Rede von Innenminister Ralf Jäger zur gemeinsamen

Presseinformation
22. Dezember 2015
Pressestelle
Ministerium für
Inneres und Kommunales des
Landes Nordrhein-Westfalen
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Rede von Innenminister Ralf Jäger zur gemeinsamen Vorstellung
des Eckpunktepapiers mit den Flüchtlingsorganisationen
„Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen in
Regeleinrichtungen des Landes NRW“
am 22.12.2015
in Düsseldorf
- Es gilt das gesprochene Wort. -
Anrede,
ich möchte zunächst Frau Birgit Naujoks vom Flüchtlingsrat NRW, Frau
Ingeborg Heck-Böckler von Amnesty International, Frau Christian
Schubert vom Katholischen Büro NRW und Frau Ksenija Sakelšek vom
Landesintegrationsrat
NRW
begrüßen,
die
sich
kurz
vor
den
Weihnachtstagen die Zeit genommen haben, um unser gemeinsames
Anliegen durch ihre Anwesenheit zu unterstreichen.
Anrede,
die historische Dimension der aktuellen Flüchtlingsmigration ist tagtäglich
Gegenstand Ihrer Berichterstattung.
Die Zahl der Menschen, die auf der Suche nach Asyl nach Deutschland
kommen, hat in diesem Jahr erstmals die Millionengrenze überschritten.
Dabei stand die Unterbringung und Verpflegung der ankommenden
Menschen gerade in den letzten Wochen und Monaten in der öffentlichen
Wahrnehmung im Vordergrund. Es war Tag für Tag ein Kampf gegen
Obdachlosigkeit. Hier waren wir erfolgreich und konnten alle Menschen
aufnehmen und versorgen. Das stellt eine bemerkenswerte Leistung aller
beteiligten Ebenen dar.
Anrede,
dieser quantitativen Entwicklung muss eine qualitative zur Seite stehen,
um dem von der Landesregierung selbst gestellten Anspruch gerecht zu
werden: Eine Flüchtlingspolitik aus der Perspektive der Asylsuchenden!
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Diesem Ziel haben wir uns auf dem Flüchtlingsgipfel Ende vergangenen
Jahres verschrieben.
Für diesen Paradigmenwechsel haben meine Mitarbeiter unter Leitung
von Staatssekretär Bernhard Nebe gemeinsam mit Vertreterinnen und
Vertretern von:
•
der
Arbeitsgemeinschaft
der
Spitzenverbände
der
Freien
Wohlfahrtspflege,
•
dem Flüchtlingsrat NRW e.V.,
•
dem Kooperationspartner der Flüchtlingsberatung in NRW,
•
dem Landesintegrationsrat NRW,
•
Amnesty International,
•
dem UNHCR,
•
dem Evangelischen Büro NRW,
•
dem Katholischen Büro NRW und
•
unter Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbänden
über das vergangene Jahr einen engen Dialog auf Augenhöhe geführt.
Hierfür darf ich mich bei allen Beteiligten ausdrücklich bedanken.
Auch oder trotz der Herausforderungen: alle Beteiligten hatten als
gemeinsames Ziel die Qualität der Unterbringung und Versorgung der
Menschen in den Landeseinrichtungen weiter zu verbessern.
Anrede,
die Antwort auf die Frage, wie wir in NRW die Flüchtlinge unterbringen, ist
zugleich die Antwort auf die Frage nach unserem humanitären
Selbstverständnis.
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Dieses jetzt vorgelegte Eckpunktepapier ist aus meiner Sicht die richtige
Antwort.
NRW setzt seinen Weg von einer humanen Flüchtlingspolitik fort!
Anrede,
im Konsens haben wir gemeinsam mit den NGO´s die Ihnen vorliegenden
zehn Eckpunkte beschlossen. Damit schlagen wir für die Zukunft der
Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen in Regeleinrichtungen 10
Pflöcke
ein.
Hierauf
wollen
wir
den
Paradigmenwechsel
der
Flüchtlingsunterbringung gründen.
Das Fundament ist also gelegt. Und jetzt geht es darum, dieses Leitbild
mit Leben zu füllen.
Das Papier ist eine wichtige Richtschnur für die Arbeit der nächsten Jahre.
Denn die aktuelle Situation der Flüchtlingsmigration wird sich in den
nächsten zwei Wochen oder zwei Monaten nicht in Luft auflösen.
Viele der zu uns fliehenden Menschen werden hierbleiben.
In unseren Landeseinrichtungen beginnt ihr Integrationsprozess. Die
gemeinsam erarbeiteten Eckpunkte stellen deshalb die Flüchtlinge in den
Mittelpunkt.
Deren individuelle Betreuung und ihr Anspruch auf eine menschenwürdige
und ihren Bedürfnissen entsprechende Unterbringung und Versorgung ist
unser gemeinsam erklärtes Ziel.
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Dafür werden wir schutzbedürftige Personen wie Minderjährige, Menschen
mit Behinderungen, ältere Menschen oder Schwangere und ihre
besonderen Bedürfnisse mehr in den Blick nehmen.
Die bereits geltenden qualitativen Standards für die Einrichtungen des
Landes sollen unter Beteiligung der verschiedenen im Flüchtlingsbereich
tätigen Akteure evaluiert und weiter fortentwickelt werden.
In allen Landeseinrichtungen soll soziale Beratung von Flüchtlingen
bedarfsorientiert ausgeweitet und die Beratenden qualifiziert werden.
Dafür
soll
eine
individuelle
Verfahrensberatung
in
allen
Landeseinrichtungen, eine Grundstruktur flächendeckender regionaler
Beratung vor Ort, eine Rückkehrberatung und eine bedarfsorientierte
psychosoziale Beratung für Flüchtlinge gewährleistet werden.
Es wird ein dezentrales Beschwerdemanagement aufgebaut, damit die
Asylsuchenden mit ihren individuellen Bedürfnissen Gehör finden. Die
verantwortlichen Stellen vor Ort sollen schnell und umfassend von
Problemen erfahren und zeitnah beheben können.
Die Gesundheitsuntersuchungen und die Gesundheitsversorgung sollen
zeitnah erfolgen. Dazu gehören neben der Untersuchung auf übertragbare
Krankheiten ein breites Impfangebot und eine ausreichende medizinische
Versorgung.
Der Ausbau von regulären und dauerhaften Unterbringungsplätzen wird
entsprechend
der
Entwicklung
der
Zugänge
weiter
fortgeführt,
insbesondere in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Von 2012 mit 1.800
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Plätzen haben wir uns auf aktuell 80.000 gesteigert. Das entspricht der
Einwohnerzahl von Detmold oder Dorsten. Ziel in 2016 sind 60.000
Regelunterbringungsplätze in Landesregie, aufgeteilt auf 10.000 Plätze in
Erstaufnahmeeinrichtungen,
30.000
in
zentralen
Unterbringungseinrichtungen und 20.000 in Notunterkünften.
Die Aufnahme- und Unterbringungsverfahrens in Landesunterkünften
sollen wieder mit der Einleitung des Asylverfahrens verzahnt werden.
Deshalb setzt sich die Landesregierung unter anderem dafür ein, dass
eine ausreichende Anzahl von Außenstellen des Bundesamts für
Migration und Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen eingerichtet werden.
Die bestehende Notfallplanung, etwa für infektiöse Krankheiten, wird
fortlaufend weiterentwickelt.
Für Transparenz und zur Förderung der Akzeptanz sollen Informationen
zur
Aufnahme,
Unterbringung
und
sozialen
Versorgung
der
Asylsuchenden frühzeitig und vor Ort kommuniziert werden.
Anrede,
weil die meisten Menschen, die derzeit zu uns kommen gute Chancen auf
einen positiven Asylbescheid haben, macht es auch keinen Sinn sich in
Abschreckungsphantasien zu ergehen und eine Sau nach der der anderen
durchs Dorf zu treiben. Taschengelddiskussionen oder die Separation
nach Ethnien für Abschiebelager, sind der falsche Ansatz. Vielmehr
müssen wir uns darauf konzentrieren, dass alle Ebenen als eine
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Verantwortungsgemeinschaft im Sinne der Flüchtlinge neben der schieren
Anzahl von Landesaufnahmeplätzen weiter an einer bestmöglichen
Unterbringung und Versorgung arbeiten. Das muss - im Sinne der
Menschen - unser Anspruch in NRW bleiben. Deshalb nochmals meinen
Dank für die gemeinsam beschlossenen Eckpunkte an alle Beteiligten.
Jetzt gilt es die Ärmel hochzukrempeln, in die Hände zu spucken und
diese Vereinbarung umzusetzen.
Vielen Dank.
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