Presseinformation 22. Dezember 2015 Pressestelle Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen Telefon 0211 871 2300/2301 Telefax 0211 871 2500 [email protected] www.mik.nrw.de Rede von Innenminister Ralf Jäger zur gemeinsamen Vorstellung des Eckpunktepapiers mit den Flüchtlingsorganisationen „Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen in Regeleinrichtungen des Landes NRW“ am 22.12.2015 in Düsseldorf - Es gilt das gesprochene Wort. - Anrede, ich möchte zunächst Frau Birgit Naujoks vom Flüchtlingsrat NRW, Frau Ingeborg Heck-Böckler von Amnesty International, Frau Christian Schubert vom Katholischen Büro NRW und Frau Ksenija Sakelšek vom Landesintegrationsrat NRW begrüßen, die sich kurz vor den Weihnachtstagen die Zeit genommen haben, um unser gemeinsames Anliegen durch ihre Anwesenheit zu unterstreichen. Anrede, die historische Dimension der aktuellen Flüchtlingsmigration ist tagtäglich Gegenstand Ihrer Berichterstattung. Die Zahl der Menschen, die auf der Suche nach Asyl nach Deutschland kommen, hat in diesem Jahr erstmals die Millionengrenze überschritten. Dabei stand die Unterbringung und Verpflegung der ankommenden Menschen gerade in den letzten Wochen und Monaten in der öffentlichen Wahrnehmung im Vordergrund. Es war Tag für Tag ein Kampf gegen Obdachlosigkeit. Hier waren wir erfolgreich und konnten alle Menschen aufnehmen und versorgen. Das stellt eine bemerkenswerte Leistung aller beteiligten Ebenen dar. Anrede, dieser quantitativen Entwicklung muss eine qualitative zur Seite stehen, um dem von der Landesregierung selbst gestellten Anspruch gerecht zu werden: Eine Flüchtlingspolitik aus der Perspektive der Asylsuchenden! Seite 2 / 7 Diesem Ziel haben wir uns auf dem Flüchtlingsgipfel Ende vergangenen Jahres verschrieben. Für diesen Paradigmenwechsel haben meine Mitarbeiter unter Leitung von Staatssekretär Bernhard Nebe gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von: • der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, • dem Flüchtlingsrat NRW e.V., • dem Kooperationspartner der Flüchtlingsberatung in NRW, • dem Landesintegrationsrat NRW, • Amnesty International, • dem UNHCR, • dem Evangelischen Büro NRW, • dem Katholischen Büro NRW und • unter Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbänden über das vergangene Jahr einen engen Dialog auf Augenhöhe geführt. Hierfür darf ich mich bei allen Beteiligten ausdrücklich bedanken. Auch oder trotz der Herausforderungen: alle Beteiligten hatten als gemeinsames Ziel die Qualität der Unterbringung und Versorgung der Menschen in den Landeseinrichtungen weiter zu verbessern. Anrede, die Antwort auf die Frage, wie wir in NRW die Flüchtlinge unterbringen, ist zugleich die Antwort auf die Frage nach unserem humanitären Selbstverständnis. Seite 3 / 7 Dieses jetzt vorgelegte Eckpunktepapier ist aus meiner Sicht die richtige Antwort. NRW setzt seinen Weg von einer humanen Flüchtlingspolitik fort! Anrede, im Konsens haben wir gemeinsam mit den NGO´s die Ihnen vorliegenden zehn Eckpunkte beschlossen. Damit schlagen wir für die Zukunft der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen in Regeleinrichtungen 10 Pflöcke ein. Hierauf wollen wir den Paradigmenwechsel der Flüchtlingsunterbringung gründen. Das Fundament ist also gelegt. Und jetzt geht es darum, dieses Leitbild mit Leben zu füllen. Das Papier ist eine wichtige Richtschnur für die Arbeit der nächsten Jahre. Denn die aktuelle Situation der Flüchtlingsmigration wird sich in den nächsten zwei Wochen oder zwei Monaten nicht in Luft auflösen. Viele der zu uns fliehenden Menschen werden hierbleiben. In unseren Landeseinrichtungen beginnt ihr Integrationsprozess. Die gemeinsam erarbeiteten Eckpunkte stellen deshalb die Flüchtlinge in den Mittelpunkt. Deren individuelle Betreuung und ihr Anspruch auf eine menschenwürdige und ihren Bedürfnissen entsprechende Unterbringung und Versorgung ist unser gemeinsam erklärtes Ziel. Seite 4 / 7 Dafür werden wir schutzbedürftige Personen wie Minderjährige, Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen oder Schwangere und ihre besonderen Bedürfnisse mehr in den Blick nehmen. Die bereits geltenden qualitativen Standards für die Einrichtungen des Landes sollen unter Beteiligung der verschiedenen im Flüchtlingsbereich tätigen Akteure evaluiert und weiter fortentwickelt werden. In allen Landeseinrichtungen soll soziale Beratung von Flüchtlingen bedarfsorientiert ausgeweitet und die Beratenden qualifiziert werden. Dafür soll eine individuelle Verfahrensberatung in allen Landeseinrichtungen, eine Grundstruktur flächendeckender regionaler Beratung vor Ort, eine Rückkehrberatung und eine bedarfsorientierte psychosoziale Beratung für Flüchtlinge gewährleistet werden. Es wird ein dezentrales Beschwerdemanagement aufgebaut, damit die Asylsuchenden mit ihren individuellen Bedürfnissen Gehör finden. Die verantwortlichen Stellen vor Ort sollen schnell und umfassend von Problemen erfahren und zeitnah beheben können. Die Gesundheitsuntersuchungen und die Gesundheitsversorgung sollen zeitnah erfolgen. Dazu gehören neben der Untersuchung auf übertragbare Krankheiten ein breites Impfangebot und eine ausreichende medizinische Versorgung. Der Ausbau von regulären und dauerhaften Unterbringungsplätzen wird entsprechend der Entwicklung der Zugänge weiter fortgeführt, insbesondere in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Von 2012 mit 1.800 Seite 5 / 7 Plätzen haben wir uns auf aktuell 80.000 gesteigert. Das entspricht der Einwohnerzahl von Detmold oder Dorsten. Ziel in 2016 sind 60.000 Regelunterbringungsplätze in Landesregie, aufgeteilt auf 10.000 Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen, 30.000 in zentralen Unterbringungseinrichtungen und 20.000 in Notunterkünften. Die Aufnahme- und Unterbringungsverfahrens in Landesunterkünften sollen wieder mit der Einleitung des Asylverfahrens verzahnt werden. Deshalb setzt sich die Landesregierung unter anderem dafür ein, dass eine ausreichende Anzahl von Außenstellen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen eingerichtet werden. Die bestehende Notfallplanung, etwa für infektiöse Krankheiten, wird fortlaufend weiterentwickelt. Für Transparenz und zur Förderung der Akzeptanz sollen Informationen zur Aufnahme, Unterbringung und sozialen Versorgung der Asylsuchenden frühzeitig und vor Ort kommuniziert werden. Anrede, weil die meisten Menschen, die derzeit zu uns kommen gute Chancen auf einen positiven Asylbescheid haben, macht es auch keinen Sinn sich in Abschreckungsphantasien zu ergehen und eine Sau nach der der anderen durchs Dorf zu treiben. Taschengelddiskussionen oder die Separation nach Ethnien für Abschiebelager, sind der falsche Ansatz. Vielmehr müssen wir uns darauf konzentrieren, dass alle Ebenen als eine Seite 6 / 7 Verantwortungsgemeinschaft im Sinne der Flüchtlinge neben der schieren Anzahl von Landesaufnahmeplätzen weiter an einer bestmöglichen Unterbringung und Versorgung arbeiten. Das muss - im Sinne der Menschen - unser Anspruch in NRW bleiben. Deshalb nochmals meinen Dank für die gemeinsam beschlossenen Eckpunkte an alle Beteiligten. Jetzt gilt es die Ärmel hochzukrempeln, in die Hände zu spucken und diese Vereinbarung umzusetzen. Vielen Dank. Seite 7 / 7
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