wird, hängt da­
+Fremdkapital
von ab, ob die Liegenschaft in einem Kanton liegt,
die das sog. monistische oder das dualistische
./.
nicht-liegenschaftliche Werte
=
Veräusserungserlös der Liegenschaften
­System (vgl. zu den Begrifflichkeiten Ziff. 3) kennt.
Ebenfalls nach kantonalem Recht beurteilt sich die
Frage, ob eine Handänderungssteuer anfällt.
Die Anlagekosten werden analog wie bei einem
2
Begriff der Mehrheitsbeteiligung
­direkten Verkauf ermittelt. Der Grundstückgewinn
ist in dem vom jeweiligen Kanton vorgesehenen
Nur die Veräusserung einer Mehrheitsbeteiligung
Meldeformular
führt zu Steuerfolgen. Von einer Mehrheitsbeteili­
denn oft erfahren diese gar nicht von der Hand­
der
Steuerbehörde
mitzuteilen,
gung spricht man, wenn mehr als 50 % an den
änderung, da es ja zu keiner Änderung im Grund­
Stimmrechten der Gesellschaft veräussert werden.
buch kommt.
Auf die Beteiligung am nominellen Kapital kommt
es nicht an.
Besonderheiten ergeben sich bei einer wirtschaft­
lichen Handänderung auch bei der Ermittlung der
Nach der Praxis der kantonalen Steuerverwaltun­
Besitzdauer, welche bei der Bestimmung des
gen wird auch der gestaffelte Verkauf von mehre­
­anwendbaren Steuersatzes von Bedeutung ist. In
ren Minderheitsbeteiligungen durch denselben Ver­
­gewissen Kantonen wird bei der Bestimmung der
käufer unter den Tatbestand der wirtschaftlichen
Besitzdauer darauf abgestellt, wann der Steuer­
Handänderung subsumiert, sofern dieser innert
pflichtige die Mehrheitsbeteiligung erworben hat.
eines gewissen Zeitraums (in der Regel 5 Jahre)
Werden folglich Minderheitsbeteiligungen gestaf­
mehrere Minderheitsbeteiligungen, die zusammen
felt veräussert, ist derjenige Zeitpunkt mass­
mehr als 50 % ausmachen, veräussert. Ebenfalls
gebend, ab welchem der Verkäufer eine Mehrheits­
von einer wirtschaftlichen Handänderung wird aus­
beteiligung hält. In anderen Kantonen wird anteils­
gegangen, wenn mehrere Minderheitsbeteiligte,
mässig auf die verschiedenen Zeitpunkte des
die zusammen die Mehrheit der Stimmrechte inne­
gestaffelten Erwerbs der Minderheitsbeteiligungen
haben, gemeinsam an denselben Erwerber bzw. an
abgestellt. Sofern das Grundstück durch die Ge­
mehrere zusammenwirkende Käufer übertragen.
sellschaft jedoch erst nach dem Erwerb der Mehr­
Mit diesen Regeln will man Umgehungsgeschäfte
heitsbeteiligung gekauft wurde, ist in der Regel der
vermeiden.
Zeitpunkt des Erwerbs der Liegenschaft mass­
gebend. Zu beachten ist, dass Liegenschaften in
verschiedenen Kantonen betroffen sein können,
3
Besteuerung des Grundstückgewinns
diesfalls sind je die Regeln der Belegenheitskanto­
ne zu berücksichtigen.
Monistisches System
Dualistisches System
In Kantonen mit dem monistischen System fällt
beim Verkauf einer Mehrheitsbeteiligung an einer
Bei Kantonen mit dem dualistischen System wird
Immobiliengesellschaft
Grundstückgewinn­
die wirtschaftliche Handänderung nur dann mit der
steuer an, unabhängig davon, ob es sich beim Ver­
Grundstückgewinnsteuer erfasst, wenn es sich
käufer um eine natürliche oder juristische Person
beim Aktionär um eine natürliche Person handelt,
handelt. Steuerbar ist der Grundstückgewinn, d. h.
welche die Beteiligung an der Immobiliengesell­
die Differenz zwischen dem Veräusserungserlös
schaft im Privatvermögen hält. Die Ermittlung des
und den Anlagekosten. Bei einem Verkauf einer
Veräusserungserlöses und der Besitzdauer erfolgt
Mehrheitsbeteiligung an einer Immobiliengesell­
in einem solchen Fall analog den oben beschriebe­
schaft ist zu beachten, dass bei der Ermittlung des
nen Grundsätzen beim monistischen System.
die
Veräusserungserlöses nicht einfach auf den Kapi­
talgewinn auf den veräusserten Aktien abgestellt
Wenn der Aktionär jedoch eine juristische Person
werden kann. Erfasst werden soll nur der Mehrwert
oder eine natürliche Person ist, welche die Beteili­
auf dem Grundstück. Aus diesem Grund wird der
gung an der Immobiliengesellschaft im Geschäfts­
Veräusserungserlös nach der folgenden Formel be­
vermögen hält, ist im jeweiligen Kanton abzuklä­
rechnet:
ren, ob überhaupt eine Besteuerungsgrundlage für
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die wirtschaftliche Handänderung besteht. Eine
E
solche gesetzliche Grundlage kennt z. B. der Kan­
Mehrwertsteuer
ton Thurgau. Steuerbar ist auch bei dualistischen
Kantonen nur der Wertzuwachsgewinn – nicht aber
wiedereingebrachte
dem
Die Übertragung von Anteilen an einer Immobilien­
Grundstück. Dieser wird ebenfalls anhand der oben
Abschreibungen
auf
gesellschaft stellt – wie die Übertragung von ande­
beschriebenen Formel berechnet.
ren Beteiligungen – eine von der Mehrwertsteuer
ausgenommene Leistung dar, hier wird kein Durch­
Direkte Bundessteuern
griff vorgenommen, womit beim Verkauf keine
Mehrwertsteuer auf dem Veräusserungserlös ab­
Bei der direkten Bundessteuer zieht der Verkauf
zurechnen ist.
einer Immobiliengesellschaft keine besonderen
Steuerfolgen nach sich. Die Steuerfolgen sind ex­
Trotzdem sind mehrwertsteuerliche Aspekte bei
akt dieselben wie beim Verkauf von anderen Betei­
der Übernahme einer Immobiliengesellschaft von
ligungen.
erheblicher Bedeutung. Um steuerliche Risiken
frühzeitig zu erkennen, ist im Rahmen der vor sol­
chen Transaktionen üblicherweise durchgeführten
4
Handänderungssteuer, Grundbuch- und
Due Diligence ein besonderes Augenmerk auf die
Notariatsgebühren
Mehrwertsteuer zu legen. Es ist sicherzustellen,
dass eine vollständige Dokumentation über die ein­
Bei einer wirtschaftlichen Handänderung ist neben
zelnen Liegenschaften und deren Nutzung während
den oben erwähnten Steuern auch die Handände­
der letzten 26 Jahre oder sofern die Liegenschaft
rungssteuer geschuldet. Die Handänderungssteuer
noch nicht so lange gehalten wird, seit dem Kauf
ist in der Regel vom Käufer, in gewissen Kantonen
oder dem Bau der Liegenschaften vorhanden ist.
jedoch auch hälftig vom Verkäufer und Käufer, zu
Dabei ist es nicht nur wichtig zu wissen, ob für die
tragen. Nicht alle Kantone kennen eine Handände­
Liegenschaft für eine Besteuerung optiert wurde,
rungssteuer (z. B. hat der Kanton Zürich diese
sondern bei gemischter Verwendung der Liegen­
­abgeschafft). Grundbuch- und Notariatsgebühren
schaften auch in welchem Umfang sie im steuer­
löst die Übertragung von Immobiliengesellschaften
baren Bereich genutzt wurden. Fehlen ausreichen­
hingegen keine aus, kommt es doch gerade nicht zu
de Dokumente, besteht bei einer nach dem Kauf
einer Änderung im Grundbuch.
erfolgten Nutzungsänderung das Risiko, dass ein
Eigenverbrauch angenommen wird, womit zuvor
­
erstattete
Vorsteuern
von
der
Eidgenössische
D
Steuerverwaltung zurückverlangt werden. Es kann
Situation der
­Immobiliengesellschaft
umgekehrt auch sein, dass nicht erkannt wird, dass
man bei einer späteren Nutzungsänderung eine
Einlageentsteuerung geltend machen und somit
Vorsteuern zurückverlangen könnte. Fehlt es an
einer ausreichenden Dokumentation, ist dem Er­
Um zu vermeiden, dass bei einem späteren Verkauf
werber zu empfehlen, vertraglich eine Haftungs­
der Liegenschaften durch die Immobiliengesell­
klausel zu vereinbaren, so dass er im Falle einer
schaft
die
Aufrechnung durch die Eidgenössische Steuerver­
Grundstückgewinn- (monistisches System) bzw.
waltung Rückgriff auf den Verkäufer nehmen kann.
Gewinnsteuer (dualistisches System) erneut abge­
Allerdings dürfte sich dies aufgrund der erforder­
rechnet wird, sehen die Kantone typischerweise
lichen langen Dauer als schwer durchsetzbar er­
vor, dass die Immobiliengesellschaft nach einer
weisen.
auf
demselben
Grundstückgewinn
wirtschaftlichen Handänderung die Liegenschaften
in der Steuerbilanz im Umfang des besteuerten
Gewinns aufwerten dürfen. Entsprechend ist auf
der Passivseite eine versteuerte stille Reserve zu
bilden. Bei der direkten Bundessteuer ist eine ent­
sprechende Anpassung nicht nötig.
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Immobilien Verkauf einer Immobiliengesellschaft – auch ein Steuerthema
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F
ern beglichen wurden, um die Eintragung
Empfehlungen beim
Kauf oder Verkauf einer
Immobiliengesellschaft
allfälliger Grundpfandrechte zu verhindern.
–Jeder Erwerber sollte dafür besorgt sein, mit
Blick auf die Mehrwertsteuer ausreichend
dokumentiert zu sein.
Angesichts der steuerlich komplexen Situation
können sich folgende Empfehlungen als hilfreich
erweisen, wobei die Liste sicherlich erweiterbar ist:
–
Käufer und Verkäufer ist zu raten, bei der
Übertragung von Aktien an Gesellschaften
mit erheblichem Immobilienbesitz zu prüfen,
ob es sich um eine Immobiliengesellschaft
handeln könnte. Bei Zweifeln sollte in allen
Kantonen, wo Liegenschaften gehalten wer­
den,
ein
Steuervorabbescheid
eingeholt
werden.
–
Einem
Erwerber
einer
Immobiliengesell­
schaft ist zu empfehlen, zu verifizieren, dass
in der Vergangenheit keine Mehrheit der An­
teile veräussert wurde und damit keine steu­
erlichen Altlasten bestehen.
–
Beim Erwerb einer ganzen Unternehmens­
gruppe lohnt es sich zu prüfen, ob eine der
Beteiligungen eine Immobiliengesellschaft
darstellt. Wenn dies der Fall ist, ist zu klären,
ob in den relevanten Kantonen dadurch
Steuern ausgelöst werden. Allenfalls sollte
dazu eine Bestätigung eingeholt werden, ge­
rade wenn eine Immobilienholding erworben
wird.
–Erwerber einer Immobiliengesellschaft soll­
ten alle notwendigen Unterlagen und Infor­
mationen, die es ihnen erlauben, anfallende
Steuerfolgen zu berechnen, beschaffen und
um Sicherstellung allfälliger Steuern, die
beim Veräusserer anfallen, besorgt sein (Ge­
fahr von Grundpfandrechten der Kantone).
Zu berücksichtigen ist auch, dass in der Ge­
sellschaft Steuern anfallen können, wenn
dieser vor dem Verkauf Immobilien entnom­
men werden, und dass dafür Rückstellungen
zu bilden sind, welche den Wert der Gesell­
schaft mindern.
–Dem Käufer ist zu raten, bei den Gewährleis­
tungen und Zusicherungen Klauseln aufzu­
nehmen, die der besonderen steuerlichen
Situation Rechnung tragen. Es könnte sich
lohnen, einen M&A-Anwalt explizit auf diese
Thematik anzusprechen, wenn er nicht kla­
rerweise über Steuerfachwissen verfügt.
–
Dem Erwerber ist zu empfehlen, sich im
Nachgang an die Transaktion Nachweise zei­
gen zu lassen, wonach die angefallen Steu­
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