Witwen-/Witwerrente – Redaktion, Andreas Koehler – TK Lexikon Sozialversicherung – 28. Oktober 2015 Witwen-/Witwerrente Zusammenfassung HI662744 LI1100133 Begriff Zu den Renten an Hinterbliebene gehören auch die Witwen- oder Witwerrenten. Eine solche Rente kann – sofern die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind – aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder auch aus der gesetzlichen Unfallversicherung gezahlt werden. Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung Maßgeblich für Witwen- bzw. Witwerrenten sind die Vorschriften von §§ 46, 93, 97 und 243 SGB VI sowie § 65 SGB VII. Lohnsteuer HI727495 Werksrenten Witwenrenten, die von früheren Arbeitgebern des Verstorbenen gezahlt werden, sind lohnsteuerpflichtig. Zur zutreffenden Lohnsteuerermittlung hat die verwitwete Person ihre steuerliche Identifikationsnummer dem Arbeitgeber mitzuteilen. Damit kann der Arbeitgeber die verwitwete Person bei der Finanzverwaltung als Arbeitnehmer anmelden und für sie die ELStAM abrufen. Bei der Lohnsteuerberechnung ist der Versorgungsfreibetrag sowie der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag zu berücksichtigen. Maßgebend für die Berechnung dieser Freibeträge ist das Jahr des Versorgungsbeginns des Verstorbenen, der diesen Versorgungsanspruch begründete; Bemessungsgrundlage ist die jeweils gezahlte Witwenrente. [ 1 ] Leistungen der Rentenversicherung Die aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlte Witwenrente unterliegt nicht dem Lohnsteuerabzug, sondern wird im Rahmen einer Veranlagung zur Einkommensteuer mit dem im Kalenderjahr des Rentenbeginns maßgebenden gesetzlichen Besteuerungsanteil für Leibrenten nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG als steuerpflichtige Einnahme angesetzt Renten. Sozialversicherung 1 Änderungen im Hinterbliebenenrentenrecht HI727496 HI3490164 Das Hinterbliebenenrentenrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung wurde durch das Altersvermögensergänzungsgesetz ab 1.1.2002 neu geordnet. Das neue Recht gilt jedoch nur, wenn die Ehe nach dem 31.12.2001 geschlossen wurde oder die Ehe am 31.12.2001 bestand und beide Ehepartner nach dem 1.1.1962 geboren sind. Witwen- und Witwerrenten werden aus der Versicherung des Verstorbenen berechnet. Vom Hinterbliebenen neben der Rente erzielte Einkünfte wirken sich im Rahmen der Einkommensanrechnung rentenmindernd aus. [ 2 ] Für Ehepaare, die vor dem 1.1.2002 geheiratet haben und mindestens einer der Eheleute vor dem 2.1.1962 geboren ist, gilt das bis zum 31.12.2001 gültige Recht unverändert weiter. [ 3 ] 2 Hinterbliebenenrecht seit 1.1.2002 HI664301 Nach dem Tod des Ehepartners kann die Witwe bzw. der Witwer eine kleine oder große Witwen-/Witwerrente erhalten. Auf die kleine Witwen-/Witwerrente besteht Anspruch, wenn der verstorbene Ehepartner die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt hat. Die kleine Witwenrente wird nur für 2 Jahre befristet gezahlt. Auf die große Witwen-/Witwerrente besteht Anspruch, wenn der verstorbene Ehepartner die allgemeine Wartezeit erfüllt hat und die Witwe/der Witwer bereits das 45. Lebensjahr vollendet hat oder ein minderjähriges waisenrentenberechtigtes Kind erzieht oder erwerbsgemindert ist. Witwen-/Witwerrente wird nicht gezahlt, wenn die Ehe mit der verstorbenen Person – von Ausnahmen abgesehen – nicht mindestens ein Jahr bestanden hat, oder wenn die während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften zu gleichen Teilen partnerschaftlich aufgeteilt wurden. Durch dieses sog. Rentensplitting wird auf einen Hinterbliebenenrentenanspruch zugunsten der eigenen Rentenanwartschaften verzichtet. Erzieht die Witwe bzw. der Witwer ein Kind, kann durch das Rentensplitting ein Anspruch auf Erziehungsrente entstehen. 3 Beginn und Wegfall HI664302 Bezog der verstorbene Ehepartner bereits zu Lebzeiten eine Rente, so beginnt die Witwen-/Witwerrente mit dem Ersten des auf den Sterbemonat folgenden Kalendermonats. Für den Sterbemonat wird noch die volle Versichertenrente gezahlt. Stand der versicherten Person zur Zeit ihres Todes noch keine Rente zu, wird die Witwen-/Witwerrente grundsätzlich vom Todestag an gewährt, wenn die Rente innerhalb von 12 Kalendermonaten nach dem Tod des Versicherten beantragt wird. Die Witwen-/Witwerrente fällt mit dem Ablauf des Monats weg, in dem die Witwe/der Witwer wieder heiratet oder in dem sie/er verstirbt. 4 Höhe der Rente HI664303 Für die auf den Sterbemonat bzw. für die auf den Todestag folgenden 3 Monate erhält die Witwe/der Witwer eine Geldleistung in Höhe der – auf den Todeszeitpunkt berechneten – Altersrente. Hat die verstorbene Person bereits eine Rente erhalten, dann kann die Witwe/der Witwer innerhalb von 20 Tagen nach dem Tode ihres Ehepartners einen Vorschuss auf die Leistung des Sterbevierteljahres beim Renten Service der Deutschen Post AG beantragen. Der Vorschuss beträgt das 3-Fache der von der verstorbenen Person zuletzt bezogenen Monatsrente und wird auf die Rentenansprüche der Witwe/des Witwers für die ersten 3 Monate angerechnet. Der Antrag auf Zahlung des Vorschusses gilt bereits als Rentenantrag. Nach Ablauf des Sterbevierteljahres beträgt die große Witwen-/Witwerrente 55 %, die kleine Witwen-/Witwerrente 25 % einer Versichertenrente, werden von der Witwe/dem Witwer erzielte Einkünfte im Rahmen der Einkommensanrechnung auf die Rente angerechnet, kann ein Zuschlag wegen Kindererziehung zu der Rente geleistet werden. 5 Rentenabschläge HI664304 Eine Witwen-/Witwerrente wird gekürzt, wenn sie vor Vollendung des 63. Lebensjahres der verstorbenen Person beginnt. Die Kürzung beträgt für jeden Monat, den die Rente vor dem 63. Lebensjahr in Anspruch genommen wird, 0,3 %. Der Höchstsatz, um den die Rente gekürzt wird, beträgt 10,8 %. 6 Zuschlag wegen Kindererziehung HI664305 Witwen- und Witwerrenten erhalten einen Zuschlag für Zeiten, in denen die Witwe oder der Witwer Kinder erzogen hat. Maßgeblicher Zeitraum für die Kindererziehung ist die Zeit vom Monat nach der Geburt des Kinds bis zum Monat, in dem es sein 3. Lebensjahr vollendet hat. Für jeden Monat in diesem Zeitraum, in dem das Kind erzogen wurde, werden 0,0505 Entgeltpunkte gutgeschrieben. Erfolgte die Erziehung in dem gesamten Zeitraum durch die Witwe oder den Witwer, ergeben sich 36 Monate × 0,0505 Entgeltpunkte = 1,8180 Entgeltpunkte. Die so ermittelten Entgeltpunkte sind mit dem für die Rente gültigen Rentenartfaktor zu vervielfältigen. Er beträgt bei einer großen Witwen- oder Witwerrente 0,55. Der Zuschlag an Entgeltpunkten beträgt bei einer solchen Rente also pro Kind maximal 1,8180 × 0,55 = 0,9999 Entgeltpunkte. In den ersten 3 Kalendermonaten nach dem Tod der versicherten Person wird der Zuschlag nicht gewährt. Während dieser Zeit wird die Witwen- bzw. Witwerrente bereits in Höhe einer vollen Versichertenrente gezahlt. 7 Abfindung bei Wiederheirat HI664306 Die Witwen-/Witwerrente fällt bei Wiederheirat mit Ablauf des Monats der Eheschließung weg. Bei der Wiederheirat wird die rentenberechtigte Person einer großen Witwen-/Witwerrente mit dem 24-fachen Monatsbetrag der Rente bzw. einer kleinen Witwen-/Witwerrente mit den bis zum Ende der ursprünglichen Befristung zustehenden Beträge abgefunden. 8 Witwen-/Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten HI664307 Eine Witwen-/Witwerrente, die wegen Heirat weggefallen ist, kann wieder aufleben, wenn der neue Ehepartner verstirbt bzw. die neue Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt wird. Bei einer nochmaligen Heirat entfällt diese Rente endgültig. Sie kann nicht mehr wieder aufleben. Entsteht durch den Tod des neuen Ehepartners ebenfalls ein Witwen-/bzw. Witwerrentenanspruch oder ein Anspruch auf Versorgung, werden diese Leistungen auf die Witwen-/Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten angerechnet. 9 Anrechnung von Einkommen HI664308 Eigene Einkünfte der Witwe/des Witwers werden, soweit diese einen Freibetrag überschreiten, zu 40 % auf die Rente angerechnet. Der Freibetrag ist dynamisch und wird jeweils zum 1.7. eines Jahres durch die Rentenanpassung angeglichen. Angerechnet werden grundsätzlich alle Einkommensarten. Lediglich Einnahmen aus steuerlich geförderten Altersvorsorgeverträgen und die meisten steuerfreien Einnahmen bleiben außen vor. Während des Sterbevierteljahres findet keine Einkommensanrechnung statt. 10 Vertrauensschutzregelungen HI664309 Das am 31.12.2001 gültige Recht gilt für Ehepaare, die vor dem 1.1.2002 geheiratet haben und der ältere Partner an diesem Tage bereits 40 Jahre alt ist und für Fälle, in denen ein Ehepartner vor dem 1.1.2002 verstirbt, unverändert weiter. Ist das alte Recht anzuwenden, bedeutet dies, dass die kleine Witwen-/Witwerrente nicht auf 2 Jahre befristet wird, die große Witwen-/Witwerrente 60 % einer Versichertenrente beträgt, ein Zuschlag wegen Kindererziehung nicht geleistet wird, kein Rentensplitting durchgeführt werden kann, das zum Ausschluss der Witwen-/Witwerrente führt und nur Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen bei der Einkommensanrechnung berücksichtigt werden. Andere Einkunftsarten, wie z. B. Vermögenseinkommen, werden außer Acht gelassen. 11 Witwen-/Witwerrente an den früheren Ehegatten HI664310 Auch der frühere Ehepartner erhält Witwen-/Witwerrente nach dem Tode des Versicherten, wenn die Ehe vor dem 1.7.1977 geschieden, für nichtig erklärt oder aufgehoben wurde und der Verstorbene zur Zeit seines Todes Unterhalt zu leisten hatte oder wenigstens während des letzten Jahres vor dem Tod tatsächlich Unterhalt geleistet hat. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt und ist keine Witwen-/Witwerrente an eine(n) "echte(n)" Witwe(r) zu gewähren, kann dem früheren Ehepartner diese Rente unter den gleichen Voraussetzungen ebenfalls zugebilligt werden. Sind mehrere Anspruchsberechtigte vorhanden (z. B. Witwe und frühere Ehefrau), so erhält jeder Berechtigte einen der Dauer der Ehe mit dem Versicherten entsprechenden Teil der Rente. 12 Unfallversicherung HI664311 Witwen-/Witwerrente wird in der Unfallversicherung bei Tod oder Verschollenheit eines Versicherten infolge eines Arbeitsunfalls gewährt. Die Witwen-/Witwerrente wird ohne Vorliegen weiterer besonderer Voraussetzungen in Höhe von 30 % des Jahresarbeitsverdienstes der verstorbenen Person gezahlt. Sie erhöht sich auf 40 %, wenn die Witwe/der Witwer das 45. Lebensjahr vollendet hat oder mindestens ein waisenrentenberechtigtes Kind erzieht oder erwerbsgemindert, berufs- oder erwerbsunfähig im Sinne der Rentenversicherung ist. Bis zum Ablauf von 3 Kalendermonaten nach dem Tod des Versicherten beträgt die Witwen-/Witwerrente ⅔ des Jahresarbeitsverdienstes. Ab dem vierten Kalendermonat nach dem Tod des Versicherten werden eigene Einkünfte der Witwe/des Witwers auf die Rente angerechnet. [ 4 ] Trifft eine Unfallwitwen-/-witwerrente mit einer entsprechenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusammen, wird das Einkommen vorrangig auf die Unfallrente angerechnet. Die Unfallrente wiederum wird nach der Einkommensanrechnung auf die gesetzliche Rente angerechnet. Witwen oder Witwer haben grundsätzlich keinen Anspruch, wenn die Ehe erst nach dem Versicherungsfall geschlossen worden und der Tod innerhalb des ersten Jahres dieser Ehe eingetreten ist. Ist die Annahme, die Eheschließung sei nur erfolgt, um einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, nicht gerechtfertigt, kann die Rente dennoch gezahlt werden. Witwenrente erhält auf Antrag auch die frühere Ehefrau des verstorbenen Versicherten, wenn er ihr zur Zeit des Tods Unterhalt zu leisten hatte oder ihr wenigstens während des letzten Jahres vor seinem Tod geleistet hat. Sind mehrere Anspruchsberechtigte vorhanden, werden die Renten gesplittet. Hinweis Wiederaufleben des Rentenanspruchs Auch in der gesetzlichen Unfallversicherung kann eine wegen Wiederheirat weggefallende Witwen-/Witwerrente wieder aufleben, wenn der neue Ehepartner verstirbt bzw. die neue Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt wird. Anders als in der Rentenversicherung, werden auf die wiederaufgelebte Rente nur neue Ansprüche angerechnet, die im konkreten Einzelfall auch verwirklicht werden können. [ 1 ] S. Betriebliche Altersversorgung. [ 2 ] S. Hinzuverdienst. [ 3 ] S. Abschn. 10. [ 4 ] S. Hinzuverdienst.
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