Vorsorgliche Beweisführung

Vorsorgliche Beweisführung Update
Karin Friedli
Neuerungen im Haftpflicht- und Versicherungsrecht
Restaurant Metropol, Zürich
I
EINORDNUNG DES INSTITUTS
o Üblicher Prozessablauf:
•
Behauptungsstadium
•
Beweisstadium (Zeugeneinvernahmen,
Gutachtensauftrag, etc.)
o Vorzeitige Beweisführung:
•
Bei Gefährdung von Beweismitteln (Feststellung
Baumängel bei einem einsturzgefährdeten Gebäude,
Aussage eines todkranken Zeugen)
•
Zur Abklärung der Erfolgschancen eines Prozesses
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II
ZWECK DES INSTITUTS
Vermeidung unnötiger Prozesse
•
Verzicht auf Prozess, wenn Beweismittel zuungunsten des
potentiellen Klägers
•
Vergleichsangebot des potentiell Beklagten, wenn
Beweismittel Anspruch nachweist
 Ausrichtung auf entscheidende Beweismittel, die dem
potentiellen Kläger noch nicht vorliegen
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III
PRAXIS DES BUNDESGERICHTS
o Leitentscheide zur vorsorglichen Beweisführung betreffend
Abklärung der Prozessaussichten
o Häufige Konstellation:
•
Aus Unfall geschädigte Person will gegen Haftpflichtigen
bzw. Haftpflichtversicherung vorgehen
•
Gesuch an das Gericht zur Erstellung eines
polydisziplinären medizinischen Gutachtens
•
Gutachten soll dazu dienen, die Prozessaussichten gegen
den Haftpflichtigen / die Versicherung abzuklären
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III
PRAXIS DES BUNDESGERICHTS
BGE 138 III 76 (Entscheid vom 31. Januar 2012)
o Blosse Behauptung eines Bedürfnisses an einem bestimmten
Beweis genügt nicht
o Gesuch muss sich auf einen konkreten Anspruch stützen:
•
Zugrundeliegenden Sachverhalt glaubhaft machen
•
Geeignetes Beweismittel zum Nachweis des Anspruchs
nennen
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III
PRAXIS DES BUNDESGERICHTS
BGE 140 III 16 (Entscheid vom 14. November 2013)
o Ausgangslage: mehr als 20 Arztberichte und eine
biomechanische Kurzbeurteilung des Unfallablaufs
o Obergericht Solothurn: genügt zur Abschätzung der
Prozessaussichten
o Bundesgericht: Gesuchsteller hat ein schutzwürdiges
Interesse an zuverlässiger Abklärung der Beweis- und
Prozesschancen; Möglichkeit einer vagen Abschätzung
genügt nicht
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III
PRAXIS DES BUNDESGERICHTS
BGE 140 III 24 (Entscheid vom 10. Dezember 2013)
o Ausgangslage:
•
zu Unfall 2010: ärztliche Berichte, Physiotherapiebericht
und unfallanalytisches Gutachten der Versicherung
•
zu den Unfällen 2005: MEDAS-Gutachten
o Obergericht Zürich: genügt zur Abschätzung der
Prozessaussichten
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III
PRAXIS DES BUNDESGERICHTS
BGE 140 III 24 (Entscheid vom 10. Dezember 2013)
o Bundesgericht
•
Arztberichte, unfallanalytisches Gutachten:
Parteiaussagen, kein entscheidender Beweiswert
•
MEDAS-Gutachten: von IV-Stelle im IV-Verfahren in
Auftrag gegeben
−
Auch im Zivilprozess beweistauglich
−
Genügt zur Abklärung der Prozesschancen
 Kein schutzwürdiges Interesse an zusätzlicher
medizinischer Begutachtung
(Gesuch nur hinsichtlich Unfall 2010 gutgeheissen)
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IV
VORGEHEN BEI GUTACHTEN IN DER VORSORGLICHEN
BEWEISFÜHRUNG
BGE 140 III 16 und BGE 140 III 24
o Gesuchsteller ist verantwortlich für
•
Bestimmung des Sachverhalts zuhanden Gutachter
•
Formulierung der Fragen zuhanden Gutachter
o Gesuchsgegnerin kann
•
Ergänzungsfragen stellen
•
Fachdisziplinen und Gutachter vorschlagen
•
Ausstandsgründe geltend machen
o Gericht entscheidet und gibt Gutachten in Auftrag
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V
KOSTEN / UNENTGELTLICHE RECHTSPFLEGE
BGE 139 III 33, BGE 140 III 30 und BGer 4A_589/2013
o Gesuchsteller
•
Trägt die Kosten der Beweisführung (Gutachten,
Zeugeneinvernahme etc.)
•
Trägt die Gerichtskosten
•
Hat der Gesuchsgegnerin eine Parteientschädigung zu
leisten
 Aber: mögliche Neuverteilung im Hauptprozess (nach
Obsiegen und Unterliegen)
o Generell kein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege bei
Beweisführung zur Abklärung der Prozessaussichten
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V
ERKENNTNISSE
1) Es gibt ein legitimes Interesse, vorsorglich Beweise
abzunehmen, um damit die Beweis- und Prozessaussichten
abklären zu können.
2) Grundlage muss ein konkreter materieller Anspruch sein.
Zugrundeliegender Sachverhalt muss glaubhaft gemacht
werden, und geeignetes Beweismittel muss genannt werden.
3) Das Interesse besteht an der Abnahme eines entscheidenden
Beweismittels zur zuverlässigen Abklärung der Beweisund Prozessaussichten. Eine vage Abschätzung der
Prozesschancen genügt nicht.
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Besten Dank für das Interesse!
Karin Friedli
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