Landkreis bereitet sich auf Tag X vor (OK, 05.09.2015)

Ostfriesland
Ostfriesischer Kurier
sOnnabend, 5. september 2015 / seite 19
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kurz nOtiert
einrichtungshaus
feiert Jubiläum
Leer – Das Einrichtungs­
haus Konken in Leer be­
steht seit 50 Jahren. Die­
sen Anlass möchte das
Unternehmen gebührend
feiern und lädt für mor­
gen und Sonntag zu einer
großen Geburtstagsparty
mit Messe ein. Am Sonn­
abend sorgt der Shanty
Chor aus Bad Zwischen­
ahn und am Sonntag die
„Midlife Bluesband“ für
Stimmung und nette mu­
sikalische Unterhaltung.
Leckeres vom Grill gibt
es im U1 – Ostfrieslands
einzigem
U­Bahn­Café.
Die Gastgeber Bernd und
Stefan Konken spendieren
die ersten 60 Liter Bier.
Weitere Aussteller und Ak­
tionen für Jung und Alt
laden zum Mitfeiern ein,
wie die Modellfluggruppe
Uplengen. Ein Fotostudio
macht Familien­ und Kin­
derfotos. Die Kinder kön­
nen sich vor dem Fotos­
hooting schminken lassen,
für die „Größeren“ wird
auch Airbrush­Tattoo an­
geboten.Ein Kettensägen­
Künstler sägt aus Baum­
stämmen Skulpturen. Ak­
tuelle Kochtrends und die
passenden Geräte werden
vorgestellt. Geöffnet ist am
Sonnabend von 9 bis 16
Uhr und am Sonntag von
13 bis 18 Uhr.
sportboot über nacht
komplett gesunken
StickhauSen – In der
NachtzuFreitagistinStick­
hausen ein Sportboot fast
komplett gesunken. Ent­
deckt wurde das Unglück
erst am Freitagmorgen.
Der Eigner des rund zehn
Meter langen Sportbootes
hatte es am Donnerstag­
abend an einem Dalben
festgemacht. Warum das
Boot über Nacht gesun­
ken war, ist noch unklar,
vermutlich hatte sich das
Boot bei der Ebbe verkeilt
und bei Flut war das Was­
ser über das Deck ins Boot
gelaufen. Die Feuerwehr
legte Ölsperren aus. Ver­
letzt wurde nach Angaben
der Polizei niemand, der
Eigner hatte sein Boot am
späten Abend verlassen.
Die Polizei hat die Ermitt­
lungen aufgenommen.
kOntakt
Richard Fransen
Heidi Janssen
Kerstin Jaafar
925-348
925-248
925-242
Ernste Gesichter gestern im Kreishaus Aurich (v. l.): Sozialamtsleiter Dieter Christoffers, Erster Kreisrat Dr. Frank Puchert und Vize-Ordnungsamtsleiter Heinz
Gronewold (Ausländerbehörde) nach Bekanntwerden des jüngsten Erlasses des niedersächsischen Innenministeriums.
FOtO: FRAnSEn
Landkreis bereitet sich auf Tag X vor
Hilfe
auf zentrale notunterkünfte soll solange wie möglich verzichtet werden
der Landkreis will die
flüchtlingsfrage nicht nur
auf die unterbringung
reduzieren. „integration
ist eine sache, die auch in
unserem interesse liegt“,
formulierte es gestern
der Vize-chef der
auricher Kreisverwaltung,
dr. frank puchert.
norden/aurich/FR – Politik
und Verwaltung des Land­
kreises Aurich bereiten sich
zunehmend auf die zu erwar­
tenden höheren Flüchtlings­
zahlen vor. Zwar ist die neue
Quote durch die Landesauf­
nahmebehörde noch nicht
herausgegeben worden, der
gestern Morgen im Kreishaus
Aurich eingetroffene Erlass
des Innenministeriums sorgte
dann doch bei den Verant­
wortlichen für Sorgenfalten
– die Zahl der Flüchtlinge,
die der Landkreis Aurich bis
Ende Januar 2016 aufnehmen
muss, wird sehr stark anstei­
gen. Erster Kreisrat Dr. Frank
Puchert und Kreis­Sozialamts­
leiter Dieter Christoffers nann­
ten gestern 1200 Flüchtlinge,
die der Kreis bis Ende Januar
2016 aufnehmen müsse. Zum
Vergleich: Vom 1. Januar dieses
Jahres bis Ende September
sah die zugeteilte Quote 850
Flüchtlinge vor. Konkret: Ka­
men bislang im Schnitt 20 bis
25 Flüchtlinge pro Woche in
den Landkreis Aurich, könnten
es künftig zwischen 60 und
70 Menschen sein, die unter­
gebracht und betreut werden
müssen.
Zwar warnte Puchert gestern
während eines kurzfristig an­
beraumten Pressegespräches
davor, die Flüchtlingsfrage auf
die Frage der Unterbringung
zureduzieren,dennochkönnte
sie zumindest kurzfristig auch
in seinen Augen zu einer der
größten Herausforderungen
der letzten Jahre werden, die
sich der Landkreis und seine
Bewohnerinnen und Bewoh­
ner zu stellen haben.
dezentral
Sowohl Puchert als auch
Christoffers machten gestern
unmissverständlich klar, dass
die Flüchtlinge im Kreisge­
biet auch künftig „möglichst
dezentral in einem Wohnum­
feld“ untergebracht werden
sollen, und somit auf Sam­
melunterkünfte möglichst zu
verzichten. Allerdings ist das
Sozialamt bereits jetzt auf grö­
ßere Unterkünfte angewiesen,
so in Aurich im ehemaligen
Polizeigebäude mit 40 Bewoh­
nern oder die alte Molkerei
in Georgsheil, wo derzeit 65
Flüchtlinge
untergebracht
sind. Auf der anderen Seite hat
Sozialamtsleiter Christoffers
etwa 35 bis 40 Wohnungen in
„normalen“ Wohnhäusern auf
der Liste stehen, die in den
nächsten Wochen von seinen
Mitarbeitern auf ihre Tauglich­
keit als Flüchtlingsunterkunft
begutachtet werden. Aber ir­
gendwann, davon zeigten sich
Puchert und Christoffers über­
zeugt, gibt der Markt nicht
mehr genügend Wohnraum
her.
interne Gespräche
Der Landkreis wird also um
Notunterkünfte nicht herum­
kommen. Wie Puchert gestern
ausführte, haben sich die Ver­
Willkommen – der Landkreis Aurich wird in den nächsten Monaten deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen als bisher.
antwortlichen in der Kreisver­
waltung am Donnerstag mit
Vertretern der Feuerwehr und
weiteren Hilfsinstitutionen zu­
sammengesetzt, um für den
Tag X gerüstet zu sein. Und
dabei geht es nicht nur um die
ins Auge gefassten kreiseige­
nen und privaten Gebäude, die
Puchert übrigens auch gestern
nicht benennen wollte („Wir
haben mit den Eigentümern
noch nicht gesprochen, da wir
ganz am Anfang unserer Ar­
beit stehen.“). Nur so viel – die
Nutzung von Sporthallen wäre
für ihn die letzte Möglichkeit,
wenn alle anderen Optionen
ausgereizt wären. Und die al­
lerletzte der Bau einer Flücht­
lings­Zeltstadt. „Aber zu 100
Prozent ausschließen können
wir das vor dem Hintergrund
der Flüchtlingszahlen alles
nicht.“
Am Donnerstag ging es auch
um die Frage, wie die Verpfle­
gung der Flüchtlinge in den
Notunterkünften zumindest in
der erstenWoche sichergestellt
werden kann. „Diese Erstver­
sorgung könnten Feuerwehr
und DRK übernehmen. Da­
nach soll nach den Vorstellun­
gen von Puchert ein professio­
neller Caterer die Arbeit über­
nehmen. Nachgedacht wird
auch über den Einsatz eines
Sicherheitsdienstes und natür­
lich über die soziale Betreuung.
„Wenn wir Notunterkünfte
einrichten, dann müssen die
Menschen auch rund um die
Uhr betreut werden“, lenkten
Puchert und Christoffers den
Blick auf die zu erwartenden
Personalkosten. „Ich werde
nächste Woche eine Aufsto­
ckung für das Sozialamt bean­
tragen“, kündigte Christoffers
an, dass seine Mitarbeiter be­
reits jetzt ausgelastet seien. Er
sprach von einer notwendigen
Verdoppelung des Personals.
„krisenmanagement“
„Das hat schon was von
Krisenmanagement. Das Land
und somit auch der Kreis ste­
hen vor nachhaltigen Verände­
rungen“, wies Puchert darauf
hin, dass derzeit das Personal
innerhalb der Verwaltung um­
geschichtet werde. Man werde
aber um Neueinstellungen
nicht herumkommen.
Ins Geld geht auch das In­
tegrationskonzept, was der
Kreistag noch in September
verabschieden will. Das Kon­
zept soll laut Puchert in der
nächsten Woche mit Blick auf
die neue Entwicklung ange­
passt werden. Dreh­ und An­
gelpunkt des Papiers ist ein
Netzwerk für Beruf, Arbeit und
Migration, das über die Kreis­
volkshochschulen in Norden
und Aurich umgesetzt wer­
den soll. Unter anderem sollen
auch 140 Wohnplätze entste­
hen (wir berichteten).
investitionen
Mit Blick darauf unterstrich
Puchert die Notwendigkeit von
Investitionen und lobte gleich­
zeitig das Engagement der
vielen ehrenamtlichen Helfer.
„Es hat sich bereits ein rich­
tiges Netzwerk aufgebaut.“ Die
Frage, ob vor dem Hintergrund
steigender Flüchtlingszahlen
sich die Stimmung in der Be­
völkerung drehen könne, ver­
neinte Puchert. „Die Fernseh­
bilder sollten uns Mut machen,
den Menschen zu helfen. Wir
tun uns als Gesellschaft ei­
nen großen Gefallen, wenn
wir die Menschen integrieren.
Es kommen viele interessante
Menschen zu uns, die eine Be­
reicherung darstellen“, so der
Erste Kreisrat.
➟ Wer helfen oder spenden
möchte, kann sich beim Amt
für Migration und teilhabe
melden. Ansprechpartner ist
Frank Martens unter telefon
04941/16 32 64.