GU-BERICHTE Hochschule Esslingen Fakultät Gebäude Energie Umwelt (GU) Ausgabe 36/2015 Aus dem Inhalt: Martin Dehli Absolventen im SS 2015 S. 10 Masterstudiengang Netztechnik S. 13 G7: Ausstieg aus Kohle, Öl, Gas? S. 14 Profs - im Shitstorm verloren? S. 16 Sind spülrandfreie WCs marktreif? S. 19 Thermodyn.-Aufgabensammlung S. 23 Spannende Exkursion S. 24 Fracking - auch in Deutschland? S. 27 Studieren in Shanghai S. 32 GU-Kolloquium im SS 2015 S. 35 Energieeffizienz und Umweltschutz: Tag der Nachhaltigkeit in der Fakultät GU Am 12. und 13. Juni 2015 fanden die “Nachhaltigkeitstage Baden-Württemberg” statt. Mit ihnen sollte landesweit darauf aufmerksam gemacht werden, dass durch Nachhaltigkeit im Denken, Handeln und Leben positive Initiativen und Innovationen ausgelöst werden können. Die Hochschule Esslingen (HE) hatte bereits vor mehreren Jahren die Idee der Nachhaltigkeit in ihrem Leitbild verankert; sie ist bestrebt, diese Thematik in Lehre und Forschung zu integrieren. Ein Höhepunkt in diesem Bemühen stellte der “Tag der Nachhaltigkeit” am 12. Juni 2015 dar, bei dem im Rahmen einer breit angelegten Informationsveranstaltung das Thema “Nachhaltiges Bauen” im Mittelpunkt stand. Organisator war das “Studienzentrum für Nachhaltige Entwicklung” (SNE), das an der HE fakultätsübergreifend arbeitet. Den Auftakt der Veranstaltung, die von GU-Professor Dr.-Ing. Thomas Rohrbach in seiner Eigenschaft als stellvertretender Leiter des Instituts für nachhaltige Energietechnik und Mobilität (INEM) moderiert wurde, machte die Begrüßung durch den HE-Rektor Prof. Dr. rer. nat. Christian Maercker. Dieser betonte, dass viele den Begriff “Nachhaltigkeit” wohlfeil im Munde führten. Der HE genüge Reden allein nicht; vielmehr arbeite man in Esslingen konkret an den Fragen der Nachhaltigkeit in der Gebäudetechnik, bei der Energiebereitstellung und beim Umweltschutz, bei der Fertigungstechnik, auf dem Feld der Mobilitätskonzepte, in der Biotechnologie sowie im familiären und gesellschaftlichen Bereich. Er sei zuversichtlich, dass der Gedanke der Nachhaltigkeit an der HE in Lehre und Forschung künftig stets gegenwärtig sei. Esslingens Neue Weststadt: Hier entsteht auch der neue Campus der HE. Danach begrüßte Prof. Dipl.-Ing. Gerhard Fetzer die Zuhörer in seiner Funktion als Dekan der Fakultät Gebäude Energie Umwelt (GU). Er betonte, dass sich die Thematik der Nachhaltigkeit an der Hochschule konsequent weiterentwickelt habe. Freilich sei dies kein “Selbstläufer”, sondern belaste seine Professorenkollegen zusätzlich, die schon bisher an ihrer Belastungsgrenze arbeiteten. In der Fakultät GU sei man sich bewusst, dass technische Strukturen - etwa Gebäude, die Energieversorgung sowie die Wasser- und Abwassersysteme - über mehrere Generationen hinweg genutzt würden; deshalb seien sie nachhaltig zu planen, zu bauen und zu betreiben, wobei freilich die Wirtschaftlichkeit nicht vernachlässigt werden dürfe. Interdisziplinäre Lehr- und Lernformate zur Nachhaltigkeit Den ersten Vortrag übernahm GUProfessor Dr.-Ing. Hermann Knaus, unterstützt durch Dr. phil. Oliver Siemoneit. Im Leitbild der Hochschule Esslingen sei die Nachhaltigkeit wie folgt ver- Vorträge zum Thema “Nachhaltigkeit” 1 Tag der Nachhaltigkeit an der Hochschule Esslingen den Kerndisziplinen der Studiengänge erforderlich. Insoweit werde der Aufbau nachhaltigkeitsrelevanter Kompetenzen (vorerst) rein fachbezogen als "niederschwelliges Grundthema" in den Lehrveranstaltungen bzw. daneben auch als Zusatzqualifikation angestrebt. GU-Dekan Prof. Dipl.-Ing. Gerhard Fetzer begrüßte die Zuhörer beim “Tag der Nachhaltigkeit”. ankert: "Wir handeln, lehren und forschen in ökologischer, ökonomischer und sozialer Verantwortung." Man führe an der HE ein - vom baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gefördertes - befristetes IQFProjekt innerhalb des Programms "Stärkung des Beitrags der Wissenschaft für eine Nachhaltige Entwicklung" durch. In diesem Rahmen sei das Studienzentrum für Nachhaltige Entwicklung (SNE) entstanden. Bei dessen Arbeit lege man auf eine Unabhängikeit von Ideologien besonderen Wert. Als realistische Ziele sollten neue Erfahrungen sowie das Stellen von erweiterten Fragen an alte, bekannte Inhalte ermöglicht werden. Kern des allgemeinen Lehrkonzepts sei die Etablierung einer interdisziplinären Lehrveranstaltung "Grundlagen der Nachhaltigkeit". Es sei Interdisziplinarität erforderlich, um neuartige Lehr- und Lernformate umzusetzen. Man starte mit einer Wahlpflichtveranstaltung im Sommersemester 2016, wobei der erste Teil als fächerübergreifende Einführung und der zweite Teil als fachspezifische, anwendungsorientierte Veranstaltung konzipiert werde. Da die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in erster Linie berufsqualifizierend arbeiteten, sei eine fundierte, uneingeschränkte Ausbildung in 2 Konzepte für eine Kreislaufwirtschaft beim Bauen Im zweiten Vortrag ging Dr.-Ing. Peter Mösle, in leitender Funktion im Ingenieurunternehmen Drees und Sommer tätig, auf Möglichkeiten einer Kreislaufwirtschaft im Gebäudesektor ein. Zu Beginn stellte er fest, dass rund 30 bis 40 % aller CO2-Emissionen in Deutschland dem Gebäudebereich zuzuordnen seien verursacht durch den Bedarf an Endenergie für die Wärmeversorgung, die Klimatisierung und die Dienstleistungen, die mit der elektrischen Energie zusammenhingen. Daneben würden etwa 40 bis 50 % des Rohstoffbedarfs in Deutschland vom Bausektor ausgelöst. Diese Zahlen verdeutlichten, dass Fragen der Nachhaltigkeit beim Bau, Betrieb und beim Abriss von Liegenschaften erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden solle. Prof. Knaus zeigte verschiedene Ausgangspunkte der Argumentation auf und machte auf unterschiedliche, ethisch legitimierbare Auffassungen des Gerechten und Guten aufmerksam. Bedeutsam seien auch Fragen einer unterschiedlichen Reichweite und eines unterschiedlichen Umfangs der Verantwortung sowie die Annahme unterschiedlicher Wirkmechanismen. Konkret konzentriere sich die Arbeit am SNE auf eine Stärkung des Themas "Nachhaltige Entwicklung in der Lehre und Weiterbildung”, auf das Angebot eigener Lehrveranstaltungen, auf die Unterstützung bei der Weiterentwicklung bestehender Lehrangebote und auf Weiterbildungsangebote für Professoren und Professorinnen sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Es solle ein "forschendes Lernen" in Reallaboren und neuen inter- und transdisziplinären Lehr- und Lernformaten vermittelt werden. Auch gehe es um die Durchführung von fakultätsübergreifenden Praxisprojekten und Abschlussarbeiten mit dem Schwerpunkt der nachhaltigen Entwicklung. schreibung und Begleitung von Abschlussarbeiten gefördert. Zum Ende seines Vortrags wies der Referent auf die Aktivitäten des SNE im Rahmen der Reihen “Zukunftskino”, “Zukunftsfragen” und des “Zukunftstalk” hin. Prof. Dr.-Ing. Hermann Knaus und Prof. Dr.-Ing. Thomas Rohrbach Auch stünden im Innovationsfond "Nachhaltigkeit" Fördergelder für Lehrund Forschungsprojekte mit inhaltlichem Bezug zu Nachhaltigkeit bzw. einem nachhaltigen Forschungsdesign zur Verfügung. Man wolle unterstützend wirken bei der Ideenfindung, Erarbeitung, Beantragung und Weiterentwicklung des jeweiligen Projekts, dem Finden von Forschungspartnern usw. Auch sei die Verknüpfung der Bereiche "Lehre" und "Betrieb" wichtig. Als Beispiel nannte Prof. Dr.-Ing. Knauf die Umsetzung eines ganzheitlichen Fahrradkonzepts für die Hochschule Esslingen zur Verbesserung der infrastrukturellen Bedingungen für Radfahrer und zur Förderung der Radkultur. Weiter würden die interdisziplinäre Aus- Das Unternehmen Drees und Sommer habe sich dieser Aufgabenstellung angenommen. Mit Blick auf die internationale Kundschaft habe man das Markenzeichen “C2C” entwickelt - ein Kürzel für den Anglizismus “Cradle to Cradle”. Nur schwäbische Zuhörer standen in der Gefahr, dies mit dem Begriff “Krattel” zu verwechseln, mit dem ein Zustand menschlicher Eingebildetheit beschrieben wird. Nein - “Cradle to Cradle” meine “Wiege zu Wiege”: Das, was an Wertstoffen in der 1. Generation von Gebäuden verbaut worden sei, könne dazu dienen, bei der Errichtung von Gebäuden der nächsten Generation wiederverwendet zu werden. Allerdings werde diese Aufgabenstellung zunehmend anspruchsvoller, da die verbauten Gebäudekomponenten und -techniken - ähnlich wie etwa im Kraftfahrzeugbereich - immer komplexer würden Dr.-Ing. Peter Mösle Tag der Nachhaltigkeit an der Hochschule Esslingen und ohne staatliche Aufgaben; sie sei eine unabhängige Gemeinschaft von Experten. Rund 500 Ehrenamtliche seien in den Arbeitsgruppen, Gremien und Beiräten tätig. Die DGNB verstehe sich als Wissensplattform. und deshalb die unterschiedlichsten Werkstoffe enthielten. Bisher habe es sich z. B. bewährt, den beim Abriss entstehenden mineralischen Bauschutt in Form von Schotter und Kies wieder nutzen zu können - etwa als Untergrundmaterial beim Straßenbau. Weitere Materialien wie z. B. Fensterglas könnten ebenfalls im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft einer wiederholten Nutzung zugeführt werden. Impulse hierzu gebe das Kreislaufwirtschaftsgesetz in Deutschland. Dazu bestehe nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht ein erheblicher Anreiz, denn immerhin 20 bis 30 % der Baukosten entfielen auf die Materialkosten. In diesem Zusammenhang seien z. B. auch die verschiedenen wärmedämmenden Baustoffe näher zu betrachten, mit denen der Energiebedarf z. B. zum Heizen während der Gebäudenutzung vermindert werde. Neue Weststadt Esslingen sche Firma nachgewiesen, die im Rahmen eines Leasingkonzepts vollständig wiederverwertbare Teppiche anbiete, die zudem auch noch dazu beitragen könnten, die Innenraumluft ein Stück weit zu reinigen. Nach Gebrauch würden die Teppiche wieder zurückgenommen. Drees und Sommer habe anhand einer einzelfallbasierten Kostenuntersuchung zeigen können, dass ein “C2C”-Bauprojekt gegenüber einem herkömmlichen Bauprojekt bei einer Betrachtung über einen Zeitraum von 20 Jahren eine rund 10 % höhere Wertschöpfung aufweise. Der Referent zeigte sich überzeugt, dass in der Bauindustrie zum Thema “Nachhaltigkeit” künftig wirksame neue Netzwerke entstehen würden. Neue Weststadt Esslingen ein Vorzeigeprojekt in Sachen Nachhaltigkeit Kein Mangel an Photovoltaikanlagen in der Neuen Weststadt Den Planern im Gebäudebereich falle hier ein interessantes neues Aufgabengebiet zu: Es gehe darum, gemeinsam mit den Baustoffherstellern sortenreine Baustoffe vorzusehen und schon in der Planung zugleich an eine gute Trennbarkeit verschiedener Baustoffe beim späteren Abriss von Gebäuden zu denken. Solche Erwägungen würden unter der Bezeichnung “Design for Disassembly” zusammengefasst. Dr. Peter Mösle machte auch darauf aufmerksam, dass Baustoffe Allergien auslösen könnten. Dies betreffe z. B. den Kunststoff PVC in Fensterrahmen oder auch verschiedene Flammschutzmittel in Baustoffen. In früherer Zeit hätten nur etwa 2 % der Kinder über Allergien geklagt; heute seien es etwa 40 %. Deshalb spreche man in diesem Zusammenhang auch von einer “Entgiftung der Lieferkette”. Dass nachhaltige Konzepte möglich seien, habe eine niederländi- Im dritten Vortrag, der von Dipl.-Ing. Philip Schmal vom Planungsbüro Pesch & Partner gehalten wurde, wurde das Projekt “Neue Weststadt” in Esslingen vorgestellt. Der Titel des Beitrags lautete: “Neue Weststadt Esslingen - DGNBVorzertifikat in Gold für nachhaltige Stadtquartiere“. Der Referent erläuterte zunächst die Struktur und die Zielsetzungen der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB): Es handle sich um eine Organisation ohne kommerzielle Ziele Die Nachhaltigkeit von Quartieren und Standorten sei wichtig, weil bereits heute die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten lebe; im Jahr 2050 würden es 70 % sein. Dies sei eine Entwicklung mit erheblichen Folgen, da sich in den Städten Ressourcen- und Energieverbrauch, Emissionen und Flächenversiegelung konzentrierten. Deshalb komme es hier in besonderem Maße auf zukunftsorientierte Konzepte an. Quartiere spielten also eine zentrale Rolle bei der nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft. Im Folgenden ging Dipl.-Ing. Schmal auf das Profil von Pesch & Partner ein: Man verstehe sich als interdisziplinäres Team mit etwa 30 Mitarbeitern aus den Fachrichtungen Architektur, Stadt- und Raumplanung, Landschaftsarchitektur, Immobilienwirtschaft, Grafikdesign und Öffentlichkeitsarbeit. Kommunen würden bei der Vorbereitung und Durchführung von Stadtentwicklungs- und Stadterneuerungsprozessen kontinuierlich unterstützt. Stadtentwicklungsprozesse bedürften angepasster Lösungsansätze und Prozessstrukturen, die auf die individuellen Rahmenbedingungen vor Ort eingingen; dabei würden inhaltlich-strategische Zielsetzungen mit dem räumlichen Umsetzungsrahmen verknüpft. Die Stadt Esslingen habe sich verpflichtet, den CO2-Ausstoß bis 2020 um mindestens 20 % zu senken. Es werde angestrebt, das neue Stadtquartier Neue Weststadt durch die DGNB zertifizieren zu lassen. Der Grundstein für eine gute Beurteilung werde durch eine frühzeitige Berücksichtigung der Kriterien für nachhaltiges Bauen gelegt. Die DGNB wende inzwischen ihr “Zertifizierungssystem der 2. Generation” an. Bei diesem ganzheitli- Block B der Neuen Weststadt Esslingen 3 Tag der Nachhaltigkeit an der Hochschule Esslingen chen Ansatz würden die wichtigsten Nachhaltigkeitsaspekte im folgenden Umfang abgedeckt: die ökologische Qualität zu 22,5 %, die ökonomische Qualität zu 22,5 %, die soziokulturelle und funktionale Qualität zu 22,5 %, die technische Qualität zu 22,5 % und die Prozessqualität zu 10 %. Dipl.-Ing. Schmal gab darauf eine Übersicht der Kriterien, die auf den Neubau von Stadtquartieren angewandt würden: Bei der Berücksichtigung ökologischer Maßstäbe gehe es um die Ökobilanz, den Gewässer- und Bodenschutz, die Veränderung des Stadtteilklimas, die Artenvielfalt und Vernetzung, die Berücksichtigung von möglichen Umwelteinwirkungen, die Flächeninanspruchnahme, den Gesamtprimärenergiebedarf und den Anteil erneuerbarer Primärenergien, eine energieeffiziente Bebauungsstruktur, eine ressourcenschonende Infrastruktur, das Erdmassenmanagement, die lokale Nahrungsmittelproduktion und Wasserkreislaufsysteme. Bei der Anwendung ökonomischer Maßstäbe stünden die Lebenszykluskosten, die fiskalische Wirkung auf die Kommune, die Wertstabilität und die Flächeneffizienz im Blickfeld. Bei der Beurteilung soziokultureller Gesichtspunkte seien die soziale und funk- zung von Bestandsbereichen und die Kunst im öffentlichen Raum von Belang. Bei der Anwendung technischer Maßstäbe stünden die folgenden Aspekte im Vordergrund: die Energietechnik, die effiziente Abfallwirtschaft, das Regenwassermanagement, die IT- und Kommunikationsinfrastruktur, die Instandhaltung, Pflege und Reinigung, die Qualität der Verkehrssysteme, die Qualität der MIVInfrastruktur, die Qualität der ÖPNV-Infrastruktur, die Qualität der RadverkehrInfrastruktur und die Qualität der Fußgänger-Infrastruktur. Die Umsetzungsstrategie für die DGNBZertifizierung der Neuen Weststadt habe inzwischen den folgenden Stand erreicht: Die Überarbeitung des Rahmenplans nach Erkenntnissen der DGNBZertifizierung für den Neubau von Stadtquartieren sei erfolgt. Die Beauftragung eines Energieschutzkonzepts mit dem Ziel eines CO2-neutralen Stadtquartiers sei im Rahmen des Pilotprojekts “Smart City” erfolgt. Die Beauftragung eines Regenwasserbewirtschaftungskonzepts und eines Entwässerungskonzepts sei erfolgt. Der Schutz, der Erhalt und die Pflege wichtiger Biotopstrukturen sei im Rahmen des Projekts “Renaturierung Rossneckar” erfolgt. Die Installation eines Expertengremiums zur Sicherung der hohen Gestaltungsqualität sei erfolgt. gesehen sei. Weiter wies Dipl.-Ing. Schmal auf den Realisierungswettbewerb "Baublock B" hin und zeigte die entsprechenden Entwürfe hierzu. Unter anderem lehne sich die Fassadengestaltung an den industriellen Habitus der bestehenden Weststadt an; auch werde die Neue Weststadt als CO2-neutrales Quartier verwirklicht, daneben hätten innovative Systeme zur nachhaltigen Mobilität (u. a. die E-Mobilität) Bedeutung. Man unterschreite die Werte der Energieeinsparverordnung in der derzeit gültigen Fassung (EnEV 2014) um 50 % und könne die folgenden Wasser-Abflussbeiwerte einhalten: Gebäude = 0,3; Hofflächen = 0,5. Schließlich sei die architektonische Auseinandersetzung mit dem Thema Lärmschutz erfolgreich gewesen. Der Vortragende fasste den Nutzen des DGNB-Zertifizierungssystems in der folgenden Weise zusammen: Es diene als Kommunikations- und Planungswerkzeug (insbesondere bei großen Projekten mit vielen Beteiligten), als Instrument zur Qualitätssicherung und sei eine wichtige Argumentationshilfe im Dialog mit der Öffentlichkeit; weiter stelle es eine Hilfe bei Vertragsregelungen dar, und schließlich sei es ein gutes Marketinginstrument. O Der vierte Vortrag wurde von Dipl.-Ing. (FH) M.Sc. Christian Luft vom Unternehmen Drees & Sommer beigesteuert. Er referierte über die DGNB-Zertifizierung des neuen Laborgebäudes der Fakultät Gebäude Energie Umwelt. Es sei zu erwarten, dass die ökologische, wirtschaftliche und soziokulturelle Konzeption des Gebäudes zu einer DGNBZertifizierung zumindest in der Qualitätsstufe “Silber” führe. (Ein ausführlicher Bericht hierüber ist anlässlich der Einweihung des GU-Laborgebäudes vorgesehen, so dass an dieser Stelle von einer Darstellung abgesehen wird.) O Vernetzte Techniken für die Energiebereitstellung und -anwendung Freigewordene Flächen des Esslinger Güterbahnhofs und der Industrieareale tionale Mischung, die soziale und erwerbswirtschaftliche Infrastruktur, die objektive und subjektive Sicherheit, die Aufenthaltsqualität in öffentlichen Räumen, der Lärm- und Schallschutz, das Freiraumangebot, die Barrierefreiheit, die Nutzungsflexibilität und Bebauungsstruktur, die städtebauliche Einbindung, die städtebauliche Gestaltung, die Nut4 Die Beteiligung der Öffentlichkeit über einen intensiven Dialog zur Zukunft Esslingens sei ebenfalls erfolgt. Das Projekt Neue Weststadt sei auch für die Hochschule Esslingen von Interesse, da hier der neue Hochschulcampus entstehen solle, der als Ersatz für den Hochschulstandort Flandernstraße vor- Im fünften Vortrag des Nachhaltigkeitstages berichtete Dipl.-Ing. Helmut Seiwald als Mitarbeiter der Ingenieurgesellschaft EGS-plan über die “Neue Weststadt Esslingen - Energieoptimiertes Stadtquartier - dezentrale und solare Energieversorgung” . Er benannte als Zielsetzung, die Neue Weststadt Esslingen als “CO2-neutrales Stadtquartier mit einer optimalen Inte- Tag der Nachhaltigkeit an der Hochschule Esslingen Contracting, die RVI GmbH Saarbrücken als Investor des Areals Ost, die SIZ-EGS Stuttgart als Antragsteller und Konzeptersteller, die IGS (TU Braunschweig) für die Entwicklung von Simulationstools sowie das INEM der Hochschule Esslingen. Neue Weststadt Esslingen: Im Vordergrund (Mitte) des Bildes gelegen gration von erneuerbaren Energien" zu konzipieren. Die CO2-Neutralität solle sich in einer Jahresbilanz für den gesamten Gebäudebetrieb (Wärme, Kälte, Lüftung und Beleuchtung) einschließlich des Nutzerstroms ergeben. Hierzu solle die Vernetzung dezentraler erneuerbarer Energie-Versorgungssysteme mit einem übergreifenden Informationsnetz (Smart Grid) verhelfen; daneben sei die Einbindung in die urbane Infrastruktur (z. B. auch ins Strom- und Gasnetz) wesentlich, und es werde ein hoher Erfüllungsgrad nachhaltiger Kriterien angestrebt. Die Stromerzeugung solle mithilfe großflächiger Photovoltaik(PV)-Anlagen und mit einem gasbetriebenen Blockheizkraftwerk (BHKW) verwirklicht werden, wobei der erzeugte PV-Strom im Winter fast vollständig direkt nutzbar sei, während er im Sommer zu maximal 50 bis 60 % selbst genutzt werden könne. Über mögliche Probleme bei der Vermarktung des sommerlichen PV-ÜberschussStroms - teilweise zu negativen Abnahmepreisen - wurde nichts ausgesagt. sowie Batterien in Elektrofahrzeugen einsetzen. Schließlich denke man auch an eine Elektrolyseanlage, um mit selbst erzeugtem Strom Wasserstoff (H2) sowie ggfs. Methan (CH4) zu erzeugen. Man habe zur Finanzierung des - nicht ganz billigen - Gesamtvorhabens einen Projektantrag beim Bundesminsterium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gestellt. In Phase 1 sei eine umsetzungsorientierte Planung vorgesehen, die eine Grundlagenanalyse, Konzeptentwicklung, Bedarfsermittlung sowie eine technische, wirtschaftliche und ökologische Bewertung von Techniken umfasse. In Phase 2 werde die bauliche Realisierung, die Implementation von Wärme- und Stromerzeugern, der Speicher-Komponenten und des Energiemanagements angestrebt, und in Phase 3 sei die wissenschaftliche Begleitung des Betriebs vorgesehen, wozu ein Monitoring und eine Betriebsoptimierung gehörten. Als Projektpartner seien vorgesehen: die Stadt Esslingen für die Koordination und das Mobilitätskonzept, die Stadtwerke Esslingen für Energieversorgung und Der Referent nannte Beispiele für zu untersuchende Techniken in Phase 1: die Solarisierung z. B. mit PV-Fassadenmodulen, die Anwendung der LED-Beleuchtungstechnik, verschiedene Wärmepumpen-Quellen wie etwa tiefe Erdwärmesonden, Bodenabsorber, Grundwasser, Flusswasser, Abwasser sowie Außenluft und Abluft. Auch wolle man die VRFWärmepumpentechnik, thermische Saisonspeicher auf Quartiersebene und die Verbindung der Areale durch eine Niedertemperaturschiene (kalte Fernwärme) untersuchen. Die Grundlage bildeten energieeffiziente Gebäude mit einem reduzierten Energiebedarf. Verbraucherseitig hätten Gewerbebetriebe auf eine Klimatiserung von Räumen zu verzichten. O Lösungen für die Optimierung des Gebäudebetriebs In einem weiteren Vortrag, der von Prof. Dr.-Ing. Markus Tritschler aus der Fakultät GU gehalten wurde, ging es um das Thema "Monitoring als Erfolgsgarant für den Betrieb von Gebäuden". Der Referent benannte zunächst die Randbedingungen bei neuen Gebäuden: Diese wiesen einen hohen Technisierungsgrad auf, hätten gestiegenen Nutzeranforderungen zu genügen, sollten behaglich und zugleich sicher sein, enthielten eine heterogene technische Ausstattung und hätten hohen gesetzlichen Anforderungen an die Energieeffizienz gerecht zu werden. Da Stromangebot und -nachfrage nicht zeitlich und mengenmäßig übereinstimmten, sei vorgesehen, Optimierungspotenziale durch Wärmespeicherung und Stromspeicherung zu erschließen und danaben auch ein Strom-Lastmanagement bei den örtlichen Haushalten und Gewerbebetrieben durchzuführen. Auch werde an eine Zu- und Abschaltung von Wärmeerzeugern je nach Lastanforderung im Stromnetz gedacht; dazu könne eine elektrische Wärmepumpe mit Wärmespeicher herangezogen werden. Weiter solle das BHKW mit einem Wärmespeicher ausgerüstet werden; zusätzlich sollten die Gebäudemassen als thermische Speicher dienen. Stromseitig wolle man auch stationäre Batterien Stromerzeugung und Strombedarf: Untersuchung verschiedener Varianten 5 Tag der Nachhaltigkeit an der Hochschule Esslingen Diesen Randbedingungen suche man mit dem technischen Monitoring zu entsprechen. Das Monitoring konzentriere sich auf die Unterstützung des Inbetriebnahmeprozesses, um schneller zum Regelbetrieb zu kommen, und sorge dafür, dass die Nutzer dabei nicht quasi als "Versuchskaninchen" missbraucht würden. Das technische Monitoring diene auch dazu, den Nachweis der zugesagten Eigenschaften und Funktionen des Gebäudes zu erbringen. Das technische Monitoring habe auch das Ziel, einen bedarfsgerechten Anlagenbetrieb sicher zu stellen, wobei dessen Optimierung unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit, der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zu erfolgen habe; gleichzeitig solle damit auch das Nutzerverhalten erkannt werden und als Grundlage für Beratungen fungieren. Schließlich könne mit dem MonitoringVerfahren eine umfangreiche Dokumentation erstellt werden. Das Monitoring und die Betriebsoptimierung im Facility-Management (FM) würden in der Richtlinie VDI 6041 behandelt. Dabei werde zwischen dem technischen Anlagenmonitoring (T-MON: beobachten, erfassen, auswerten, darstellen, anwenden, umsetzen), dem kaufmännischen Monitoring (K-MON: Verträge, Aufträge) und dem infrastrukturellen Monitoring (I-MON: Fuhrpark, Reinigung) unterschieden. Das technische Monitoring sei als Management-Prozess zu verstehen, wobei es nicht nur bei der Inbetriebnahme helfe, sondern auch als dauerhafter Bestandteil des Gebäudebetriebs eingebunden werde. Demgemäß werde zwischen dem Einregulierungsmonitoring (ERM) und dem Langzeitmonitoring (LZM) differenziert. Smart Economy Smart Communication Neue Weststadt Smart Energy 6 E-Smart Smart City Planning Smart Mobility Smart City Governance Esslingen: Künftig voll versmartet Im zweiten Teil seines Vortrags stellte der Referent die umfassenden Ergebnisse eines Forschungsvorhabens vor, das sich auf eine größere Liegenschaft der Kreissparkasse Göppingen bezogen habe. Als eines von zahlreichen Ergebnissen, die dabei gewonnen worden seien, konnte er belegen, dass dabei durch Verfahren der Betriebsoptimierung 15 % Energie eingespart worden seien. O Oberbürgermeister Jürgen Zieger: Esslingen gestaltet seine städtische Zukunft Mit besonderem Interesse verfolgten die Zuhörer den Beitrag des Oberbürgermeisters der Stadt Esslingen, Dr. Jürgen Zieger, der seine beruflichen Erfahrungen als gelernter Architekt in seinen Vortrag einfließen ließ. Zu Beginn hob er Verkehrskonzepte in Esslingen Smart City (smart (engl.): gescheit; gerissen; scharf) "Data Mining" (Zeitreihenanalysen, neuronale Netze, Kohonenkarten SOM u. ä.) sowie eine statische Prozesskontrolle eingesetzt werden könnten. Als Monitoringmethoden dienten manuelle Verfahren (Zähler bzw. Messinstrumente ablesen) sowie automatisierte Verfahren, bei denen Systeme mit Messund Erfassungskonzepten zum Zuge kämen und Behaglichkeitsmessungen wie auch Nutzerbefragungen eine Rolle spielten. Prof. Dr.-Ing. Tritschler ging sodann auf Methoden zur Überwachung und Fehlererkennung ein und verwies auf Gesichtspunkte der klassischen Grenzwertüberwachung, des diagnostischen Schließens, der physikalischen Modellbildung, der Gebäude- und Anlagensimulation sowie der Emulation; hilfreich seien auch datengetriebene Methoden, wobei das Smart Living hervor, dass die Stadtentwicklung ein Thema von globaler Bedeutung sei, da mehr als 50 % der Weltbevölkerung in Städten lebe. Immer deutlicher zeige es sich, dass sich die großen Herausforderungen in den Städten bündelten: Ob moderne Mobilität, neue Kommunikationsmöglichkeiten oder Wirtschaft 4.0 die Digitalisierung erreiche alle Bereiche des täglichen Lebens und verändere den Alltag der Menschen in vielerlei Hinsicht. Dies gelte auch für die gesellschaftliche Herausforderung durch die Demografie. Nachhaltigkeitsziele seien für die Städte von morgen entscheidend, aber zusätzliche Dimensionen wie Resilienz oder Wandlungsfähigkeit gegenüber zunehmenden Extremsituationen und sich verändernden Rahmenbedingungen erforderten neue Herangehensweisen, Strategien und Infrastrukturen. Im Folgenden ging Dr. Zieger auf Vorstellungen ein, wie die Stadt aussehe, in der die Menschen von morgen leben Tag der Nachhaltigkeit an der Hochschule Esslingen wollten. Hierzu verwendete er den Begriff "Smart City": Dahinter verberge sich die Idee einer intelligenten, digitalisierten und vernetzten Stadt der Zukunft, die insbesondere in den Bereichen Wirtschaft, Energie, technische Infrastruktur, Gebäude, Dienstleistungen, Mobilität und Verwaltung ihren Ausdruck finde. Alle diese Themen beschäftigten auch die Entscheidungsträger in Esslingen. Das Pilotprojekt dafür sei das Quartier der Neuen Weststadt. Zur so genannten “Smart Economy” gehöre auch das Zukunftsprojekt “Industrie 4.0”, dessen sich die Bundesregierung und die Industrie annehme. Das Ziel sei die "intelligente Fabrik", deren technologische Grundlage auch das so genannte "Internet der Dinge" sei. Die großen Firmen in Esslingen seien Teil dieser Entwicklung. Ziel der Stadt sei es, auch die Klein- und die mittelständischen Unternehmen zu motivieren. Es sei unverzichtbar, die Kraft des privaten Sektors bei der Erneuerung der Infrastruktur und der Anwendung vernetzter Technologien für die Städte zu nutzen. Auch sei die Stadt Esslingen mit ihrem Konzept der “Smart Mobility”, zu dem der moderne Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) gehöre, auf dem Weg in die Zukunft. Durch einen attraktiven Öffentlichen Verkehr werde bei der Mobilität der Umweltverbund den Individualverkehr weiter ersetzen. Esslingen sei zudem ein Teil der “Modellregion Elektromobilität Region Stuttgart” und werde in diesem Rahmen - zur Ergänzung der bestehenden O-Bus-Flotte - Elektro-Hybridbusse beschaffen. Auch seien elektrische Kleinkraftfahrzeuge namens “E-Smart” Teil des Stadtbilds; gleichermaßen nehme die Zahl der Elektrofahrräder ständig zu. Die Stadt stelle daher bisher schon 21 Ladesäulen zur Verfügung. Dazuhin stellten Mobilitätsstationen die Schnittstellen von Verkehrsmitteln des Umweltverbundes dar; dort würden regional vernetzte Verleihsysteme wie Car2Go, Stadtmobil und Zweiräder angeboten, Oberbürgermeister Dr. Jürgen Zieger wobei alles durch eine internetbasierte Plattform in Echtzeit gesteuert werde. Dr. Zieger ging sodann auf den Begriff “Smart Energy” ein: Eine hohe Energieeffizienz sowie die Nutzung erneuerbarer Energien seien im Gebäudebereich essentiell. Sowohl Neubauten als auch Bestandsgebäude sollten aus seiner Sicht einen hohen Standard aufweisen, damit der Energieverbrauch begrenzt werde. Die unbedingt erforderliche Energie solle weitgehend durch erneuerbare Energien abgedeckt werden. Mit dem Beitritt zum Klimabündnis habe sich die Stadt dazu verpflichtet, bis 2020 25 % der CO2-Emissionen einzusparen. Ein unabhängiges Institut habe festgestellt, dass durch die umgesetzten Maßnahmen aus dem Klimaschutzkonzept bis 2014 bereits 13,5 % eingespart worden seien. Mit dem Begriff “Smart Living” sei gemeint, dass so genannte “Smart Cities” den Menschen den Alltag erleichterten und durch technische Innovationen unterstützten. Ein Teilgebiet sei das “Ambient Assisted Living” (AAL). Dieses Wortungeheuer stehe für Aufgaben, mit denen offene Fragen des demographischen Wandels gelöst werden könnten: Der demographische Wandel drohe die sozialen Systeme zu überfordern. Innovative Technik und Assistenzsysteme könnten dabei helfen, die massiven Kostensteigerungen im Gesundheitswesen mit aufzufangen. Der Trend zum Alleinleben und steigende Ansprüche an die Lebensqualität stellten erhöhte Anforderungen. AAL-Technologien ermöglichten es, den steigenden Komfort- und Sicherheitsbedürfnissen gerecht zu werden und die Kommunikation und Integration mit dem sozialen Umfeld zu erleichtern. Der Notfallknopf als Armband, intelligenter Boden, der einen Sturz melde, eine App auf dem Smartphone, die an die Medikamenteneinnahme erinnere, seien nur der Anfang. Die Hochschule Esslingen habe bereits Projekte dazu umgesetzt. Dazu würden auch bauliche Anpassungen an Wohnräume und öffentliche Räume erforderlich. Mit einem weiteren Begriff - dem “Smart City Planning” werde ausggedrückt, dass die Ziele einer nachhaltigen Stadtentwicklung in einem offenen Planungs- und Beteiligungsprozess in räumliche Entwicklungsaussagen transformiert würden. Technische und infrastrukturelle Voraussetzungen müssten geschaffen werden, um Produkte, Mobilität und Alt werden in Esslingen mit “Ambient Assisted Living” (AAL) Dienstleistungen für den Menschen im urbanen Umfeld bereitzustellen. Der zu erwartende Klimawandel erfordere die Resilienz der Stadtsysteme. In einem Projekt der Region sei die Empfindlichkeit der Region Stuttgart vor allem durch Extremwetterereignisse wie Starkregen und Dürreperioden dargestellt worden. Daraus wolle man lernen. Die Stadt beteilige sich daher zusammen mit Ludwigsburg an einem weiteren Projekt der Region zur Klimaanpassung. Entstehen solle ein Layer zum Flächennutzungsplan. Der Flächennutzungsplan sei ein Instrument, mit dem die nachhaltige Entwicklung zu einer so genannten Smart City geebnet werde. Oberbürgermeister Zieger machte sodann auf den - aus dem Mittelalter stammenden - Stadtkern Esslingens aufmerksam; dort seien jahrhundertelang qualitätvolle Quartiere genutzt worden - das sei wirklich nachhaltig! Die engen Gassen böten im heißen Sommer Schatten, und die effiziente Nutzung der Flächen sei vorbildlich. Mit gespannter Aufmerksamkeit warteten die Zuhörer auf weitere Anglizismen. Erfreut nahmen sie zur Kenntnis, dass sie in Hinkunft als Bürger Esslingens mit “Smart City Governance” durch die Weltläufte geführt werden könnten: Denn eine nachhaltige Stadtentwicklung erfordere offene, transparente Planungs- und Beteiligungsprozesse. Vernetzte Technologien befähigten Bürgerinnen und Bürger zu einer verstärkten Kooperation. Die Stadt betreibe einen umfangreichen Beteiligungsprozess zur Stadtentwicklung. Zur Vermittlung der Klimaschutzziele gehe sie auf die Bürgerschaft zu - etwa mit Kampagnen wie dem “Klimafest in der Ritterstaße” und dem Esslinger Energiezentrum in bester Einkaufslage. 7 Tag der Nachhaltigkeit an der Hochschule Esslingen Im Bereich der Neuen Weststadt solle ein mustergültiges Quartier als Pilotprojekt entstehen; einen wesentlichen Beitrag dazu werde der neue Campus der Hochschule leisten. Mit der Neuen Weststadt entstehe in zentraler Lage eine “Smart City” als CO2-neutrales Quartier mit dem Einsatz neuester Techniken. Wichtig sei bei der Realisierung eines solchen Projektes die frühzeitige Einbeziehung der Investoren. O Mit Lehm in die Zukunft Den letzten Vortrag steuerte Prof. Dipl.Ing. Arch. Martin Haas bei, der über “Nachhaltige Stadtplanung” sprach. Der Vortragende betonte zunächst die Bedeutung einer zukunftszugewandten Stadtplanung, die der globalen Tendenz zur Verstädterung gerecht werde. Er bedauerte, dass heutzutage noch überwiegend nach den Grundsätzen der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts geplant werde, wobei die menschlichen Funktionen Leben, Wohnen, Arbeiten und Einkaufen jeweils getrennt seien. Demgegenüber sei die Suche nach einer neuen Gesellschaftsform angesagt, in der die individuellen Lebensstile der Zukunft verwirklicht werden könnten. Globale Trends solcher Lebensstile würden durch zeitgeistig-modische Begriffe wie CommuniTeens, InBetweens, Young Globalists, VIB-Families, Latte-Macchiato-Familien, Netzwerk-Familien, TigerLadies, Silverpreneure und Greyhoppers charakterisiert. Prof. Haas illustrierte seine Auffassungen sehr unterhaltsam mit vielfarbigen Bildern städtischer Szenerien, mit denen er die geglückte Verbindung von Arbeiten, Wohnen und Freizeitgestaltung in neu konzipierten, attraktiven Innenstädten unterstrich. Hiervon gingen positive Im- Aus der Bildergalerie von Prof. Haas: Silverpreneure und Greyhoppers heute mal nicht auf der Suche nach ihren Tiger-Ladies, sondern beim Relaxen in nachhaltig geplanten Cities 8 Ganz schön lehmig: Der “Alnatura-Campus” in Darmstadt pulse in Richtung von mehr Gesundheit und Lebensqualität aus. Im Gegensatz dazu sei die traditionelle Stadtplanung durch getrennte Konzepte hinsichtlich Gebäude, Verkehrswesen und weitere Infrastrukturen geprägt, wobei insbesondere die gegenwärtigen Suchbild: Wo steckt die Latte-Macchiato-Familie? Konzepte der individuellen Mobilität oft belastend seien. Er versprach sich von der - mit Kleinstfahrzeugen namens CityCar und Roboscooter verwirklichten Elektromobilität Besserung. Dadurch gewonnene Freiräume sollten für eine entspannende Kommunikation in öffentlichen Lebensräumen genutzt werden. Als Beispiel verwies er auf das neue Unilever-Gebäude im Hamburg, bei dem eine große begeh- und besitzbare Freitreppe die Verbindung zum Elbufer mit seiner gelungenen Promenade herstelle. Im Folgenden erläuterte Prof. Haas seine Vorstellungen von urbanen Versorgungskonzepten. Dabei zeige sich, dass die verdichtete Stadt, die mit kurzen Wegen eine Verbindung von Wohnen, Arbeiten und Freizeit ermögliche, ein sinnvolles Konzept sei. Die Kriterien zukünftiger Stadtentwicklung seien sozialer Fortschritt, Umweltbewusstsein und Wirtschaftlichkeit. Darin hätten auch Energieeffizienz und erneuerbare Energien ihren festen Platz. Ein solches Konzept sei jüngst in einem Stadtteil Prags verwirklicht worden. Als weiteres Beispiel stellte der Referent den “Alnatura Campus” in Darmstadt vor. Für dieses Gebäude seien nachwachsende Baustoffe wie Holz sowie Naturstoffe wie gestampfter Lehm und Lavaschotter sowie gut rückbaubare Baustoffe wie Ziegel eingesetzt worden. Insgesamt gesehen ergebe sich eine klimaneutrale Bilanz sowie ein angenehmes Raumklima. Wegen der Wärmespeicherfähigkeit des Gebäudes komme man ohne ein konventionelles Heizsystem aus. Porosität und Struktur der Innenwände aus Lehm verbesserten nicht nur das Raumklima, sondern könnten auch unangenehme Gerüche und Schadstoffe binden und hätten akustische Vorzüge. Weiter betrage die “graue Energie”, die in der Herstellung der Baustoffe stecke, lediglich 30 % einer konventionellen Fassade. Prof. Haas empfahl zum Abschluss seines Vortrags, Lebensräume der Zukunft nachhaltig zu gestalten, und ermunterte die Zuhörer, sich für das nachhaltige Bauen einzusetzen. O Da legst Dich nieder: Fahrradgerechte Innenstadt als staatsähnliche Institution, die den einzelnen Nationalstaaten übergeordnet sei; dies legt z. B. der Reisepass der Bundesrepublik Deutschland nahe. Tatsächlich tragen die Nationalstaaten in Europa nach wie vor die Hauptverantwortung für ihre Bürger. Das Gebilde Europa ist nur teilweise demokratisch legitimiert; um seinen Zusammenhalt zu sichern, wurden inzwischen rechtsstaatliche Grundsätze aufgegeben: Der Erhalt des Euro als Währung war und ist nur auf der Basis von Vertragsbrüchen erheblichen Ausmaßes möglich; die Transferunion ist Wirklichkeit geworden. Von Bildern, Visionen, Assoziationen und Wirklichkeiten Das neue Laborgebäude der Fakultät GU: Steht es wirklich auf einer grünen Wiese? Wölbt sich darüber ein blauer Himmel ohne Unterlass? Drehen sich im Hintergrund tatsächlich die Flügel dreier Windkraftwerke? Hat man als Lenker eines Elektromobils die Gewähr, sich zu jeder Jahreszeit ohne Witterungsschutz durch parkartiges Gelände bewegen zu können? Lädt die Umgebung des Laborgebäudes zur Entspannung und zu gymnastischen Übungen ein? GU-Studierende erliegen nicht der Versuchung, sich in solchen Vorstellungen zu verlieren. Sie wissen: In Wirklichkeit ist das jetzt entstehende GU-Laborgebäude eingezwängt zwischen mehreren Altbauten. Ringsumher ist harter Asphalt, von Wiesengrün fehlt jede Spur, Fahrradständer fehlen, Fahrzeugparkplätze gibt es im übernutzten städtischen Umfeld ohnehin kaum. Warum? - Verständlicherweise muss das Land Baden-Württemberg sparen. Und so ist man realistisch geblieben und erleichtert, dass das neue GU-Laborgebäude - nach jahrzehntelangem Bemühen - bald eingeweiht werden kann. Und dennoch: Die Vision von Studierenden von einer besseren Zukunft ist nicht abhanden gekommen. Etwas anderes ist es, wenn mit Bildern und Assoziationen Politik gemacht wird und der Anschein entsteht, als gäbe es schon tragfähige Alternativen, und vorhandene, bewährte Lösungen könnten bereits jetzt ohne Weiteres ersetzt werden. Beispiele dafür gibt es genug: So wurde über Jahre hinweg der Eindruck vermittelt, als gäbe es bereits ein Europa Unterstützt von eingängigen Bildern und Assoziationen wurde versucht, mithilfe des “Bologna-Prozesses” einen gemeinsamen europäischen Hochschulraum zu schaffen - mit wenig Erfolg. Das DublinAbkommen zur Sicherung einheitlicher Standards auf dem Feld der Migration entfaltet bei den meisten Staaten keine Wirkung mehr; von entsprechenden EUVertragsverletzungsverfahren gegen diese Staaten ist bisher nichts bekannt. Den Bürgern wird bildhaft vermittelt, dass der deutsche Arbeitsmarkt - trotz drei Millionen Arbeitsloser - dringend Fachkräfte brauche und deshalb in den nächsten Jahrzehnten auf Zuwanderung in großem Ausmaß angewiesen sei. Die Vorstellung, eine europaweit einheitliche Migrationspolitik gestalten zu können, ist angesichts hoher Arbeitslosenzahlen in südeuropäischen Staaten eine Illusion. Der europäische liberalisierte Strom-Binnenmarkt kollidiert mit den deutschen Ambitionen, langfristig Strom überwiegend aus erneuerbaren Energien zu erzeugen und diesen vorrangig in die Netze einzuspeisen. Als Folge ist die Stromversorgung bereits heute unsicherer und teurer geworden, und Unternehmen wie E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall, die in der Vergangenheit die Hauptlast bei der Sicherung der Stromversorgung in Deutschland getragen hatten, können diese Funktion nur noch teilweise erfüllen; ihr Börsenwert ist dramatisch zurückgegangen. Deutscher Reisepass Zu allen diesen Entwicklungen werden Bilder geliefert, die Assoziationen in der gewünschten Weise hervorrufen sollen, mit der Wirklichkeit jedoch oft wenig zu tun haben. Viele Bürger fühlen, dass solche Bilder keine Visionen vermitteln, sondern nur propagandistisch von bestehenden Wirklichkeiten ablenken sollen. Es wird offen vom Versagen des Journalismus und der Medien gesprochen. Dass das assoziative politische Verfahren zur Karikatur werden kann, soll ein konstruiertes, wirklichkeitsfernes Beispiel illustrieren: Welche Assoziationen könnte etwa die Turmspitze der Esslinger Liebfrauenkirche hervorrufen? - Erinnert die Turmspitze, die zurzeit bautechnisch saniert wird, an einen Turban? Ist dies womöglich ein starkes Signal der Bürger Esslingens, um zur Versöhnung von Christentum und Islam aufzurufen? Ist die Turmspitze ein Ausdruck von Willkommenskultur und ein Zeichen der Aufarbeitung jahrhundertelanger Konflikte zwischen dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und dem Osmanischen Reich? Hatte doch Sultan Suleiman der Prächtige 1529 die Stadt Wien belagert, der - wie sein Ahnherr Mehmed der Eroberer - einen Turban getragen hatte, der stark an die Turmspitze der Liebfrauenkirche erinnert. Wäre es angebracht, dass - als Zeichen geläuterten Bewusstseins - der deutsche Bundespräsident den türkischen Präsidenten für den mangelnden Friedenswillen im Jahr 1529 um Verzeihung bitten sollte? - Fragen über Fragen … De Esslingens Liebfrauenkirche 9 Das Ingenieurstudium erfolgreich abgeschlossen: tung, wobei die Hochschule von einem bedeutenden Unternehmen der Kraftfahrzeug-Zulieferindustrie gefördert werde. Weiter sehe es die HE als Aufgabe, ihr Angebot an Masterstudiengängen zu erweitern; dies betreffe zunächst den Maschinenbau, die Informationstechnik und die Bioprozesstechnik. Auch werde die HE von mehreren Stiftungsprofessuren profitieren. Rektor Maercker hob die vielen Berührungspunkte zwischen der Hochschule und der Industrie in der Region Mittlerer Neckar hervor, die sich in Form von Praxissemesterplätzen, Abschlussarbeiten in den Firmen, Lehrbeauftragten sowie in der Arbeit des “Vereins der Freunde der Hochschule Esslingen” (VdF) zeigten. Mit exzellentem Wissen für den Arbeitsmarkt gerüstet Die Anstrengung hat sich gelohnt: Zufriedene Mienen bei den Absolventen und Absolventinnen der Fakultät Gebäude Energie Umwelt (GU) Ende gut, alles gut - das war die Devise für über 400 Absolventen und Absolventinnen, die sich zum Abschluss des Sommersemesters 2015 in der Esslinger Stadthalle - dem “Neckarforum” - einfanden. In bester Stimmung feierten sie zusammen mit Eltern und Freunden das erfolgreiche Ende ihres Studiums. Freude und Erleichterung waren ihnen ins Gesicht geschrieben. Mit der Dynamik der Gesellschaft Schritt halten Zum Auftakt spielte das Hochschulorchester unter der Leitung von Steffi Bade-Bräuning ein Musikstück aus der Oper “Porgy and Bess” von George Gershwin. Danach begrüßte der Rektor der Hochschule Esslingen, Prof. Dr. rer. nat. Christian Maercker, die Absolventen sowie die zahlreichen weiteren Teilnehmer. Er beglückwünschte die Absolventen zu den erbrachten Leistungen und ermunterte sie, ihre Fähigkeiten und ihr Wissen selbstbewusst nach außen hin zu vertreten. Die Hochschule Esslingen werde in der Wirtschaft sehr positiv wahrgenommen; die frisch gebackenen Ingenieure könnten zu dieser Wahrnehmung in erheblichem Maße beitragen. Ein Problem sei inzwischen die Vielfalt unterschiedlicher Hochschulzugangsberechtigungen. Eine weitere Öffnung für ausländische Studierende werde nicht zu einer Klärung dieses Sachverhalts beitragen. Es sei nunmehr ein neuer Studiengang “Elektromobilität” in Vorberei- Im Anschluss beglückwünschte Dipl.Ing. (FH) Dietmar Ness als Vorstandsvorsitzender des Vereins der Freunde der Hochschule Esslingen (VdF) die Absolventen zu ihrem erfolgreichen Studienabschluss. Sie könnten mithelfen, den Vorsprung der Hochschule, die zu den renommiertesten in Deutschlad gehöre, weiter auszubauen. Bei seiner Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung zeichnete er ein durchwachsenes Bild - etwa im Blick auf Russland, die Ukraine, China und Staaten, die vom islamistischen Terror heimgesucht seien. Positiv wertete er die Verständigung, die mit dem Iran erreicht worden sei. Eine große Herausforderung für Deutschland und die EU stellten Flüchtlinge und Wirtschaftsmigranten dar. Als Vertreter der Stadt Esslingen überbrachte Bürgermeister Wilfried Wallbrecht die Glückwünsche an die Absolventen. Die HE sei ein würdiges Aushängeschild der Stadt und habe auch als Standortfaktor Bedeutung. Die Planungen für den Hochschulneubau in der Esslinger Weststadt kämen voran. Der Bürgermeister übergab sodann die Ehrenpreise der Stadt an besonders erfolgreiche Absolventen und Absolventinnen. Im Anschluss daran richtete Göppingens Bürgermeisterin Gabriele Zull Grußworte an die Absolventen. Sie lobte eine Reihe gemeinsamer Aktivitäten von Stadt und Hochschule - etwa das NWTBildungshaus im Zentrum Göppingens. B.Eng. Ralph Schmid und M.Eng. Michael Dufner erhielten Preise für die besten Abschlüsse in den beiden Studiengängen der Fakultät GU. Rektor Prof. Dr. Christian Maercker zeigte sich erfreut über die Spitzen-Absolventen der HE. 10 Darauf verlas Rektor Prof. Dr. Maercker die Namen der Träger der vielen Firmenpreise und hob die Absolventen mit hervorragenden Gesamt-Abschlussnoten hervor. Hierunter waren auch die GUAbsolventen M.Eng. Michael Dufner und B.Eng. Reinhold Schmid, die die Durchschnittsnoten von 1,3 bzw. 1,1 erreicht hatten. Vielfältig: Die Themen der Abschlussarbeiten Auch im Sommsemester 2015 zeigten die Studierenden mit ihren Abschlussarbeiten im Bachelor- und im Masterstudiengang der Fakultät GU, dass sie sich schöpferisch mit einer großen Themenvielfalt auseinandersetzten: Das galt sowohl für die in Industrie und Planungsbüros mitbetreuten Arbeiten als auch für die Arbeiten im Institut für Versorgungstechnik (IVT), im Institut für Regelungstechnik (IRT) sowie im Institut für Nachhaltige Energie und Elektromobilität (INEM). Und das waren die Themen: Bachelorarbeiten: GU-Dekan Prof. Gerhard Fetzer beglückwünschte B.Eng. Sebastian Nehf zu seinem erfolgreich erworbenen Doppelabschluss in Esslingen und Shanghai. Absolventen: Erfolgreich auf dem langen Weg zum Abschluss Danach erhielten die GU-Absolventen und -Absolventinnen ihre Zeugnisse aus den Händen des Dekans der Fakultät Gebäude Energie Umwelt, Prof. Dipl.Ing. Gerhard Fetzer. Prof. Fetzer hob deren zahlreiche Leistungen auf dem langen Weg zum erfolgreichen Abschluss hervor. Nicht selten sei dabei auch die menschliche Unterstützung von Angehörigen wichtig gewesen. Prof. Fetzer erwähnte schließlich auch die Baufortschritte beim GU-Laborneubau. Dieser hat - obwohl er noch gar nicht fertiggestellt ist, von GU-Studierenden wegen seines Aussehens bereits einen Spitznamen abbekommen: Er sei eine “Blechlesburg”, aus deren Schießscharten die GU-Professoren auf alles zielten, was nach Energievergeudung aussehe. Eine besondere Art der Anerkennung stellten die Preise dar, die an sehr gute Absolventen verliehen wurden: Der Preis der Firma Cofely ging an M.Eng. Michael Dufner, dem diese Auszeichnung von Dipl.-Ing. (FH) Olaf Wolf übergeben wurde. B.Eng. Ralph Wieland wurde mit dem Preis des Industrieverbandes Technische Gebäudeausrüstung Baden-Württemberg (ITGA) geehrt, der den Preis aus den Händen des ITGA-Geschäftsführers RA Sven Dreesens empfing. Der Preis des Unternehmens Ed. Züblin AG ging an M.Eng. Christina Wyrich. Er wurde ihr von Dipl.-Ing. Hofmann übergeben. M. Dehli - Nadine Barra: Erstellung von Steuerungsabläufen in einem energieoptimierten Konzept für Wärme- und Kälteerzeuger - Lorenz Fohmann: Energie-, Umweltund Ressourcenkennwerte in der internen Prozesskette der Automobilindustrie - Patrick Gaus: Untersuchung der Leistungsfähigkeit eines Fernwärmenetzes - Sara-Susane Gawlik: Einbindung der Wärmerückgewinnung in Industriebetrieben unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten am Beispiel des Produktionsgebäudes der Daimler AG - Werkteil Mettingen - Niklas-Nils Grimm: Interimsmaßnahmen in der technischen Gebäudeausrüstung während der Sanierung des ZüblinHauses - Tobias Hahn: Untersuchung mechanischer Eigenschaften von Kapillarmembranen - Sebastian Haußer: Erstellung und Umsetzung eines flexiblen Konzepts der Raumautomation in Anlehnung an VDI 3813 - Alexander Herz: Bewertung regenerativer und energieeffizienter Energiesysteme zur Wärmeversorgung eines Schulzentrums unter wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten - Patrick Hilfinger: Einfluss des Design von OP-Decken auf das zu erreichende Schutzziel - Johannes Hofele: Untersuchung von druckverlustarmen Komponenten für RLT-Anlagen in Niedrigstenergiegebäuden - Lars Hornung: Untersuchung verschiedener Anlagenkonzepte für Reinräume zur Herstellung von Zytostatika unter energetischen Gesichtspunkten - Daniel Kaufmann: Auslegung und Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für die hybriden photovoltaisch-thermischen Module (Strom- und Kältenutzung) des GU-Laborneubaus - Jan Kessenbrock: Untersuchungen zur Vortrocknung von Rohbraunkohle in Schlagradmühlen - Dirk Löhr: Das Verbrennungsphänomen Klopfen im Zweitaktmotor - Untersuchung des Kraftstoffeinflusses und der entstehenden Emissionen - Michael Louis: Energiekonzept für die Wärme- und Kälteversorgung eines Hochschulgebäudes - Oyuntuya Lüdemann: Konzepte der dezentralen Wärmeversorgung mit Solarenergie für Gebäude in der Mongolei und Auslegung mit einem Simulationsprogramm - Hans-Jörg Lutz: Betriebsoptimierung der Wärmeversorgung der Landesmesse Stuttgart als Grundlage für die Einbindung eines Blockheizkraftwerkes - Tomislav Martincevic: Rohrnetzanalyse und Berechnung eines Gasrohrnetzes - Andreas Müller: Variantenuntersuchung der möglichen Nutzung von Abwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung mit Absorptionskältetechnik zur Kälteversorgung eines Industriestandortes - Sebastian Nehf: HVAC design review to evaluate system optimization potentials and to analyze initial and operation cost reduction at RCCN Shanghai - Felix Petzold: Aufbau und Inbetriebnahme eines Zeolithspeichers für ein Niedrigst- oder Passivenergiehaus und dessen Regelung über die Feuchtezufuhr - Tim Pschenitschni: Konzeption von Maßnahmen zur Regenrückhaltung bei der Dr.-Ing. h.c. Porsche AG - Thomas Rauchfuß: Küchenabluftsysteme sowie Küchenlüftungsdecken im M.Eng. Michael Dufner erhielt den Preis der Firma Cofely aus den Händen von Dipl.-Ing. Olaf Wolf. 11 Masterarbeiten: - Steffen Keller: Innovative Konzepte zur Einbindung und Erweiterung von Brennstoffzellenheizgeräten bei Privatund Gewerbekunden - Kombinationsund Integrationsmöglichkeiten mit Batteriesystemen, Smart Home und virtuellem Kraftwerk - Benjamin Kraus: Energetische Inspektion einer Lüftungsanlage sowie Identifikation und Bewertung von Optimierungspotentialen - Alexander Lisov: Statistische Bewertung von Simulationen und Feldergebnissen zur Ableitung von Lastkollektiven für die Auslegung und Validierung unterschiedlicher Heizsysteme und deren Hauptkomponenten - Sinje Opitz: Virtuelles Kraftwerk: Untersuchung des Potentials der kleinen Wasserkraft am Beispiel Kraftwerk Forbach/Gausbach - Christoph Petersen: Modularisierte Lastermittlng in der frühen Planungsphase als Grundlage für die Dimensionierung von Anlagen in der Heizungs-, Kälte- unfd Klimatechnik - Simon Ruttmann: Definition des Marktpotentials einer LuftheizgeräteBaureihe unter Berücksichtigung von Ökodesign-Anforderungen und der Wettbewerbssituation - Fabian Stein: Intelligente Netzanbindung von Stromkunden - Hans Ueberfuhr: Erstellung eines Konzeptes zur Prüfung einer Windschutzscheibe, die für das technische System Head-up-Display mit kontaktanaloger Darstellung geeignet ist - Pascal Wißmann: Systemvalidierung einer Mikro-Kraft-Wärme-Kopplung mit einer Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC) - Christina Wyrich: Entwicklung einer automatischen Performance-Bewertungsfunktion für Gebäude M. Dehli - Sandra Dieringer: Ökologischer Vergleich von Sanierungsmaßnahmen für Shopping Center: Entwicklung einer Methode für den Vergleich multifunktionaler Systeme - Michael Dufner: Einsatz der Digitalfotografie zur Bewertung von Blendung und Tageslichtqualität in Gebäuden - Benjamin Emmenegger: Instandhaltungsstrategien für GDRM-Anlagen der terranets bw unter Berücksichtigung der regulatorischen Aspekte - Daniel Fenchel: Implementierung eines Verdunstungsmodells in einem CFD-Code und Validierung am Beispiel eines dichten Steuergerätes mit Druckausgleichselement - Ricarda Eva-Maria Fisch: Maßnahmen zur Effizienzsteigerung eines Bestandsrechenzentrums unter sicherheitsrelevanten Randbedingungen Den Preis des Industrieverbandes ITGA erhielt B.Eng. Ralph Wieland von ITGA-Geschäftsführer Sven Dreesens. Innerlich bewegt: Die Angehörigen der Absolventen und Absolventinnen Vergleich und die sich ergebenden Auswirkungen auf Brandschutz und Hygiene im Kanalnetz - Christian Roth: Untersuchunmg der EnEV-Konformität von gasmotorischen Wärmepumpen zur Beheizung und Kühlung von Gebäuden - sowie ein ökonomischer und ökologischer Vergleich mit verschiedenen Anlagensystemen - Sebastian Schäfer: Konzeptarbeit für die Entwicklung eines modularen Erschließungskonzepts für den Bereich der technischen Gebäudeausrüstung für ein modernes Laborgebäude - Reinhold Schmid: Analyse von Wärmepumpen-Anlagen in Bestandsgebäuden und Beurteilung des zunehmenden Einsatzes von Wärmepumpen im deutschen Gebäudebestand unter ökologischen Gesichtspunkten - Silvan Schneider: Auslegung einer Phosphatrückgewinnungsanlage aus Perkolationswasser - Patrick Schuh: Analyse des energetischen Einsparpotentials in Reinräumen der Pharmaabfüllung - Adrian Schüz: Untersuchung von Filtermaterialien für H2O2 im ppb-Bereich M.Eng. Christina Wyrich wurde von Dipl.-Ing. Hoffmann mit dem Preis der Firma Ed. Züblin AG ausgezeichnet. 12 einschließlich der Anpassungsarbeiten am bestehenden Prüfstand - Steffen Stehle: Planung von Wasserversorgungssystemen: Wasseraufbereitung und -verteilung - Julian Thalmüller: Potenzialanalyse zur Integration von Solarthermie in die Fernwärmenetze der Stadt Tübingen - Gerd Thiess: Erarbeiten eines Energiekonzepts Lüftung / Kälte für eine Forschungshalle mit Anforderungen an die Luftreinheit - Silvan Volkert: Untersuchung zur Einführung eines Verfahrens zur Energieeffizienzsteigerung nach Energiedienstleistungsgesetz für ein mittelständisches Unternehmen - Christian Wiederhöfer: Auslegung einer katalytischen Abluftreinigungsanlage zur Behandlung von mit chlorierten Lösemitteln belasteten Prozessgasen - Ralph Wieland: Systematische Untersuchung des thermischen Mischverhaltens von Luftströmen im Mischkammersystem Masterstudiengang Netztechnik und Netzbetrieb: Kenntnisse für Strom, Gas, Wasser und Fernwärme Verleihung der Zertifikate zum Abschluss des 2. Semesters Im Rahmen des “Bologna-Prozesses” wurden in Deutschland die zweistufigen Abschlüsse zum Bachelor und Master eingeführt. Ein Teil der Ingenieure mit Bachelor-Abschluss will heute auch einen Masterabschluss erwerben. Dies ist unmittelbar nach dem Erststudium (konsekutiv) oder später auch berufsbegleitend möglich. Inzwischen bietet die Energie Baden-Württemberg (EnBW) über ihre Tochtergesellschaft Netze BW in Zusammenarbeit mit der Hochschule Esslingen (HE) und der Hochschule für Technik Stuttgart (HfT) den berufsbegleitenden Masterstudiengang “Netztechnik und Netzbetrieb Gas / Wasser” an. punkten und den Verknüpfungen von Strom- und Gasnetzen - um regulatorische, wirtschaftliche und unternehmerische Themen. Prof. Dr.-Ing. Hans Messerschmid bei der Übergabe der Zertifikate Absolventen, die Aspekte der verschiedenen Versorgungsaufgaben rationell miteinander zu verbinden. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Effizienzsteigerung im Betrieb von Netzen. Zu Ende März 2015 konnten am Standort Esslingen/Stuttgart zehn Studierende, die seitens der Netze BW von Dipl.-Ing. (FH) Mathias Rinder und Frau Medina Crnalic betreut wurden, den erfolgreichen Abschluss der ersten beiden Semester feiern und ins dritte Semester überwechseln. Außerdem wurde ein erster Masterabsolvent beglückwünscht. Qualifiziert für Führungsaufgaben Die Netzingenieure werden durch den berufsbegleitenden Masterstudiengang dazu ausgebildet, bisher einzeln betrachtete Sparten wie Strom, Gas und Wasser ganzheitlich zu behandeln. Sie erfüllen damit den Anspruch,Fach- und Führungsaufgaben in Netzgesellschaften mit Mehrspartenorganisation wahrzunehmen. Die Fortbildung zum Netzingenieur baut auf bereits absolvierten Ingenieurstudiengängen wie Elektroingenieur oder Versorgungsingenieur auf und befähigt die Prof. Dr.-Ing. Paul Schmitt lobte das Engagement der Studierenden. Der Netzingenieur ist verantwortlich für die Planung, die Errichtung, den Betrieb und die Instandhaltung von Strom-, GasFernwärme- und Wassernetzen und damit technische Fach- und Führungskraft im Sinne der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Er kann in einem zentralen Fachbereich oder einem Betriebsbereich eingesetzt werden. M. Dehli M.Eng. Denis Merkle wurde von Prof. Dr.-Ing. Martin Dehli zum Abschluss des Masterstudiengangs “Netztechnik und Netzbetrieb” beglückwünscht. Dieser Masterstudiengang wurde gemeinsam mit der Hochschule Ostfalia (Wolfenbüttel), der Hochschule Trier und dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfachs (DVGW) entwickelt. In Wolfenbüttel und Trier wird zusätzlich auch ein Studiengang für die Netze der Elektrotechnik angeboten. Die Studiengänge sind von der Akkreditierungsagentur ASIIN akkreditiert. In den ersten beiden Semestern werden die Grundlagen der Netztechnik gelehrt. Im dritten Semester des Masterstudiums geht es - neben strategischen Gesichts- Berufsbegleitender Masterstudiengang “Netztechnik und Netzbetrieb” 13 Martin Dehli Ausstieg aus Kohle, Öl und Erdgas? Erklärung der G7-Staaten in Elmau zu Klimawandel, Energie und Umwelt Braunkohlekraftwerk Boxberg Vielen Erwachsenen ist ein beliebtes Spiel aus ihrer Kindergartenzeit noch gut in Erinnerung: Die Kinder sitzen im Halbkreis und flüstern einander reihum ein schwieriges Wort ins Ohr. Mit Entzücken wird dann festgestellt, dass sich das Anfangswort am Ende völlig verändert hat - oft bis zur Unkenntlichkeit und mit ganz anderer Bedeutung. Wer die deutsche Energieszene aufmerksam beobachtet, fühlt sich immer wieder an dieses Kinderspiel erinnert: So wurde etwa beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau im Juni 2015 aus dem schwierigen Wort “Dekarbonisierung”, das in der G7-Abschlusserklärung als Schlüsselwort zu finden war, am Ende die veränderte Aussage “Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas”. An solche Bedeutungsveränderungen haben sich Energiefachleute längst gewöhnen müssen; sie sind symptomatisch für die Qualität der Berichterstattung von Fernsehen, Tageszeitungen und Wochenblättern in Deutschland. Weil die Abschlusserklärung der sieben führenden Industriestaaten angeblich einern solchen “Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas” enthielt, gab es viel Lob von den Kommentatoren der G7-Veranstaltung: Einige sahen sogar schon den “Beginn einer globalen Energiewende”. Und von einer Reihe von Umweltorganisationen kam sogar ein überschwänglicher Jubel - etwa von Greenpeace und Germanwatch. Selbst ökologische Fundamentalgruppierungen wie Oxfam sprachen von einem „positiven Signal“. Nach zwanzig Jahren voller Misserfolge in der Klimapolitik faszinierte das Wort “Dekarbonisierung”. Doch was ist mit “Dekarbonisierung” genau gemeint? - Es geht darum, die Atmosphäre von Kohlendioxid zu entlasten. Der Begriff lässt bewusst viel Interpretationsspielraum zu. „Dekarbonisierung“ bedeutet 14 - den Übergang auf kohlenstoffärmere Primärenergien (z. B. von Kohle auf Erdgas), - die Abtrennung von CO2 aus den Verbrennungsgasen, die bei der Kohlenutzung entstehen, - die Aufforstung von Wäldern, die als CO2-Senke dienen, - Verfahren der “Ozeandüngung”, die zu einer Erhöhung der Fähigkeit der Meere führen, etwa durch verstärktes Wachstum von Phytoplankton mehr CO2 als bisher zu binden, - die verstärkte Nutzung der CO2-freien Kernenergie, - den Ausbau erneuerbarer Energien, - die Verbesserung der Energieeffizienz auf allen Gebieten der Energieumwandlung, - weitere Maßnahmen, bei denen in den CO2-Kreislauf eingegriffen wird. Die Einengung auf die Aussage “Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas” ist in der G7-Abschlusserklärung nirgends zu finden. Vielmehr wird den Staaten die Möglichkeit eingeräumt, auch weiterhin - etwa auch bis zum Ende des 21. Jahrhunderts - Kohle, Öl und Gas zu verfeuern, wenn es ihnen gelingt, auf anderen Wegen zu einer Dekarbonisierung beizutragen. In klimaökonomischen Modellen, wie sie etwa in den USA, in Kanada und Australien untersucht werden, werden auch so genannte “negative Emissionen” berücksichtigt. Die “GU-Berichte” geben im Folgenden die wesentlichen Inhalte der G7-Abschlusserklärung vom Juni 2015 in Elmau im Wortlaut wieder: Klimawandel, Energie und Umwelt Klimawandel Wie aus dem Fünften Sachstandsbericht des IPCC hervorgeht, besteht dringender und konkreter Handlungsbedarf, um den Klimawandel zu bekämpfen. Wir be- kräftigen unsere feste Entschlossenheit, im Rahmen der Klimakonferenz im Dezember dieses Jahres in Paris (COP21) ein Protokoll, eine andere rechtliche Übereinkunft oder ein vereinbartes Ergebnis mit rechtlicher Wirkung unter dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) zu erzielen, was für alle Vertragsparteien gelten soll und ambitioniert, tragfähig und alles umfassend ist, und sich entwickelnde nationale Gegebenheiten spiegelt. Das Übereinkommen soll Transparenz und Rechenschaftspflicht stärken unter anderem durch verbindliche Regeln in seinem Kern, um die Fortschritte bei der Erfüllung der Ziele zu überprüfen, wodurch auf Dauer gesteigerte Ambition gefördert würde. Dadurch sollten alle Länder in die Lage versetzt werden, im Einklang mit dem globalen Ziel, den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur unter 2 °C zu halten, einen kohlenstoffarmen und belastbaren Entwicklungspfad einzuschlagen. In Anbetracht dieses Ziels und eingedenk der aktuellen Ergebnisse des IPCC betonen wir, dass tiefe Einschnitte bei den weltweiten Treibhausgasemissionen erforderlich sind, einhergehend mit einer Dekarbonisierung der Weltwirtschaft im Laufe dieses Jahrhunderts. Entsprechend unterstützen wir als gemeinsame Vision für ein weltweites Ziel zur Verringerung von Treibhausgasemissionen, gemeinsam mit allen Vertragsparteien des UNFCCC, Treibhausgase bis 2050 im Vergleich zu 2010 entsprechend dem oberen Ende der jüngsten IPCC-Empfehlungen von 40 bis 70 % zu reduzieren; hierbei erkennen wir an, dass diese Herausforderung nur durch eine globale Herangehensweise gemeistert werden kann. Wir verpflichten uns, unseren Teil dazu beizutragen, langfristig eine kohlenstoffarme Weltwirtschaft zu erreichen, auch durch die Entwicklung und den Einsatz innovativer Technologien, und streben bis 2050 einen Umbau der Energiewirtschaft an; wir laden alle Länder ein, sich uns in diesem Unterfangen anzuschließen. Wir verpflichten uns zu diesem Zweck ferner zur Entwicklung langfristiger nationaler kohlenstoffarmer Strategien. Die G7 begrüßt die Ankündigung oder den Vorschlag von Post-2020-Emissionszielen durch all ihre Mitglieder sowie die Einreichung von beabsichtigten, national festgelegten Beiträgen (intended nationally determined contributions, INDC) und ruft alle Länder auf, rechtzeitig vor der Pariser Klimakonferenz Dekarbonisierung Raus aus Kohle, Öl, Erdgas? Dekarbonisierung: Ein Schlüsselbegriff der G7-Abschlusserklärung (COP21) ebenfalls Beiträge einzureichen. Wir bekräftigen unsere feste Zusage zur Vereinbarung von Kopenhagen, im Rahmen bedeutsamer Minderungsmaßnahmen und Transparenz bei der Umsetzung bis 2020 gemeinsam jährlich 100 Milliarden US-Dollar aus einer Vielzahl sowohl öffentlicher als auch privater Quellen aufzubringen. ...... Energie Wir bekräftigen unser Bekenntnis zu den 2014 in Brüssel beschlossenen Prinzipien für Energieversorgungssicherheit und den konkreten Maßnahmen, begrüßen die seither unter der Römischen G7-Energieinitiative erzielten Fortschritte und werden sie weiterhin umsetzen. Ferner begrüßen wir die Hamburger G7Initiative für nachhaltige Energiesicherheit, insbesondere die zusätzlichen konkreten gemeinsamen Maßnahmen zur weiteren Stärkung nachhaltiger Energieversorgungssicherheit in den G7-Ländern und darüber hinaus. Insbesondere bekräftigen wir unsere Unterstützung für die Ukraine und andere gefährdete Länder bei ihren laufenden Anstrengungen zur Reform und Liberalisierung ihrer Energiesysteme und unterstreichen, dass Energie weder als Mittel politischen Zwangs noch als Bedrohung für die Sicherheit eingesetzt werden sollte. Wir begrüßen die Absicht der ukrainischen Regierung, Subventionen im Energiebereich abzubauen und in Energieeffizienzprogramme zu investieren. Zudem wollen wir unsere Arbeiten zur Analyse von Schwachstellen im Energiesystem fortsetzen. Darüber hinaus werden wir daran arbeiten, die Widerstandsfähigkeit und Flexibilität der Gasmärkte zu stärken, und dabei sowohl PipelineGas als auch Flüssiggas (Anmerkung: Gemeint ist wohl Flüssigerdgas.) berück- sichtigen. Wir betrachten Diversifizierung als Kernelement der Energiesicherheit und streben an, Energiemix, Brennstoffe, Quellen und Routen weiter zu diversifizieren. Wir werden die Kooperation im Bereich der Energieeffizienz stärken und stoßen eine Zusammenarbeit an, um die Cybersicherheit im Energiesektor zu verbessern. Und wir werden untereinander sowie mit anderen interessierten Staaten zusammenarbeiten, um die Koordinierung und Transparenz von Forschung, Entwicklung und Demonstration im Bereich der sauberen Energien insgesamt zu verbessern, wobei wir die Bedeutung erneuerbarer Energien und anderer kohlenstoffarmer Technologien betonen. Wir ersuchen unsere Energieminister, diese Initiativen voranzubringen und uns 2016 Bericht zu erstatten. Ressourceneffizienz Der Schutz und die effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen sind für die nachhaltige Entwicklung von entscheidender Bedeutung. Wir streben eine Verbesserung der Ressourceneffizienz an, die wir für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung sowie für den Schutz der Umwelt, des Klimas und des Planeten für entscheidend halten. Aufbauend auf dem "3R"-Aktionsplan von Kobe und anderen bestehenden Initiativen werden wir weiterhin ehrgeizige Maßnahmen ergreifen, um die Ressourceneffizienz im Rahmen von breiter angelegten Strategien zur Förderung einer nachhaltigen Materialwirtschaft und von Kreislaufgesellschaften zu verbessern. Wir gründen das G7-Bündnis für Ressourceneffizienz als freiwilliges Forum für den Wissensaustausch und für die Bildung von Informationsnetzwerken. Wie im Annex aufgeführt, wird das Bündnis mit Un- ternehmen, KMU und anderen einschlägigen Akteuren zusammenarbeiten, um die Möglichkeiten, die sich durch Ressourceneffizienz bieten, zu optimieren, bewährte Verfahren zu fördern und Innovationen zu begünstigen. Wir erkennen die Vorteile einer Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern im Bereich Ressourceneffizienz, auch durch innovative Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor. Wir ersuchen das International Resource Panel des UNEP um die Erstellung eines Syntheseberichts, aus dem die erfolgversprechendsten Potenziale und Lösungen auf dem Gebiet der Ressourceneffizienz hervorgehen. Ferner ersuchen wir die OECD um die Ausarbeitung von politischen Leitlinien als Ergänzung des Syntheseberichts. O ----------------------------------------------------Impressum: Redaktion: Prof. Dr.-Ing. Martin Dehli (De) Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion, der Fakultät Gebäude Energie Umwelt (GU) oder der Hochschule Esslingen (HE) wieder. Bilder: Babcock Noell (9), BGEW (4), BGR (2), Bertram (1), Braun (3), Dehli (21), Drees & Sommer (1), EIA (2), EGS-plan (1), EnBW (7), energie-wasser-praxis (1), ExxonMobil (1), Fakultät GU (5), FGK (4), Haas (5), Heinzel (1), Humboldt-Univ. Berlin (3), IPP (1), ITERorg (1), Lechler (1), Messerschmid (1), Nehf (4), Netze BW (3), Pesch & Partner (6), Rohrbach (1), SBZ (14), Sem. GUB 3B (5), SNE (2), S+P Ingenieure (3), Springer Vieweg (2), Stadt Esslingen (5), Tyndall (1), Univ. Rostock (1), Vattenfall (1), Walter (1), Wintershall (5) Satz und Gestaltung: Martin Dehli Hochschule Esslingen (HE), University of Applied Sciences, Fakultät Gebäude Energie Umwelt (GU), Kanalstraße 33, 73728 Esslingen Tel. (0711) 397-3450; Fax (0711) 397-3449 e-mail: [email protected] ----------------------------------------------------GU-Berichte im Internet Wer die GU-Berichte nicht nur in Papierform, sondern auch in Digitalform lesen möchte, kann dazu ins Internet gehen: Alle Ausgaben sind dort vollständig als PDF-Dateien verfügbar. Man wählt sich zunächst auf die Seite der Hochschule Esslingen ein: www.hs-esslingen.de Dort ist im nächsten Schritt die Rubrik “Studienangebote”, dann “Studiengänge Bachelor”, darauf “Gebäude-, Energieund Umwelttechnik” und schließlich “GUBerichte” anzuwählen. O 15 Professoren: Hilflos im Shitstorm? wie im Fall Hunt in den Medien keinen so genannten Aufschrei? Der Fall berührt ja den Kern unseres Berufes, die Freiheit des Wortes. Und dabei spielt es keine Rolle, ob man den Scherz von Hunt für dumm oder misslungen hält. Man kann nicht sagen, in Zukunft sind nur noch gute Witze erlaubt, schlechte sind verboten. Wenn falsche Meinungen oder falsche Witze in Zukunft den sofortigen Jobverlust zur Folge haben, dann gibt es für freie Medien keine Basis mehr.” Professoren am Internet-Pranger Martin Dehli Professor mit Studierenden: Ist der gemeinsame Durchblick noch möglich? Unter angelsächsischen, aber auch unter deutschen Professoren gibt es eine Art Tradition: sich über sich selbst mit Witz und Ironie ein wenig lustig zu machen. Ein Scherz über sich selbst stellt gewissermaßen ein Ritual dar, mit dem man signalisiert, dass man sich trotz der besonderen Qualifikation auf seinem Fachgebiet - nicht allzu wichtig nehmen möchte. Witze machen verboten Dass dieser Brauch nicht überall “ankommt”, erfuhr jüngst der britische Zellbiologe Sir Prof. Dr. Tim Hunt, der für seine Forschungserfolge den Nobelpreis erhalten hatte: Er hielt in Südkorea eine freundlich gemeinte Rede vor jungen Wissenschaftlerinnen. Dabei begann er in der folgenden Weise: "Es ist seltsam, dass ein chauvinistisches Monster wie ich gefragt wurde, vor Wissenschaftlerinnen zu sprechen. Lassen Sie mich von meinen Problemen mit Frauen erzählen. Drei Dinge passieren, wenn sie im Labor sind: Du verliebst dich in sie, sie verlieben sich in dich, und wenn du sie kritisierst, fangen sie an zu heulen. Vielleicht sollten wir getrennte Labore für Männer und Frauen einrichten? Spaß beiseite, ich bin beeindruckt von der wirtschaftlichen Entwicklung Koreas. Und Wissenschaftlerinnen spielten dabei zweifellos eine wichtige Rolle. Wissenschaft braucht Frauen, und Sie sollten Wissenschaft betreiben trotz all der Hindernisse und trotz solcher Monster wie mir." Man muss wissen, dass Tim Hunt eine seiner früheren Labormitarbeiterinnen geheiratet hat und damit offenbar gut gefahren ist. 16 Nach seiner Rede brach im Internet ein riesiger “Shitstorm” los. Viele Zeitungen und Fernsehensender berichteten über Hunts “Entgleisung”. Der Vorwurf lautete: Sexismus. Hunt wurde gezwungen, als Professor zurückzutreten. Auch wurde er aus der britischen Wissenschaftsgesellschaft ”Royal Society” ausgeschlossen. Tim Hunt entschuldigte sich - doch ohne Wirkung. Der Shitstorm erreichte selbst den Londoner Bürgermeister Boris Johnson, der Tim Hunt verteidigte und die Vorgänge im Internet und in Fernsehen und Zeitungen als "unerbittlichen Moloch politischer Korrektheit" deutete. Dem Bürgermeister bekam sein Eintreten für den Nobelpreisträger keineswegs: Auch er wurde bedroht. Eine Abgeordnete sagte: "Johnson macht sich schuldig im Sinne des Antidiskriminierungsgesetzes." Harald Martenstein - ein Kolumnist im “Zeit-Magazin” - meinte dazu am 4. August 2015. “Mich wundert, dass keiner die Parallelen zwischen diesem Fall und den Anschlägen auf Charlie Hebdo gesehen hat. Natürlich ist es ein Unterschied, ob man Leute erschießt oder ob man sie nur beruflich vernichtet. Aber in beiden Fällen geht es darum, dass Menschen es nicht ertragen, wenn über etwas Scherze gemacht wird, das sie für unantastbar halten. Und in beiden Fällen wird mit äußerster Unbarmherzigkeit vorgegangen, um ein Klima der Angst zu schaffen. Und die Akteure sind nicht "der" Islam oder "der" Feminismus, sondern radikale Gruppen.” Er meinte weiter: “Warum gibt es gegen eine so offensichtliche Ungerechtigkeit Im Internet gibt es inzwischen richtige “Pranger”, an die einzelne Professoren und Dozenten gestellt werden. Urheber sind radikale Gruppen, die im Internet agieren - teilweise anonym. Nicht immer sind es studentische Gruppen - auch Organisationen außerhalb der jeweiligen Hochschule aus der linksextremistischen Szene - sind mit dabei Einer der Betroffenen ist Jörg Baberowski, seit 2002 Professor für Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität zu Berlin. Im Jahr 2012 wurde ihm der Sachbuchpreis der Leipziger Buchmesse für sein Buch "Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt" zuerkannt eine Untersuchung über Stalin und seine Politik. Es wurde wegen Baberowskis Thesen zu vormodernen Ursprüngen totalitärer Gewalt, seiner Akzentsetzung auf eine verrohte kommunistische Gesellschaft und seiner starken Fokussierung auf die Person Stalins kontrovers diskutiert. Dasselbe galt für seine Anmerkungen zum Ukraine-Konflikt, in denen Baberowski den Unterschied von Ostund Westukraine herausarbeitete und auf ”postimperiale Phantomschmerzen Russlands” abhob, die es zu verstehen gelte. Prof. Baberowski durchlebt inzwischen etwas, was man im Privatleben als Prof. Jörg Baberowski: Sieht sich studentischer Zensur im Hochschulhörsaal ausgesetzt ten eine Art “Rasterfahndung”. Problematisch kann schon sein, wenn der Professor ältere Texte zitiert, in denen wiederholt das Wort "Neger" gebraucht wurde. Heikel kann auch sein, wenn in Skripten die Bezeichnung “Studenten und Studentinnen” oder ganz einfach “StudentInnen” verwendet wurde und nicht - nach neuer Lesart - die Bezeichnung "Student(*)Innen" verwendet wird, wobei das (*) für die Angehörigen eines dritten Geschlechts (Transmenschen) zu stehen hat. Auch wenn die Argumente der “Professorenjäger” eher dürftig sind, hoffen sie, dass wegen der starken Wirkung von Webkampagnen regelmäßig etwas “hängen bleibt”. Dann ist es nicht ausgeschlossen, dass der Betroffene in den Ruf gekommen ist, zumindest ein kleines bisschen radikal oder sexistisch zu sein. Bloggende Studierende: Haben das “Zerrbild des passiven und desinteressierten Studenten” längst überwunden “Stalking” bezeichnen könnte. Er stellt jedoch keinen Einzelfall dar: Nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen deutschen Hochschulstädten wie zum Beispiel Rostock und Frankfurt werden Professoren von politischen Splittergruppen aufs Korn genommen, von denen nicht bekannt ist, ob es tatsächlich studentische Gruppen sind oder Gruppen, die außerhalb der Hochschulen stehen. Bloggende Studenten als “Professoren-Stalker” Bei der Verfolgung von Prof. Baberowski fallen linksextremistische Gruppen auf, deren Mtglieder als anonyme Gesinnungspolizisten agieren. Prof. Baberowski bezeichnet sie als "Fanatiker": Sie schrieben Unsinn im Internet, drängten ihn in eine Ecke, in die er nicht gehöre. Seit über einem Jahr gehe das nun schon so. Inzwischen sei er sogar vorsichtig, mit wem er sich sehen lasse schließlich wolle er niemanden in seine Probleme hineinziehen. Er werde von den Gruppen regelmäßig fotografiert, wenn er irgendwo öffentlich auftrete. Bestimmte studentische Gruppen machen sich inzwischen mit erheblichem Aufwand nach allem auf die Suche, was nicht in ihr Weltbild passt. Sie veranstal- Eine Studentengruppe, mit der es Jörg Baberowski zu tun hat, nennt sich “International Youth and Students for Social Equality” (IYSSE). Offenbar richtet sie sich nach den Ideen des marxistischen Theoretikers Leo Trotzki aus. Sie wird von Professor Baberowski, der von ihr regelmäßig mit Aufnahmegerät und Fotoapparat verfolgt wird, als “die Sekte” bezeichnet. Ihr Anführer ist überzeugt, dass "Jörg Baberowski mit seiner Forschung Geschichtsfälschung betreibt." Beispielsweise relativiere er die Schuld der Deutschen am Zweiten Weltkrieg, indem er dem damaligen sowjetischen Diktator Josef Stalin eine Mitverantwortung an dessen Ausbruch gebe. Außerdem sei er eine Art Faschist, weil er sich von Deutschland wieder ein stärkeres militärisches Engagement an der Seite seiner Partner wünsche. Mitgllieder der IYSSE gehen nicht nur regelmäßig auf Fotostreife, sondern produzieren auch Flugblätter, veranstalten “Infoveranstaltungen” und stellen selbstgefertigte Videos ins Internet. Wer sich mit den massiven Vorwürfen gegen Baberowski befasst, erkennt rasch deren Haltlosigkeit und deren Übertreibungen. Internet-Gesinnungspolizisten im Schwersteinsatz Auch Prof. Dr. Herfried Münkler - einer der bekanntesten Politikwissenschaftler in Deutschland und gefragter Gesprächspartner in Diskussionssendungen im Fernsehen - steht unter der Beobachtung linksorientierter studentischer Gesinnungspolizisten. Es gibt einen Blog namens "Münkler-Watch", in dem “kritische” Studenten die Äußerungen Münk- Prof. Dr. phil. Herfried Münkler: Steht durch den studentischen InternetBlog “Münkler-Watch” unter verschärfter Beobachtung lers unter die Lupe nehmen. Ihm werden via Internet “militaristische, sexistische und rassistische Tendenzen” unterstellt. Offenbar sind solche Vorwürfe für bestimmte Medien so interessant, dass sie darüber berichten und Herfried Münkler wie es zutreffend heißt - “in den Blickpunkt der Öffentlichkeit” geraten ist. Überregionale Zeitungen wie etwa die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und die "Süddeutsche Zeitung" berichteten bereits über den “Münkler-Blog”. Gegen Münkler haben die Angriffe inzwischen Formen angenommen, die an stalinistische Zensur erinnern, auch wenn sie wohl in den siebziger Jahren ihren diskurspolitischen Ursprung haben. Die Blogger notieren während der Vorlesungen, was sie für politisch inkorrekt halten: Ihnen fehlt das „Gendern“, sie möchten Begriffe wie „Bauernsprache“ auf den Index setzen, genauso wie „Nation“, weil Herfried Münkler nur eine „Beschreibung des Mülls“ geliefert habe, „den die meisten Leute zum Thema Nation bis heute im Kopf“ hätten. Empörung mit medialer Verstärkungswirkung Noch problematischer sind Unterstellungen aus Vorlesungen zur Geschichte des politischen Denkens: Münkler wird gezielt falsch zitiert; seine Beispiele werden ins Gegenteil verkehrt, um das öffentlichpolitische “Empörungskarussell” richtig in Schwung bringen zu können. Die anonymen Blogger sehen sich ihrerseits als Opfer von Münkler als eines „militaristischen Extremisten der Mitte“, dem sie als Studenten mit reinem Herzen ausgeliefert seien. Sie unterstellen ihm „Rassismus“, ohne dies nachweisen zu wollen, bezeichnen ihn als einen „liberalen Pro-Europäer großdeutscher Prägung“ und behaupten, der Historiker sei ein “Parteigänger von revisionistischen Verharmlosern des Nationalsozialismus.” Sie beklagen das „uneingeschränkte Rederecht“ des Professors in der Vor17 fenen Diskurs möglich ist. Die HumboldtUniversität zu Berlin ist ein Ort freien und unabhängigen wissenschaftlichen Austauschs. Die Voraussetzung dafür ist, dass jedes Mitglied unserer Universität ohne Angst wissenschaftliche Auffassungen äußern und zur Diskussion stellen kann. Unterschiedliche Meinungen sind selbstverständlich und gewollt an einer intakten Universität. Sie müssen offen, respektvoll und fair diskutiert werden können.” Dozent unter Beobachtung Der zürnende Professor: Übt erbarmungslos sein “uneingeschränktes Rederecht” im Hörsaal aus lesung, sein “hohes Gehalt”, lehnen aber eine Podiumsdiskussion mit ihm ab, weil er zu selbstsicher sei. Ein weiteres Beispiel für einen “Dozenten unter Beobachtung” ist der Soziologe Michael Makropoulos, Privatdozent an der Humboldt-Universität. Auch ihm wird vorgeworfen, dass seine Literaturliste zu "eurozentristisch" sei. PD Dr. habil. Makropoulos nennt die Vorwürfe gegen ihn “teilweise haarsträubend, aber sie wurden in einem hochnäsigen, selbstgerechten und teils aggressiven Ton geäußert." Ihm wurde z. B. angelastet, er berücksichtige in seiner Vorlesung nur Männer, aber keine Theoretikerinnen. Herfried Münkler meinte, es sei unerträglich, „unter diesen Umständen der permanenten Denunziationsandrohung mit sinnentstellenden bis das Gegenteil des Gesagten behauptenden Zitaten eine Vorlesung halten zu müssen“. Die Vorlesung einfach abzubrechen sei für ihn keine Lösung. Dies wäre zudem für die Mehrheit der Studenten, die tatsächlich studieren, katastrophal. Münkler betont, er sei "jederzeit zu einem Streitgespräch bereit". Die Mitglieder des “Münkler-Watch” nennen sich “Caro Meyer”. Sie halten diesen Namen für “geschlechtsneutral”. "Caro" wirft Münkler vor, dass dieser die feministischen Theoriedebatten der vergangenen 30 Jahre verschlafen habe. Außerdem sei es "nervig", dass an Münklers Institut auf die “Diversity Politics” nicht eingegangen werde - dass man sich dort also nicht mit Fragen von Geschlecht, Sexualität und Rasse auseinandersetze. Die Leitung der Humboldt-Universität gab inzwischen ihrem Professor eine Art “Rückendeckung”. Sie erklärte zu den Äußerungen auf dem Blog "MünklerWatch": “Professor Herfried Münkler ist einer der herausragenden Professoren der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Universitätsleitung stellt sich hinter Herfried Münkler und fordert die Blogger auf, aus der Anonymität herauszutreten, weil wissenschaftlicher Dialog nur im of18 sorglich nach den vermuteten Wünschen der Studenten aufbauen." Linkorientierte Studenten störten auch eine Vorlesung des Erziehungswissenschaftlers Prof. Malte Brinkmann. Ihnen gefiel nicht, dass Brinkmann Immanuel Kant behandelte - unter anderem deswegen, weil sie Immanuel Kant für einen Rassisten hielten. Offenbar waren jedoch die meisten ihrer Kommilitonen nicht ganz so kritisch: Sie riefen die Polizei, damit die Vorlesung wie geplant ablaufen konnte. Heile Welt im Südwesten? Aus der Sicht mancher Professoren in Baden-Württemberg erscheinen die Vorgänge in Berlin als Sonderfall. Aber auch für sie gilt es, die - den Professoren grundgesetzlich garantierte - Freiheit von Forschung und Lehre zu verteidigen, haben doch auch sie erste Erfahrungen mit einer gewissen politischen Einflussnahme gesammelt: Anlässlich der - medial ausgiebig kommunizierten - Vorgänge um den “Nationalsozialistischen Untergrund” (NSU) wies das Staatsministerium die Behörden des Landes - also auch die Hochschulen - in der folgenden Weise an: Makropoulos würde das gerne tun "Aber es gibt schlicht keine Frauen, die Theorie auf dem Level von Durkheim, Simmel oder Habermas gemacht haben und deshalb in einer Einführungsvorlesung vorkommen müssten." “Am 23. Februar 2012 wird bundesweit des rechtsextremen Terrors im Rahmen eines zentralen Staatsakts in Berlin gedacht. Es ist Herrn Ministerpräsident Winfried Kretschmann als Schirmherr für alle an diesem Tag in Baden-Württemberg stattfindenden gewerkschaftlichen und betrieblichen Gedenkveranstaltungen ein Anliegen, ein Signal gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus und für Toleranz zu setzen. Er hat sich deshalb dazu entschlossen, den Aufruf der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und des Gewerkschaftsbundes zu einer Schweigeminute am 23. Februar 2012, 12 Uhr, zu unterstützen und entschieden, dass sich die gesamten Landesbehörden in Baden-Württemberg diesem Aufruf anschließen.” Makropoulos zeigt sich besorgt darüber, wie rasch sich der Protest hochgeschaukelt habe. "Münkler-Watch" habe seine Vorwürfe über den E-Mail-Verteiler der Hochschule an Tausende Adressen geschickt. Plötzlich hätten ihn Kollegen angesprochen und vorgeschlagen, rechtliche Schritte wegen Verleumdung einzuleiten. Er selbst wolle nichts an seiner Arbeit ändern, äußert sich Makropoulos. "Ich glaube aber, dass sich viele Kollegen von solchen Angriffen in der Art beeinflussen lassen, dass sie sich selbst zensieren oder ihre Literaturlisten vor- Wenig gnädig wurde in diesem Zusammenhang der bescheidene Hinweis eines parteilosen Professors an seine Hochschulleitung aufgenommen, dass er einerseits selbstverständlich der Opfer des NSU im Rahmen einer Schweigeminute gedenke, andererseits jedoch sein Gedenken gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit so lange zurückstellen wolle, bis ein rechtskräftiges Urteil gegen den NSU vorliege; er wolle damit das grundlegende demokratische Prinzip der Gewaltenteilung - hier zwischen Exekutive und Jurisdiktion - respektieren. O PD Dr. habil Michael Makropoulos Am Institut für Versorgungstechnik der Hochschule Esslingen: Praxistest: Sind spülrandfreie WCs marktreif ? Was passiert genau an den “verschwiegenen Örtchen”? Kochen, Braten, Grillen, Garen, Backen, Dünsten, Essen und Trinken - kaum eine andere Tätigkeit des Menschen erhält in den öffentlich-rechtlichen und in den privaten Fernsehkanälen in Deutschland eine ähnlich hohe Aufmerksamkeit. Man könnte meinen, dass das Bibelwort “Der Mensch lebt nicht vom Brot allein” hierzulande inzwischen fast in Vergessenheit geraten sei. Zum häufig Verschwiegenen gegenüber der Nahrungszubereitung und -aufnahme gehört auch die Frage, wie der Mensch sich seiner Reststoffe wieder entledigt. Es sollte freilich nicht vegessen werden, dass sich tagtäglich viele Reinigungskräfte damit auseinandersetzen müssen. In Japan hat man sich damit intensiv befasst. Japanische Unternehmen können nicht nur hervorragende Kraftfahrzeuge, Kameras, Fernsehgeräte, Computer und Roboter bauen, sondern auch gute WCs. Dies wurde bereits im Jahr 2009 auf der großen Heizungs- und Sanitärmesse ISH in Frankfurt sichtbar: Ein japanisches Unternehmen stellte hier die ersten spülrandfreien WCs vor. Sanitär Heizung Klima” - und Prof. Dr.Ing. Hans Messerschmid von der Fakultät Gebäude Energie Umwelt (GU) der Hochschule Esslingen einen geeigneten Praxisspültest. Auf einem neu konstruierten Reihenprüfstand im Institut für Versorgungstechnik der Fakultät GU wurden 32 spülrandfreie WC-Modelle auf ihre Funktion und ihre hygienischen Eigenschaften hin überprüft. Als wichtigste Erkenntnis konnte festgestellt werden: Es gibt zwar teilweise deutliche Unterschiede beim Ausspülverhalten und beim Überspritzen, aber unterm Strich gesehen erwiesen sich alle geprüften WC-Modelle als marktreif. Detaillierte Ergebnisse sowie die Stellungnahmen der Hersteller zum Test wurden in der Ausgabe 6/2015 “SBZ Sanitär Heizung Klima” ausführlich veröffentlicht. Als weiteres wesentliches Ergebnis der Untersuchungen kann gelten: Die ordnungsgemäße Nutzung hängt nicht vom WC-Becken allein ab; genau so wichtig ist eine geeignete Kombination von Spülkasten und spülrandfreiem WC. Normen: Nicht aufeinander abgestimmt Spülrandfreie WCs in Reih und Glied beim Praxistest Wegen erheblicher Vorteile bei Reinigung und Hygiene nahm die Bedeutung dieser bisher in Deutschland unbekannten Produktgattung rasch zu: In Verwaltungsgebäuden, Hotels, Kindergärten, Schulen und Hochschulen, Krankenhäusern, Wohnstiften und Altenheimen ist die kostengünstige und hygienische Reinigung von WCs von Interesse. Zur ISH 2011 stellten die ersten deutschen Hersteller vergleichbare Erzeugnisse vor, und seit dem Jahr 2013 bieten die meisten Unternehmen der Keramik- und Sanitärbranche auch spülrandfreie WCs an. Doch die richtige Kombination zu finden ist gar nicht so einfach: Zwar stehen mit der Norm DIN EN 997 (WC-Becken und WC-Anlagen) und der Norm DIN EN 14055 (Spülkästen für WC-Becken und Urinale) zwei Normen zur Verfügung; doch sind diese nicht aufeinander abgestimmt: Sie arbeiten mit unterschiedlichen Spülstromvolumenangaben und ToIeranzgrenzen. Bei Spülkästen galt früher teilweise die Regel "viel hilft viel" - doch angesichts des Bewusstseins, mit der Ressource Wasser sorgfältig umzugehen, hilft diese Regel nicht weiter. Spülrandfreie WCs zeigen sich deutlich empfindlicher bei Spülwassermenge und Spülwasserdruck Freilich waren nicht alle Modelle ausgereift; vielfach bot sich noch ein nennenswerter Spielraum für Verbesserungen. Als unangenehm erwiesen sich Modelle, bei denen beim Spülvorgang Wasser über den Spülrand hinaus spritzte. So verwundert es nicht, dass es bei Händlern, Installateuren und Nutzern auch heute noch Verunsicherungen und Fragen zu Einsatzparameter und Praxistauglichkeit spülrandfreier WCs gibt. Angedockter Normprüfstand zur Prüfung der Nachlaufwassermenge Deshalb entwickelten Dirk Schlattmann - Chefredakteur der Fachzeitschrift “SBZ WC-Versuchsstand im Institut für Versorgungstechnik 19 als die klassischen WCs. Eine Antwort auf die hier erkennbaren Fragen könnte darin liegen, dass die Inkompatibilität der beiden Normen DIN EN 997 und DIN EN 14055 behoben wird. Dirk Schlattmann forderte deshalb in der Ausgabe 6/2015 der Fachzeitschrift “SBZ” die zuständigen Normenausschüsse auf: “Setzt Euch schleunigst zusammen und einigt Euch auf praxiskonforme Parameter und einheitliche Testanordnungen, die den Einsatz von spülrandfreien WC-Systemen eindeutig regeln! Bis dahin bleibt nichts anderes übrig, als Spülkästen einzusetzen, für die es nachrüstbare Drosselsätze gibt.” Überraschende Ergebnisse Unter wissenschaftlicher Leitung wurden auf einem neu entwickelten und eigens dafür konstruierten Reihenprüfstand 32 spülrandfreie WC-Modelle auf Funktion und hygienische Eigenschaften überprüft. Dafür haben die Hochschule Esslingen (HE) und die SBZ-Redaktion gemeinsam einen Praxisspültest entwickelt. Dieser wurde unabhängig von Firmeninteressen gestaltet und von der Hochschule und der SBZ finanziert. Die IVT-Labormeister Achim Renn (links) und Yilmaz Alkan bei den Tests Am Institut für Versorgungstechnik der HE wurde der Prüfplan “SPWC 12/15” und der so genannte “Esslinger Spülversuch” entwickelt. Nachdem ein Konzept für den Prüfstand erarbeitet worden war, bauten die beiden IVTLabormeister Achim Renn und Yilmaz Alkan den zweireihigen Prüfstand mit 12 WC-Plätzen auf, der mit modernster Mess- und Dokumentationstechnik ausgerüstet wurde. Angedockt wurde ein Normprüfstand, auf dem auch Nachlaufwassermenge und andere normative Detailprüfungen durchgeführt wurden. des Überspritzens wichtig ist die so genannte Prallkraft, die beim Spülen frei wird. Da spülrandfreie WCs hierauf sehr Beim Praxistest wurden Teile des Normprüfversuchs gemäß DIN EN 997 sowie ein - entsprechend den Anforderungen mitteleuropäischer Nutzungsgewohnheiten - angepasster Praxisteil miteinander kombiniert. Insgesamt wurden alle 32 Modelle der Hersteller Duravit, Ideal Standard, Keramag, Laufen, Roca, Toto, Villeroy und Boch und Vitra getestet, die im Oktober 2014 auf dem deutschen Markt über den Großhandel bezogen werden konnten. Die Firmen stellten hierzu jeweils zwei Exemplare zur Verfügung. Unterschiedliche Materialien in unterschiedlicher Konsistenz ... 20 Die Versuche wurden mit einem Spülwasservolumen von 6 Litern durchgeführt. Um ein Überspritzen zu vermeiden, wurde nicht mit einem maximalen Volumenstrom von 2,8 l/s, sondern mit einem auf 2,05 l/s gedrosselten Volumenstrom gearbeitet. Ebenfalls für die Vermeidung ... zur Simulation der alltäglichen Anforderungen empfindlich reagieren, ist der Installateur zurzeit gehalten, die WC-Anlage nach dem Einbau zu testen und bei einem Überspritzen handelsübliche Drosseln in die Spülkästen einzubauen. Zur ISH 2015 kamen Drosselsätze auf den Markt, die dem Installateur die Einstellung auf den gewünschten Spülstrom ermöglichen. - Flächenspülung mit Holzsägemehl - Ausspülen von Toilettenpapier - Ausspülen von 50 Kunststoffkugeln - Spritzen über den Beckenrand hinaus - Nachlaufwasserprüfung (DIN EN 997) Die folgenden fünf Prüfungen wurden in Anlehnung an die DIN EN 997 durchgeführt: - Spülrandtest mit Lebensmittelfarbe - Schmiertest mit Ketchup (transatlantischer Tomatenschmotze) Zusätzlich wurden die folgenden sieben praxisrelevanten Zusatzprüfungen vorgenommen: Gesamtergebnis des Praxistests zu spülrandfreien WCs im deutschen Markt - Schürzenbreite mit Blick auf die Reinigung - Tiefster unbespülter Punkt - Wasserfläche im Siphon - Ausspültest mit Knödeln und Papier - Praxisgerechter Nachlaufwassermengentest Prüfungen nach allen Regeln der Kunst 21 Ausgabe 6/2015 zusammengestellte Einzelwertung näher anzuschauen. Beim Einsatz von spülrandfreien WCs ist die Einstellung des richtigen Spülvolumenstromes und die so genannte PralIkraft ein entscheidender Faktor für den reibungslosen Betrieb der WC-Anlage. Kein WC bei allen Einzelversuchen Spitze Die Ergbenisse aller 12 Einzelversuche wurden jeweils nach einem 100-PunkteSchlüssel bewertet; es konnten also maximal 100 Punkte erreicht werden. Um die Bedeutung des Praxisbezugs zu unterstreichen, wurden die fünf Versuche nach DIN EN 997 lediglich zu 50 % in der Gesamtbewertung verrechnet, während die sieben praxisrelevanten Zusatzprüfungen mit 100 % in die Gesamtbewertung einflossen. Damit waren maximal 950 Punkte erreichbar; dies entsprach der “schulischen Bestnote” von 1,0. Um die Note 4,4 zu erreichen, waren 475 Punkte erforderlich. Auffällig war, dass kein WC in allen Tests optimal abschnitt. Deshalb lohnt eine detaillierte Betrachtung der einzelnen Versuchsbereiche. Zusätzlich zu den in der Fachzeitschrift SBZ 6/2015 ausführlich und in den GUBerichten 36/2015 verkürzt wiedergegebenen Resultaten kann der OriginalPrüfbericht aus dem Internet unter www.sbz-online.de unter “Extras” heruntergeladen werden. Die Ergebnisse sind in der Tabelle auf der vorigen Seite zusammengefasst. Testsieger mit der Note 1,9 wurden das WC “SG” von Toto und das WC “Darling New” von Duravit. Mit der Note 2,0 schlossen die Modelle “Dea” von Ideal Standard, “DuraStyle 620 mm A” von Duravit und “NC” von Toto ab. Das Notenspektrum aller getesteten WCModelle reichte von 1,9 bis 2,8. De ------------------------------------------------------ Prof. Dr.-Ing. Hans Messerschmid beantwortet im Fachgespräch die Fragen des SBZ-Chefredakteurs Dirk Schlattmann: ? - Mit diesem neutralen, nicht herstellerfinanzierten Test hat die Hochschule Esslingen Neuland betreten. Als wir mit der Idee zu Ihnen kamen, waren Sie gleich bereit, sich zu engagieren - warum? ! - Durch Werbemaßnahmen einzelner Hersteller begünstigt, ist die Verunsicherung beim Handwerk groß, ob die spülrandfreien WCs überhaupt praxistauglich sind. Es stellte sich die Frage, ob sie betrieben werden können, ohne dass man Angst haben muss, dass der Kunde ein Überspritzen bemängelt. Wir wollten dem im Rahmen einer neutralen Untersuchung, die nicht bereits mit einer gewissen Versuchsanordnung in eine Richtung getrimmt ist, auf den Grund gehen. ? - Sie haben mit unserem SBZ-PraxisSpültest einen Spülversuch entwickelt, 22 ? - Damit habe ich mich als Installateur bisher noch nicht beschäftigt. Ich bin davon ausgegangen, dass die Spülkastenhersteller schon alles praxisgerecht voreingestellt haben. Dirk Schlattmann der nicht normkonform ist. Schmälert das nicht die Akzeptanz? ! - Nein, mit der DIN EN 997 existiert zwar ein technisches Regelwerk, um Funktionsanforderungen zu überprüfen, allerdings sind die Prüfvorgaben hinsichtlich Spülverhalten und Reinigungsmöglichkeiten in DIN EN 997 für wasserrandlose WC-Becken nicht ausreichend definiert, um daraus Schlüsse für die Praxis abzuleiten. Deshalb haben wir den Esslinger Spülversuch entwickelt. Dabei sind praxisrelevante Bereiche der DIN EN 997 und einer entsprechenden US-Norm eingeflossen. Dieser zwölf Einzelversuche umfassende Test ist viel aussagekräftiger als ein Normprüftest. ? - Sind die US-Standards für den deutschen Markt nicht irrelevant? ! - Wenn man einen Test schaffen will, der für die Praxis relevante Aussagen zutage bringt und neue Erkenntnisse für die Produktentwicklung aufzeigen soll, ist es gleich, in welcher Norm man Anleihen nimmt. Nur ein Beipiel: So werden in der DIN EN 997 Feststoffe und Papier in getrennten Durchläufen ausgespült und dann bewertet. Das ist doch absolut praxisfremd. Statt Normprüfpapier und Prüfkörper separat zu spülen, haben wir in Anlehnung an den US-Standard Ausspülversuche mit speziellen Prüfkörpern und Papier durchgeführt. Dabei wurden 5 Prüfkörper a 50 g mittels Schablone in das WC-Becken eingebracht. Anschließend wurden 16 Blatt dreilagiges, handelsübliches Papier eingebracht und beides zusammen gespült. Das ist doch viel praxisnäher - oder spülen Sie etwa getrennt? ! - Das gilt leider nur für die Gattung der WCs mit Spülrand. Da wurde Wert auf eine einwandfreie Ausspülung gelegt. Auch wenn der Spülkasten einen Volumenstrom von 2,4 I/s aufwies, gab es keine Probleme mit dem Überspritzen, das ist heute anders. ? - Gibt es eine Faustformel. die in der Praxis weiterhilft? Welche Spülkästen passen zu welchen spülrandfreien WCs? ! - Das lässt sich leider nicht pauschal sagen. Es gibt zwar Werte einer Spülkastennorm, aber keine verlässlichen Angaben, aus denen man Schlüsse für die Praxis ziehen kann. Das ist leider auch ein Ergebnis unseres Spültests. ? - Das hilft mir als Installateur in Praxis jedoch wenig. Haben Sie einen Tipp? ! - Setzen Sie Spülkästen ein, für die es verschiedene Drosselsätze gibt. Kommt es zum Überspritzen, dann drosseln Sie den Spülstrom so weit herunter, bis das Überspritzen aufhört. Ich bin mir aber sicher, dass sich die namhaften WC- und Spülkastenhersteller schon bald an einen Tisch setzen und infolgedessen auch praxisfreundlichere Systeme anbieten werden. (Aus: SBZ 6/2015, Seite 26) O ? - Nein. Welche Ergebnisse sind für Handwerker am wichtigsten? ! - Es gibt ganz eindeutig Qualitätsunterschiede bei den einzelnen Produkten, aber alle 32 getesteten spülrandfreien WCs erwiesen sich letztlich als markttauglich. Ich empfehle, die in der SBZ- Prof. Dr.-Ing. Hans Messerschmid ten umfassenden Lehrbuchs “Aufgabensammlung Technische Thermodynamik” von Prof. Dr.-Ing. Martin Dehli möglich. Damit lassen sich - anhand von 191 Aufgaben mit Lösungen sowie 157 Bildern - Vorlesungsinhalte selbstständig nacharbeiten; daneben kann die Aufgabensammlung auch bei der Vorbereitung auf Prüfungen dienen. Durch eine schrittweise Aufgabenstellung werden die Lösungswege vorbereitet, um auf diese Weise auf die ausführlichen Lösungen hinzuführen. Damit ist das Buch auch für Lehrveranstaltungen in Hochschulen mit technischer Ausrichtung geeignet. Prof. Dr.-Ing. Herbert Schedwill verstorben Im März 2015 verstarb Prof. Dr.-Ing. Herbert Schedwill, der lange Jahre dem Professorenkollegium der jetzigen Hochschule Esslingen angehörte, und dessen wissenschaftliche und pädagogische Arbeit weit über Baden-Württemberg hinaus Anerkennung und Wertschätzung gefunden hat. Mit Prof. Dr. Schedwill ist ein hervorragender Lehrer und Wissenschaftler von uns gegangen. Prof. Dr.-Ing. Herbert Schedwill wurde im Jahr 1927 in Memel (Ostpreußen) geboren. Nach der Flucht am Ende des Zweiten Weltkriegs konnte er in Westdeutschland das Abitur ablegen. Er absolvierte eine Ausbildung zum Mechaniker und nahm darauf das Studium des Maschinenbaus an der damaligen Technischen Hochschule Stuttgart auf, das er als Diplom-Ingenieur abschloss. Hierauf folgte eine technisch-wissenschaftliche Tätigkeit bei einem Unternehmen des Kraftfahrzeug-Kühlerbaus. Neben seiner Berufstätigkeit erarbeitete er seine Dissertation über ein Thema der Wärmeübertragung, mit der er den Grad eines Doktor-Ingenieurs erwarb. Die Aufgaben sind so konzipiert, dass sie insbesondere auch Ingenieuren, die sich bei der beruflichen Arbeit mit Fragen der Technischen Thermodynamik auseinandersetzen, geeignete Lösungswege aufzeigen können. Lehrbuch “Grundlagen der Technischen Thermodynamik” renkollegen als Hauptinitiator das Lehrbuch „Grundlagen der Technischen Thermodynamik“, das inzwischen in der siebten Auflage vorliegt, über 500 Seiten umfasst und zu den Standardwerken der Technischen Thermodynamik gehört. Weiter war er Mitautor am Handbuch der Klimatechnik. Die Professoren, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Fakultät Gebäude Energie Umwelt erinnern sich seiner als eines hochverehrten Kollegen und Wissenschaftlers. O “Aufgabensammlung Technische Thermodynamik” erschienen Prof. Dr.-Ing. Herbert Schedwill mit seiner Gattin im Sommer 2013 1970 wurde Herbert Schedwill als Professor an die damalige Staatliche Ingenieurschule Esslingen- der heutigen Hochschule Esslingen - berufen. Hier betreute er bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1989 in der Abteilung Heizungs- und Lüftungstechnik - heute Fakultät Gebäude Energie Umwelt - die Lehrgebiete der Technischen Wärmelehre, der Grundlagen der Thermodynamik, der Mathematik, der Elektronischen Datenverarbeitung und des Prozessrechnens. Prof. Dr. Herbert Schedwill erarbeitete gemeinsam mit zwei weiteren Professo- Die Technische Thermodynamik zählt zu den grundlegenden Wissensbereichen des Maschinenbaus, der Energietechnik, der Kraftfahrzeugtechnik, der Versorgungstechnik, der Gebäudetechnik, der Umwelttechnik sowie weiterer Fachgebiete der Ingenieurwissenschaften. Die Aufgabensammlung ist als Ergänzung und Vertiefung zum Lehrbuch “Doering/Schedwill/Dehli: Grundlagen der Technischen Thermodynamik” konzipiert und weist dieselbe inhaltliche Gliederung wie das Lehrbuch auf. Unabhängig von diesem Lehrbuch eignet es sich auch für die Leser anderer Lehrbücher der Thermodynamik. Inhaltliche Schwerpunkte sind dabei die thermodynamischen Grundbegriffe, der erste Hauptsatz der Thermodynamik, der zweite Hauptsatz der Thermodynamik, ideale Gase, reale Gase und Dämpfe, thermische Maschinen, Kreisprozesse, Exergie, Wärmeübertragung, feuchte Luft und Verbrennung. Anhand von graphischen Darstellungen insbesondere auch von Zustandsdiagrammen - werden die thermodynamischen Sachverhalte veranschaulicht. O Für Studierende erscheint die Thermodynamik in Teilbereichen als eher schwieriges Fach, weil beim Wissenserwerb etwa bei der Erarbeitung und Nutzung des Energieerhaltungssatzes, der Entropie als grundlegender Zustandsgröße oder der Anwendung der Gesetzmäßigkeiten idealer und realer Gase - erhöhte Anforderungen an die Abstraktionsfähigkeit gestellt werden. Deshalb erweist es sich als nützlich, die erworbenen Kenntnisse anhand von praktischen Übungsbeispielen zu festigen und zu vertiefen. Dies ist jetzt mithilfe des neu erschienenen, über 300 Sei- Lehrbuch “Aufgabensammlung Technische Thermodynamik” 23 Exkursion des Semesters GU B 3B: Kann ganz schön spannend sein: Energietechnik und Umwelttechnik Prima Stimmung auf der Exkursion des Semesters GU B 3B - wie hier bei der Besichtigung des Kernkraftwerks Phillipsburg Die jetzige Generation von Studierenden hat ziemlich viel mit Technik am Hut - von Technikmüdigkeit findet man bei ihr keine Spur. Das wurde wieder einmal bei einer Exkursion von Studierenden der Fakultät Gebäude Energie Umwelt (GU) der Hochschule Esslingen deutlich. Und das ist der Exkursionsbericht der Studierenden: Für den ersten der drei Exkursionstage stand die Besichtigung der Landeswasserversorgung in Langenau östlich von Ulm auf dem Programm. Mit drei kleinen Bussen machten wir uns am Montagmorgen also auf den Weg. Gutes Wasser braucht das Land Im Wasserwerk angekommen, wurden wir mit einem Glas gutem, frischem Trinkwasser im Besucherinformationszentrum empfangen. Nach einem kleinen Film über die große Bedeutung von Wasser für Mensch, Tier und Umwelt starteten wir einen geführten Rundgang durch die werkseigene Ausstellung „Erlebniswelt Grundwasser“. Die Ausstellung informiert in verschiedenen Themenbereichen über die Bedeutung des Wassers als unserem wichtigsten Lebensmittel. Betrachtet man die Erde von oben, könnte man behaupten, auf der Erde sei mehr als genug Wasser für alle vorhanden, denn 70 % der Erde sind ständig mit Wasser bedeckt. Allerdings umfasst der für die Wasserversorgung nutzbare Teil des gesamten Was24 servorrats nur 0,7 %. Das entspricht umgerechnet etwa dem zweifachen Inhalt von Mittelmeer und Schwarzem Meer. Baden-Württemberg gilt in weiten Teilen als wasserarmes Land; allerdings gibt es an den großen Flüssen wie Rhein, Donau und Iller auch Wasserüberschussgebiete. Die Landeswasserversorgung entnimmt ihr Wasser zu rund 50 % aus der Donau. Die verbleibenden 50 % stammen aus insgesamt 217 Grundwasserbrunnen im Donauried. Das Grundwasser hat die Fähigkeit, sich selbst chemisch, physikalisch und mikrobiologisch zu reinigen, während das Donauwasser vom Wasserwerk Langenau in einem sechsstufigen Verfahren zu Trinkwasser aufbereitet werden muss. Diese Verfahrensschritte konnten wir anschließend in zwei kleinen Gruppen besichtigen. In der ersten Verfahrensstufe, der Kompaktflockungsanlage, konnten wir zusehen, wie dem Flusswasser in großen Becken durch Zugabe von Eisensalz und organischen Polymeren Trübstoffe und organische Verunreinigungen entzogen werden. Neben der Aufbereitung des Flusswassers enthärtet die Landeswasserversorgung das Grundwasser aus dem Donauried. Die Enthärtung des Grundwassers um 11 Grad ist eigentlich nicht notwendig; dennoch betreiben die Wasserwerke diesen Aufwand als Kundenservice. Der Enthärtung in großen Becken konnten wir ebenfalls zuschauen. Die nächsten beiden Verfahrensschritte der Flusswasseraufbereitung bekamen wir ebenfalls gezeigt und erklärt. Der zweite Schritt dient zur Absetzung der in Schritt eins gebundenen Verunreinigung. Im dritten Schritt, der Ozonung, werden Geruchs- und Geschmacksstoffe entfernt und das Wasser desinfiziert. Die vierte und fünfte Verfahrensstufe konnte man nur durch eine kleine Luke beobachten. In diesen Stufen wird das Wasser zuerst mit Hydroanthrazit und Quarzsand filtriert, bevor es durch Aktivkohlefilter läuft. In den Filtern werden dem Wasser Öle, Lösungsmittel, Chemikalien, Pflanzenschutzmittel und Medikamente entzogen. Um Krankheitserreger abzutöten, wird das Wasser im letzten Schritt noch mit Chlor desinfiziert. Das „fertige Wasser“ wird dann in den 20 Millionen Liter großen Reinwasserbehälter geleitet, der als Vorlagebehälter für die Förderpumpen fungiert. Etwas unterkühlt, da es im Wasserwerk natürlich nicht zu warm sein darf, machten wir uns dann auf den Weg ins Förderwerk, von wo aus das Wasserwerk Langenau mit mehreren Förderpumpen große Teile Baden-Württembergs mit hervorragendem Trinkwasser versorgt. Zum Abschluss konnten wir noch das Betriebs- und Forschungslabor besichtigen, welches die Wasserqualität des in Langenau geförderten Wassers ständig kontrolliert. Zerstäubungssysteme für den Umweltbereich Am Morgen des zweiten Exkursionstages machten wir uns auf den Weg zur Firma Lechler nach Metzingen. Nach einer Begrüßung mit Brezeln und Kaffee wurden uns das Unternehmen sowie dessen Produkte persönlich von Herrn Walter H. Lechler und dem Geschäftsführer Herrn Guido Kunzmann vorgestellt. Das Familienunternehmen, das bereits 1879 gegründet wurde, zählt heute zu den Weltmarktführern bei der Herstel- Reinwasserbehälter in Langenau die Funktion und der Versorgungsausbau im Raum Esslingen erklärt und veranschaulicht. Nachdem wir durch das Infocenter geführt worden waren, hatten wir eine angeregte Diskussion über die Energiewende, ihre Vor- und Nachteile und über die Zukunft des Kraftwerks am Standort Altbach/Deizisau. Anschließend führte uns Herr Faigle durch die einzelnen Bereiche des Kraftwerks. Komplizierte Düsenformen: Für Rauchgas-Entschwefelungsanlagen nach dem Nasswäsche-Verfahren in Steinkohlekraftwerken Als erstes betrachteten wir den 42 Meter hohen Hybrid-Kühlturm, der einen Basisdurchmesser von 76 Metern und einen Austrittsdurchmesser von 47 Metern hat. Mithilfe des Kühlturms zur Abwärmeabfuhr kann der Dampf aus der Dampfturbine im Kondensator verflüssigt werden. Der Kühlturm enthält hierzu u. a. auch 30 Ventilatoren. Durch die Konzeption dieses besonderen Kühlturms, der weltweit nur fünfmal gebaut wurde, wurde die Genehmigung des Blocks 2 der Gesamt- lung von Düsen und Zerstäubungssystemen. Eine ehemalige Studentin unserer Hochschule, Frau Janine Deiss, machte uns anhand von Beispielen klar, in wie vielen Einsatzgebieten Düsen und Zerstäubungssysteme der Firma Lechler gebraucht werden. Die einzelnen Sparten, insbesondere des Umweltbereichs, wurden uns von den Herren Armin Möck und Jürgen Speier auf eindrückliche Weise vermittelt. Um einen Eindruck über die Funktionsweise der Düsen zu bekommen, wurden uns anschließend im Prüfstand hautnah zwei verschiedene Düsen vorgestellt. Außerdem konnten wir auf einem Rundgang durch die Fertigungshallen die Entstehung der Produkte aus verschiedensten Materialien verfolgen. Die Einladung zum Mittagessen in der Kantine der Firma Lechler nahmen wir dankend entgegen, bevor wir die Fahrt zu unserer zweiten Station an diesem Tag antraten. Strom- und Fernwärmeerzeugung im Verbund aus Kohle und Erdgas Der Läufer einer zweiflutigen Mitteldruckturbine anlage erst möglich. Durch die geschickte Zufuhr von vorgewärmter Luft, die dem feuchten Schwaden in der zweiten Stufe zugegeben wird, gelingt es, den austretenden Schwaden weitgehend unsichtbar zu machen. Weiter ging es zur Bekohlung und Beladung. Wir wurden über den Weg der Kohle vom bergmännischen Abbau bis zur Verbrennung in Altbach informiert. Dabei hatten wir das Glück, einen Abladevorgang live sehen zu können. Die Erläuterung der Funktion eines Kohlenstaubbrenners Kohle wird per Schiff und Zug angeliefert, dabei werden pro Stunde ca. 1500 Tonnen Kohle entladen. Dann ging es zur nächsten Station: der Rauchgasentschwefelung. Wir wurden durch die Anlage geführt und über die Vorgänge und Bedeutung der Entschwefelung aufgeklärt, unter anderem durch unseren Professor Herrn Dr. Werner Braun. Das Rauchgas wird im Absorber mit einer Kalksteinlösung besprüht. Der durch chemische Reaktion entstehende Gips wird ausgeschleust und entwässert. Er wird in der Zement- und Baustoffindustrie weiterverarbeitet. Danach fuhren wir mit dem Aufzug auf das Dach der Anlage in 76 Metern Höhe. Dabei fiel uns auf, dass die Angaben im Aufzug in Höhenmetern anstatt in Stockwerksnummern waren (dies dient der einfacheren Orientierung im Kraftwerk). Auf dem Dach hatten wir etwas Zeit, die Umgebung bei Dunkelheit aus großer Höhe zu betrachten. Anschließend gelangten wir in die Maschinenhalle des Blocks 2 des Heizkraftwerks, in der die Gasturbine sowie die drei Stufen der Dampfturbinenanlage besichtigt werden konnten. Je nach den Marktpreisen von Steinkohle und Erdgas wird der Verbund von Gas- und Dampfturbinenanlage eingesetzt oder die Dampfturbinenanlage alleine betrieben. So fuhren wir - wiederum mit unseren drei kleinen Bussen - von Metzingen zum Kohlekraftwerk der EnBW in Altbach/Deizisau. Wir wurden freundlichst vom Bereich Öffentlichkeitsarbeit der EnBW - vertreten durch Herrn Andreas Faigle - und dem Verantwortlichen der umwelttechnischen Anlagen des Heizkraftwerks - Herrn Norbert Mayer - empfangen. Im Infocenter wurde uns anhand von grafischen Funktionstafeln und Modellen Angeregte Diskussion über Fragen der Energiewende 25 Dann kamen wir zu unserer letzten Station des Rundgangs: der Leitzentrale. Dort befindet sich das „Gehirn" des Kraftwerks. Alle Prozesse werden von hier aus gesteuert und überwacht. Mit Hilfe des Prozessleitsystems, eines der modernsten in Europa, sind die Vorgänge weitgehend automatisiert. Auf der Großbildwand lässt sich das gesamte Betriebsgeschehen, das von fünf Mitarbeitern überwacht wird, auf einen Blick erfassen. Nach 5 Stunden im Kraftwerk war der Rundgang beendet. Um 19 Uhr verabschiedeten wir uns von Herr Faigle und bedankten uns für die sehr interessante und informative Führung. Kernenergie zur Stromerzeugung - pro und contra Für den letzten Tag der Exkursionswoche war ein Besuch im Kernkraftwerk Philippsburg geplant. Atomkraftwerke stehen seit den Reaktorunglücken in Tschernobyl und Fukushima immer wieder in der Kritik der Öffentlichkeit - jedoch nicht in Philippsburg. Die Gemeinde Philippsburg bewarb sich um den Bau des Kernkraftwerks - nach Problemen bei der Standortsuche in der Umgebung. Das Kernkraftwerk Philippsburg verfügt über zwei Blöcke, die in den 80er Jahren ihre - sehr zuverlässige - Stromerzeugung aufgenommen haben. Der ältere Block ist ein Siedewasserreaktor und hat eine Nennleistung von jetzt 926 MW. Ursprünglich waren weitere Siedewasserreaktoren in Planung. Stattdessen wurde dann ein zusätzlicher Druckwasserreaktor mit einer Leistung von nunmehr 1300 MW hinzugebaut. Aufgrund der Entscheidung der Bundesregierung von 2011 zum gestaffelten Aus- stieg aus der Stromerzeugung aus Kernenergie wurde Philippsburg Block 1 mit sofortiger Wirkung vom Netz genommen. Ein genehmigungsrechtlicher Beschluss zu Stilllegung und Rückbau dieses Siedewasserreaktors liegt allerdings noch nicht vor. Unser Besuch in Philippsburg beinhaltete die Begehung des Infocenters mit zahlreichen Informationen rund um das Kernkraftwerk und die Stromgewinnung. Anschließend starteten wir mit Herrn Michael Maurer, dem für uns zuständigen Öffentlichkeits-Mitarbeiter, eine kurze Einführung bezüglich des Aufbaus des Kernkraftwerks. Dabei wurde uns anschaulich erläutert, was der Unterschied zwischen einem Siedewasserreaktor und einem Druckwasserreaktor ist. Außerdem wurde uns hierbei klar, wie sicher die beiden Reaktoren aufgebaut sind: Es ist nahezu unmöglich, dass es z. B. im Falle eines Erdbebens - durch einen Ausfall der Kühlung zu einer Explosion kommen könnte. Herr Maurer beantwortete unsere Fragen ausführlich und ehrlich bezüglich der Risiken, die ein Kernkraftwerk mit sich bringt. Zusätzlich betrachteten wir gemeinsam die aktuelle Situation der Energieversorgungsunternehmen angesichts der Energiewende; hierzu führten wir eine spannende, teilweise kritische und auch kontroverse Diskussion. Sicherheit steht im Kernkraftwerk Philippsburg an erster Stelle. Dies merkten wir, als wir für den Rundgang in kleine Gruppen aufgeteilt wurden. Bei unserem Weg über das Gelände fielen uns zunächst die vielen Sicherheitsvorkehrungen auf - darunter die zahlreichen Verne- Das Kernkraftwerk Philippsburg am Rhein. Links der abgeschaltete Siedewasserreaktor (Block 1), rechts der größere, in Betrieb befindliche Druckwasserreaktor (Block 2) 26 belungsanlagen, die vor einem Angriff schützen sollen. Auch im Falle technischen Versagens ist auf dem Gelände z. B. durch mehrere technische Barrieren, durch Notstromaggregate und weitere, mehrfach redundant ausgelegte Sicherheitssysteme - gut vorgesorgt. Außerdem steht noch eine interne Berufsfeuerwehr bereit. Ein Höhepunkt der Führung war die Besteigung des abgeschalteten Kühlturms von Block 1. Dabei bekamen wir einen Einblick in das Innere des 160 Meter hohen Turms. Anschließend besuchten wir das Maschinenhaus, in dem sich die Turbinen und der Generator befinden. Da unsere Gruppe für eine Besichtigung des Reaktorinnern zu groß war, nahmen wir ersatzweise an einer Live-Übertragung aus dem Innenbereich des Reaktors teil; dabei konnten wir also trotzdem noch einen Blick in das Herz des Kernkraftwerks werfen. Aufgrund einer politischen Entscheidung im Zusammenhang mit dem Transport von abgebrannten Brennelementen müssen Zwischenlager unmittelbar am jeweiligen Kraftwerksstandort eingerichtet und betrieben werden, bis eine Entscheidung zur Endlagerung gefällt wird; eine solche Entscheidung ist jedoch angesichts der politischen Verhältnisse in Deutschland bisher nicht getroffen worden. Weitere offene Fragen bestehen hinsichtlich der Behandlung von schwach- und mittelaktiven Bauteilen, die beim Rückbau zu lösen sind. Durch den Besuch in Philippsburg wurden wir auf die Kehrseiten der kurzfristig getroffenen Entscheidung der Bundesregierung bezüglich der Abschaltung der Kernkraftwerke und der Umstellung auf erneuerbare Energien aufmerksam. Zusätzlich wurde uns klar, wie ein Atomkraftwerk aufgebaut ist und wie es funktioniert. Wir haben auch viel erfahren über die Arbeitsmarktsituation vor Ort sowie die allgemeine Lage der Energieversorgungsunternehmen im Land. Mit dem Besuch in Philippsburg gingen unsere Exkursionstage mit vielen Informationen, spannenden Diskussionen und neuen Eindrücken zu Ende. Wir Studierende der Fakultät Gebäude Energie Umwelt (GU) der Hochschule Esslingen möchten uns ausdrücklich bei allen besuchten Firmen und deren Mitarbeitern bedanken - insbesondere bei Herrn Walter H. Lechler, der uns durch eine Spende bei der Finanzierung der Exkursion geholfen hat. Das Semester GUB 3B O Kurzfassung der acatech-Studie 6 2015 Acatech stellt Hydraulic Fracturing-Studie vor Die deutsche Akademie der Technikwissenschaften acatech vertritt gemäß ihrem eigenen Verständnis die Interessen der deutschen Technikwissenschaften im In- und Ausland in selbstbestimmter, unabhängiger und gemeinwohlorientierter Weise. Als Arbeitsakademie berät acatech Politik und Gesellschaft in technikwissenschaftlichen und technologiepolitischen Zukunftsfragen auf dem besten Stand des Wissens. Darüber hinaus hat es sich acatech zum Ziel gesetzt, den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu unterstützen und den technikwissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern. acatech tritt ein für nachhaltiges Wachstum durch Innovation. acatech versteht sich als flexible Arbeitsakademie, als Netzwerk aus Wissenschaft und Wirtschaft. Herausragende Wissenschaftler sind der Motor der inhaltlichen Arbeit; Experten aus Unternehmen sorgen für Austausch mit der industriellen Praxis. acatech ist eine gemeinnützige Einrichtung. Sie finanziert sich durch institutionelle Förderung von Bund und Ländern. Hinzu kommen Spenden und projektbezogene Drittmittel. Die “GU-Berichte” drucken im Folgenden die Kurzfassung einer Studie der acatech zur Frage der Gas- und Ölförderung mit dem Verfahren des Hydraulic Fracturing” (Schiefergas- und Schieferölförderung) ab. M. Dehli Projektziel Hydraulic Fracturing, umgangssprachlich meist als Fracking bezeichnet, ist eine in Politik und Gesellschaft kritisch und kontrovers diskutierte Technologie. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Bedeutung von Hydraulic Fracturing für zwei wirtschaftlich und energiepolitisch wichtige Anwendungsgebiete – die Gewinnung von Schiefergas aus Tongesteinen und die Erschließung der Erdwärme aus petrothermalen Reservoiren – hat acatech die vorliegende Position erarbeitet. Diese acatech Position befasst sich mit den vielfältigen Facetten der Technologie und gibt einen wissenschaftlich sowie technisch fundierten Überblick über deren Potenziale, Chancen und Risiken. Damit soll die Informationsbasis für Entscheidungsträger und die interessierte Öffentlichkeit verbreitert werden. Auf die- Neue Wege bei der Erdgasförderung Vergleich der Förderverfahren bei konventionellen Gasvorkommen (links) und unkonventionellen Gasvorkommen (rechts) (Quelle: BGR) ser Grundlage können Politik und Gesellschaft Hydraulic Fracturing individuell bewerten und über den weiteren Einsatz dieser Technologie entscheiden. Fracking im Kontext von Energiewende, Ressourcen- und Klimapolitik Die Nutzung der Georessourcen Erdgas und Erdwärme ist heute im Kontext der Energiewende, der europäischen und internationalen Klimapolitik sowie der globalen Rohstoffverfügbarkeit zu betrachten. Die Energiewende stellt für Deutschland auch in den kommenden Jahrzehnten eine der zentralen Herausforderungen dar. Der technische Fortschritt sowie die Wettbewerbsfähigkeit sind dabei wichtige Bausteine. Um den Erfordernissen der Energiewende Rechnung zu tragen, sind Politik, Industrie und Wissenschaft, aber auch die Gesellschaft gleichermaßen gefragt, Lösungen zu finden und die richtigen Weichen zu stellen. In jedem Fall werden Kohlenwasserstoffe in Deutschland in den kommenden Jahrzehnten noch eine wesentliche Rolle für die Energieversorgung spielen. Erdgas deckt derzeit etwa 22 Prozent des deutschen Primärenergiebedarfs. 2012 konnte die Versorgung mit Erdgas noch zu 13 Prozent aus heimischer Produktion gewährleistet werden. Ohne Schiefergasförderung sind die Reserven der konventionellen Erdgasvorkommen in etwa zehn Jahren aufgebraucht, so dass Deutschland vollständig von ausländischen Erdgaslieferungen abhängig wäre. Mit der Förderung von unkonventionellem Schiefergas durch Hydraulic Fracturing könnte Deutschland hingegen für viele Jahrzehnte die heimische Erdgasförderung auf dem derzeitigen Niveau fortsetzen. Schiefergas, das von allen fossilen Energieträgern die „sauberste“ Energie liefert, kann deshalb eine Brückenfunktion wahrnehmen. Die Tiefengeothermie hat zum Ziel, die enormen geothermischen Ressourcen im tieferen Untergrund zu erschließen und energetisch zu nutzen. Diese Energieform hat von allen erneuerbaren Energien den geringsten ökologischen Fußabdruck, ist grundlastfähig und langfristig nachhaltig verfügbar. Der größte Teil der heimischen Erdwärme ist in heißen Tiefengesteinen, den sogenannten petrothermalen Reservoiren, gespeichert. Bereits mit der heutigen Technologie ließe sich aus derartigen Reservoiren ein nennenswerter Beitrag zur Strom- und Wärmeversorgung Deutschlands sicherstellen. Bei entsprechender Förderung und Weiterentwicklung von Techniken zur Erschließung petrothermaler Reservoire durch Wärmetauscher kann die Tiefengeothermie im Mix der erneuerbaren Energien einen signifikanten Beitrag zur Deckung des Energiebedarfs in Deutschland leisten. Die Gewinnung von Schiefergas und die Weiterentwicklung der petrothermalen Geothermie sind ohne Einsatz von Hydraulic Fracturing nicht möglich. Prozesse und Verfahren des Hydraulic Fracturing Hydraulic Fracturing ist ein technisches Verfahren zur Risserzeugung in festen, gering permeablen Gesteinen im geologischen Untergrund mithilfe von Wasserdruck. Es kommt aus Tiefbohrungen heraus zum Einsatz und wird in der Regel aus nachträglich gezielt perforierten 27 Abschnitten der Verrohrung durchgeführt. Ziel einer Frac-Maßnahme ist es, die Fließdurchlässigkeit der Gesteine nachhaltig zu verbessern und Wegsamkeiten für den Transport von Fluiden, wie Erdgas, Erdöl und Wasser, zu schaffen. Dies geschieht durch Verpumpen einer Frac-Flüssigkeit (Frac-Fluid) in das Zielgestein. Dabei wird durch die Fluidinjektion ein Druck aufgebaut, der genügend groß ist, um entweder künstliche (Zug-) Risse zu erzeugen (Hydraulic Fracturing im engeren Sinne), oder Scherbewegungen auf bereits vorhandenen, ehemaligen Bruchflächen im Gestein auszulösen (Hydraulische Stimulation). Die dabei entstehenden Scherrisse führen zu einer deutlichen Verbesserung der hydraulischen Durchlässigkeit des Gesteins. Bei der herkömmlichen Hydraulischen Stimulation in der Tiefengeothermie besteht das Frac-Fluid deshalb meist nur aus Wasser. Für die Produktion von Erdgas- und Erdöllagerstätten mittels Hydraulic Fracturing ist ein Frac-Fluid erforderlich, das neben Wasser zusätzlich Stützmittel (Quarzsand oder Keramikkügelchen) zum Offenhalten der künstlichen Risse und weitere Substanzen als chemische Additive enthält. Typische Fluidgemische bestehen zu 97 bis 99,8 Prozent aus Wasser und zu 0,2 bis 3,0 Prozent aus Additiven. Für Frac-Fluide zur Tight Gas-Gewinnung in Deutschland konnte das Portfolio Prozess des Hydraulic Fracturing 28 Anzahl der der Gaserschließungsvorhaben mittels des “Hydraulic Fracturing” in Deutschland von Additiven inzwischen auf etwa 30 reduziert werden, die nach heutiger Gesetzgebung uneingeschränkt genehmigungsfähig sind. Für die Schiefergasförderung erscheint eine weitere Reduzierung auf zwei bis drei Additive möglich. Frac-Maßnahmen werden durch seismisches Monitoring kontrolliert und können so dimensioniert und gesteuert werden, dass sich die Risse nur im Zielhorizont der Lagerstätte ausbreiten. Die Risslänge (horizontale Ausdehnung) reicht von wenigen zehn bis zu mehreren Hundert Metern, während die Risshöhe meist deutlich geringer ist. Die Rissweite liegt häufig im Millimeterbereich und (Quelle: Wintershall) überschreitet selten das Maß von einem Zentimeter. Hydraulic Fracturing und Umweltaspekte Hydraulic Fracturing ist eine etablierte Technologie, die weltweit inzwischen rund drei Millionen Mal zum Einsatz gekommen ist. Sie wurde Ende der 1940er Jahre von der Kohlenwasserstoff(KW)Industrie zur Steigerung der Ausbeute von konventionellen Erdgas- und Erdöllagerstätten entwickelt und stellt inzwischen eine Schlüsseltechnologie zur Produktion von Kohlenwasserstoffen aus gering durchlässigen Sandsteinen oder Billionen Kubikfuß Schiefergas Gas aus dichtem Gestein Konventionelles Erdgas zulande Gasförderung in Alaska Konventionelles Erdgas seegestützt Kohleflözgas Jahr Erdgaserzeugung in den Vereinigten Staaten von Nordamerika von 1990 bis 2012 sowie zukünftig bis 2040 (Quelle: eia) Karbonatgesteinen konventioneller Lagerstätten dar (Tight Gas / Tight Öl). In Deutschland wird die Frac-Technologie seit 1961 genutzt. In den letzten Jahrzehnten wurde sie insbesondere zur Gewinnung von Tight Gas in tiefen Lagerstätten eingesetzt. Sie kommen aber auch in anderen Gebieten der Erde in teilweise beträchtlichem Ausmaß im Untergrund vor. Um diese meist flächenhaft gelagerten Ressourcen nutzbar zu machen, werden sie mithilfe von in der Lagerstätte horizontal abgelenkten Tiefbohrungen erschlossen. Billionen m3 Technisch förderbare Erdgasressourcen, die weltweit mit dem Verfahren des Hydraulic Fracturing erschlossen werden könnten (Quelle: BGR) Die Ablehnung, auf die Fracking vielfach stößt, beruht nicht zuletzt auf Medienberichten über Vorfälle im Zusammenhang mit der Gewinnung von Schiefergas (Shale Gas) in den USA. Dort werden Frac-Operationen seit über zehn Jahren in großem Stil zur Freisetzung von Erdgas (in jüngster Zeit auch Erdöl) aus dichten Tongesteinen durchgeführt. Diese unkonventionellen Kohlenwasserstoff-Lagerstätten, in denen sich das Erdgas noch in seinem Entstehungsgestein (= Muttergestein) befindet – und nicht wie bei konventionellen Kohlenwasserstoff-Vorkommen durch die obere Erdkruste migriert und in geologischen Fallenstrukturen gespeichert ist –, sind in den USA regional weit verbreitet. Zu den wichtigsten und vor allem aufgrund von Berichten im Zusammenhang mit der Schiefergasproduktion in den USA diskutierten Umweltrisiken gehören: durch Unfälle oder technisches Versagen verursachte Schadstoffeinträge von der Erdoberfläche in den Untergrund, Freisetzung und Aufstieg von Schadstoffen und Methan aus und entlang undichter Bohrungen, befürchtete Ausbreitung von Frac-Fluiden und Methan aus den gefrackten Formationen und Aufstieg durch die obere Erdkruste bis in die Atmosphäre. Weitere Themen sind der Wasserverbrauch, der Landbedarf und vor allem die sogenannte Induzierte Seismizität. Eine besondere Rolle in der Debatte um Hydraulic Fracturing spielt in Deutschland der Grundwasserschutz. Dabei wird der Begriff Grundwasser in der öffentlichen Debatte häufig mit Trinkwasser gleichgesetzt. Tatsächlich aber ist das natürlich vorkommende Grundwasser schon ab einer Tiefe von etwa 50 bis zu wenigen hundert Metern (regional unterschiedlich) mit zum Teil sehr hohen Salzgehalten (bis zu über 30 Prozent im Norddeutschen Becken), erhöhten Konzentrationen an Spurenmetallen sowie gelegentlich auch Anreicherungen natürlicher radioaktiver Stoffe für eine wirtschaftliche Nutzung ungeeignet. Es erscheint deshalb angeraten, zwischen wirtschaftlich nutzbaren oberflächennahen Grundwasservorkommen, Heilwässern und Formationswässern / Tiefenwässern ohne Nutzungspotenzial zu unterscheiden. Umweltschäden im Zusammenhang mit dem bisherigen Einsatz von Hydraulic Fracturing in Deutschland sind nicht bekannt. Dies liegt nicht zuletzt an den hohen Standards und umfassenden Regelungen, die hierzulande für die Gestaltung und Überwachung des Bohr- Verteilung der weltweiten -Schieferöl- und Schiefergasvorkommen (Quelle: eia) 29 bzw. Betriebsplatzes, die Erstellung und Verrohrung der Tiefbohrungen sowie für die Durchführung von Frac-Maßnahmen heute bereits gelten. In diesem Positionspapier werden Empfehlungen gegeben und Maßnahmen aufgezeigt, die zu einer weiteren Verbesserung der Sicherheit führen können, zum Beispiel bezüglich der standortbezogenen Risikobewertung oder der Kontrolle der Bohrungsintegrität. Im Zusammenhang mit der Injektion von Fluiden zur Risserzeugung in Schiefergaslagerstätten oder petrothermalen Reservoiren sind (wie auch zum Beispiel bei der untertägigen Speicherung von Erdgas) induzierte (mikro-)seismische Ereignisse unvermeidlich. Diese sind allerdings meist an der Erdoberfläche nicht wahrnehmbar. Ihre Stärke und Häufigkeit hängen insbesondere von den geologischen und technischen Randbedingungen ab. Wichtig sind daher „sanfte“ Frac-Techniken auf der Basis lokaler seismischer Gefährdungsanalysen. Ziel muss es sein, Richtlinien für den Injektionsprozess zu erarbeiten, die einerseits die Stärke der an der Erdoberfläche spürbaren Mikro-Erdbeben begrenzen, andererseits aber immer noch die Durchlässigkeit des Reservoirs signifikant verbessern. Hier besteht trotz verschiedener Ansätze und Möglichkeiten noch Forschungsbedarf. Öffentliche Wahrnehmung und gesellschaftliche Diskussion In einer offenen Gesellschaft ist der künftige Einsatz von Hydraulic Fracturing auf die Zustimmung der betroffenen Grup- pen und Anwohner angewiesen. Daher ist bei möglichen Genehmigungsverfahren auf Transparenz, umfassende Kommunikation der Vorhaben und eine aktive Beteiligung der betroffenen Bevölkerung am Planungsprozess zu achten. Eine wichtige Rolle können dabei wissenschaftlich begleitete Pilot- / Testprojekte spielen. Nur so können weitere Erfahrungen mit der Technologie gesammelt werden, die eine Grundlage für Vertrauen und mehr Aufgeschlossenheit gegenüber den ökonomischen und ökologischen Potenzialen von Hydraulic Fracturing schaffen. Gleichzeitig können die Pilot- / Testprojekte aber auch vor überzogenen Erwartungen schützen und eine gesunde Skepsis fördern. Best Practice: Handlungsoptionen und Empfehlungen zum Umgang mit Hydraulic Fracturing acatech empfiehlt einen umfangreichen Katalog von Best Practice-Maßnahmen, die beim Einsatz von Hydraulic Fracturing eingehalten werden sollten, um potenzielle Umweltgefährdungen weitgehend auszuschließen. Unter anderem sind dies: - Geologisch-geophysikalische Vorerkundung und 3D-Abbild des Untergrundes: Vor jeder Frac-Maßnahme ist ein 3D-Abbild des unterirdischen Raums im Umfeld der ausgewählten Lokation zu erstellen, abgeleitet aus einer Integration verschiedener Verfahren der geophysikalischen Tiefensondierung mit allen verfügbaren geologischen Daten / Informationen und Modellierungstechniken. Absichern der Bohrung - Standortbezogene Risikobewertung zur Bohrplatzgestaltung und zum Bohrungskonzept: Mit der Ausweisung von Gewässerschutzgebieten, der Ermittlung der Grenze zwischen oberflächennahem Grundwasser und Formationswasser / Tiefenwasser und der hydrogeologischen Gesamtsituation sowie dem Nachweis von geologischen Barriereformationen und tektonischen Störungszonen ist der Grundwasserschutz sicherzustellen. Außerdem ist das natürliche Erdbebenrisiko zu bewerten. - Referenzmessungen (BaselineWerte) und Langzeit-Monitoring: Vor und während eines Pilot- / Testprojektes sind regelmäßig Grundwasser (stoffliche Zusammensetzung und physikalisch-chemische Parameter), Atmosphäre (zum Beispiel Emissionen von Methan) und natürliche Seismizität (Signal- / Rausch-Verhältnisse) zu überwachen. - Frac-Fluide: Alle Additive und relevanten Daten über einzusetzende Frac-Fluide sind offenzulegen. Mit Forschung und Entwicklung werden die Reduktion von Additiven und der Ersatz von potenziell schädlichen Zusätzen durch unbedenkliche Stoffe angestrebt. Auf den Einsatz von Frac-Fluiden der Einstufung „giftig“, „umweltgefährlich“ und höher als „schwach wassergefährdend“ (Wassergefährdungsklasse 1) wird verzichtet. - Flowback: Die bei der Schiefergasförderung zu Beginn der Produktionsphase entstehenden Flowback-Fluide sollten durch Recycling weitgehend wiederaufbereitet werden, so dass der Wasserverbrauch für Frac-Maßnahmen erheblich reduziert werden kann. Bohrplatz bei der Erdgasförderung mit dem Verfahren des Hydraulic Fracturing 30 - Clusterdrilling: Durch die Erschließung von Schiefergas- Erschließungskonzepte für die energetische Nutzung von tiefer Geothermie (Bild: Bertram 2009) lagerstätten mit horizontal abgelenkten Bohrungen in Form von Clustern von bis zu 20 Bohrungen von einem Standort aus (anstelle von zahlreichen Einzelbohrungen) kann der Landbedarf stark reduziert werden. - Induzierte Seismizität; Seismisches Monitoring: Mit einem projektbezogenen seismischen Monitoring an der Erdoberfläche und – womöglich – in Nachbarbohrungen ist die Rissausbreitung bei Frac-Operationen in Echtzeit zu erfassen, um jederzeit über präzise Informationen verfügen und unverzüglich auf mögliche seismische Gefährdungen reagieren zu können. Hierzu ist ein „Ampelsystem“ zu entwickeln. - Well Integrity Management-System: Es wird die projektbezogene Erarbeitung und Etablierung von Mindeststandards für ein Well Integrity Management-System empfohlen, das den gesamten Lebenszyklus einer Tiefbohrung von der Planung über die Herstellung und Nutzung der Ressource bis hin zur abschließenden Verfüllung nach Projektende erfasst. Fazit Ein generelles Verbot von Hydraulic Fracturing lässt sich auf Basis wissenschaftlicher und technischer Fakten nicht begründen. Der Einsatz der Technologie sollte allerdings strengen Sicherheitsstandards folgen, klar geregelt sein und umfassend überwacht werden. Bereits heute gelten in Deutschland hohe technische Anforderungen an alle Verfahrensschritte des Bohrens, Untertage-Engineerings und Frackings. Diese müssten auch auf die potenzielle Förderung von Schiefergas oder die Nutzung petrothermaler Reservoire angewendet werden. Wichtig erscheinen in der gegenwärtigen Situation wissenschaftlich begleitete Pilot- / Testprojekte, sowohl für die Schiefergasförderung als auch für die Tiefengeothermie. Diese sollten unter klar definierten Auflagen und zu vorgegebenen Standards ausgeführt werden und die offenen Fragen bei der Beurteilung der Risiken adressieren. Zugleich könnten die behördlich überwachten Operationen und die frühzeitige Information und Ein- Erdgasförderung in Niedersachsen bindung der Öffentlichkeit die Basis für ein stärkeres Vertrauen in die FrackingTechnologie bilden. O - Überwachung der Bohrungsintegrität: Die obertägigen technischen Installationen einschließlich des Bohr- / Betriebsplatzes, die Bohrungsintegrität und die Monitoring-Systeme zur Betriebsüberwachung sind in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen. - Kommunikation mit den Medien und der Öffentlichkeit: Es sollte bereits in einem sehr frühen Projektstadium mit einer transparenten und auf Dialog abzielenden Information und Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern sowie den Medien begonnen werden. Mögliches “Monitoring-Konzept Grundwasser” bei einer Bohrung nach dem Verfahren des Hydraulic Fracturing 31 also sowohl von der Hochschule Esslingen als auch von der Tongji-Universität den akademischen Grad eines Bachelors der Ingenieurwissenschaften bescheinigt. Studieren in China Herausforderung und Bereicherung ? - Das hört sich ja recht interessant an! Aber sicherlich gibt es da eine Menge organisatorischer Fragen, die erst einmal gelöst werden müssen? ! - Ja - darauf hat man sich natürlich einzustellen. Aber ganz so schwierig ist das eigentlich gar nicht, weil ein Student, der sich dafür interessiert, kein Neuland betritt, sondern vorgegebene Wege nutzen kann. ? - Wie war das bei Ihnen? Sebastian Nehf – ein GU-Student aus Esslingen in den Räumen der TongjiUniversität in Shanghai Sebastian Nehf ist einer von mehreren Esslinger Absolventen der Technik-Wissenschaften, die es geschafft haben, nicht nur den akademischen BachelorAbschluss an der Hochschule Esslingen, sondern zugleich auch an der TongjiUniversität in Shanghai zu erwerben. Die Möglichkeit, einen solchen Doppelabschluss zu erlangen, steht nicht nur chinesischen Austauschstudenten, sondern auch Esslinger Studierenden offen. Die „GU-Berichte“ sprachen im März 2015 vor Ort in Shanghai mit Sebastian Nehf über seine Eindrücke und Erfahrungen beim Studium in China. Inzwischen hat Sebastian Nehf seine Bachelor-Arbeit in China mit der Traumnote 1,3 abgeschlossen und sowohl in Shanghai als auch in Esslingen seine Abschluss-Urkunden entgegengenommen. ? - Wie ist das eigentlich mit dem Doppelabschluss an zwei Hochschulen? ! - Seit über zehn Jahren besteht ein Konsortialvertrag zwischen einer Reihe deutscher Hochschulen und der TongjiUniversität, die bekanntermaßen zu den besten Hochschulen in China gehört. Genau genommen ist die ChinesischDeutsche Hochschule für Angewandte Wissenschaften (CDHAW) als Teil der Tongji-Universität die Partner-Hochschule auf der chinesischen Seite. Die Idee ist, dass nicht nur chinesische Studierende zum Abschluss ihres Studiums zwei Semester in Deutschland studieren können, sondern umgekehrt auch deutsche Studierende die letzten beiden Semester in Shanghai. Der besondere Anreiz dafür ist, dass man damit einen Doppelabschluss erlangt: Ich bekomme ! - Ich habe mich erst einmal bei der zuständigen Stelle im Akademischen Auslandsamt der Hochschule Esslingen beworben - mit einem Motivationsschreiben auf Englisch, mit Lebenslauf und mit einem Notenauszug über meine bisherigen Studienleistungen. ? - Studieren in China: Wie läuft so was denn ab? ! - Anders als in Deutschland, aber dennoch weniger kompliziert, als ich mir dies vorgestellt hatte. ? - Hatten Sie sich auch wegen Fremdsprachen vorzubereiten? - Chinesisch lernt man ja nicht so einfach … ! - Ich hatte einen Englisch-Sprachtest zu absolvieren. Chinesisch-Kenntnisse sind keine Vorbedingung. Wer möchte, kann beim Studium in China natürlich die Möglichkeit nutzen, Chinesisch zu lernen - die Grundlagen, aber auch vertiefte Sprachkenntnisse. Übrigens waren die Vorlesungen, die für die deutschen GU- ? - Herr Nehf, Sie haben das Wagnis unternommen, nach sechs Semestern Studium der Gebäude-, Energie- und Umwelttechnik an der Hochschule Esslingen noch zwei Semester in China zu studieren - gewissermaßen als „I-Tüpfelchen“ zum Abschluss des Studiums. Warum machen Sie das? ! - Nun - in der globalisierten Wirtschaft sind Auslandserfahrungen im Studium wichtig. Und China ist ja einer der bedeutendsten Handelspartner Deutschlands. Außerdem liebe ich Herausforderungen und hatte schon lange den Wunsch, China näher kennenzulernen. Mich reizte es einfach, zu erfahren, wie man in China studiert und dort die technischwissenschaftlichen, fachlichen und methodischen Kompetenzen erwirbt, die man dann im Beruf braucht. 32 Auf dem Campus der Tongji-Universität ist immer was los. Fleiß: Die wichtigste Voraussetzung zum Bestehen der Prüfungen Auf der chinesischen Mauer Studenten der Gebäude-, Energie- und Umwelttechnik vorgeschrieben waren, alles englischsprachliche Vorlesungen. ? - Wie ist das, wenn man da gemeinsam mit chinesischen Studierenden im Hörsaal sitzt? ? - Und was ist, wenn mal was schief läuft? ? - Welche waren das denn? ! - Nicht wesentlich anders als in Deutschland. Mir hat es übrigens geholfen, dass die chinesischen Studenten in aller Regel sehr hilfsbereit sind. Ich erlebe die chinesischen Kommilitonen als sehr offen: Sie freuen sich, mit ausländischen Studierenden in Verbindung kommen zu können. Recht angenehm ist auch, dass jedem deutschen Studierenden ein chinesischer Studierender als Betreuer zugeordnet wird, der einem bei vielen Fragen des täglichen Lebens im praktischen Sinne weiterhilft - zum Beispiel, wie man in der Mensa das vielseitige Essen bekommt, wie sprachliche Hürden genommen werden können und und und … ! - Den Auftakt machte eine kurze Infoveranstaltung über die Tongji-Universität und ein Vortrag eines ehemaligen deutschen Studenten. Die Lehrveranstaltungen waren „Control Technology in HVAC Systems“, “District Energy and Environmental Planning”, “Facility Management”, “Development of Energy Technology in Buildings“, “Building Simulation”, “E-Business”, “Empirical Analysis of Strategy Management”, eine Projektarbeit, dann ein Seminar und schließlich die Bachelor-Arbeit - verbunden mit einem zusätzlichen praktischen Studien-Teilsemester. ! - Auch dann wird einem weitergeholfen: Zum Beispiel hatte sich ein deutscher Student der Betriebswirtschaft den Fuß verstaucht. Prompt hat ihn sein chinesischer Betreuer ins Krankenhaus gebracht und dafür gesorgt, dass er dort geröntgt werden konnte. ? - Verlieren sich die deutschen Studierenden unter den über 60.000 Studierenden an der Tongji-Universität? ! - Nein, keinesfalls. Im Wohnheimbereich sind auch rund 60 deutsche Studierende untergebracht. Da ist klar, dass wir uns immer wieder treffen und auch mal feiern: Zum Beispiel haben wir Weihnachten gemeinsam gefeiert. Für Wohnmöglichkeiten ausländischer Studierender ist gesorgt: Es wird einem ein Platz im Studentenwohnheim angeboten. Man kann sich auch für eine Unterbringung im Campus-Hotel bewerben. Ich habe ein Einzelzimmer mit dreizehn Quadratmetern Fläche in einer Wohngemeinschaft. Das ist aus chinesischer Sicht recht komfortabel. ? - Welche Erfahrungen haben Sie beim Studium an der CDHAW gesammelt? Sebastian Nehf genießt mit Kommilitonen die chinesische Küche. ! - Nun - man ist natürlich echt gefordert. Die reine Anwesenheit im Hörsaal reicht nicht aus, denn in den einzelnen Fächern gibt es auch Hausaufgaben - ähnlich wie in Deutschland in der Schule; außerdem werden die Kenntnisse regelmäßig in Kurztests und Zwischenklausuren abgeprüft. Die meisten meiner chinesischen Kommilitonen sind sehr intensiv bei der Sache, weil sie gut vorankommen wollen. Aber auch für die deutschen Studierenden ist alles gut zu schaffen, wenn man sich darauf einstellt, dass 33 Ungebrochener Bauboom in China. Besonders wichtig: Die Gebäudetechnik Fleiß die wichtigste Voraussetzung zum Bestehen der Prüfungen ist. kool, ein planendes und ausführendes Unternehmen im Großgebäudebereich, das in Suzhou, Nanjing und auch in anderen asiatischen Städten vertreten ist - beispielsweise in Singapur. Ich arbeite bei der Gebäudeplanung mit - im konkreten Fall für ein riesiges Multifunktionszentrum in Shanghai, das einen Bürobereich, zwei große Mall-Bereiche, einen Hotelkomplex und einen Wohnbereich umfasst. ? - Ein richtiges Mammut-Projekt? ! - Ja, das kann man so sagen. Ich bin jetzt quasi täglich auf der Baustelle, wo mit dem Rohbau bereits begonnen wird. Aber in China ist es bei solchen Vorhaben in der Regel sinnvoll, die Ausarbeitungen noch einmal zu überprüfen und auf Verbesserungsmöglichkeiten hin zu untersuchen. Daraufhin werden Empfehlungen ausgesprochen, die sich auf Möglichkeiten zur Erhöhung der Energieeffizienz und auf Kosteneinsparungen beziehen. Vielfältige Kultur wird zum Erlebnis. ? - Sie sind jetzt schon mitten in der Bachelor-Arbeit. Wie hat man sich das vorzustellen? ? - Da ist nicht nur Theorie, sondern auch Praxiserfahrung nötig. Wie kommen Sie damit zurecht? Gärten haben ihren besonderen Reiz. ! - Nun, ich habe ja vor dem Studium eine gewerbliche Ausbildung absolviert sowie während des Studiums als Werkstudent gearbeitet. Insoweit bringe ich die nötige Praxiserfahrung mit. ? - Wird Ihre Bachelor-Arbeit von der Hochschule Esslingen oder von der Tongji-Universität - also der CDHAW betreut? ! - Ich werde seitens der CDHAW von einem chinesischen Professor betreut. Das ist ähnlich geregelt, wie wenn ich meine Arbeit in Deutschland schreiben würde. ? - Dann bleibt den GU-Berichten nur noch übrig, Ihnen alles Gute für Ihre berufliche und persönliche Zukunft zu wünschen. Herr Nehf, wir bedanken uns sehr herzlich für Ihre Informationen. Für die GU-Berichte führte Prof. Dr.-Ing. Martin Dehli das Gespräch. O ! - Im Grunde sind die Anforderungen und die Rahmenbedingungen ziemlich ähnlich wie in Deutschland. Die Professoren an der CDHAW haben Kontakte zu chinesischen Firmen, die eine praxisbezogene, industrienahe Bachelor-Arbeit mitbetreuen. Übrigens gibt es im riesigen Wirtschaftsraum Shanghai auch Niederlassungen und Produktionsstätten deutscher Firmen, die für die Mitbetreuung einer Bachelor-Arbeit infrage kommen. ? - Und wo sind Sie jetzt aktiv dabei? ! - Ich mache meine Bachelor-Arbeit beim chinesischen Unternehmen Yor34 Neben dem Studium bleibt noch Zeit, um Land und Leute kennen zu lernen. Kolloquium der Fakultät Gebäude Energie Umwelt im Sommersemester 2015 GU-Kolloquium im Sommersemester 2015: Energieoptimierungen an technischen Anlagen Werner Braun und Martin Dehli Energieoptimierter Betrieb im Gebäude der Volksbank Heilbronn “Gut gemeint bedeutet nicht immer gut.” Diese Feststellung trifft auf eine ganze Reihe von Aspekten der Energiewende in Deutschland zu. In Fernseh- und Zeitungsberichten sowie Journalen einzelner politischer Parteien immer wieder hoch gelobt, sind in der Öffentlichkeit die negativen Begleitfolgen der Energiewende meist kaum bekannt. Kritiker der Energiewende bejahen das Ziel, den Klimaschutz in den Mittelpunkt der Aktivitäten zu stellen, sind jedoch enttäuscht über viele politisch verursachte Mängel. Zahlreiche fachkundige Ingenieure sind der Überzeugung, dass mit den bisher dafür eingesetzten zusätzlichen finanziellen Mitteln von rund 120 Milliarden Euro bei einem sorgfältigeren, an technischen und wirtschaftlichen Kenntnissen orientierten Vorgehen weit mehr für den Klimaschutz hätte erreicht werden können - ohne dass die Sicherheit der Energieversorgung geringer geworden wäre. In anderen Ländern sind Elemente der deutschen Energiewende bisher nur punktuell übernommen worden; von einer Übernahme des Gesamtkonzepts der deutschen Energiewende - soweit es ein solches Gesamtkonzept überhaupt geben sollte - sind andere Staaten weit entfernt. Unbestritten ist jedoch, dass in einem Teilbereich der Energiewende - bei der Verbesserung der Energieeffizienz - in den letzten Jahren beachtliche Erfolge erreicht wurden. Im GU-Kolloquium des Sommersemesters 2015, das von Prof. Dr.-Ing. Werner Braun geleitet wurde, wurden solche Erfolge von den Referenten eindrucksvoll beschrieben. Einführung von EnergieManagement-Systemen für Verwaltungsgebäude Der erste Vortrag im GU-Kolloquium wurde am 25. März 2015 von Dipl.-Ing. Dieter Sedlacek, Vorstand der S+P Ingenieure AG, gehalten. Er referierte über das Thema "Energiemanagement und Energieeffizienz in der Gebäudetechnik". Zunächst stellte Dipl.-Ing. Sedlacek das Unternehmen S+P Ingenieure AG mit Sitz in Heilbronn vor: Mit aktuell 28 Mitarbeitern werde ein jährliches Investitionsvolumen von etwas über 35 Millionen € in der Gebäudetechnik betreut. Die 1993 noch als Partnerschaft gegründete Firma habe sich die Planung, Verzahnung und Optimierung der gesamten Gebäudetechnik als Ziel gesetzt. Dies bedeute, alle Gewerke zusammenzuführen, einheitliche Regel- und Kommunikationsstrategien zu implementieren und alle Rahmenbedingungen einzuhalten. Zum Schluss sei eine hundertprozentige Funktion das Ergebnis der kontinuierlichen Optimierungsprozesse. Die Firma S+P Ingenieure sei ein von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zugelassener Berater für Energieeffizienz und verfüge über Zertifizierungen nach DIN ISO 9001 sowie DIN 14 675. Die über zwei Jahrzehnte hinweg gewonnene Branchenerfahrung erlaube es, eine individuelle und ganzheitliche Lösung in der Technischen Gebäudeausrüstung zu planen und umzusetzen. Als Referenzen nannte der Vortragende u. a. Projekte in der Automobilindustrie (Daim- ler, Audi, Bosch, ZFF) und andere Bauvorhaben (DLR, Kaufland, DSV, Krankenhäuser usw.). Der Referent gliederte seinen Vortrag in 5 Abschnitte. Den Beginn bildete die Übersicht über die Herausforderungen, die durch die Gebäudetechnik zu erfüllen seien. Danach ging der Vortragende auf die damit verbundenen Kennwerte ein, um sodann über die Zielvorgaben in einem weiteren Abschnitt die Lösungsansätze zu entwickeln und zum Abschluss noch einen Ausblick zu geben. Die Herausforderung, mithilfe der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) Energie bedarfsgerecht und effizient zur Verfügung zu stellen, werde davon begleitet, dass sowohl die gesetzlichen Vorgaben, die Komfortwünsche als auch der Kostenanteil der TGA am gesamten Bauvorhaben ständig ansteigen würden. Nach wie vor werde die meiste Energie für die Bereitstellung von Wärme benötigt. Die Bauherren forderten dazu noch, dass die Anlagen der TGA einen entsprechenden Kapitalrückfluss aufwiesen. Dipl.-Ing. Sedlacek benannte im Folgenden eine Reihe von Kennwerten: Die Haushalte verbrauchten insgesamt 28 % der Endenergie, das Gewerbe 16 %, die Industrie 28 %; weitere 28 % benötige der Verkehr. Bei den Haushalten entfielen von den 28 % immerhin 85 % auf die Wärmeerzeugung (72 % Heizung, 13 % Warmwasser). Bestimme man den Anteil der Gebäude am Endenergieverbrauch, so verursachten diese etwa 40 % des gesamten Verbrauchs. Betrachte man die Entwicklung des Endenergieverbrauchs in Deutschland von 1990 bis 2012, so falle auf, dass alle Senkungsmaßnahmen durch Gegenentwicklungen wie zum Beispiel höheren Komfort oder Produktionssteigerungen ausgeglichen wurden, und es in dieser Entwicklung keine signifikanten Abweichungen gebe. Dipl.-Ing. Dieter Sedlacek 35 Kolloquium der Fakultät Gebäude Energie Umwelt im Sommersemester 2015 - Aufstellen von Funktionsschemata - Zuordnen von Funktionsbereichen - Zuordnen von Kostenstellen - Feststellen der Energieflüsse (z. B. mithilfe eines Sankey-Diagramms) - Erstellen eines Mess- und Zähl-Konzepts - Überprüfung der Effizienz der Anlagentechnik - Überprüfung der Effizienz der Feldgeräte - Überprüfung der Regelstrategien - Zentrale Datenerfassung über die Gebäudeleittechnik - Aufbau eines Energie-ManagementSystems mit Datenbank (Historisierung) - Abgleich und Optimierung mit Kennwerten Kontinuierlicher Verbesserungsprozess beim Energie-Management-System gemäß DIN EN ISO 50001 Im weiteren Verlauf des Vortrags wurden die durch die TGA zu erfüllenden Ziele betrachtet - und in diesem Zusammenhang auch die Abhängigkeiten durch die Art der Gebäudenutzung, der Wunsch nach Komfort und Behaglichkeit, sowie allgemeine Vorgaben wie Verfügbarkeit, Bedarfsdeckung und Investitionsschutz. Bei den gesetzlichen Vorgaben ging Dipl-.Ing. Sedlacek näher auf die Neuerungen der EnEV 2014 ein. Im vierten Teil des Vortrags wurde auf die Lösungen eingegangen, die durch die Gebäudetechnik dargestellt würden: Hier hob der Referent als Lösungsansatz für Unternehmen die Neuerungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in Verbindung mit der Einführung von Energie-Management-Systemen (EnMS) nach ISO 50001 hervor. Bevor zu den Beispielen übergeleitet wurde, gab der Referent eine Übersicht über das allgemeine Vorgehen bei der Einführung eines Energie-Management-Systems. Dipl.-Ing. Sedlacek erläuterte die zugehörigen Schritte: - Grundanalyse der Anlagen der TGA - Feststellung der Zielvorgaben und Voraussetzungen Am Ende seines Vortrags machte der Referent auf eine Reihe ausgeführter Beispiele aufmerksam: Das erste Beispiel betreffe die Sanierung aller Mess-, Steuerungs- und Regelungs(MSR)-Unterstationen beim Deutschen Sparkassenverlag in Stuttgart-Vaihingen. Über 60 Unterstationen, so genannte Informationsschwerpunkte (ISP), seien in vier Jahren (einschließlich Planungszeit) erneuert und auf neue Techniken um-gestellt worden. Dazu habe auch die kritische Überprüfung aller Regelstrategien, die Einführung eines Energie-Management-Systems (EnMS) sowie der Übergang auf zeitgemäße und zukunftsfähige Kommunikationsprotokolle gehört. Als zweites Beispiel wurde der Neubau der Volksbank Heilbronn vorgestellt, an dem deutlich gemacht werden konnte, dass eine ausführliche Planung, Projektvorbereitung und die strategische Auswahl von Informationsschwerpunkten für den Projekterfolg entscheidend sei. Zum Abschluss der Beispiele benannte der Vortragende noch einige praktische Tipps bei der Realisierung derartiger Systeme und Anlagen. Dazu gehöre die Reduzierung von Schnittstellen, das Ansetzen von realistischen Zeitbedarfen für die Inbetriebnahme und Einregulierung sowie die regelmäßige Prüfung von Zielkonflikten. Die Gebäude des Deutschen Sparkassenverlags in Stuttgart-Vaihingen 36 In seinem Ausblick auf die zukünftigen Entwicklungen war es dem Vortragenden wichtig, festzustellen, dass die Digitalisierung und Vernetzung aller Anlagen und dazugehöriger Komponenten gerade erst begonnen habe, die Bedeutung der Technischen Gebäudeausrüstung weiter steigen werde und der Gesetzgeber die Vorgaben zur Nachhaltigkeit in Zukunft weiter erhöhen werde. O Kolloquium der Fakultät Gebäude Energie Umwelt im Sommersemester 2015 Nachholbedarf bei der energetischen Inspektion von Klimaanlagen Beim zweiten Vortrag im Rahmen des GU-Kolloquiums berichtete Dipl.-Ing. Claus Händel, Technischer Referent beim Fachverband Gebäude-Klima e.V. (FGK) in Bietigheim, über “Chancen der energetischen Inspektion von Klimaanlagen nach EnEV”. Der Vortragende erläuterte zunächst die Rahmenbedingungen für die energetische Inspektion von Klimaanlagen: Hierzu gehörten die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD), das deutsche Energieeinspargesetz (EnEG) und die Energieeinsparverordnung (EnEV). Weiter benannte er mit der DIN EN 13779, den DIN EN 15239 und 15240, der DIN V 18599 Teile 3 und 7 und der DIN SPEC 15240 wesentliche Normen. Auch verwies er auf das Forschungsvorhaben “Chancen der Energetischen Inspektion“. Grundsätzlich ergebe sich die Vorgehensweise bei einer energetischen Inspektion in der folgenden Weise: Inspektionsvorbereitung und Datenaufnahme, Raumklimaparameter und Kühllast, Betriebszeiten und Regelung, RLT-Gerät und Kanalnetz, Kälteerzeuger und Kaltwassernetz sowie Endgeräte und Klimakonzept. Im Energieeinspargesetz EnEG 2009 und EnEG 2013 heiße es: “Wer Heizungs-, raumlufttechnische, Kühl-, Beleuchtungs- sowie Warmwasserversorgungsanlagen oder -einrichtungen in Gebäuden betreibt oder betreiben lässt, hat dafür Sorge zu tragen, dass sie nach Maßgabe der nach Absatz 2 zu erlassenden Rechtsverordnung (EnEV) so instand gehalten und betrieben werden, dass nicht mehr Energie verbraucht wird, als zu ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung erforderlich ist.” Die EnEV 2014 beinhalte § 12: “Energetische Inspektion von Klimaanlagen”. Dort heiße es: “(1) Betreiber von in Gebäude eingebauten Klimaanlagen mit einer Nennleistung für den Kältebedarf von mehr als zwölf Kilowatt haben innerhalb der in den Absätzen 3 und 4 genannten Zeiträume energetische Inspektionen dieser Anlagen durch berechtigte Personen im Sinne des Absatzes 5 durchführen zu lassen.” Die Definition einer Klimaanlage im Sinne der Energieeinsparverordnung (EnEV) laute: “Eine Klimaanlage ist eine Kombination sämtlicher Bauteile, die für eine Form der Luftbehandlung erforderlich sind, bei der die Temperatur, eventuell gemeinsam mit der Belüftung, der Feuchtigkeit und der Luftreinheit, geregelt wird oder gesenkt werden kann.” Dies bedeute im Sinne der EnEV, dass eine Inspektionspflicht bestehe für: - Klima- und Teilklimaanlagen C2 bis C5 nach Tabelle mit mehr als 12 kW Nennkühlleistung (Summe je Nutzungseinheit oder je Gebäude) - Raumklimageräte und Raumkühlsysteme ohne Lüftungsfunktion ab 12 kW Nennkühlleistung (Summe je Nutzungseinheit oder je Gebäude) - Andere maschinelle Systeme zur Temperaturabsenkung mit mehr als 12 kW Nennkühlleistung (bezogen auf die Zuluft oder die Raumluft), wie z. B.: Direkte oder indirekte Verdunstungskühlung, freie Kühlung über Kühlturm, geothermische Kühlung, Grund- und Oberflächenwasserkühlung und so weiter. Die Inspektion umfasse Maßnahmen zur Prüfung der Komponenten, die den Wirkungsgrad der Anlage beeinflussen, und der Anlagendimensionierung im Verhält- Studie “Chancen der Energetischen Inspektion”: Untersuchte Klimaanlagen nis zum Kühlbedarf des Gebäudes. Sie beziehe sich insbesondere auf 1. die Überprüfung und Bewertung der Einflüsse, die für die Auslegung der Anlage verantwortlich sind, insbesondere auch Veränderungen der Raumnutzung und -belegung, der Nutzungszeiten, der inneren Wärmequellen sowie der relevanten bauphysikalischen Eigenschaften des Gebäudes und der vom Betreiber geforderten Sollwerte hinsichtlich Luftmengen, Temperatur, Feuchte, Betriebszeit sowie Toleranzen, und 2. die Feststellung der Effizienz der wesentlichen Komponenten. Der Umfang der energetischen Inspektion erstrecke sich auf Anlagendimensionierung, Raumnutzung, Luftvolumenstrom und Kühllast, die Prüfung von wesentlichen Komponenten wie Ventilator, Anlagen zur Wärmerückgewinnung, Kälteerzeugung sowie auf Kalt- und Kühlwasserpumpen, auf Regelparameter wie Temperatur und Feuchte sowie auf Betriebszeiten und Toleranzen. Weiter seien dem Betreiber Ratschläge in Form von kurz gefassten fachlichen Hinweisen für Maßnahmen zur kostengünstigen Verbesserung der energetischen Eigenschaften der Anlage, für deren Austausch oder für Alternativlösungen zu geben. Die inspizierende Person habe dem Betreiber die Ergebnisse der Inspektion unter Angabe ihres Namens sowie ihrer Anschrift und Berufsbezeichnung zu bescheinigen. Inspektionen dürften nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Weiter sei ein unabhängiges Kontrollsystem zu implementieren. Randbedingungen für ein unabhängiges Kontrollsystem seien: Inspektionen hätten bekannt zu sein. Der Inspektionsumfang ("Vollständigkeit") müsse bekannt sein. Der Leistungsumfang müsse standardisiert sein (Checklisten). Der Aufwand für die Überprüfung müsse in einer vernünftigen Relation zum Nutzen stehen. Kennzahlen sollten über einen breiten Bereich vergleichbar sein und Plausibilitätsprüfungen ermöglichen. Eine Überprüfung der "Richtigkeit" sei schwer vorstellbar - dies wäre quasi eine Kontrolle der Kontrolle. Viel wichtiger als eine Kontrolle der durchgeführten Inspektionen sei ein besserer Vollzug - denn derjenige, der eine Inspektion durchführen lasse, werde vielleicht wegen Formfehlern belangt, wohingegen derjenige 37 Kolloquium der Fakultät Gebäude Energie Umwelt im Sommersemester 2015 der keine Inspektion durchführen lasse, keine Folgen zu gewärtigen habe. Dipl.-Ing. Händel führte weiter aus, dass in der EnEV 2014 § 15 Klimaanlagen und sonstige Anlagen der Raumlufttechnik ausgeführt werde: (2) Beim Einbau von Anlagen nach Absatz 1 Satz 1 in Gebäude und bei der Erneuerung von Zentralgeräten solcher Anlagen müssen, soweit diese Anlagen dazu bestimmt sind, die Feuchte der Raumluft unmittelbar zu verändern, diese Anlagen mit selbsttätig wirkenden Regelungseinrichtungen ausgestattet werden, bei denen getrennte Sollwerte für die Be- und die Entfeuchtung eingestellt werden können und als Führungsgröße mindestens die direkt gemessene Zu- oder Abluftfeuchte dient. Sind solche Einrichtungen in bestehenden Anlagen nach Absatz 1 Satz 1 nicht vorhanden, muss der Betreiber sie bei Klimaanlagen innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der jeweiligen Frist des § 12 Absatz 3, bei sonstigen raumlufttechnischen Anlagen in entsprechender Anwendung der jeweiligen Fristen des § 12 Absatz 3, nachrüsten. Weiter verwies Dipl.-Ing. Händel auf Referenzkennwerte aus EnEV Anlage 2 Tabelle 1 und deren Veränderungen bei der EnEV 2009 im Vergleich zur EnEV 2007. Zu einem wesentlichen Teil seines Vortrags machte Dipl.-Ing. Claus Händel den Bericht über das Forschungsvorhaben “Chancen der Energetischen Inspektion”. Es umfasse insbesondere Marktuntersuchungen, die Auswertung von Inspektionsergebnissen, Aussagen zu Einsparpotenzialen, wirtschaftliche Sanierungsempfehlungen etwa im Blick auf Ventilatoren, Wärmerückgewinnungssysteme (WRG) und RLT-Geräte. Auch seien Aussagen zu Grundlagen für die Normung, zu Kühllast, zum Standorteinfluss, zu Schnittstellen und zum “Ecodesign” enthalten. Dipl.-Ing. Claus Händel 38 keine WRG Umluft KVS Rotor Platte Verteilung der Wärmerückgewinnungssysteme (volumenstromgewichtet) im Bestand von Klimaanlagen (Studie “Chancen der Energetischen Inspektion”) Eine Marktumfrage bei Inspektoren mit Weiterbildung bzw. Inspektoren die die FGK-Status-Reporte Nr. 5 und 6 bezogen hätten, hätten zu 705 gemeldeten Inspektionen (Stand 2012) geführt. Hochgerechnet auf den Gesamtmarkt ergäben sich etwa 4.300 Anlagen, die inspiziert worden seien. Dies stehe in Relation zu installierten RLT-Anlagen im Umfang von 170.00 bis 290.000 RLTGeräten mit Kühlung; zusätzlich seien 20.000 wassergestützte Raumklimasysteme verbaut. Demnach seien nach Stückzahlen 1,4 bis 2,3 %, nach Luftvolumenstrom 1,5 bis 2,6 % der installierten Anlagen inspiziert worden. Dipl.-Ing. Händel zählte als typische Sanierungsempfehlungen auf: bei RLTGeräten: Volumenstromreduzierungen, Reduzierung der Betriebszeit; Klappen, Volumenstromregler für die zonierungbedarfsgerechte Volumenstromregelung, Absenkbetrieb, Temperatursollwerte optimieren, eine feuchteoptimierte Regelstrategie, Nachtlüftung, natürliche Lüftung, freie Kühlung, Ventilatoraustausch, WRG nachrüsten, WRG verbessern, MSR-Technik verbessern, Wartungsmängel beseitigen, Luftdichtheit, Kanalnetz, grundsätzliche Systemänderung sowie Rückbau bzw. Alternativlösung. Als maximales Gesamt-Energieeinsparpotenzial der Stichprobe hätten sich die folgenden Werte ergeben (Zahlen gemäß unterer bzw. oberer Schätzung): Im Falle einer reinen Betriebsoptimierung könne mit einer Primärenergieeinsparung von 19,3 bis 32,5 TWh je Jahr gerechnet werden; dies seien 26 bis 27 % des Gesamtverbrauchs. Damit könne auf eine Verminderung von CO2-Emissionen im Umfang von 4,5 bis 7,6 Millionen Tonnen je Jahr geschlossen werden. Betrachte man eine Betriebsoptimierung sowie einen Komponentenaustausch, so belaufe sich die mögliche Primärenergieeinsparung auf 32,7 TWh bis 54,8 TWh je Jahr; dies seien 45 bis 46 % des Gesamtverbrauchs. Damit könne auf eine Verminderung von CO2-Emissionen im Umfang von 7,7 bis 12,9 Millionen Tonnen je Jahr geschlossen werden. Die Untersuchung gebe auch Hinweise auf Amortisationsdauern von Anlagenkomponenten: bei externen KV-Systemen lägen diese häufig unter 10 bis 15 Jahren, bei Ventilatoren mit freilaufendem Rad und mit EC-Motor häufig deutlich unter 10 Jahren, beim Austausch des RLT-Geräts (Abmessungen veränderbar) häufig deutlich unter 10 bis 15 Jahren Die Wirtschaftlichkeit von Sanierungslösungen bei einer Nachrüstung mit Techniken der Wärmerückgewinnung sei die Wirtschaftlichkeit abhängig von der Bauart (KVS, Platte, Rotor); es ergäben sich unterschiedliche Amortisationszeiten bei gleicher WRG-Klasse. Die BafaFörderbedingungen seien im Bestand kaum erreichbar; ein Einzelnachweis der Wirtschaftlichkeit sei stets erforderlich. Kolloquium der Fakultät Gebäude Energie Umwelt im Sommersemester 2015 Die Inspektion im Sinne der EnEV betreffe zur Bewahrung des Sollzustandes die Wartung, die Inspektion und die Instandsetzung. Als zentrale Fragestellungen seien zu nennen: die Verbesserung der energetischen Eigenschaften, ggfs. den Austausch der Anlage und Alternativlösungen. Es gehe auch um die Fragen: Lassen sich die Lasten verringern? Wie würde ein energetisch optimales Klimakonzept unter den vorhandenen Randbedingungen aussehen? Dies betreffe Sollwerte, Nutzungsanforderungen, Systementwurf, Auslegung / Dimensionierung, Komponenteneffizienz, Energieversorgung und Betriebsweise. Damit könne eine Antwort auf die Frage “Lässt sich die vorgefundene Anlage unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ganz oder teilweise in ein optimales Klimakonzept überführen?” gegeben werden. Die DIN SPEC 15240 gliedere den Inspektionsumfang in Typische Sanierungsempfehlungen für RLT-Geräte (Studie “Chancen der Energetischen Inspektion”) Betrachte man einen Ventilatoraustausch, so sei die Wirtschaftlichkeit stark abhängig von der Effizienz des Bestandssystems; doch sei eine Wirtschaftlichkeit bei einstufigen Bestandsanlagen ab 15.000 m³/h durch eine Sanierungslösung mit Drehzahlregelung immer gegeben; ansonsten sei ein Einzelnachweis der Wirtschaftlichkeit erforderlich. Beim Austausch eines RLT-Geräts mit vermindertem Nennluftvolumenstrom sei eine Wirtschaftlichkeit insbesondere bei kleinen RLT-Anlagen nicht prinzipiell gegeben, doch lasse sich bei einstufigen Bestandsanlagen ab 15.000 m³/h durch eine Sanierungslösung gemäß EnEV immer eine Wirtschaftlichkeit erreichen. Ansonsten sei auch hier ein Einzelnachweis der Wirtschaftlichkeit erforderlich. Seit etwa einem Jahr stehe die Norm DIN SPEC 15240 zur Verfügung. Die Gründe für deren Erarbeitung hätten darin bestanden, dass die bisherigen Normen und Richtlinien die Leistung nicht vollständig und zusammenhängend beschreiben könnten. Der Referent verwies auf die DIN EN 15239 - Inspektion von Lüftungsanlagen und die DIN EN 15240 - Inspektion von Klimaanlagen sowie die VDMA-Einheitsblätter 24197 und die FGK-Status-Reporte 5, 6 und 17. Dagegen könne die neue Norm Mindestleistungen nach EnEV § 12 und optionale Leistungen erfassen. Die DIN SPEC 15240 sei geeignet als Umsetzungsnorm für die EnEV. Sie enthalte die Definitionen von Kennzahlen und Vergleichskennzahlen und ermögliche die Darstellung des Inspektionsergebnisses, sei Grundlage für Anbieter und Nachfrager, Grundlage für das EPBD Mandat M/480. Die DIN SPEC 15240 in Verbindung mit VDMA 24197 Teil 1 und 3 beinhalte die energetische Inspektion sowie die Beurteilung des Gesamtsystems. 1. Inspektionsvorbereitung 2. Gebäudeparameter 3. Raumklimaparameter 4. Gebäudenutzung und Regelung 5. Inspektion RLT-Gerät 6. Inspektion Kanalnetz 7. Inspektion Kälteerzeuger 8. Inspektion Kaltwasserhydraulik 9. Inspektion Endgeräte 10. Beurteilung Klimakonzept Dabei seien je nach den Punkten 1 bis 10 notwendig: die Prüfung der Dokumentation, die Prüfung der Anlagendimensionierung im Verhältnis zum Kühlbedarf, Inspektion kältetechnischer Komponenten von Klimaanlagen (Studie “Chancen der Energetischen Inspektion”) 39 Kolloquium der Fakultät Gebäude Energie Umwelt im Sommersemester 2015 I Erzeugung I I Handel I I Transportnetz I I Verteilnetz I I Energieverkauf I Liberalisierte Energiewirtschaft: Entflechtung zuvor integrierter Bereiche von Energieversorgungsunternehmen die Feststellung der Effizienz der wesentlichen Komponenten sowie kurz gefasste fachliche Hinweise und Ratschläge Der Inspektionsumfang gemäß DIN SPEC 15240 umfasse z. B. bei RLT-Geräten die Messung des Luftvolumenstroms, die Messung der Wirkleistung der Ventilatoren, die Messung der statischen Druckerhöhung, die Feststellung der Effizienz der Luftförderung und die Druckverteilung im RLT-Gerät (optional), die Abschätzung der Wärmerückgewinnung (WRG) (optional: Messung), die Feststellung der Nebenantriebe für die WRG (optional: Messung), die Feststellung der Umluftanteile (optional: Messung), die Feststellung der Dampfbefeuchtung, die Feststellung der Wasserbefeuchtung (optional: Messung) und die Berechnung des Effizienzkennwerts ERLT. Beim Kanalnetz sei die Dichtigkeit durch visuelle Inspektion festzustellen, Dichtigkeitsmessungen (optional) vorzunehmen und die Wärmedämmung des Kanalnetzes (visuelle Inspektion) zu inspizieren. Die Inspektion des Kälteerzeugers umfasse die Überprüfung der Wartungstätigkeiten, die Feststellung der Nennleistungszahl EER, die Messung der Nennleistungszahl EER (optional), die Feststellung des Teillastfaktors PLV sowie der Art bzw. Leistung der Rückkühlventilatoren, die Messung der Rückkühlung (optional) und die Berechnung des Effizienzkennwerts EKK. Die Energiewende: Auswirkungen auf die Energiewirtschaft Den dritten Beitrag zur Vortragsreihe leistete am 29. April 2015 Dipl.-Ing. (FH) Jens Gehrt, Vertriebsleiter Industriekunden bei der Energie Baden-Württemberg (EnBW), zum Thema “Liberalisierung der Energiewirtschaft und die Energiewende - Konsequenzen für Vertrieb, Erzeugung, Netze und Kunden”. Das Energiewirtschaftsgesetz und die daraus resultierende Liberalisierung der Energiewirtschaft zu Ende der 90er Jahre sei der Beginn einer grundlegenden Veränderung gewesen. In den bisher integrierten Versorgungsunternehmen seien Erzeugung, Handel, Transport, Verteilnetz und Energieverkauf getrennt (“entflochten”) worden. Kunden, die bisher im wesentlichen Abnehmer gewesen seien, hätten die Möglichkeit bekommen, ihren Energieversorger frei zu wählen. Der Vortragende verdeutlichte zum Beginn, dass die Liberalisierung der Energiemärkte zu Ende der 90er Jahre sowie die im Jahr 2011 politisch beschlossene Energiewende fundamentale Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle der Energieversorgungsunternehmen habe; insbesondere seien auch die Kunden in beträchtlichem Ausmaß davon betroffen. Dipl.-Ing. Jens Gehrt beschrieb die Auswirkungen dieser geänderten Rahmenbedingungen auf die Energiewirtschaft in den Bereichen Stromerzeugung, Stromnetze und Vertrieb; daneben erläuterte er die Konsequenzen für die Kunden. Anhand konkreter Beispiele für Industriekunden machte er sichtbar, dass mit einer Reihe von Lösungsansätzen - z. B. mit innovativen Stromprodukten, mit dezentralen Erzeugungslösungen und mithilfe eines Effizienzmanagements - auf die veränderten Bedingungen reagiert werden könne. Dipl.-Ing. Jens Gehrt Zentrales Ziel der Liberalisierung sei gewesen, durch die Elemente des Wettbewerbs die Energiepreise für die Endkunden zu senken. Mittlerweile könne der Kunde auf entsprechenden Verbraucherportalen aus mehreren hundert Tarifen wählen. Was die Preisentwicklung anbelange, sei allerdings die Bilanz - zumin- Weitere Punkte seien die Inspektion der Kaltwasserhydraulik und die Inspektion der Endgeräte. Schließlich gehe es um die Beurteilung des Klimakonzepts, um eine Systembeurteilung, um den Vergleich mit der Referenztechnik nach EnEV, um die Prüfung des energetischen Gesamtkonzepts, um das Zusammenspiel von Anlage und Gebäude, um die Anlagennutzung, um die Energieversorgung, um die bedarfsgerechte Nutzung der Luft/Wasser-Systeme, um die Nutzungsmöglichkeiten von erneuerbaren Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung bzw. der Fernwärme. O 40 Durchschnittliche monatliche Stromrechnung eines mittleren Haushaltes in Deutschland (Angaben in Euro; Jahresverbrauch 3500 kWh/a) Kolloquium der Fakultät Gebäude Energie Umwelt im Sommersemester 2015 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) folgten, bei jährlich über 20 Mrd. Euro. Der Focus auf die Stromerzeugung sei allerdings nur ein Teil der Energiewende. Mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs in Deutschland entfalle auf den Wärmesektor; der Kraftstoffverbrauch sei mit etwa 28 % beteiligt. Gesamtbelastung der Strompreise in Deutschland in Mrd. Euro (ohne Mwst.) dest aus Sicht der Endkunden - als eher „nüchtern“ zu beschreiben: Die Zielsetzung niedriger Verbraucherpreise sei zunächst erreicht worden, dann jedoch als Folge massiver zusätzlicher staatlicher Abgaben ins Gegenteil verkehrt worden. Diese staatlichen Eingriffe erfolgten insbesondere über zusätzliche Besteuerungen wie die “Ökosteuer” sowie über Abgaben - vor allem über die durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz festgelegte Abgabe (EEG-Abgabe). Die nächste fundamentale Veränderung der Energielandschaft sei unter dem Schlagwort „Energiewende“ zusammenzufassen. Ausgelöst durch die weltweite, spürbare und sichtbare Klimaveränderung (Stichworte: Gletscherschwund in den Alpen, Zunahme von Extremwetterlagen, Anstieg des Meeresspiegels usw.) und den in der Wissenschaft dafür verantwortlich gemachten CO2-Ausstoß seien - u. a. auch für Deutschland - entsprechende CO2-Minderungsziele definiert worden. Zurzeit betrage der mittlere jährliche CO2-Ausstoß pro Kopf der Bevölkerung in Deutschland etwa 10 Tonnen; dies sei im Welt-Vergleich ein vergleichsweise hoher Wert. Somit sei mit einem „Fingerzeig“ auf Dritte Vorsicht geboten. Die höchsten Werte beim CO2Ausstoß wiesen Australien, die USA und Saudi-Arabien mit 19, 18 und 17 Tonnen CO2 je Kopf und Jahr auf. Vergleiche man nicht die pro Kopf der Bevölkerung angegebenen CO2-Werte, sondern deren Absolutwerte, so sei der Anteil Deutschlands mit zurzeit etwa 2,4 % eher unbedeutend; die Staaten mit den höchsten absoluten CO2-Emissionen seien China mit 26,7 % und die USA mit 16,8 % (Werte für das Jahr 2012). Trotz dieser Sachverhalte sähen Energiepolitiker in Deutschland in dem angestrebten Umbau der deutschen Energiewirtschaft sofern er erfolgreich ablaufe - die Chance, dass weitere Länder folgten und somit eine weltweite Energiewende entstehe. Als Ziel für die Strombereitstellung sei in Deutschland ein Anteil von 80 % erneuerbarer Energien bis 2050 festgelegt worden. Größte Herausforderungen seien hier bereits heute die räumliche Trennung von Stromerzeugung und Stromverbrauchsschwerpunkten sowie die zeitliche Verfügbarkeit: denn nicht immer scheine die Sonne und wehe der Wind. Auch die finanzielle Belastung der Stromkunden werde für die Akzeptanz der Energiewende eine Rolle spielen: Bereits heute lägen die Mehrkosten, die aus dem Historisch gesehen, seien die Stromnetze von den Kraftwerken hin zu den Kunden aufgebaut worden; dabei habe man sinnvollerweise die Kraftwerksstandorte in die Nähe der Schwerpunkte des Stromverbrauchs gelegt. Der Übergang auf einen wachsenden Anteil an Strom aus erneuerbaren Energien mache jedoch eine andere Zielsetzung notwendig: Da die erforderlichen großen Windund Solarparks nicht mehr in der Nähe der Verbrauchsschwerpunkte lägen, müssten die Stromnetze umstrukturiert und ausgebaut werden; dies stelle eine große Herausforderung dar - nicht nur für die Höchstspannungs-Übertragungsnetze, sondern auch für die nachgelagerten Netze. Für Süddeutschland verschärfe sich das Problem, da in den nächsten Jahren weitere Kernkraftwerke mit großer Leistung abgeschaltet würden und somit stattdessen viel Strom - vor allem aus land- und seegestützten Windkraftparks - aus dem Norden in den Süden transportiert werden müsse. Auch die Netzstabilität - d. h. der Zusammenklang zwischen Erzeugung und Verbrauch - stehe durch die zunehmende Einspeisung regenerativer Energien vor großen Herausforderungen: Auf der Ebene der Verteilnetze sei die wesentliche Aufgabe, die zunehmende dezentrale Erzeugung aufzunehmen und zukünftig das Zusammenspiel zwischen den Grünstromerzeugungsanlagen in Deutschland und deren Anteile an der installierten Leistung sowie an der Stromerzeugung im Jahr 2012 41 Kolloquium der Fakultät Gebäude Energie Umwelt im Sommersemester 2015 Der Effekt des “Merit-Order” (d. h. der Kraftwerks-Einsatzreihenfolge) führt als Folge des Vorrangs der Grünstromerzeugung - zum Rückgang der Börsenstrompreise und zur Verdrängung von Strom aus Erdgas und Steinkohle. Erzeugern und Verbrauchern intelligent zu handhaben (Stichwort: SmartGrid). Organisatorisch habe sich ebenfalls eine grundsätzliche Veränderung für die Energiewirtschaft und die Kunden ergeben. Dies werde mit dem Begriff „Entflechtung“ ausgedrückt: Die Bereiche Energievertrieb und Netze seien getrennt zu führen. Ab einer bestimmten Unternehmensgröße bedeute dies - neben der gesellschaftsrechtlichen Eigenständigkeit auch einen eigenen Marktauftritt. Am Beispiel der EnBW zeige sich dies bereits durch die Namensgebung: So sei für so genannte “B2B”-Kunden als Vertriebsgesellschaft die Sales & Solutions GmbH zuständig, während als Netzbetreiber die Netze BW fungiere. Ziel dieser Trennung sei es, zu verhindern, dass der Vertrieb eines Unternehmens, das auch gleichzeitig Netzbetreiber sei, einen Wettbewerbsvorteil habe. Dipl.-Ing. Jens Gehrt machte in seinem Vortrag sodann auf einen weiteren wesentlichen Gesaichtspunkt der Veränderungen aufmerksam: auf die Entwicklung der Energiepreise. Leitindex für das, was Energie „wert“ ist, seien die Energiebörsen. Diese dienten als Orientierung für das, was am Markt zu erzielen sei. Die Entwicklung zeige, dass seit dem Jahre 2008 die Preise eingebrochen seien. Einer der Hauptgründe sei der so genannte „Merit-order”-Effekt: Der Strompreis an der Börse bilde sich aus Angebot und Nachfrage. Dabei bestimme immer das Kraftwerk, das quasi die letzte Nachfrage-kWh liefere, den Preis. Durch die Vorrang-Einspeisung der erneuerbaren Energien verschiebe sich der Kraftwerkseinsatz: Kraftwerke mit höheren Grenzkosten kämen später bzw. so gut wie nicht mehr zum Einsatz. Was sich für den Verbraucher als Vorteil darstelle, sei für die Betreiber von Kraftwerken ein erheblicher Nachteil. Als Beispiel nannte Dipl.-Ing. Gehrt den Stilllegungsantrag von E.ON für das weltweit modernste Erdgaskraftwerk Irsching, das einen elektrischen Wirkungsgrad von 60 % aufweise und erst im Jahre 2010 in Betrieb gegangen sei: Dieses Kraftwerk habe im Jahr 2014 keine einzige Kilowattstunde Strom für den Markt produziert und sei somit nicht wirtschaftlich zu betreiben. Ein weiterer Effekt der Preisbildungslogik sei auch, dass es teilweise zu negativen Strompreisen an der Börse kommen könne. Befinde sich zu viel Strom im System, könne es günstiger sein, Kunden Geld für die Abnahme zu bezahlen als Kraftwerke vom Netz zu nehmen. Aus den genannten Gründen seien für die Energiewirtschaft die bisherigen Geschäftsmodelle nur bedingt zukunftsfähig. So werde z. B. bei der EnBW der Bereich Erzeugung und Handel im Jahr 2020 gegenüber 2012 voraussichtlich etwa 80 % weniger zum Betriebsergebnis des Unternehmens beitragen können. Dem gegenüber solle der Bereich Erneuerbare Energien um 250 % wachsen. Auch das Vertriebsgeschäft solle bis 2020 um 100 % gesteigert werden. Der Ansatz des Bereichs Vertrieb der EnBW habe den Schwerpunkt, sich vom bisherigen Energieverkäufer zum Energiedienstleister und Energiemanager des Kunden zu entwickeln. Aus einer Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten würden diejenigen Lösungen herausgearbeitet und individuell auf den Kunden zugeschnitten werden, mit denen er in die Lage versetzt werde, Energie einzusparen bzw. effizienter zu nutzen. Als Beispiele seien hier Contractingmodelle genannt, die alle Medien - also Wärme, Kälte, Druckluft, Beleuchtung usw. - erfassten. Mit Einsparanalysen, Energieeffizienzcontrollingsystemen, der Moderation und Umsetzung von Energieeffizienz-Netzwerken solle dem Kunden eine optimale Energiedienstleistung angeboten werden. Hierzu könne z. B. auch eine eigenverbrauchs-optimiert ausgelegte Photovoltaikanlage gehören. Eine weitere Entwicklung im Bereich des Energievertriebs sei die Beschaffungsanforderung der Kunden. Der klassische Vollstromversorgungsvertrag werde - zunehmend bei größeren Kunden - durch Lösungen ersetzt, die eine Beschaffung sehr nah an der Strombörse zuließen. D. h. die Kunden beschafften ihre Energie sehr nahe an den Marktpreisen und könnten dadurch - im Vergleich zur klassischen Vollversorgung - Marktchancen aktiv nutzen und Ihre Beschaffungspreise senken. O Fortschritte in der Technologie der Kernfusion Der vierte Vortrag wurde am 20. Mai 2015 von Dr. rer. nat. Wolfgang Walter, dem Bereichsleiter Magnettechnik bei der Babcock Noell GmbH, unter dem Titel “Fusionsenergie - Supraleitende Magnete als Herausforderung auf dem Weg zum Reaktor” gehalten. Dienstleistungsangebote an Kunden: Energieeffizienz im Mittelpunkt 42 Der Vortragende erläuterte zu Beginn das grundlegende Konzept der Kernfu- Kolloquium der Fakultät Gebäude Energie Umwelt im Sommersemester 2015 Während Deuterium als Isotop des Wasserstoffs in der Natur reichlich verfügbar sei, werde Tritium gewissermaßen "gebrütet", indem das Fusionsneutron von Lithium aufgenommen werde, das in einer Umhüllung um den Kern eines Fusionsreaktors angeordnet sei. Die Erzeugung von Tritium T sei auch in einem Kernspaltungsreaktor möglich. Kernverschmelzung leichter Elemente sion: Hierzu müsse ein Gasplasma bei sehr hoher Temperatur eingeschlossen und dieser Einschluss aufrecht erhalten werden. Das Plasma müsse berührungslos in einer Art “Flasche” von Torusform gehalten werden, die durch Magnetfelder gebildet werde. Dann sei ein kleines Volumen an Brennstoff für eine sehr kurze Zeit auf einen sehr hohen Druck und auf eine sehr hohe Temperatur zu bringen, um die Kernverschmelzung zu erreichen. Das Plasma (ionisiertes Gas) sei elektrisch leitend und könne durch magnetische Felder eingeschlossen werden. Das Ziel sei der stabile Einschluss eines homogenen Plasmas mit hoher Dichte, wobei die Temperatur so hoch sein müsse, dass genügend Fusionsreaktionen von Deuterium und Tritium zu Helium aufträten. Um die Fusionsreaktion zu “zünden”, seien eine Temperatur von mindestens 100 Mio. °C, eine Plasmadichte von mehr als 1014 Teilchen/cm3 und eine Einschlusszeit von mindestens 1 bis 2 Sekunden nötig. Die von der Sonne und den Fixsternen ausgestrahlten Energien stammten größtenteils aus derartigen Prozessen, die bei den im Innern der Sterne herrschenden Temperatur-Druck-Bedingungen als Kettenreaktion abliefen. In verschiedenen Reaktionszyklen werde Kernenergie im Prinzip durch die thermonukleare Reaktionskette Wasserstoff - Deuterium - Helium freigesetzt. Dr. rer. nat. Walter benannte eine Reihe von Argumenten, die für die weitere Beschäftigung mit der Technik der Kernfusion sprächen. Er stellte fest, dass der Brennstoff für die Kernfusion reichlich vorhanden und kostengünstig sei. Auch seien kritische unerwünschte Zustände bei der Kernfusion ausgeschlossen. Weiter sei es nicht erforderlich, radioaktiven Brennstoff zu transportieren. Der Umfang an radioaktivem Abfall (aktiviertem Strukturmaterial) sei mit dem von Kernspaltungsreaktoren vergleichbar, aber der Abfall enthalte keine langlebigen Spaltprodukte. Gegenüber Kernspaltungsreaktoren bestehe keine Gefahr der missbräuchlichen Weitergabe (Proliferation). Magnetfelder bei Tokamak und Stellarator Es gebe zwei Methoden, um dies zu erreichen: die Anlagenkonfigurationen Tokamak und Stellarator. Dr. rer. nat. Wolfgang Walter - In einem Tokamak erzeuge eine Anordnung von Spulen ein Magnetfeld in Richtung des Torus, zu dem ein Magnetfeld hinzuaddiert werde, das durch einen intensiven axialen Strom erzeugt werde, der im Plasma selbst fließe. - In einem Stellarator werde die magnetische Konfiguration vollständig durch Ströme erzeugt, die in helicoiden Spulen flössen. Diese "helikal"-förmigen Spulen seien schwierig herzustellen, insbesondere dann, wenn diese supraleitend seien. Deshalb benötige man modulare, nicht-ebene Spulen. Diese ermöglichten Optimierungen der Magnetfeld-Konfiguration, wie in der Anlage Wendelstein 7AS am IPP Garching hätte nachgewiesen werden können. Ein Tokamak-Reaktor habe ein stabiles Plasma, das zusammengehalten werde durch ein toroidales Magnetfeld, erzeugt mit toroidförmigen Spulen, durch ein vertikales Magnetfeld, erzeugt mit vertikalen Spulen und durch ein Magnetfeld, erzeugt durch den Plasmastrom. Der Plasmastrom werde beim TokamakReaktor "ITER" mit einer Stärke von etwa 15 MA durch einen Transformator erzeugt. Dabei komme es zu einem pul- Als Ausgangsstoffe dienten schwerer Wasserstoff (Deuterium D) und Tritium T, die - nach Überwindung der Coulomb’schen Abstoßungskräfte - unter Freisetzung einer großen Energiemenge und eines Neutrons zu Helium verschmolzen würden: D + T --> He + n + 17,62 MeV Stellarator in der Anlage Wendelstein 7-X in Greifswald (Quelle: IPP) 43 Kolloquium der Fakultät Gebäude Energie Umwelt im Sommersemester 2015 ITER ITER: Schematischer Aufbau eines Fusionsexperiments (Quelle: ITER-org) sierenden Betrieb, wobei die Gefahr von Instabiltäten bestehe. Vorteilhaft sei, dass der Plasmastrom sehr effizient aufgeheizt werde. Als Aufheizmechanismen kämen infrage: Widerstandsheizen durch Strom im Plasma; Verdichtung durch mechanische oder elektrische Kräfte; Aufheizen durch elektromagnetische Wellen im Radiowellenbereich; Einbringen von Energie durch neutrale Strahlung über Kollision; internes Aufheizen, indem Fusionsprodukte Energie ins Plasma einbringen Die Anlage JET sei die zurzeit größte Maschine; der Radius betrage 7,5 m, das Gewicht 4000 t, das Plasmavolumen 80 m3 und das Plasmagewicht 0,02 g, das Magnetfeld 4,0 T und die Plasmastromstärke 5 MA. Im Jahr 1973 seien erste Entwicklungen aufgenommen worden; 1977 sei der Standortbeschluss zugunsten von Culham in Großbritannien gefallen. 1979 habe die Errichtung begonnen, und 1983 sei das erste Plasma erzeugt worden. Die Anlage Wendelstein 7-X in Greifswald sei das zurzeit größte StellaratorExperiment. Das Magnetfeld leiste 3 T; der Radius betrage 5,5 m; das Plasmavolumen umfasse 30 m3; die Pulsdauer sei 30 min; die Heizleistung betrage 10 MW. 1994 sei mit der Errichtung begonnen worden; 2014 sei der Zusammenbau abgeschlossen worden, und 2015 sei der Betriebsbeginn. Die Anlage ITER sei das zurzeit größte Fusionsexperiment im Bau. Beschlossen beim Gipfeltreffen Reagan/Gorbatschow, sei 1998 der Bericht zur "abschließenden Konstruktion" erfolgt; darauf sei eine Umkonstruktion mit dem Ziel der Kostensenkung (~ 6 Mrd. US-$ zu dieser Zeit) vorgenommen worden, und 2005 der Standortbeschluss zugunsten von Cadarache in Frankreich gefallen. 2008 sei 44 mit der Errichtung begonnen worden. Etwa um 2020 werde mit dem "ersten Plasma" gerechnet; um 2027 solle ein Deuterium-Tritium-Plasma erreicht werden. Die Aktualisierung von Kosten und Terminen für die Anlage ITER werde zu Ende 2015 vorgestellt. Der Anlagenradius betrage 15 m, das Gewicht 15.000 t, der Plasmaradius 6,2 m, das Plasmavolumen 837 m3, das Magnetfeld 5,3 T, die Plasmastromstärke 15 MA, die Heizleistung 73 MW, die Fusionsleistung 500 MW und die Pulsdauer mehr als 300 Sekunden. Dr. rer. nat. Wolfgang Walter ging im Folgenden auf das Phänomen der Supraleitung ein: Hierbei sei der elektrische Widerstand genau null; sie trete in bestimmten Werkstoffen auf, die unter eine charakteristische kritische Temperatur heruntergekühlt würden. Supraleitung werde seit Jahrzehnten erfolgreich angewandt - u. a. bei wissenschaftlichen Großprojekten. Weltweit würden jährlich supraleitende Drähte von über 200.000 km Länge hergestellt. Supraleitende Drähte in Standardausführung kosteten weniger je Ampere und Meter als Kupferdraht; jedoch würden die Kosten vor allem durch das Herunterkühlen auf sehr niedrige Temperaturen bestimmt; die Entwicklung eines Supraleitungs-Systems sei eine komplexe Angelegenheit. Um einen supraleitenden Magneten betreiben zu können, müsse man Temperatur, Stromstärke und magnetische Feldstärke unterhalb jeweils kritischer Werte halten. Es gebe unterschiedliche Konzepte für einen Tieftemperaturbetrieb der Magneten von Anlagen für die Kernfusion. Üblich seien: Badkühlung: Der kalte Magnet werde in einem Kryostaten angeordnet und sei von einer Kühlflüssigkeit (typischerweise flüssiges Helium LHe) umgeben. Zusätzlich werde flüssiger Stickstoff (LN2) als "Kälteschild" gegenüber der Umgebung genutzt. Kühlung durch Wärmeleitung bzw. "Kälteleitung": Die Tieftemperatur werde mithilfe eines speziellen Kryo-Kühlers erzeugt. Vom "kalten Finger" des Kühlers werde die Tieftemperatur allein mithilfe hochwärmeleitfähiger Materialien (meist speziellem Kupfer) zum Magneten gebracht; LHe und LN2 seien dabei nicht erforderlich. Zwangskühlung (Forced Flow cooling): Das supraleitende Kabel enthalte einen Kühlkanal. Durch diesen Kanal werde das Kühlmittel in Form einer Zwangsströmung hindurchgeführt. Die supraleitenden Drähte stünden mit dem Kühlmittel, das immer wieder abgekühlt werde, in unmittelbarer Berührung. Dieses Verfahren ermögliche eine hohe Kälteleistung, wobei nur ein vergleichsweise begrenzter Volumenstrom des Kühlmittels benötigt werde. Zusätzlich könne das Rohr als Strukturmaterial genutzt werden. Tiefgekühlter Supraleiter für Wendelstein 7-X Dr. Walter ging darauf auf Fragen der Magnetspulen ein: Ein moderner Stellarator verwende spezielle, dreidimensionale Spulen, auch als "nicht-ebene" Spulen bezeichnet. Sie würden zusammen mit ebenen Spulen für die Magnetfeldveränderung eingesetzt, um ein verdrilltes Magnetfeld zu erzeugen, das für den Plasmaeinschluss sorge. Die Fertigung solcher supraleitenden Spulen sei ein sehr anspruchsvoller Prozess, der auf dem Einsatz von Hochtechnologien beruhe. Hierfür seien spezielle Fertigungsvorrichtungen und Herstellungsverfahren zu entwickeln. Daher sei es von Bedeutung, zunächst Prototypen herzustellen, anhand derer das Fertigungsverfahren qualifiziert werde. Die Anwendung der Supraleitung habe weitreichende Auswirkungen auf den Fertigungsvorgang: Die Werkstoffauswahl sei eingeschränkt; weiter müssten Kolloquium der Fakultät Gebäude Energie Umwelt im Sommersemester 2015 durch" zu überprüfen. Man konzentriere sich vor allem auf geometrische, hydraulische und elektrische Überprüfungen. Wendelstein 7-X: Anordnung der Magnetspulen Design einer Magnetspule Mechanische Bearbeitung einer Magnetspule Effekte wie z. B. die thermische Schrumpfung des eingesetzten Werkstoffs berücksichtigt werden. Doch überwögen die Vorteile der Supraleitung, die in kompakten Spulenabmessungen und begrenzten Betriebskosten bestünden. Gegenwärtig stütze man sich auf bestimmte Standardwerkstoffe, insbesondere NbTi or Nb3Sn. Künftig könnten sich jedoch bei neuen Kernfusions-Projekten wie DEMO und HTS grundlegende Änderungen bei der Konstruktion und der Herstellung von Spulen ergeben. Der Vortragende stellte im Folgenden die einzelnen Teilschritte bei der Spulenfertigung vor. Er machte dabei auch auf die umfassenden Maßnahmen zur Qualitätssicherung aufmerksam: Die Qualitätssicherung sei deshalb wichtig, weil das Spulen-Herstellungsverfahren ein komplexer Vorgang sei, bei dem Unregelmäßigkeiten unbedingt auszuschließen seien, weil dies zu einem vollständigen Verlust einer Spule führen könne. Erschwerend sei, dass es nicht möglich sei, während des Herstellungsvorgangs etwa die Qualität der Supraleitung "zwischen- Zusammenfassend merkte Dr. rer. nat. Walter an: Die Stromerzeugung aus Kernfusionsenergie sei eine wichtige Option für den künftigen Energiemix, jedoch keine Kurzfrist-Lösung. Es gebe belastbare Konzepte für Fusionsanlagen, insbesondere Tokamak und Stellarator, deren Eignung in Experimenten im Groß-Maßstab nachgewiesen sei. Die Anlage ITER sei der letzte große experimentelle Schritt zum geplanten Demonstrationsreaktor DEMO. Es gebe nach wie vor technische Herausforderungen auf diesem Weg. Dies habe im Vortrag am Beispiel der Fertigung von supraleitenden Spulen verdeutlicht werden können. Solche supraleitenden Spulen seien nunmehr so weit entwickelt, dass sie von hochspezialisierten Industrieunternehmen in der NbTi- und Nb3Sn-Technologie hergestellt werden könnten. Laufende Studien für den Demonstrationsreaktor DEMO bezögen diese Technik mit ein. Das ITER-Projekt komme voran, wobei man große Anstrengungen darauf richte, das Projekt umzustrukturieren und zu verbessern. Zu Ende 2015 werde man dazu mehr erfahren. Die Anlage Wendelstein 7-X werde in Kürze fertig gestellt sein. Mit ihm werde es möglich sein, wichtige Ergebnisse für die weitere Entwicklung der Kernfusion und für den Bau und Betrieb künftiger Kernfusions-Kraftwerke zu gewinnen. O Einbringen der Wicklung in das Magnetspulen-Gehäuse Endbearbeitung einer Magnetspule Flexibilisierung konventioneller Kraftwerke: Hilft, Probleme mit fluktuierend eingespeistem Grünstrom zu bewältigen Der fünfte Vortrag fand am 24. Juli 2015 statt. Dieser wurde von Prof. Dr.-Ing. Timm Heinzel von der Fakultät Gebäude Energie Umwelt (GU) der Hochschule Esslingen unter dem Titel “Flexibilisierung konventioneller Kraftwerke unter den Rahmenbedingungen der Energiewende am Beispiel der Absenkung der Mindestlast” gehalten. Der Referent verdeutlichte zu Beginn, dass durch die Energiewende eine Veränderung der Einsatzbedingungen für konventionelle Kraftwerksanlagen stattfinde. Den Kraftwerken werde dabei eine neue Rolle zuteil: Deren Einsatzzeiten gingen zurück, sie hätten die Erzeugungsleistung flexibler bereitzustellen, erzielten geringere Großhandelspreise und müssten dennoch die maximale im Netz benötigte Leistung vorhalten. Im ersten Teil seines Vortrags ging Prof. Dr.-Ing. Heinzel näher auf diese neuen Rahmenbedingungen ein. Der zweite Teil behandelte konkrete Anpassungen am Kraftwerkspark, um diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden, wobei Modernisierungsmaßnahmen, Leistungssteigerungen, die Flexibilisierung der Anlagen und ein kostenoptimierter Betrieb im Vordergrund standen. Im Vortrag wurde insbesondere auf Maßnahmen zur Absenkung der Mindestlast und die besonderen Herausforderungen an Heizkraftwerke eingegangen, die neben der Stromerzeugung auch die Fernwärmeversorgung sicherstellen müssen. Der Vortrag schloss mit der Darstellung der Umsetzung an drei konkreten Anlagen. Im ersten Teil verwies der Vortragende darauf, dass der Hintergrund der Energiewende in Deutschland die Forderung nach einem langfristigen Klimaschutz sei, dessen Ziel eine Senkung der Treibhausgasemissionen und eine wesentliche Dekarbonisierung im Energiebereich sei. Das Energiekonzept der Bundesregierung sehe vor, dass bis zum Jahr 2050 im Bereich der Stromerzeugung der Anteil der regenerativen Energien auf rund 80 % erhöht werden solle. Entsprechend solle eine Absenkung der konventionellen Erzeugung auf etwa 20 % stattfinden. Da ein Großteil der erneuerbaren Energien nicht grundlastfähig sei, sondern fluktuierend einspeise, bedeute dies je45 Kolloquium der Fakultät Gebäude Energie Umwelt im Sommersemester 2015 Schwerpunkte für einen flexibleren Betrieb der konventionellen Kraftwerke als Folge der Energiewende doch, dass trotz einer stark verminderten Stromerzeugung die verfügbare Erzeugungsleistung konventioneller Kraftwerke weitgehend unverändert vorgehalten werden müsse. Zudem bedinge die hohe Einspeisung von Fotovoltaik- und Windstrom weitere technische und ökonomische Herausforderungen beim Kraftwerkseinsatz: So sei eine - räumlich und zeitlich genaue - Prognose der Stromeinspeisung erforderlich, um die abzudeckende Residuallast richtig steuern zu können. Regelmäßig auftretende langanhaltende Windflauten und Wolkenperioden, wie sie typischerweise im Dezember für ein bis zwei Wochen ohne Unterbrechung auftreten könnten, erforderten hohe Reservekapazitäten. Die erhöhten Lastgradienten durch die Einspeisung aus Wind und Fotovoltaik seien durch eine entsprechend schnelle Reaktion abzufangen. Zeiten mit Überschuss-Strom aus erneuerbaren Energien erforderten den Ausbau von Speicherkapazitäten und die Nutzung vorhandener Potenziale zur Lastverschiebung. ze, steuerbare Lasten und mehr Energiespeicher erhöhten die Vollkosten der Stromversorgung. Fachliche Studien und Zukunftsszenarien belegten die naheliegende Erwartung, dass ein deutlich reduzierter und “wechselhafterer” Stromanteil konventionell erzeugt werden müsse, und dass dabei die Lastgradienten anstiegen, ohne dass auf den Leistungsvorhalt verzichtet werden könne. Dies sei mittelfristig problematisch, da in Deutschland 20 GW Kapazität aus nuklearer Erzeugung abgeschaltet würden und damit als steuerbare Last nicht mehr zur Verfügung stünden. Ohne die Kernkraftwerke verblieben derzeit etwa 90 GW einschließlich aller Altanlagen; langfristig würden 80 GW weiterhin benötigt. Einige Anlagen müssten freilich altersbedingt abgeschaltet werden, neue Anlagen würden nicht geplant, so dass mittelfristig mit keiner Überkapazität gerechnet werden könne. Eine umweltpolitisch motivierte Forderung nach zusätzlicher Abschaltung von Braun- und Steinkohlekraftwerken würde dabei zu einer deutlichen Verminderung der verfügbaren Reservekapazität führen. Verschiedene Maßnahmen wie Laststeuerungen, Ausbau der Netze usw. könnten zu einer gewissen Entschärfung der Problematik beitragen, diese jedoch nicht lösen. Auch in Zukunft würden in einer windstillen und trüben Winterperiode von beispielsweise zehn Tagen mehr als zehn Terawattstunden Strom benötigt. Deren Speicherung übersteige die mögliche, zu realistischen Kosten verfügbare Kapazität bei weitem. Für die konventionellen Kraftwerke ergebe sich damit auch langfristig die neue Rolle der Betriebsbereitschaft zur Bereitstellung der Residuallast. Weil gleichzeitig die Einsatzzeiten und die erzeugte Strommenge zurückgingen, würden die Vorhalte- und Erzeugungskosten dieser Reserveleistung deutlich ansteigen. Aufgrund des gegenwärtig gehandhabten Marktmodells des “Merit Order”, das zur Zeiten der Liberalisierung des Strommarktes ohne Berücksichtigung der Vorrangeinspeisung erneuerbarer Energien entwickelt worden sei, finde gleichzeitig eine Absenkung der Handelspreise für gehandelten konventionellen Strom statt - in Verbindung mit einer steigenden Volatilität der Preise am Spotmarkt. Durch diese Kombination entstehe die aktuelle Situation, in der viele Kraftwerksbetreiber aus Kostengründen zahlreiche Kraftwerke abschalten wollten oder den konventionellen Erzeugungsbereich – wie derzeit E.ON – ganz aus ihrem Portfolio streichen wollten. Dies wiederum habe Leistung [GW] Auch müsse gesehen werden, dass die EEG-Abgabe und weitere Folgekosten für die Stromverbraucher die Akzeptanz der Energiewende verminderten - insbesondere dann, wenn die bisher auf Deutschland beschränkte Energiewende ohne Nachahmer und damit weitgehend ohne Effekt für das Weltklima bleibe. Verschiedene technische Auswirkungen der Energiewende - z. B. die Verminderung der regelbaren Kraftwerksleistung, die erhöhte Belastung der Netze sowie deren verzögerter Ausbau - hätten eine Verringerung der Versorgungssicherheit zur Folge. Gegenmaßnahmen wie flexiblere Kraftwerke, leistungsfähigere Net46 Jan. Zeit Juli Prognose 2020 des Einsatzes der verschiedenen erneuerbaren und konventionellen Erzeugungsleistungen in einer Sommerwoche und einer Winterwoche Kolloquium der Fakultät Gebäude Energie Umwelt im Sommersemester 2015 Wirkungsgraderhöhung durch Modernisierung von Turbinen im EnBWHeizkraftwerk Heilbronn Block 7 nten die Maßnahmen am Kraftwerk Heilbronn Block 7 (Ertüchtigung der Turbinen und Anlagenoptimierung mit einer Erhöhung der elektrischen Leistung um 40 MW bei konstanter Brennstoffleistung), die Modernisierung der Niederdruckturbine am Karlsruher RheinhafenDampfkraftwerk Block 7 mit einer Leistungssteigerung von 25 MW sowie der Mitteldruck-Turbinen-Retrofit am Kraftwerk Altbach HKW 2 angeführt werden. bewirkt, dass die Netzbetreiber zur Sicherung der Stabilität des Netzes regulatorisch eingreifen müssten und derzeit die Kraftwerksbetreiber zu verpflichten hätten, auch alte, wenig umweltfreundliche Kraftwerke, die eigentlich abgeschaltet werden sollten, auch weiter am Netz zu halten. Dafür habe man eigens eine gesetzliche Regelung geschaffen. Im zweiten Teil seines Vortrags ging der Referent auf technische Maßnahmen zur Flexibilisierung moderner konventioneller Kraftwerke ein, die in jedem Fall auch weiterhin für die Bereitstellung der Residuallast im System erforderlich seien. Die Schwerpunkte für einen flexibleren Betrieb der konventionellen Kraftwerke ließen sich unter drei Überschriften zusammenfassen: 1. Effizienz: Kostenoptimierter Betrieb mit hohem Wirkungsgrad 2. Netzstabilisierung: Bereitstellung von Regelleistung, Netzstabilisierung durch die thermischen Anlagen, Notfallverfügbarkeit wie z. B. Schwarzstartfähigkeit. Insbesondere seien auch die Primärregelung und die Sekundärregelung betroffen, die bisher überwiegend durch geeignete Maßnahmen an den großen Kraftwerksblöcken sichergestellt würden. 3. Flexible Erzeugung: schnelle Verfügbarkeit durch niedrige Mindestlast, kurze Anfahrzeiten, hohe Lastgradienten und den Vorhalt hoher Leistungsreserven. Dieser flexiblere Betrieb habe technische Auswirkungen auf die Anlagen, die überwiegend für ein anderes Einsatzszenario gebaut worden seien: Der Anlagenbetrieb finde teilweise außerhalb der bisherigen Auslegungsgrenzen statt, was eine genaue Prüfung und Anpassung der Anlagentechnikerfordere. Der fluktuierende Betrieb führe zu höherem Verschleiß und verminderter Lebensdauer, und es würden andere Anforderungen an Betrieb und Instandhaltung gestellt. Als Beispiele für die Effizienzsteigerung kön- Prof. Dr.-Ing. Timm Heinzel Vor dem Hintergrund geringerer Betriebszeiten und höherer Flexibilitätsanforderungen könne auch geprüft werden, inwieweit eine Wirkungsgradverringerung hingenommen werden könne, um Anlagen mit höheren Lastgradienten und mehr Anfahrvorgängen zu betreiben, wie an Hand des Einflusses der Absenkung der Frischdampftemperatur sichtbar werde. Die Laständerungsgeschwindigkeit werde vor allem vom thermischen Verhalten dickwandiger Bauteile im Kesselund Turbinenbereich beeinflusst. Hier sei eine Abwägung und Optimierung zwischen Lebensdauereinbuße und Laständerungsgeschwindigkeit möglich. sorge für eine schnelle Verfügbarkeit gesicherter elektrischer Leistung, vermeide hohe Anfahrkosten und vermindere die Lebensdauereinbuße durch das An- und Abfahren. Eine Absenkung der Mindestlast erhöhe den Einsatzbereich der Anlage, vermindere den Brennstoffeinsatz, der benötigt werde, um die Anlage zur Leistungsabsicherung am Netz zu halten; damit werde besonders im Anlagenverbund die Flexibilität des Gesamtsystems zur Absicherung der Residuallast, des Lastausgleichs und der Bereitstellung von Regelenergie erhöht. Diese Maßnahmen beträfen die Kohlekraftwerke, da gasgefeuerte Anlagen von vornherein flexibler seien, deren Anlagenbestand aber deutlich geringer sei und diese Anlagen wegen der höheren Betriebskosten wesentlich seltener zum Einsatz kämen. Bei den kohlegefeuerten Kraftwerken überwiege die SteinkohleTrockenfeuerung, weshalb bei diesen das Gesamt-Potenzial zur Mindestlastabsenkung am höchsten sei. Im unteren Lastbereich stelle zunächst die Stabilität der Feuerung im 1- oder 2-Mühlenbetrieb die untere Grenze dar; es müsse naheliegenderweise eine stabile Zündung und Verbrennung im Feuerraum erfolgen. Aspekte hierbei seien unter anderem eine korrekte Flammendetektion des Flammenwächters, die Verwendbarkeit der produzierten Flugasche (Begrenzung des Anteils unverbrannten Kohlenstoffs auf weniger als 5 %), die Kohlen- Weiterhin würden Modifikationen an den Anlagen und der Einsatz neuer Techniken zur Reduzierung der dynamischen Reaktionszeiten bei Laständerungen untersucht, beispielsweise die so genannte indirekte Feuerung. Da der Mahlprozess die größte Trägheit im kohlenstaubgefeuerten thermischen Kraftwerk aufweise, ermögliche die Entkopplung von Mahlung und Feuerung eine Erhöhung der Lastrampen. Dies könne durch eine indirekte Feuerung mit einem KohlestaubPuffersilo erreicht werden. Als Beispiel einer an mehreren Anlagen realisierten Maßnahme zur Flexibilisierung des Anlageneinsatzes stellte Prof. Dr.-Ing. Heinzel die Absenkung der Mindestlast ausführlich dar. Der Mindestlastbetrieb während kurzer lastarmer Zeiten Boxerfeuerungs-Kessel: 4 Brennerebenen mit jeweils 8 Low-NOx-Einzelbrennern: Absenkung der Mindestfeuerungsleistung von 35 % auf 20 % 47 Kolloquium der Fakultät monoxidemissionen und sicherheitstech- können. Die Auswirkungen auf die weite- Gebäude Energie Umwelt (GU) nische Aspekte des Feuerungsbetriebs. ren Komponenten seien unerheblich im Wintersemester 2015/2016 Kolloquium der Fakultät Gebäude Energie Umwelt im Sommersemester 2015 Die Maßnahmen seien an typischen Bestands-Steinkohlefeuerungen dreier großer Heizkraftwerke der EnBW durchgeführt worden. Die Blöcke unterschieden sich u. a. hinsichtlich des Feuerungskonzeptes (Boxerfeuerung und Tangentialfeuerung) und der Dampfentnahme aus dem Wasser-Dampf-Kreislauf. Es seien Mittellast-Kraftwerksblöcke mit 450 MW bis 800 MW elektrischer Bruttoleistung. Alle drei Anlagen verfügten über eine hohe Fernwärmeauskopplung. Am ersten Block mit einer Boxerfeuerung mit vier Brennerebenen mit jeweils acht Low-NOx-Einzelbrennern sei die zulässige Feuerungsleistung von etwa 35 % auf rund 20 % abgesenkt worden - sowohl im üblichen ZweiebenenBetrieb als auch im neuen EinebenenBetrieb. Die Feuerungsstabilität werde dabei durch Flammenwächter an jedem einzelnen Brenner abgesichert. Auch bei einer Tangentialfeuerung habe eine Absenkung der Last und die Einführung eines stabilen Einebenen-Betriebs erreicht werden können. Bei dieser Anlage sei es möglich, die Feuerung im Einmühlenbetrieb bis auf etwa 15 % der Maximallast abzusenken. Diese erhebliche Reduzierung erfordere begleitende Maßnahmen zur Stabilisierung der Kesseltemperatur. Zum einen seien die obersten Feuerungsebenen für den Einebenen-Betrieb ausgewählt worden. Zudem werde die Feuerung mit hohem Luftüberschuss betrieben. Dadurch werde eine relativ kältere Flamme und eine erhöhte spezifische Rauchgasmenge erzeugt. Insgesamt werde anteilig weniger Wärme im Verdampferbereich und mehr im Überhitzerbereich übertragen. Dadurch sei eine zu starke Absenkung der Dampftemperaturen vermieden worden. Als ein wesentliches weiteres Kriterium sei hier die Einhaltung der DeNOx-Mindesttemperatur zu nennen, die durch die Kombination der genannten Maßnahmen in allen Anlagen habe sichergestellt werden gewesen oder hätten mit geringem Aufwand beherrscht werden können. Eine Besonderheit stellten die großen Heizkraftwerke mit Einbindung in die Fernwärmeversorgung dar. Diese würden überwiegend stromgeführt betrieben; die Fernwärme sei das Zweitprodukt. Hier sei eine Optimierung des Anlagenbetriebs erforderlich, um den Einsatz teurer, in der Regel öl- oder gasgefeuerter Reserveanlagen zu minimieren. Die Absenkung der Mindestlast könne, wenn sie eine Fernwärmeauskopplung weiterhin zulasse, für diese Anlagen einen Vorteil (in der Kombination der Bereithaltung der schnellen Verfügbarkeit bei minimaler Leistung und gleichzeitiger Fernwärmeproduktion) mit sich bringen. Die Verschaltung der einzelnen Anlagen habe einen großen Einfluss. In einer Anlage entstehe durch die Fernwärmeauskopplung ein zusätzlicher Vorteil im Mindestlastbetrieb, bei der anderen Anlage trete eine Einschränkung auf. Dies werde von der Einsatzplanung der Anlagen entsprechend berücksichtigt. Die elektrische Mindestlast habe bei Anlage 1 (Nominallast 430 MW) von 160 MW auf 80 MW reduziert werden können, bei Anlage 2 (Nominallast 510 MW) von 170 MW auf 100 MW und bei Anlage 3 (Nominallast 750 MW) von 200 MW auf 105 MW. Eine Übertragung auf weitere Anlagen sei im Gange. Insgesamt sei festzuhalten, dass sich die Betreiber konventioneller Kraftwerke den neuen Aufgaben im Rahmen der Energiewende stellten und diese unter anderem durch eine Flexibilisierung der Anlagen umsetzten. Nach den Nachrüstungen der letzten Jahre, die der Wirkungsgradoptimierung und der Leistungssteigerung gedient hätten, sei nunmehr die Absenkung der Mindestlast eine wichtige Maßnahme; in Zukunft gehe es um weitere Maßnahmen für einen möglichst flexiblen und kostengünstigen Betrieb. O Auch im Wintersemester 2015/16 finden an der Hochschule Esslingen sechs Veranstaltungen im Rahmen des "GU-Kolloquiums" statt. Die Referenten beschreiben neue Entwicklungen in ihren Arbeitsgebieten, zeigen Verbindungen zwischen Industrie, Wirtschaft sowie Hochschule auf und geben der technisch-wissenschaftlichen Diskussion Impulse. Dies sind die Vorträge: Mittwoch, 7. Oktober 2015: Der EnBW-Modellversuch “Flexibler Wärmestrom” als ein Umsetzungsbeispiel für ein Lastmanagement in der Energiewende Dr. Holger Wiechmann, Senior Manager EnBW, Dipl.-Phys. Thomas Losinger, Projektmanager EnBW Mittwoch, 21. Oktober 2015: Condition-Monitoring technischer Anlagen Dr. Uwe Braun, Key Account Director Stadtwerke/EnBW, GE Germany Mittwoch, 4. November 2015: Die Digitalisierung in der Baubranche - Building Information Modeling (BIM) in der Anwendung Dipl.-Ing. (FH) Steffen Schönfeld, Geschäftsführer Wolff & Müller Partnering GmbH & Co. KG Mittwoch, 18. November 2015: Lebensmittel zu schade für die Tonne Prof. Dr.-Ing. Martin Kranert, Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft der Universität Stuttgart Mittwoch, 2. Dezember 2015: Energieeffizienter Einsatz industrieller Rückkühltechnik und hybride Trockenkühlung Dipl.-Ing. (FH) Thomas Rack, Vertrieb Hybridkühler, Jaeggi Hybridtechnologie AG Mittwoch, 16. Dezember 2015: Weizen ein Eckpfeiler der Welternährung Dr. Hans-Joachim Braun, Director Global Wheat Program, and CRP WHEAT CIMMYT, Mexiko EnBW-Heizkraftwerk Altbach/Deizisau 48 Zugehöriges Schaltschema Die Vorträge finden um 17.30 Uhr im Gebäude 8, Hörsaal S 8.008 am Standort Stadtmitte der Hochschule Esslingen (HE), statt.
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