Januar 2016

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WIRPLUS Januar 2016
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30 Ernst Deiss
10 000 voll!
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144 SEITEN FASZINATION WIR
80 Jahre sind seit der Gründung der WIR Bank Genossenschaft vergangen. Das Buch «Faszination WIR – Resistent
gegen Krisen, Spekulationen und Profitgier» beleuchtet Aspekte einer spannenden Firmengeschichte, setzt dazu
bereits beim Börsencrash von 1929 ein und zeigt die Zukunftschancen der Komplementärwährung WIR auf. Das
Buch ist im Buchhandel erhältlich, kann zu einem Vorzugspreis, aber auch über die WIR Bank bezogen werden.
Das WIR-System der WIR Bank unterstützt die Schweizer Binnenwirtschaft und ist in seiner Grösse und Nachhaltigkeit weltweit einzigartig: Was 1934 als Netzwerk von 300 Firmen und
Privaten begann, umfasst heute 50 000 KMUs, die 2013 unter
sich einen Mehrumsatz von 1,43 Mrd. CHW generierten. In seinem
Buch «Faszination WIR» zeigt Hervé Dubois auf, wie diese spannende Erfolgsgeschichte möglich war, welche Hürden dabei genommen werden mussten und was auch in Zukunft der okönomische Nutzen einer Komplementärwährung in einer von
Wachstums- und Profitdenken geprägten Wirtschaftsordnung ist.
Hervé Dubois wurde in La Chaux-de-Fonds geboren und wuchs
in Zürich auf. Nach der Matur studierte er Wirtschaftswissenschaften und Publizistik an der Hochschule St. Gallen. Während
20 Jahren war Dubois in der Region Basel als Redaktor bei
Tageszeitungen, bei der Schweizerischen Depeschenagentur
und als Radiojournalist tätig. 1995 wechselte er zur WIR Bank
Genossenschaft, wo er bis zu seiner Pensionierung 2014 als
Kommunikationsleiter tätig war. Heute lebt Hervé Dubois im
Wallis.
Faszination WIR – Resistent gegen Krisen, Spekulationen
und Profitgier. 144 Seiten, Hardcover, Leinenstruktur
mit Prägung
Erhältlich ist das Buch in allen Buchhandlungen (ISBN 978-303781-075-0) zum Preis von 34 CHF (Richtpreis).
Das Buch kann – solange der Vorrat reicht – auch über die WIR
Bank zum Vorzugspreis von 20 CHF oder 20 CHW bezogen werden, und zwar
– über das Webformular auf www.wirbank.ch/buch*
– per Post mit dem unten stehenden Talon*
– per E-Mail (s. Talon)*
– in den Filialen und Agenturen der WIR Bank
– an den folgenden Veranstaltungen der WIR Bank (s. S. 41):
• WIR-Messe Zürich
• Herbstgespräche im KKL Luzern (für Stammanteilhalter/-innen)
• WIR-Business-Treffs
* Portokosten werden nicht verrechnet
✂………………………………………………………….............................……........………….…………......................…………………….............................…….......
TALON
Bitte senden Sie mir
….... Exemplar(e) des Buchs «Faszination WIR» zum Preis von 20 Franken/Exemplar an diese Adresse:
Firma:……………………………………….............................……................................................
Vorname/Name: ……………………………………….............................……................................................
Strasse:……………………………………….............................……................................................
PLZ/Ort: ……………………………………….............................……................................................
Unterschrift:……………………………………….............................……................................................
Ich bezahle mit WIR. Bitte belasten Sie mein WIR-Konto Nr. ………………………….........................
Ich bezahle mit CHF. Bitte belasten Sie mein
Kontokorrentkonto Nr. ………..................................… Sparkonto Nr. ……….............................…........
Ich bezahle mit CHF nach Erhalt einer Rechnung (Lieferung nach Zahlungseingang)
Talon einsenden an WIR Bank, Marketing, Auberg 1, 4002 Basel. Oder bestellen Sie das Buch über das Webformular auf www.wirbank.ch/buch
oder per E-Mail bei Nadja Maurer: [email protected] (bitte gewünschte Anzahl Bücher, Adresse und Zahlart mit Kontonummer angeben).
WIRPLUS Januar 2016
SWISSNESS – SUISSITUDE – SVIZZERITÀ
EDITORIAL
Gelegentlich fehlen der deutschen Sprache griffige Worte – Begriffe, die «in a nutshell» etwas aussagen, wofür man sonst einen
ganzen Satz aufwenden müsste. Ausgerechnet die typisch
schweizerischen Eigenschaften Zuverlässigkeit, Stabilität, Solidität, Genauigkeit, Fairness, Innovation und Natürlichkeit vereinigen sich am besten nicht in einem deutschen, sondern in einem
englischen Wort: Swissness. In der Romandie begegnet man ihm
als suissitude, im Tessin als svizzerità – sicher in Anlehnung an
italianità, das ironischerweise für eher Gegenteiliges – aber nicht
minder Wertvolles – steht: Lebensfreude, Lockerheit, Unbeschwertheit.
Als durch und durch schweizerisches Produkt ist die WIR Bank
Genossenschaft zweifellos mit Swissness gesegnet. In Zukunft
will die WIR Bank diesen Wert noch stärker hervorheben, dabei
vermehrt aber auch mit Emotionen spielen: «Wir werden den
Markt mit Aktivitäten überraschen, die man von der WIR Bank
nicht erwartet», sagte Verwaltungsratspräsident Oliver Willimann
an den Herbstgesprächen in Luzern (S. 4). Bis es so weit ist,
bleibt die Katze jedoch im Sack.
Beispiel für Unternehmertum und Innovation liefern wir in diesem WIRPLUS gleich mehrfach. So hat die WIR Bank selbst mit
der Efiag eine neue Aktiengesellschaft für die Vergabe von Darlehen an Banken gegründet (S. 28); Thomas Fallegger hat nach
jahrelanger Planung ein Steinbruchprojekt oberhalb des Sarnersees umgesetzt (S. 18); der Unternehmer Ernst Deiss hat seine
Erfahrungen und Erlebnisse in das Ratgeberbuch «Glücklich bauen» umgemünzt (S. 30); am Podiumsgespräch an der WIR-Messe
Zürich drehte sich alles um die Zukunftsbranche nachhaltige
Energie, ebenfalls unter Mitwirkung von Unternehmensgründern
(S. 14); und im Beitrag «Die Co-Working-Revolution» gehen wir
zukunftsträchtigen Arbeitsformen nach (S. 22).
Wie Thomas Fallegger oder Ernst Deiss nutzt auch Aldo Liesch
mit seiner Firma Flamag AG (S. 8) die Vorteile, die das WIR-System
den Schweizer KMUs bietet – gerade auch in Zeiten grosser
Frankenstärke (S. 36). Im Rampenlicht steht die Firma heute aus
einem anderen Grund: Mit ihr ist die Zahl der Kapitalgebenden
der WIR Bank Genossenschaft auf 10 000 angewachsen. Wie
9999 weitere Personen und Firmen gehört sie also zu den Besitzern von Stammanteilen der WIR Bank Genossenschaft. Diese
haben – wie auch in der «K-Geld»-Ausgabe vom Dezember 2015
nachzulesen ist – nicht nur vom Wertzuwachs der Stammanteile,
sondern auch von jährlichen Dividenden von 2 bis 2,5% profitiert
und gleichzeitig ihre Verbundenheit zu einem Unternehmen ausgedrückt, das Swissness liebt und lebt.
DANIEL FLURY
1
WIRPLUS Januar 2016
INHALT
SEITE 4
SEITE 11
Wird in Basel das geplante Ozeanium gebaut, sind der Zoo Basel
und die WIR Bank direkte Nachbarn. An den Herbstgesprächen
in Luzern sind sich die beiden Institutionen schon einmal nähergekommen.
An der 72. WIR-Messe in Zürich war «alles anders». – Mit einer
Neukonzeption reagierte die Messeleitung auf den zunehmenden Druck, dem praktisch alle Messen ausgesetzt sind.
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WIRPLUS Januar 2016
4 ZWEI BASLER INSTITUTIONEN
TREFFEN SICH
Herbstgespräche der WIR Bank
8 10 000 – UND ES GEHT WEITER!
11 EINE SACKSTARKE SACHE
72. WIR-Messe Zürich im Zeichen des Neubeginns
14 EIN SOLARZELLENGÜRTEL
FÜR DIE ERDE?
Podium an der WIR-Messe Zürich
16 BEWEGENDER SPENDENLAUF
ZWISCHEN BÄR UND STEINBOCK
18 MIT STEINEN GEGEN WASSER
Fallegger AG
22 DIE CO-WORKING-REVOLUTION
25 20 JAHRE GLEICHSTELLUNGSGESETZ
28 NEUE EMISSIONSZENTRALE
FÜR DIE «KLEINEN»
Efiag
30 GLÜCKLICH BAUEN? DAS GEHT!
34 DER WIEDERKEHRENDE KUNDE
36 SCHWEIZER KMUS EIN JAHR
NACH DEM FRANKENSCHOCK
SEITE 30
Haus und Pfusch werden oft in einem Atemzug genannt. Der
Bauunternehmer Ernst Deiss weiss, wie ein Hausbau nicht zum
Albtraum wird. Sein Buch «Glücklich bauen» erscheint diesen
Monat.
Dr. Richard Schwertfeger
39 WENN DER FRIEDHOFSGÄRTNER
MEIN GRAB AUFHEBT
Kolumne Willi Näf
40 CARTOON
41 AGENDA
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WIRPLUS Januar 2016
ZWEI BASLER INSTITUTIONEN
TREFFEN SICH
HERBSTGESPRÄCHE DER WIR BANK IM KKL LUZERN
Geht alles nach Plan, sind der Zoo Basel und die WIR
Bank Genossenschaft ab 2021 direkte Nachbarn:
Olivier Pagan, Direktor des Basler «Zolli», erläuterte als
Gastreferent an den Herbstgesprächen der WIR Bank
die Pläne für den nächsten Ausbauschritt: das
Ozeanium an der Heuwaage. Auch die WIR Bank
Genossenschaft will in den kommenden Jahren von
sich reden machen.
Sieht man vom Basler Münster und der Basler Fasnacht ab, haben alle Wahrzeichen der Stadt am Rheinknie ihren Ursprung in
der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts: die chemische Industrie, der
FC Basel, die erste von einer staatlichen Behörde betriebene
elektrische Strassenbahn der Schweiz – und der Zoologische
Garten, kurz «Zolli». 1874 vom Ornithologischen Verein Basel
ausserhalb der Stadt am Flüsschen Birsig gegründet, liegt er
heute eingezwängt zwischen Häuserzeilen, Strassenzügen und
Tramgleisen. Für Zoodirektor Olivier Pagan eine spannende
Ausgangslage: «Diese Grenzen sehe ich als Vorteil, denn man
überlegt sich drei Mal, was man tut!»
Wussten Sie …
… dass im Zoo Basel Wanzen für die Blutentnahme bei
Giraffen eingesetzt werden? Die winzigen Blutwanzen
werden an einen Faden gebunden und auf das Tier
gesetzt. Sobald die Wanze sich vollgesogen hat – sie wird
dabei etwa daumendick –, wird sie punktiert und das
Giraffenblut kann untersucht werden.
«Basel liegt am Meer»
Gut überlegt haben sich die Zooverantwortlichen den Bau eines Ozeaniums und damit die auf absehbare Zeit letzte mögliche Ausbauetappe. Klar, gehört ein Ozeanium in ein Binnenland, findet Pagan – und vor allem nach Basel, das durch die
«Nabelschnur» Rhein direkt mit der Nordsee verbunden sei –
und damit eigentlich am Meer liege. Schon seit 40 Jahren zeigt
der «Zolli» in seinen Vivarien die Tierwelt von Küstengewässern
und von Süsswasserhabitaten. «Wir haben grosse Erfahrung
mit der ‹nassen Welt› und wollen im Ozeanium künftig auch die
Hoch- und Tiefseefauna zeigen», so Pagan. 30 Themen sollen
den Besuchern insbesondere den Atlantik und das Südpolarmeer nahebringen. Zuoberst auf dem Wunschzettel steht ein
ganzes Korallenriff, denn das Artensterben sei in den letzten
30 Jahren nirgends so drastisch gewesen wie unter den Korallen. Von den 100 Millionen CHF, die für das Ozeanium «mit internationaler Ausstrahlung» nötig sind, hat ein privater Mäzen
bereits 30 Millionen zugesichert. Den Rest erhofft sich der Zoo-
«Tierisch gut» lautete das Motto der Herbstgespräche im KKL Luzern – das Bühnenbild unterstreicht es.
4
WIRPLUS Januar 2016
Wussten Sie …
… dass Gemüse, Früchte und Getreide im Zoo Basel die
meistverzehrten Nahrungsmittel sind? 58 t Karotten, 32 t
Randen, 26 t Äpfel, 12 t Bananen und 13 t Getreide
stehen 18 t Süsswasserfischen, 19 t Salzwasserfischen
und 19 t Fleisch gegenüber. Wie komme ich zu Futter,
ohne selbst Futter zu werden? – Dieses grundlegende
Naturprinzip ist in einem Zoo zwar weitgehend ausgehebelt, aber auch hier gilt gemäss Zoodirektor Olivier Pagan:
«Raubtiere essen auch in 20 Jahren keinen Tofu!»
direktor von weiteren Mäzenen, von Stiftungen, vom Lotteriefonds und von Spenden aus der Bevölkerung.
Dicke Stäbe haben ausgedient
Zu den wichtigsten Funktionen eines Zoos gehören – neben
Artenschutz, Forschung und Wissensvermittlung – das Erlebenlassen von Lebensräumen und die Begegnung mit Tieren. Das
war nicht immer so. Bei der Löwenhaltung beispielsweise ging
es bis in die 50er-Jahre vor allem auch darum, mit dicken
Eisenstangen die Wildheit und Gefährlichkeit dieser Raubkatzen zu zeigen. Auch in Basel waren triste Käfige vorherrschend,
bis das Raubtierhaus für mehr Strukturen und Rückzugsmöglichkeiten sorgte. Und erst seit den 90er-Jahren sind die Löwen
in ihrem natürlichen Habitat erlebbar.
Viel hat sich auch in der Haltung der Elefanten getan. Der Wärter wird nach Fertigstellung der Elefantenanlage «Tembea»
(www.zoobasel-tembea.ch) nicht mehr in die Hierarchie der
Herde integriert sein – «er spielte jeweils den Chefelefanten,
um sich durchzusetzen» –, sondern wird ausserhalb der matriarchal organisierten Herde stehen und nicht mehr mit den
Tieren interagieren. Auch die Gemeinschaftshaltung von Tieren
wird überall, wo es Sinn macht, umgesetzt. Sie erlaubt den verschiedenen Tierarten das Ausleben ihres Verhaltensrepertoires,
vorausgesetzt, es sind genügend Ausweich- und Rückzugsmöglichkeiten vorhanden.
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WIRPLUS Januar 2016
«Menschenaffen auf dem Balkon?!» Germann Wiggli, Vorsitzender der
Geschäftsleitung der WIR Bank, passte sich dem Bühnenbild im KKL
Luzern an und erlaubte sich einige Spässe.
Oliver Willimann, VR-Präsident der WIR Bank: «Wie der Basler ‹Zolli› ist
auch die WIR Bank dabei, das Unternehmen zu erneuern und fit für die
Zukunft zu machen.»
«Und wo ist mein Heu?»
Rund 700 der mittlerweile 10 000 Kapitalgebenden (vgl. Beitrag
auf S. 8) der WIR Bank Genossenschaft fanden sich zu den
Herbstgesprächen im KKL ein, und sie vernahmen staunend, welche Mengen an Nahrungsmitteln die Zoobewohner jährlich vertilgen: 58 Tonnen Karotten und etwa die gleiche Menge Fleisch
und Fisch gehören dazu. Hier wurde Germann Wiggli, Vorsitzender der Geschäftsleitung der WIR Bank, hellhörig: «Ich vermisse
meine Heulieferungen», meinte er scherzhaft. In der Tat hat er als
Junge mit dem Traktor Heu vom elterlichen Hof in den Zoo geführt: «Es wurde von den Elefanten sehr geschätzt!»
Ob die WIR Bank Genossenschaft wie der «Zolli» zu den Wahrzeichen der Stadt Basel gehört, blieb an den Herbstgesprächen offen. Eine Gemeinsamkeit wurde dafür umso deutlicher: Weder
der Zoo Basel noch die WIR Bank will sich
auf dem Erreichten ausruhen.
«Nichtstun ist
eine vollwertige
biologische Tätigkeit», versicherte zwar
Zoodirektor Olivier Pagan, in
der Unternehmenswelt wäre diese
Einstellung jedoch fatal.
Kein Elefant im Porzellanladen
Die Pläne der WIR Bank erläuterten Oliver Willimann, Verwaltungsratspräsident, und Germann
Wiggli, Vorsitzender der Geschäftsleitung. Zu den
wichtigsten Zielen gehört der Ausbau des KMU-Netzwerks, das die Geschäftskunden der Bank durch die
6
Wussten Sie…
… dass im Zoo Basel mehr Tierarten zwischen als in den
Gehegen leben? Der «Zolli» zeigt 6400 Tiere aus 604 Arten,
doch «die grüne Oase mitten in der Stadt» wird von
weiteren 3110 Arten bevölkert, wie eine zweijährige
Studie gezeigt hat. Davon stehen 113 Arten auf der
Roten Liste, 75 sind anderswo in der Schweiz noch nicht
nachgewiesen worden, und von 31 Arten wusste man
zuvor nicht, dass sie auch in Basel existieren.
Teilnahme am WIR-System bilden. «Wir sind davon überzeugt,
dass, je grösser und feinmaschiger das Netzwerk ist, je höher die
Qualität der einzelnen Mitglieder und die Solidarität untereinander ist, desto grösser ist der Nutzen für den einzelnen Betrieb
und für das ganze Netzwerk. Denn alle haben das gleiche Ziel: Sie
wollen mehr Umsatz und mehr Ertrag», so Wiggli. Der Nutzen
dieses Netzwerks zeigt sich gerade jetzt deutlich: Unter der Frankenstärke leiden der Tourismusbereich und der grenznahe Detailhandel. Das auf Solidarität fussende WIR-System verhilft einem
betroffenen KMU zu neuen Kunden und ermöglicht ihm, bestehende Kunden zu binden. Der Ausbau von heute 45 000 auf mittelfristig 100 000 scheine zwar ambitiös, doch sei er zu schaffen,
WIRPLUS Januar 2016
Zoodirektor Olivier Pagan ist Neuchâtelois, hat sich aber während seiner
Tätigkeit als Zootierarzt und – seit 2002 – als Zoodirektor reinstes
Baseldeutsch angeeignet.
indem aus dem Netzwerk eine eigentliche Erlebniswelt geformt
werde, die auch junge, innovative KMUs und Start-ups anspreche. «Wir werden den Markt mit Aktivitäten überraschen, die
man von der WIR Bank nicht erwartet!», sagte Oliver Willimann
und versicherte dabei, dass man die Elefanten im Zoo belasse:
«Bei der Optimierung des WIR-Systems wollen wir uns aber nicht
wie ein Elefant im Porzellanladen bewegen, sondern mit der
nötigen Um- und Weitsicht vorgehen.»
Tierisch gute Zukunft
Neue Prozesse, neue Beratungskonzepte, neue Instrumente, die
transparent, bequem und einfach sind, Ausbau der digitalen
Kanäle – ins Detail wollten weder Willimann noch Wiggli gehen,
Wussten Sie …
… dass der «Zolli» ein internationales Kompetenzzentrum in der Panzernashornzucht ist, seit 1972 das
internationale Zuchtbuch für Panzernashörner führt und
seit 1990 das europäische Erhaltungszuchtprogramm
koordiniert? Eine Frucht dieser Arbeit war im Oktober
2013 die Geburt des Panzernashorns Kiran. Diese Tierart
war einst überall zwischen Pakistan und Burma heimisch,
heute leben in freier Wildbahn nur noch kleine Populationen in acht Nationalparks. Wanderkorridore zwischen
diesen Parks existieren nicht. Das Führen eines internationalen Zuchtbuchs verhindert Inzucht und sichert das
Überleben dieser Tierart.
Elefantenrunde mit Wiggli, Willimann und Pagan, moderiert von Volker
Strohm (3.v.l.), Mediensprecher und Social-Media-Verantwortlicher der
WIR Bank.
denn noch steht ein
knappes Jahr harte Arbeit
vor den verschiedenen Projektteams. Die Erneuerung der WIR
Bank soll aber auf keinen Fall auf Kosten
der Privatkunden gehen. «Wir benötigen zwei
grundsolide Standbeine, nämlich den WIR- und
den Schweizer-Franken-Bereich», so Willimann. Und
Germann Wiggli versicherte: «Wir sind fest entschlossen,
unsere Spar- und Vorsorgeprodukte auch künftig zu Konditionen
anzubieten, die zu den besten im Markt gehören.»
Swissness, Qualität, Zuverlässigkeit und Innovationskraft: Diese
Werte charakterisieren auch künftig die Ausrichtung erfolgreicher KMUs in unserem Land, und auf diese Werte treffen sie als
Kunden der WIR Bank Genossenschaft. Das Fazit Germann Wigglis
am Ende der Herbstgespräche: «Die WIR Bank der Zukunft wird
tierisch gut!»
DANIEL FLURY
www.zoobasel.ch
www.ozeanium.ch
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WIRPLUS Januar 2016
10 000 – UND ES GEHT WEITER
Die WIR Bank verfügt über eine breite und weiterhin zunehmende Kapitalgeberbasis
– schon über 10 000 Stammanteilhalterinnen und -halter gibt es. Vor Kurzem wurde die
Jubiläumszahl 10 000 erreicht – mit der Firma Flamag AG aus Lantsch/Lenz.
Flamag AG ist die 10 000. Stammanteilhalterin. Gaudenzia Liesch nimmt im Namen der Firma die Glückwünsche der WIR Bank entgegen, vertreten
durch Oliver Gawrisch, Agentur Chur. Hinten: Sohn Alain und Inhaber Aldo Liesch.
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WIRPLUS Januar 2016
Flamag AG ist Alleinimporteurin der bekannten Makra-Produkte. Dank
einem grossen Lager können Kunden in der ganzen Schweiz rasch
beliefert werden.
Die Firma Flamag AG ist kürzlich die 10 000. Kapitalgeberin der
WIR Bank geworden. Die Anzahl Stammanteilhalterinnen und
-halter nimmt stetig zu – ganz im Sinne der WIR Bank, die sich
eine breite Kapitalgeberbasis wünscht. Flamag AG bekommt von
der WIR Bank zwei Stammanteile geschenkt.
Das Unternehmen vertreibt ein breites Sortiment an Produkten
in den Bereichen Befestigungstechnik, Reinigungsprodukte,
chemisch-technische Produkte, Schleifmaterialien, Werkzeuge
und Automobilzubehör.
Die Firma Flamag AG ist Alleinimporteur in der ganzen Schweiz
für sämtliche Makra-Produkte (s. Kasten).
Dank einem grossen Lager können Kunden in der ganzen Schweiz
rasch beliefert werden. Die bestellten Produkte werden von
Lantsch/Lenz aus per Post oder Kurierdienst in die ganze Schweiz
geliefert.
Der Bündner Aldo Liesch, Inhaber der Firma Flamag AG, begann
seine berufliche Karriere als Automechanikerlehrling und arbeitete nach dem Lehrabschluss einige Jahre auf diesem Beruf.
Anschliessend war er während etwa zehn Jahren bei einer
Handelsfirma tätig, die ein ähnliches Sortiment hatte wie die
Flamag AG, die er 1991 zusammen mit einem Partner gründete.
Die Firma war von Anfang an WIR-Teilnehmerin, denn Aldo
Liesch kannte das WIR-System bereits durch seine frühere
Tätigkeit als Angestellter, wo er ein Angestelltenkonto hatte.
«WIR ist sehr wichtig für uns. Wir erzielen immer etwa zwischen
5 und 10% des Gesamtumsatzes in WIR», betont Aldo Liesch,
«und viele Aufträge, bei denen wir 30% WIR in Zahlung nehmen, würden wir ohne WIR-Anteil gar nicht bekommen. Deshalb erzielen wir auch einen schönen Anteil des CHF-Umsatzes
dank WIR.»
Bestellt wird per Telefon oder via E-Mail, geliefert per Post oder
Kurierdienst.
Flamag AG
Voia Principala 31
7083 Lantsch/Lenz
Telefon081 356 60 16
Fax
081 356 60 15
[email protected]
Geschäftsführer:
Aldo Liesch, Brienz/
Brinzauls
Gegründet:
1991
Anzahl Mitarbeiter/-innen: 3
WIR-Annahmesatz:
30% bis CHF 3000.–, mehr nach Vereinbarung
Angebot
Ein breites Sortiment an Produkten in den Bereichen
Befestigungstechnik, Reinigungsprodukte, chemischtechnische Produkte, Schleifmaterialien, Werkzeuge und
Automobilzubehör. Im Angebot sind Produkte folgender
Marken: Makra, Hazet, Kraftwerk, Gedore, 3M, Philips,
Sia, Teroson, Tip Top, Cp usw.
Makra: Die Firma Flamag AG ist Alleinimporteurin in der
ganzen Schweiz für sämtliche Makra-Produkte. Makra
Norbert Kraft GmbH mit Sitz in Göppingen ist spezialisiert
auf chemisch-technische Produkte im Fahrzeugbereich
und in der Industrie. Dazu gehören Kleb- und Dichtstoffe
(z.B. für Scheibenkleben), Schleifpasten, Lackversiegelung,
Politur, Fettsprays, Farbsprays, Silikone usw. Im Weiteren
gehören auch Handreinigungsprodukte und Hautpflegemittel zum breiten Sortiment.
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WIRPLUS Januar 2016
WIR-Familien-Betrieb
Überzeugte «WIRler»
Vor gut einem Jahr übernahm Aldo Liesch den Anteil seines Partners, nachdem dieser in Pension gegangen war, und zügelte seinen
Betrieb von Wallenwil TG in die Bündner Gemeinde Lantsch/Lenz.
Nach dem Ausscheiden seines Partners und einer Mitarbeiterin
benötigte Aldo Liesch neue Mitarbeiter. Er fand sie in seiner Frau
Gaudenzia und seinem Sohn Alain. Tochter Michèle, die zurzeit
noch im Tourismus tätig ist, kommt sporadisch ebenfalls für den
Familienbetrieb zum Einsatz.
Alle Familienmitglieder sind überzeugte «WIRler» und nutzen die
Dienstleistungen der WIR Bank. Sie haben u.a. ein WIR- und
Sparkonto sowie Stammanteile.
Somit ist es ein hundertprozentiger Familienbetrieb geworden.
Gaudenzia Liesch war während vielen Jahren in einer Bank in
Lenzerheide tätig und hat eine KMU-Ausbildung abgeschlossen,
um sich auf die Tätigkeit im Betrieb vorzubereiten.
Sohn Alain ist gelernter Elektriker und hat lange gezögert, ins
elterliche Geschäft einzusteigen. Als er ebenfalls eine KMU-Ausbildung absolvierte, in der unter anderem auch die Nachfolgeregelung in KMUs thematisiert wurde, ist ihm bewusst geworden, welche Chancen die Übernahme eines gutgehenden
Geschäfts bietet.
«Mit dem privaten WIR-Konto helfen alle mit, WIR weiterzuplatzieren», erklärt Aldo Liesch. Die Firma Flamag AG verwendet WIR
z.B. für Fahrzeuge und Unterhalt, Verpackungsmaterial, Büromaterial, Werbeartikel, Spesen, Kunden-/Weihnachtsgeschenke,
die jeweils an den WIR-Messen beschafft werden. Aldo Liesch
nutzt konsequent alle Möglichkeiten, WIR weiterzuplatzieren. Im
Wareneinkauf ist dies nur teilweise möglich. Ein grosser Teil der
Produkte – Werkzeuge, Befestigungsteile, Automobilzubehör, Reinigungsprodukte usw. – wird im europäischen Ausland eingekauft, darunter auch die bekannten Makra-Produkte, für die Flamag AG Alleinimporteurin für die ganze Schweiz ist.
Dank Alain und Michèle Liesch plant der Betrieb einen Internetauftritt. Auch in Zukunft wird die Firma Flamag AG ihre attraktiven, qualitativ hochstehenden Produkte unter Annahme von
WIR-Anteilen anbieten.
ROLAND SCHAUB
Stammanteile der WIR Bank –
ein solides Investment
Wer Stammanteile der WIR Bank Genossenschaft kauft,
beteiligt sich am wirtschaftlichen Erfolg eines soliden
Schweizer Unternehmens, unterstützt die genossenschaftlich geprägte Philosophie des Unternehmens und kann
mehrfach profitieren.
–Der Stammanteil der WIR Bank Genossenschaft ist ein
dividendenberechtigtes Wertrecht mit einer attraktiven
Dividende. Im letzten Jahr betrug die Dividende 9.75 CHF
pro Stammanteil, was auf dem damaligen Jahresschlusskurs von 428 CHF eine Dividendenrendite von 2,28%
ergab. Die Ausschüttung der Dividende erfolgt bis auf
Weiteres ohne Abzug der Verrechnungssteuer und ist für
natürliche Personen in der Schweiz einkommenssteuerfrei.
–Mit dem Sparkonto der WIR Bank können Sie von einem
Spitzenzinssatz profitieren: Sobald sich mindestens 25
Stammanteile in Ihrem Kundendepot bei der WIR Bank
befinden, erhalten Sie zusätzlich zum Basiszinssatz von
0,2% einen Stammanteilbonus von 0,5%. Zusammen mit
dem Neugeldbonus von 0,3% können Sie auf dem
Sparkonto einen einmaligen Zinssatz von bis zu 1%
erreichen (Boni jeweils bis zu einem Guthaben von max.
50 000 CHF), Stand: 9.11.2015.
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Die Anlage in Stammanteile hat sich in der Vergangenheit
als lukrativ erwiesen, sowohl in Bezug auf die langfristige
Kursentwicklung als auch auf die jährliche Dividendenausschüttung. Es liegt auf der Hand, dass die bisherige
Performance des Stammanteils der WIR Bank keine Garantie
für die zukünftige Entwicklung des Titels darstellen kann.
Alle Anlagen unterliegen Marktschwankungen. Dies
erfordert eine entsprechende Risikotoleranz und -fähigkeit
seitens der Anleger.
Stammanteile kaufen
Kaufaufträge an die WIR Bank können per Internet-Banking der WIR Bank, per Post (WIR Bank, Abt. Finanzen/
Stammanteile, Postfach, 4002 Basel), per Telefon
(0848 947 947) oder per Fax (061 277 93 08) erteilt werden.
Stammanteile können am 1. und 3. Freitag eines jeden
Monats an der internen Börse der WIR Bank sowie an jedem
Bankwerktag auf der OTC-Plattform der Berner Kantonalbank gehandelt werden.
Mehr Informationen unter: www.wir.ch/stammanteile bzw.
www.wir.ch/sparen
WIRPLUS Januar 2016
EINE SACKSTARKE SACHE
DIE 72. WIR-MESSE IN ZÜRICH IM ZEICHEN DES NEUBEGINNS
Rund 200 Aussteller aus den Bereichen Haushalt, Sport, Mode, Wohnen Unterhaltung, Beruf und Freizeit, ein
WIR-Dienstleistungspark mit interessanten, KMU-relevanten Vorträgen, die Mode- und Trendshow, die Sängerin
Monique und am Samstag eine Podiumsdiskussion zum Thema nachhaltige Energie mit hochkarätigen Spezialisten
(s. S. 14) boten den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern ein spezielles Messeerlebnis.
An dieser Messe sei «alles anders», meinte Messeleiter Roland
Hartmann anlässlich der offiziellen Messeeröffnung. Tatsächlich
hat sich ziemlich viel geändert. Als Erstes fällt natürlich der neue
Messebeginn auf: Start war am Donnerstag um 16 Uhr, statt am
Freitagmorgen. Bis 18 Uhr hätten schon überraschend viele
Besucher registriert werden können, meinte Roland Hartmann
zuversichtlich.
WIR-Messe bringt mehr Kundenkontakte
Zu den weiteren Neuerungen gehörte die Konzentration auf drei
Hallen. Damit können die Auslastung optimiert und Kosten reduziert
werden. Die vorhandenen Mittel müssen effizient eingesetzt werden, denn die meisten Publikumsmessen wie auch einzelne Fachmessen sind unter Druck. Die Konkurrenz durch Internet und direkte
Absatzkanäle werde laufend grösser, betonte Roland Hartmann,
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WIRPLUS Januar 2016
Die Mozart Heroes.
Sängerin Monique mit Myrta Zumstein, Präsidentin der WIR-Gruppe Zürich.
doch es gebe nach wie vor gute Gründe für eine Messe: «Nur an
einer Messe können innert so kurzer Zeit so viele potenzielle,
direkte Kundenkontakte erreicht werden.»
Mehr Swissness – optimiertes WIR-System
WIR-Präsident Oliver Willimann nahm in seiner Ansprache Bezug
auf das Messemotto. Er meinte, dass die mittlerweile einzige WIRMesse sackstark sei und dass die Organisatoren in einem herausfordernden Umfeld eine sackstarke Arbeit leisteten. Das überarbeitete Konzept sei überzeugend, denn es biete eine ausgewogene
Mischung aus Geschäft, Wissensvermittlung und Unterhaltung.
«Sackstark ist natürlich auch das WIR-System», erklärte Oliver
Willimann, «und es soll noch besser werden.» Das WIR-System sei
schon heute mit 60 000 Teilnehmenden – 45 000 davon KMUs –
das grösste Business-Netzwerk der Schweiz. In Zukunft wolle
man weiter wachsen und den Kundenkreis verjüngen. Das System wird optimiert werden, damit der Anreiz für innovative
Unternehmen steigt, mit WIR zu arbeiten. WIR solle in Zukunft
noch stärker für Swissness, Qualität, Zuverlässigkeit und gleichzeitig Innovationskraft stehen. Abschliessend wünschte er allen
eine sackstarke Messe, gute Geschäftsabschlüsse und erfolgreiches Networken.
fängt, würde theoretisch reichen, um den gesamten Weltenergiebedarf eines Jahres zu decken.
Die Firma Flisom ist ein Ableger des Labors für Festkörperphysik
der ETH Zürich und produziert flexible Solarmodule, die sich für
innovative Anwendungen auf Dächern, Fassaden oder auf mobilen Trägern eignen. Diese Solarmodule werden laufend weiterentwickelt und optimiert. Im Weiteren erwähnte Dr. Marc Kaelin,
dass Flisom mit dem bekannten indischen Mischkonzern TATA
eine strategische Partnerschaft eingegangen ist.
Das Duo Mozart Heroes begleitete die Eröffnung mit einer originellen Kombination von klassischer Musik, Rock und Pop.
Alpine Racer und Wettbewerb
Solarenergie – grosses Potenzial für flexible Module
Am Stand der WIR Bank war der Alpine Racer vor allem beim
jüngeren Publikum ein Renner. Mit diesem Gerät konnten klassische Alpinabfahrten und Slaloms simuliert werden. Auch der
Wettbewerb der WIR Bank erfuhr eine rege Beteiligung. Für jede
Teilnahme am Wettbewerb unterstützte die WIR Bank Special
Olympics mit einem Franken. Special Olympics hilft Menschen
mit einer geistigen Behinderung, sich weiterzuentwickeln und
über Sport Anerkennung und Integration zu erfahren. Auf diese
Weise ergab sich ein Betrag von rund 600 Franken. Dieser wurde
von der WIR Bank auf 1000 Franken aufgerundet.
Dr. Marc Kaelin von der Firma Flisom AG in Dübendorf brachte in
seiner Rede das grosse Potenzial der Sonnenenergie auf den
Punkt: Die Sonnenenergie, welche die Erde in einer Stunde emp-
Gewinner des Hauptpreises – einer Übernachtung für zwei Personen im Engadiner Hotel Belvédère – war Andi Walser aus Chur.
12
WIRPLUS Januar 2016
Alpine Racer: vor allem beim jüngeren Publikum ein Renner.
Gewinner des 2. und des 3. Preises – eines Einkaufsgutscheins
über 100 CHW von Stöckli Outdoor Sports – waren Anita Altdorfer aus Kloten und Hanspeter Sihler aus Schönenberg.
Erfolgreich mit WIR und der WIR-Messe
Rund 18 000 Besucher konnte die WIR-Messe Zürich während
der vier Messetage – von Donnerstag bis Sonntag – registrieren.
Dies entspricht einem Plus von 4000 oder fast 30% gegenüber
dem Vorjahr, was darauf hindeutet, dass einerseits die neuen
Öffnungszeiten beim Publikum gut angekommen sind und anderseits das gebotene Programm auf Interesse stösst. Nach einem erfolgreichen Spezialprogramm 2014 zum Thema «Erfolgreich mit WIR» und der «Businessmeile», wo sich Start-up-Firmen
ab Gründung über die nötigen Dienstleistungen informieren
konnten, wurde in diesem Jahr mit dem Thema nachhaltige Energie an dieses Erfolgsrezept angeknüpft. Der Höhepunkt war ein
Podiumsgespräch mit hochkarätigen Spezialisten (s. S.14).
Auf grosses Interesse stiess auch die mit dem Podium thematisch
verknüpfte Sonderschau, die zwei spezielle Fahrzeuge zeigte:
Prof. Dr. David Dyntar und sein Team haben zwei ursprünglich
konventionell angetriebene Fahrzeuge – einen Lotus Evora und
einen Skoda Octavia – auf Strombetrieb umgebaut.
«Die Aussteller waren mit ihrem Messeergebnis mehrheitlich zufrieden oder sogar sehr zufrieden», erklärte Messeleiter Roland
Hartmann. Was die Öffnungszeiten anbelangt, sei der Donnerstag
Die Mode- und Trendshow .
bei den Ausstellern nach anfänglicher Skepsis besser angekommen als erwartet.
Die Messebesucher äusserten sich mehrheitlich positiv zum
Messeangebot und zum Rahmenprogramm. Die bewährte Modeund Trendshow, die Sängerin Monique sowie die Podiumsdiskussion stiessen auf grosses Interesse. Auch die Gratislose,
mit denen man viele attraktive Preise gewinnen konnte, fanden
natürlich grossen Anklang. «Das Rahmenprogramm soll die Besucher unterhalten, aber nicht vom Kaufen abhalten», betonte
Roland Hartmann, «es ist ein Imagefaktor, ohne Rahmenprogramm würde etwas fehlen, die Messe gewinnt damit an
Attraktivität, und einige Besucher würden nicht zuletzt deshalb
im nächsten Jahr wieder kommen.»
WIR im Jahr 2016 – alles wird anders
Abschliessend meinte Roland Hartmann: «Die Umfragen werden
jetzt genau ausgewertet, damit man entsprechende Schlüsse ziehen kann.» Sicher ist jetzt schon, dass es eine WIR-Messe 2016
geben wird.
Was bereits für die WIR-Messe Zürich 2015 galt, wird im Jahr
2016 auch für das WIR-System gelten: Alles wird anders. Oliver
Willimann hat es in seiner Rede («Mehr Swissness …») bereits angetönt. Mehr dazu später – lassen Sie sich überraschen.
ROLAND SCHAUB
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WIRPLUS Januar 2016
EIN SOLARZELLENGÜRTEL
FÜR DIE ERDE?
PODIUM «NACHHALTIGE ENERGIE» AN DER WIR-MESSE ZÜRICH
Einen Verfechter fossiler Brennstoffe suchte man vergebens: Zum Podium an der WIR-Messe Zürich waren
ausschliesslich Vertreter nachhaltiger Energien geladen – von einem Konsens waren die Podiumsteilnehmer
dennoch weit entfernt.
Wind, Wasser, Sonne oder doch lieber Uran? Einen «Religionskrieg» wollten die Podiumsteilnehmer nicht entfachen – Moderator Röbi Koller hätte es auch nicht zugelassen –, sie blieben aber
standfest in ihren Überzeugungen. Einigkeit herrschte immerhin
darin, dass nachhaltigen Energieformen die Zukunft gehört –
aber nicht, weil uns das Erdöl oder Erdgas ausgeht: «Der technologische Fortschritt wird das Erdölzeitalter beenden, bevor das
Erdöl aufgebraucht ist – schliesslich ging auch die Steinzeit nicht
zu Ende, weil die Steine ausgegangen sind!», sagte David Dyntar.
Der Professor ist mit seiner Suncar HK AG auch Unternehmer
und baut in Partnerschaft mit der ETH Zürich solarbetriebene
Bagger und andere Baumaschinen.
10 Franken oder 28 Rappen?
Vorläufig bestehen jedoch keine nennenswerten Anreize, um
vollständig und rasch von Erdöl auf umweltfreundliche Energien
umzusatteln. «Dazu müsste ein Liter Rohöl mindestens 10 Franken
kosten – gegenwärtig ist er für 28 Rappen zu haben, da ist ja eine
Flasche Cola um ein Mehrfaches teurer!», empörte sich Dyntar.
Auch Andy Kreuzer, Geschäftsführer der IDS-Gruppe Schweiz,
befand: «Der Einzelne muss betroffen sein – zum Beispiel durch
einen einwöchigen Stromausfall –, sonst passiert nichts.» Allerdings ist es genau die Aufgabe Kreuzers, zu vermeiden, dass es zu
einem Blackout kommt: Die IDS-Gruppe sorgt mit ihren Produkten unter anderem dafür, dass Überspannungen in einem Verteilnetz vermieden werden können.
AKW – ein Dinosaurier?
«Atomkraftwerke sind Dinosaurier – lasst unsere Kinder an der
ETH Nukleartechnologie studieren, damit wir für den Rückbau
der AKWs genügend Fachleute haben!» – Mit diesen Aussagen
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sorgte David Dyntar bei Beat Bechtold für Stirnrunzeln. Der Geschäftsführer des Nuklearforums Schweiz wies darauf hin, dass
auch in der Kerntechnologie Fortschritte gemacht werden. Die
Kernkraftwerke der neusten Generation seien sicherer und produzierten weniger Abfall. «Zudem sind die Betreiber von AKWs
die einzigen Stromproduzenten, die in die Stilllegung, in den
Rückbau und in die Entsorgung ihrer Anlagen investieren!» Wenn
das neu zusammengesetzte Parlament den Atomausstieg beschliessen würde – als wohl einziges Land –, wäre dies der falsche
Weg, vor allem bezüglich Versorgungssicherheit. Andy Kreuzer
bezichtigte Politiker, die für den Atomausstieg sind, der Augenwischerei: «Diese Politiker sind alles andere als mutig: Rund um
unser Land sind AKWs in Betrieb, die ihren Strom im Notfall noch
so gerne in die Schweiz exportieren ...»
Problem: Speicherung
IDS Schweiz sorgt dafür, dass zu jeder Sekunde genau die Menge
Strom zur Verfügung steht, die benötigt wird – unabhängig davon, ob es Tag oder Nacht ist, ob Wolken die Sonne verdunkeln
oder ob der Wind bläst. Diese Aufgabe wäre dann weniger anspruchsvoll, wenn ein Medium zur Speicherung von Strom zur
Verfügung stünde. Geteilter Meinung über die Speicherkapazitäten von Batterien waren David Dyntar und Andy Kreuzer. Letzterer war sich sicher, dass einer Batterie für den Hausgebrauch –
also in vernünftiger Grösse – nach einer Stunde der Schnauf
ausgehen würde. Dyntar verwies auf sein Einfamilienhaus, das
seit elf Jahren alle Energie von der Sonne bezieht und für die
Speicherung von Strom lediglich eine Batterie in der Grösse eines
Hockers benötige: «Hätte jeder Haushalt eine solche Batterie,
könnten Schwankungen im Stromverbrauch geglättet werden
und das Verteilnetz wäre automatisch stabiler.»
WIRPLUS Januar 2016
Diskutierten über nachhaltige Energieformen und Speichermöglichkeiten (v. l.): Beat Bechtold, David Dyntar, Andy Kreuzer, Moderator Röbi Koller, Patrick
Richter und Germann Wiggli.
Schub für Windenergie
Einen Teil zur Lösung des Energieproblems möchte auch Patrick
Richter (Agile Wind Power) beisteuern. Seine neuartigen Windturbinen sind in den Augen der Vogelschützer weniger problematisch als die herkömmlichen Anlagen mit den schnell drehenden, grossen Rotorblättern. Doch neben einigen technischen
Hürden stehen Richter – und überhaupt den Anbietern von
Windenergie in der Schweiz – die Anliegen von Landschafts- und
Denkmalschutz im Weg. «Gegenwärtig sind rund 600 Projekte
blockiert – in Deutschland kennt man dieses Problem weniger, da
man viele Anlagen ins Meer pflanzen kann.» Sowohl Sonnen- wie
auch Windenergie sollten in den Augen Richters nicht für grosse
Regionen angelegt werden: «Mehr Sinn machen viele dezentrale
Sonnen- und Windkraftwerke, die kleine Regionen erschliessen.
So wird auch der Speicherbedarf reduziert.»
Die Sonne scheint immer – irgendwo
Wesentlich weiträumiger denkt David Dyntar, auch wenn es zuletzt nur eine Vision bleibt: Wieso nicht einen Solarzellengürtel
rund um den Äquator bauen? Die Versorgungssicherheit wäre
gegeben – irgendwo scheint die Sonne immer – und mit Stichleitungen entlang der Meridiane könnten alle Länder zuverlässig
und permanent mit Solarenergie versorgt werden. «Das würde
nur einen Bruchteil der jährlichen Militärausgaben der USA kosten», war sich Dyntar sicher.
DANIEL FLURY
www.sun-car.ch
www.agilewindpower.com
www.ids-gruppe-schweiz.ch
www.nuklearforum.ch
Nachhaltigkeit und Geldsystem
Germann Wiggli ist nicht nur Vorsitzender der Geschäftsleitung der WIR Bank Genossenschaft, sondern auch
Präsident der Kehrichtbeseitigung Laufental - Schwarzbubenland AG (Kelsag) und Vizepräsident der Raurica
Wald AG, die unter anderem an der Holzkraftwerk Basel
AG beteiligt ist. In allen drei Funktionen ist Wiggli mit
Fragen der Nachhaltigkeit konfrontiert. So prüft der
Verwaltungsrat der Kelsag, die für 33 Mitgliedergemeinden die Kehrichtabfuhr organisiert, die Kehrichtentsorgung
mittels elektrisch betriebener Wagen.
Am Podium an der WIR-Messe Zürich unterstrich Wiggli
aber vor allem die nachhaltige Wirkung des WIR-Systems.
«Das WIR-Geld soll nicht gespart werden – deshalb trägt
es auch keine Zinsen –, sondern es soll unter den Teilnehmern des Systems zirkulieren und Arbeit auslösen.» In den
neuen Technologien sieht Wiggli einen Wachstumsmarkt,
der im WIR-System erst lückenhaft vertreten sei. Dies soll
sich ändern, wenn das WIR-System in den nächsten
Jahren modernisiert und vereinfacht wird (vgl. Herbstgespräche S. 4). Prof. David Dyntar pflichtete bei: «Geld ist
dazu da, um investiert zu werden – auch in Arbeitsplätze
für innovative Menschen.»
Soll die Energiewende geschafft werden, sind nicht nur
Investoren gefragt. Wiggli: «Im Baubereich etwa müssen
die Banken nachhaltige Produkte anbieten – die WIR
Bank tut es in Form des Öko-Kredits –, der Staat muss
über Förderabgaben und Lenkungsmassnahmen auf
Bauherren einwirken, und die Gemeinden müssen
entsprechende Vorschriften für Neubauten erlassen.»
www.kelsag.ch
www.rauricawald.ch
www.wir.ch/oeko-kredit
15
WIRPLUS Januar 2016
BEWEGENDER SPENDENLAUF
ZWISCHEN BÄR UND STEINBOCK
Ein Blick in die Zukunft – mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von einhundert Prozent: Es wird ein Meer aus
leuchtenden Augen und strahlenden Gesichtern sein, das sich am 3. März auf dem Arcasplatz in Chur präsentiert.
In der ältesten Stadt der Schweiz werden dann nämlich die National Winter Games von Special Olympics eröffnet.
Bereits zum dritten Mal unterstützt die WIR Bank die weltgrösste Sportbewegung für Menschen mit geistiger
Behinderung – als Sponsor, aber auch in Form von tatkräftiger Hilfe an den Wettkämpfen selbst.
Auch für den Anlass vom 3. bis 6. März
fand wiederum ein regelrechter «Kampf»
um die rund zwei Dutzend Plätze für
die WIR Bank statt. «Unser Kontingent
war innert kürzester Zeit aufgebraucht», bestätigt die bankinterne
Koordinatorin Patrizia Herde. Doch
nebst diesem Helfer- und Betreuerteam steht in diesem Jahr noch ein
weiterer Mitarbeiter der WIR Bank für
die Special Olympics im Einsatz: Mediensprecher Volker Strohm engagiert
sich für das soziale Projekt «Ruedirennt» – hinter den Kulissen, aber
auch schwitzenderweise in Laufschuhen. So auch am 3. März, wenn er mitten in die Zeremonie auf dem Arcasplatz erscheinen wird.
Zu diesem Zeitpunkt ist bereits Reto
Hunziker an Bord, der seinerseits 2012
das Rheinufer abspulte – von der
Rheinquelle bis Rotterdam. Auch der
46-jährige Walliseller sammelte auf
satten 1425 Kilometern Geld: Nach
seinem Run for Kids freute sich damals
die Krebsliga Zürich über stolze 55 555
Franken.
2014 folgt das erste eigenständige
Projekt von «Ruedirennt»: Unter dem
Motto «Gemeinsam Grenzen verschieben» wird – mit Start und Ziel in
Zürich – die Schweizer Grenze im
Massstab 1:5 umrundet. Die daraus
resultierenden (teilweise alles andere
als flachen) 379,8 Kilometer entsprechen neun Marathons in neun Tagen.
Doch der Reihe nach. 2013 kreuzen
Das Spendenergebnis: 70 472 Fransich erstmals die Wege von Volker
ken. Bei «Ruedirennt» könne der EinStrohm und Ruedi Frehner, dem Initi- Volker Strohm (l.) und Ruedi Frehner.
satz jedes Spendenrappens genau
ator von «Ruedirennt». Der 52-jährige
nachverfolgt werden: «Das Geld wird
Bündner hat zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Laufprojekte hinzu 100 Prozent zweckgebunden für die im Vorfeld definierten Proter sich, mit denen er für die Aktion «Jeder Rappen zählt» 2011
jekte eingesetzt», erläutert Strohm den Mechanismus. Damals
und 2012 auf 211 respektive 333 Laufkilometern über 92 000
waren dies Therapiestunden mit Hunden im Kinderheim TherapeiFranken sammelte. Es entsteht eine Freundschaft zwischen den
on in Zizers (ein Heim für schwerbehinderte Kinder), die Mitfinanbeiden: Frehner unterstützt Strohm in der persönlichen Traizierung eines Sommerlagers für krebskranke Kinder aus Grauningsplanung, als «Gegenleistung» gibt es Unterstützung in der
bünden und Zürich – sowie die Unterstützung von «Ärzte ohne
Projektkommunikation. Natürlich unentgeltlich. «Die Idee, sich
Grenzen» in einem Flüchtlingslager in Syrien.
für sozial benachteiligte Menschen einzusetzen und dabei
möglichst viele Menschen zu bewegen, hat mich sofort beUnd nun rüstet sich «Ruedirennt» für das nächste Grossprojekt:
geistert», blickt der WIR-Banker auf die erste Begegnung mit
The Special Run for Special People verbindet die Standorte der
Frehner im Rahmen von Toskana-Laufferien zurück.
Special-Olympics-Sommerspiele 2014 in Bern mit den Winter
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WIRPLUS Januar 2016
Games in Chur (Etappendetails siehe Kasten). Die Laufstrecke ist
so angelegt, dass jene Einrichtungen einbezogen werden, in denen Athletinnen und Athleten zu Hause sind. «Wir besuchen aber
nicht nur die Institutionen, sondern wollen jeweils die letzten
Kilometer gemeinsam mit den geistig behinderten Menschen absolvieren», sagt Strohm. «Die Vorfreude auf das sportliche Grossereignis soll bewusst geweckt werden.»
Mitlaufen sei ohnehin ausdrücklich erwünscht, erklärt Strohm
den Grundgedanken. Ob dies die ganze Distanz einer Etappe, fünf
oder zehn Kilometer oder einfach wenige Meter seien, spiele dabei überhaupt keine Rolle. «Alle können und sollen Teil der
Geschichte von ‹Ruedirennt› werden.» Auf der Homepage
www.ruedirennt.ch ist nicht nur die genaue Route ersichtlich,
sondern wird zudem auch in einer Marschtabelle aufgeführt,
wann die Protagonisten wo anzutreffen sind. Das Lauftempo
beschreibt Strohm als «sehr moderat» – auch Hilfsmittel wie das
Velo seien ausdrücklich erlaubt.
Frehner und Hunziker absolvieren natürlich die gesamte Strecke
rennend: 383 Kilometer in zehn Tagen. Schon ein bisschen verrückt? «Nicht nur ein bisschen», lacht Strohm, «aber im positiven
Sinn.» Die beiden seien nicht von der Distanz getrieben, sondern
wollen mit den Projekten immer eine Geschichte erzählen – in
diesem Jahr vom Berner Bär zum Bündner Steinbock. Die Zahlen
geben «Ruedirennt» recht: Wer mit den bisherigen Spendenergebnissen Rechenspiele betreibt, kommt auf einen Sammelerfolg von 182 Franken pro Kilometer. «Das macht stolz, zeigt
aber auch, was machbar ist», erklärte Frehner bei der offiziellen
Projektvorstellung im vergangenen November. Damals wurde
zudem die aktive Zusammenarbeit mit der sechsfachen SwissAlpine-Marathon-Siegerin Jasmin Nunige verkündet.
Drei Verwendungszwecke für den am 23. Februar startenden
Special Run for Special People sind bereits definiert: Für rund
10 000 Franken wird der komplette Medaillensatz der National
Winter Games finanziert, mindestens 5000 Franken gehen an das
Sommerlager 2016 des Vereins Quack (Quartner Adipositas Camp
für Kinder) – und mit zirka 3000 Franken wird der Basler Verein
Blind Jogging (ein gemeinnütziger Förderverein blinder und sehbehinderter Läuferinnen und Läufer) für die Reise und die Teilnahme am Kerzerslauf unterstützt. «Kommt mehr Geld zusammen, werden natürlich weitere Projekte definiert», erklärt Strohm
– und er betont noch einmal: «100 Prozent der gespendeten Gelder werden zweckgebunden eingesetzt.»
Aktuell meistern Frehner und Hunziker den organisatorischen
Endspurt für den Startschuss in Bern und spulen im Training
Kilometer für Kilometer ab – motiviert durch die Aussicht auf
eine tolle Reise mit tollen Begegnungen. Der WIR Bank-Mediensprecher, selbst «begeisterter Marathonläufer der gemütlichen
Sorte», wird immer wieder auf Teilabschnitten anzutreffen sein.
Zudem hat er die Schlussetappe bereits fett in seiner Agenda angestrichen: «Diese 42 Kilometer zwischen Vaduz und Chur sollen
zu einem regelrechten Highlight werden», schwärmt Strohm –
und freut sich bereits auf das Meer aus leuchtenden Augen und
strahlenden Gesichtern auf dem Arcasplatz.
DANIEL FLURY
The Special Run for Special People
Dienstag,
Bern–Münsingen–Thun
34 km
Mittwoch, 24.Februar 2016
23.Februar 2016
Thun–Emdthal–Interlaken Ost
37 km
Donnerstag, 25.Februar 2016
Interlaken Ost–Meiringen–Brünig
36 km
Freitag,
26.Februar 2016
Brünig–Sarnen–Stansstad
38 km
Samstag,
27.Februar 2016
Stansstad–Luzern–Zug
38 km
Sonntag,
28.Februar 2016
Zug–Sihlbrugg–Zürich
33 km
Montag,
29.Februar 2016
Zürich–Uster–Rapperswil
45 km
Dienstag,
1.März 2016
Rapperswil–Murg
40 km
Mittwoch,
2.März 2016
Murg–Sargans–Vaduz
40 km
Vaduz–Chur
42 km
Donnerstag, 3.März 2016
Online
Fragen zum Projekt
www.ruedirennt.ch
[email protected]
facebook.com/ruedirennt
Telefon 079 304 87 44
Spendenkonto
IBAN CH85 0020 8208 1099 4742 A
Ruedi Frehner, Chur (Rubrik «RUEDIRENNT 2016»)
oder direkte Übergabe während des Laufs
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WIRPLUS Januar 2016
MIT STEINEN GEGEN DAS WASSER
Es braucht Durchhaltevermögen und vor allem gute Argumente, um Behörden und Bevölkerung von der
Notwendigkeit eines neuen Steinbruchs zu überzeugen. Erst recht, wenn das Abbaugebiet in einer Landschaft von
nationaler Bedeutung liegt. Der Obwaldner Thomas Fallegger verfügt über beides und kann nun nach jahrelanger
Planung und Vorbereitungsarbeiten rund eine halbe Million Kubikmeter hochwertigen Quarzsandstein abbauen.
Davon profitieren werden vor allem die zahlreichen Hochwasserschutzprojekte in der Innerschweiz.
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WIRPLUS Januar 2016
Die Entlassung aus der Waldzone ist nur temporär: Das Abbaugebiet –
dazu gehört auch das noch bewaldete Gebiet oben links – wird nach
12 Jahren wieder vollständig aufgefüllt und aufgeforstet sein.
Das Gebiet Rischi über dem Sarnersee: Im Kanton Obwalden vermutlich
der einzige Ort, an dem hochwertiger Quarzsandstein – er liegt unter
einer sehr dünnen Vegetationsschicht – für Verbauungen gewonnen
werden kann.
Vor 60 Millionen Jahren stürzten immer wieder Schlamm und
Sand, die sich an den Kontinentalrändern abgelagert hatten, lawinenartig in die Tiefen eines Ozeans zwischen der afrikanischen
und der adriatischen Platte. Die schweren, groben Bestandteile –
mehrheitlich Quarzkörner – lagerten sich jeweils innert Stunden
oder Tagen ab und verfestigten sich im Zeitraum von Jahrmillionen zu Sandstein. Als Schlieren-Flysch ist er Geologen ein Begriff,
als hochwertiger Guber-Sandstein wird er seit rund 100 Jahren in
einem Steinbruch bei Alpnach gewonnen und zu Pflaster- und
Mauersteinen verarbeitet.
Selbst die oberste Schicht ist nur wenig verwittert. Aufgrund seiner Mächtigkeit, Druckfestigkeit, Frostbeständigkeit und geringen
Abrasivität ist der Sandstein prädestiniert für die Verwendung in
Hochwasserschutzprojekten und dürfte Preise von 30 bis 35 Franken pro Tonne erzielen. «Von grossem Vorteil ist auch die ausgeprägte Kantigkeit der Blöcke. In der richtigen Grösse und richtig
platziert, sind sie in einer Verbauung auch unter grossem Wasserdruck unverrückbar.»
Abbau vor Ort
Im Kanton Obwalden und in der Innerschweiz sind aber Steine eines ganz anderen Kalibers gefragt. Kantige, drei bis sechs Tonnen
schwere Blöcke – sogenannte Wuhrsteine – werden in den nächsten zehn Jahren in grossen Mengen benötigt, um anstehende
Bachverbauungen und Hochwasserschutzprojekte zu realisieren.
Heute wird dafür Gneis aus dem Tessin oder Granit aus dem
Kanton Uri verwendet. Doch die Qualität dieses Materials – insbesondere seine Kantigkeit – überzeugt nicht immer, die Transportwege sind aus ökologischer und finanzieller Sicht problematisch,
und auch aus Gründen des Natur- und Heimatschutzes wird die
Verwendung von einheimischem Material bevorzugt.
Schon vor acht Jahren sind dem Unternehmer Thomas Fallegger
offen liegende Steinformationen in einem Waldstück an der Glaubenbergstrasse aufgefallen. Sie befinden sich auf 1150 m ü. M.,
hoch über dem Sarnersee und nur wenige Kilometer Luftlinie von
der Deponie Rischiloch entfernt, die Fallegger im Auftrag der Korporation Schwendi mit Aushubmaterial aufgefüllt und rekultiviert
hat. «Die Nähe zur Strasse und die überraschend dünne Erd- und
Vegetationsschicht über der Gesteinsformation – meist wenige
Dezimeter – brachten mich auf die Idee, hier Quarzsandstein für
Verbauungen zu gewinnen», so Fallegger. Erste Abklärungen ergaben schnell, dass die Qualität des Sandsteins ausgezeichnet ist.
Die physikalischen Eigenschaften des gewonnenen Materials werden periodisch untersucht. Bohrkerne werden beispielsweise wiederholt eingefroren und wieder aufgetaut, um die Frostbeständigkeit zu prüfen. Nicht nur geologisch, auch ökologisch wird der
Abbau von externen Fachleuten begleitet und zuhanden des Kantons dokumentiert. Jede Abbauetappe muss vollständig rekultiviert sein, bevor die nächste Etappe in Angriff genommen werden
darf. Als Auffüllmaterial dienen bereits jetzt, in der Vorbereitungsphase, die bei der Erschliessung anfallenden Splitter und Trümmer.
Landschaftsschutz versus Hochwasserschutz
Der neue, Rischi genannte Steinbruch liegt innerhalb und am
Rand einer geschützten Landschaft, die im Bundesinventar der
Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung als
«Flyschlandschaft Hagleren-Glaubenberg-Schlieren» verzeichnet
ist. Zusammen mit dem Pilatus und dem Vierwaldstättersee, dem
Bürgenstock und der Rigi, dem Bergsturzgebiet Goldau und dem
westlichen Zugerseeufer bildet sie ein zusammenhängendes geschütztes Gebiet von 570 km2. Eingriffe in solche «Kronjuwelen»
der Schweiz sind nur unter grösstmöglicher Schonung der jeweiligen Schutzziele gestattet. Für Thomas Fallegger war deshalb von
Anfang an klar, dass er es nicht nur mit den kantonalen Ämtern für
Wald und Landschaft oder für Landwirtschaft und Umwelt, sondern auch mit der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission zu tun haben würde. «Die Gespräche und mehrere
Begehungen haben die Kommissionsmitglieder davon überzeugt,
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WIRPLUS Januar 2016
Erster Materialcheck: Steinblöcke, die sich beim Fallenlassen nicht
aufspalten, sind von guter Qualität. Übergrosse Steine – das Exemplar
oben wiegt rund 70 Tonnen – werden mit einem hydraulischen
Steinspalter (rechts) in kleinere Stücke zerlegt. Bei einer Sprengung
würden unerwünschte Haarrisse auftreten.
Die Steine aus Thomas Falleggers Steinbruch sollen helfen, Überschwemmungen wie diese vom August 2005 zu verhindern. Der
Sarnersee trat damals flächendeckend über die Ufer, 200 Gebäude
standen in Sarnen im Wasser.
20
WIRPLUS Januar 2016
dass die Gewinnung von Wuhrsteinen im Kanton sinnvoll und an
diesem Ort vertretbar ist», so Fallegger. Auch die Anliegen von WWF
und Pro Natura wurden frühzeitig aufgenommen und bei der Projektierung berücksichtigt. Entscheidend für das Zustandekommen
des Projekts war aber die Gemeindeversammlung vom Mai 2013
in Sarnen. Wie sich schon an verschiedenen Informationsveranstaltungen gezeigt hatte, galten die grössten Bedenken der Bevölkerung dem Verkehrsaufkommen und der Sicherheit der Kinder
auf dem Schulweg. Bedenken, die Fallegger allesamt ausräumen
konnte. Die Mehrheit sprach sich deshalb für die Umzonung von
44 000 m2 Wald in eine Abbauzone und damit für den Steinbruch aus.
Modernstes Gerät
Anfang der 80er-Jahre übernahm Thomas Fallegger nach einer
Maurerlehre, der Bauführerschule und einer Unternehmerausbildung die von seinem Vater 1968 gegründete Fallegger AG.
Lange war die Firma schweizweit mit mobilen Geräten im Bereich
Baustoffrecycling tätig gewesen. «Ich habe in dieser Zeit sehr viel
Erfahrung bezüglich Beschaffenheit und Verwendungsmöglichkeiten von Materialien gesammelt, das kommt mir heute zugute»,
so Fallegger. Das im Steinbruch Rischi abgebaute Material wird
Fallegger in erster Priorität für den Hochwasserschutz und für
Bachverbauungen im Kanton Obwalden und natürlich auch für die
Region Innerschweiz zur Verfügung stellen, andere Verwendungszwecke sind aber nicht ausgeschlossen: Splitt und Kies für die
Beton- und Belagsindustrie, Bahnschotter oder Platten für den
Gartenbau können aus diesem hochwertigen Material gewonnen
werden. Weitere Verwendungszwecke sind in Abklärung. Für die
Arbeiten im Steinbruch hat Fallegger eigens einen Radlader und
zwei Raupenbagger der neusten Generation mit 60 bzw. 40 Tonnen
Einsatzgewicht angeschafft. Sie sind mit Russpartikelfiltern und
mit Dieselmotoren ausgerüstet, die in Bulle für den Offroad-Einsatz entwickelt wurden. Besonders praktisch: Dem Baggerführer
wird das Gewicht eines vom Bagger aufgehobenen Steinblocks
angezeigt. Die Gewichte mehrerer Blöcke können addiert und ausgedruckt werden. So lassen sich Lastwagen problemlos und zuverlässig mit der von einem Kunden bestellten Grösse und Menge
Sandstein beladen.
Hochsaison im Winter
Bereits während der Erschliessung im Sommer und Herbst 2015
konnte Thomas Fallegger mehrere Tausend Tonnen Quarzsandstein verkaufen. Richtig los geht es aber jetzt, im Winter: «Diese
Jahreszeit ist wegen des niedrigen Wasserstands ideal für Bachverbauungen und Hochwasserschutz. Aufgrund der ausgezeichneten Erschliessung des Steinbruchs durch die Glaubenbergstrasse
können wir den ganzen Winter hindurch im Steinbruch arbeiten
und Aufträge annehmen», freut sich Fallegger. Ein Projekt, das
gegenwärtig ausgeschrieben ist, betrifft die Engelberger Aa. Nach
grossen Überschwemmungen 2008 wird der in den Vierwaldstättersee mündende Fluss über die nächsten zehn Jahre etappenweise
gesichert. Als Jahrhundertprojekt gilt der 115 Mio. CHF teure
Hochwasserschutzstollen, der bei Sachseln beginnt und in den
Wichelsee führt. Dadurch soll der Sarnersee entlastet werden, dessen Wasser sich 2005 meterhoch durch die Kantonshauptstadt
Sarnen wälzte. Ebenfalls anstehend sind Massnahmen im Rutschgebiet Hintergraben. Damit keine weiteren Häuser, Ställe und Leitungen zerstört werden, soll das Gebiet entwässert und gesichert
werden – «hoffentlich auch mit Rohstoff aus dem Rischi-Steinbruch», zeigt sich Fallegger zuversichtlich.
DANIEL FLURY
FALLEGGER AG
Schon unter Thomas Falleggers Vater Thomas Fallegger
sen. war die Aktiengesellschaft Mitglied des WIR-Systems.
«Die Annahme von WIR-Geld hat uns immer Mehraufträge und Mehrumsatz beschert. Da wir bei der Vergabe
von Aufträgen selber auch WIR-Teilnehmer berücksichtigen, können wir das WIR-Geld problemlos wieder in den
Kreislauf zurückführen.» Die Fallegger AG ist heute in den
Bereichen Steinabbau, Management und Immobilien
tätig. Bei der Planung und Realisierung von Immobilienprojekten – als Generalunternehmer – kann sich Thomas
Fallegger auf die Unterstützung seiner beiden Söhne
Thomy und Ramon verlassen. Als Architekt bzw. Betriebswirtschafter im Immobilienbereich sind sie nicht nur vom
Fach, sondern auch mögliche Kandidaten für die Nachfolge von Thomas Fallegger.
Seit 2015 hat die Fallegger AG ein neues Logo: zwei
«F» in einem Achteck. Der moderne Auftritt fällt mit der
Aufnahme der Arbeiten im Steinbruch zusammen und
soll die neue Dynamik des Unternehmens markieren.
Thomas Fallegger: «Die Marke Fallegger ist topp, und das
wollen wir gegen aussen entsprechend kommunizieren.»
Fallegger AG
Brünigstrasse 64
6074 Giswil
T 041 666 25 15
[email protected]
www.fallegger.ch
WIR-Annahmesatz: 30%
21
WIRPLUS Januar 2016
DIE CO-WORKING-REVOLUTION
Seit einigen Jahren nehmen gemeinsam genutzte Arbeitsplätze, Telearbeit oder FabLabs zu. Diese Arbeitsformen
kommen den Bedürfnissen von selbstständig Erwerbenden, Kleinstunternehmern und mobilen Arbeitnehmern
entgegen. Laut Beobachtern könnten sie die Entstehung einer neuen Wirtschaft begünstigen und zu einer
Reduzierung des Autoverkehrs beitragen.
Wie die meisten Co-Working-Einrichtungen hat auch Work’n’Share in Lausanne unterschiedliche Angebote für eine mehr oder weniger regelmässige Nutzung.
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WIRPLUS Januar 2016
Immer mehr selbstständig Erwerbende, die Teilzeit oder Vollzeit
arbeiten, und Kleinstunternehmer sind auf der Suche nach einem
Arbeitsplatz, den sie mehrmals pro Woche nützen können. In
Lausanne hat Arthur Veenhuys sein Glück in den gemeinschaftlich genutzten Räumlichkeiten von Work’n’Share gefunden. Von
dort aus nahm sein Unternehmen AV Planification Construction
Bois vor einem Jahr seine Tätigkeit auf. Auf seiner Website präsentiert Arthur Veenhuys eine zerlegbare Kletterwand und ein
Bauprojekt an der Dent-Blanche-Hütte. Er arbeitet ganz selbstverständlich mit den IT-Entwicklern zusammen, die ihn bei der
Arbeit umgeben. «Grundsätzlich geht es für viele von uns darum,
mit anderen Menschen zusammenzukommen, statt mutterseelenallein zu arbeiten.» In seinem Fall waren die Co-Worker von
Work’n’Share zunächst Freunde, bevor sie zu Partnern wurden.
«Ich habe in administrativen Fragen wertvolle Ratschläge und
praktische Hilfe erhalten.» Eine Rechtsberatung in einer Vertragsangelegenheit hätte ihn zweifelsohne viel Geld und Zeit gekostet. Im Büro aber konnte ihm eine Kollegin helfen, die Juristin ist;
sie beantwortete seine Frage rasch – und wahrscheinlich noch
mit einem Lächeln.
In Genf hat die private Gesellschaft «Voisins» seit Sommer 2015
zwei Co-Working-Zentren mit einer Fläche von jeweils 100 m2
eröffnet. Gemäss dem Verantwortlichen Kaspar Danzeisen handelt
es sich bei den meisten Mitgliedern um selbstständig Erwerbende
oder Kleinstunternehmer, die nicht von ihrem Wohnzimmer aus
arbeiten wollen. Die Räumlichkeiten sind auch bei Telearbeitern
beliebt. Carlo Turzi, kaufmännischer Leiter bei Regenlab, einem
auf Biomedizin spezialisierten Unternehmen, über «Voisins»: «Wir
bieten nunmehr zwei Mitarbeitenden, die in Genf wohnen, die
Möglichkeit, von hier aus zu arbeiten, anstatt täglich zu unserem
Sitz in Mont-sur-Lausanne zu fahren. Sie arbeiten hier in einem
professionellen Umfeld; ich hätte ihnen nicht erlaubt, von zu
Hause aus zu arbeiten. Die Nähe zum Universitätsspital Genf ist
ein Plus. Zudem können wir das Sitzungszimmer für Meetings
nutzen und im dazugehörigen Café Kunden empfangen.»
Eine vielseitige Kundschaft
Andere Co-Working-Einrichtungen legen den Fokus auf innovative Technologien – Hackerspaces, FabLabs – und auf die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern. So etwa Pangloss Labs in
Ferney-Voltaire (F). Dort begegnen wir Ayse Ozturk, Informatikund Elektroingenieurin, die 16 Jahre am CERN arbeitete. Sie entwirft gerade ein Bildungsprojekt, das darin besteht, «Kinder mithilfe der Robotik, einem spielerischen Hilfsmittel für die
Lernförderung, an das Programmieren heranzuführen». Ihr Projekt
funktioniert nicht ohne die entsprechenden Tools. Dank der Mitglieder von Pangloss hat Ayse Ozturk bereits eine Partnerschaft
mit der Vereinigung Mobsya aufgebaut, die sich dem an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne entwickelten
Schulungsroboter Thymio widmet. Mit dem Know-how anderer
Mitglieder, die sie in den Räumlichkeiten in Ferney-Voltaire kennenlernte, arbeitet sie an einem humanoiden Roboter, der vor Ort
gebaut wird.
Wenige Meter von Ayse Ozturk entfernt treffen wir Guillaume
Cabrié, der lange in einem Angestelltenverhältnis – bei Dassault
Systèmes, Dassault Aviation, Airbus – arbeitete. Der Experte für
3-D-Drucker ist als Berater tätig und gerade im Begriff, sein eigenes Unternehmen Lemantek zu gründen. «Ich bin auf die Konzeption und die Herstellungsprozesse spezialisiert. Meine Aufgabe ist es, zu gewährleisten, dass wir vom Prototypen zur
Mikroserie übergehen können.» Er hat bereits das Gehäuse eines
USB-Sticks konstruiert: «Ein Projekt für ein Marketinginstrument,
das von einem anderen Mitglied stammt.» Dank der Vereinigung
Pangloss lernt er andere Spezialisten kennen, die neue Ideen entwickeln. Seine Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedern trägt
bereits konkrete Früchte (die bereits in einer Vielzahl an seinem
Arbeitsplatz bestaunt werden können): ein Aluminiumgehäuse,
das Gehäuse eines elektrischen Geräts, der Versuchsaufbau
eines Getriebes ... Pangloss Labs zählt rund 40 aktive Mitglieder.
Die Vereinigung plant schon die Eröffnung eines zweiten FabLabs
– und zwar auf der Schweizer Seite der Grenze.
Den Unternehmergeist fördern
Keine andere Co-Working-Einrichtung ist so engagiert wie La
Muse, die ihre Mitglieder stark unterstützt und sie zur Zusammenarbeit ermuntert. Die im Jahr 2009 im Herzen der Stadt Genf eröffnete Einrichtung, eine Pionierin auf ihrem Gebiet, organisiert
viele Veranstaltungen, um die gegenseitige Unterstützung und
Beratung sowie die Zusammenarbeit zu fördern. Antoine Burret,
Doktorand der Sozialanthropologie, arbeitete ein Jahr lang bei La
Muse und hat verschiedenste andere Co-Working-Einrichtungen
erforscht. Besteht das Ziel in der Unternehmensgründung bzw.
Wertschöpfung, dann müssen die Co-Worker gemäss Antoine
Burret ihre Kompetenzen in einer Struktur bündeln, die er als
«Dritter Ort» (franz. tiers-lieu) bezeichnet. Wenn dies nicht geschieht: «Dann teilen sich selbstständig Erwerbende und Kleinstunternehmer eine Kaffeemaschine, können sich Ratschläge geben,
sich unterstützen. Doch sie werden letztlich immer mit denselben
Problemen konfrontiert werden. Schafft man jedoch einen Dritten
Ort, richtet man einen Dienst ein, der wiederum Dienste hervorbringt. Und dadurch entstehen in der Tat neue Aktivitäten.»
Die Entstehung von Dritten Orten Mitte der 2000er-Jahre erfolgte zeitgleich mit dem Aufschwung des Breitbandinternets.
23
WIRPLUS Januar 2016
Antoine Burret nennt noch einen weiteren Punkt, der ab jenem
Zeitpunkt an Bedeutung gewann: Für viele äusserst kompetente
Menschen gab es in der Unternehmenswelt keine Entfaltungsmöglichkeiten mehr. Als selbstständig Erwerbende schlugen sie
schliesslich neue Wege ein, um auf andere Weise als Unternehmer tätig zu sein. Antoine Burret schrieb zum Thema Dritte Orte
ein Buch («Tiers-lieux… Et plus si affinités») und wirkte an der
Gründung von MoviLab mit, einer Austausch- und Informationsplattform für die Träger und Akteure solcher Strukturen.
Etwas liegt ihm besonders am Herzen. «Ich habe ein Unternehmen mitgegründet, das von den Kompetenzen mehrerer Mitglieder eines Dritten Ortes profitierte. Aus Sicht des geistigen
Eigentums war das betreffende Projekt ein Misserfolg. Es war
nicht möglich, den Beitrag jedes Mitwirkenden zu erkennen.» Antoine Burret kam zum Schluss, dass nur ein erweiterter Ansatz in
Bezug auf das geistige Eigentum – Open Source – besser geeignet sein könnte. Dieser Ansatz, der sich insbesondere im Bereich
der freien Software bewährt hat, würde besser zur gemeinschaftlichen Funktionsweise eines Dritten Ortes passen.
Co-Working ist nicht nur etwas für begeisterte Nutzer innovativer
Technologien. Arthur Veenhuys beispielsweise baut in diesem Arbeitsumfeld sein Unternehmen auf, das auf die Konstruktion von Tragwerken
spezialisiert ist.
Auswirkungen auf die Mobilität
Ob Dritte Orte oder FabLabs, Strukturen für Telearbeit oder CoWorking, Einrichtungen für Business, KMUs oder Hipster: In den
letzten Jahren wurden Dutzende solcher Strukturen eröffnet.
Eine im Grossraum Genf (Stadt Genf sowie benachbarte Regionen des Kantons Waadt und der französischen Départements
Haute-Savoie und Ain) durchgeführte Studie zeigt, dass dies erst
der Anfang ist. Die Nachfrage wird noch steigen. Die Studienverantwortlichen von Ocalia und Sofies befürworten ein konzertiertes politisches Vorgehen, das ein funktionierendes Netzwerk von
Co-Working-Strukturen auf dem Gebiet ermöglichen würde
(Schätzung für 2025: 200 Einrichtungen mit insgesamt 7000 Arbeitsplätzen). Lässt man den Dingen dagegen ihren freien Lauf,
werden solche Einrichtungen im Wesentlichen in der Stadt Genf
sowie in wirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten entstehen.
Die Schaffung eines Netzwerks würde jedoch die Errichtung solcher Strukturen auch in der Nähe von Wohngebieten begünstigen. Dies wiederum hätte wesentliche Auswirkungen auf die
Mobilität der Menschen in der Region Genf. Hätte eine möglichst
grosse Zahl von Menschen die Möglichkeit, auch nur teilweise in
der Nähe des Wohnorts zu arbeiten, könnte der Pendlerverkehr
pro Jahr um 12 Mio. Fahrten, das heisst um 6%, gesenkt werden.
Weniger Verkehr, weniger Menschen, die im Stau stecken, mehr
Menschen, die mit Freude bei der Arbeit sind. Die Rechnung ist
schnell gemacht.
VINCENT BORCARD
24
Elektroingenieurin Ayse Ozturk will Kinder an die Programmierung
heranführen. Im Rahmen ihres Projekts nutzt sie die Vernetzung mit den
anderen Mitgliedern ihrer Werkstatt und deren Know-how.
Guillaume Cabrié, Experte für 3-D-Drucker, wirkt an mehreren Projekten
anderer Mitglieder von Pangloss Labs mit und ist gerade dabei, sein
eigenes Unternehmen zu gründen.
WIRPLUS Januar 2016
20 JAHRE NEUES
GLEICHSTELLUNGSGESETZ
Bis 1988 war der Mann nach damals geltendem Eherecht das Oberhaupt und der Ernährer der Familie. Mit dem
neuen Eherecht wurden die Weichen Richtung Gleichberechtigung gestellt. Seither wurde viel erreicht, aber es
gibt auch noch viel zu tun.
Das Lachen blieb ihr im Hals stecken. Der Kopf sagte Anna zwar,
dass sie nun sehr stolz auf ihre Erziehung und ihren Sohn sein
sollte. Ihre spontane Reaktion war jedoch ein Befremden über
den Umstand, dass ihr Sohn
in seiner Partnerschaft für
Waschen und Bügeln zuständig war.
Zementierte Rollenbilder
Sie unterstützte ihre Kinder im Entfalten der Eigenheiten ihres
Geschlechts und gab den Unterschieden bewusst Raum. Für die
Kinder war es selbstverständlich, völlig verschieden und genauso
gleichberechtigt oder gleichverpflichtet in Familie, Freundeskreis und Arbeit zu sein. Als
ihr Sohn genau das lebte, kam
die Mutter damit nicht gleich
klar.
Ein einfaches Klappbrett für das
Zusammenlegen von Shirts,
das er ihr mit Begeisterung
vorführte, löste bei der Mutter
die unangenehme Erkenntnis
aus, wie wenig emanzipiert sie
und ihr Bauchgefühl waren.
Wenn aber selbst eine emanzipierte Frau so tief im althergebrachten Rollenbild verhaftet
ist, warum sollte dann im Erwerbsleben die Gleichstellung
problemlos realisiert worden
sein? Eine Generation reicht
wohl nicht, um die traditionellen Rollenbilder völlig zu verändern.
Warum aber reagiert eine Frau,
für die Gleichberechtigung in
Partnerschaft und Beruf an
sich selbstverständlich ist, so
rollenfixiert?
Bis 1988 war der Mann
das Oberhaupt und der
Ernährer der Familie
In Schule und Studium hatte
sie von der Chancengleichheit
profitiert. Auch an den ersten
Arbeitsstellen in damals typischen Männerberufen erlebte
sie keine Diskriminierung.
Dennoch tauschte sie nach der
Geburt des Sohnes selbstverständlich den Beruf mit dem
Haushalt.
Eines der Plakate zur Volksabstimmung von 1919 über das kantonale
Frauenstimmrecht in Neuenburg. Dieses wurde damals deutlich abgelehnt.
(Text im Plakat: VOLKSABSTIMMUNG ÜBER DAS FRAUENSTIMMRECHT. – WAS MAN
HAT – WAS MAN RISKIERT. [Neuchâtel, Borel frères, 1919. Bibliothèque de la Ville de
La Chaux-de-Fonds. Département audiovisuel (DAV). Reproduction. – RTS])
Diese jahrhundertealten Rollenbilder spiegelten sich im
bis 1988 geltenden Eherecht.
Der Mann musste den Unterhalt für die Familie verdienen
und die Frau den Haushalt
führen. Sie musste seinen Namen übernehmen und ihr
Vermögen von ihm verwalten
lassen.
25
WIRPLUS Januar 2016
Nur mit Erlaubnis des Ehemanns durfte die Ehefrau einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Unter diesen Umständen war es nur
folgerichtig, dass der Mann als Ernährer der Familie mehr als die
höchstens zuverdienende Frau verdienen musste.
Bis 1971 hatten die Frauen in der Schweiz auch kein Stimmrecht.
Sie leisteten ja auch keinen Wehrdienst und sollten nicht mit der
Politik beschmutzt werden.
Im Abstimmungskampf gegen das Frauenstimmrecht und das partnerschaftliche Eherecht war die Botschaft der Gegner klar: Eine
Frau, die sich politisch engagiert oder trotz Familie arbeitet, ist unweiblich, hässlich und vor allem eine schlechte Mutter und Ehefrau.
Trotz gleicher Ausbildung wie ihr Ehemann war es Anna, die mit
der Geburt des Sohnes Hausfrau wurde. Die Grundhaltung und
das Vorbild der Mütter und Väter konnte nicht einfach durch ein
neues Gesetz geändert werden.
Heute sind Mann und Frau rechtlich gleichgestellt
Seit 1981 ist die Gleichberechtigung von Frau und Mann in der
Bundesverfassung verankert. Auch das Eherecht ist heute partnerschaftlich geregelt. Jeder Ehegatte ist bei der Heirat frei in der
Namenswahl und verfügt auch während der Ehe weiterhin über
sein Vermögen. Als Ehepartner und als Eltern sind sie völlig
gleichberechtigt. Auch im Erwerbsleben gibt es seit einigen Jahren keinen Sonderschutz und damit auch keine Bevormundung
mehr für Frauen.
Trotzdem verdienen Männer für die gleiche Arbeit immer noch
deutlich mehr als Frauen. Typische Frauenberufe sind in der Regel
schlecht bezahlt. Gleiches gilt für Teilzeitstellen, deren soziale
Sicherheit zudem tiefer ist. In diesen finden sich mehrheitlich Frauen.
Die anhaltende Diskriminierung der Frauen im Erwerbsleben war
Grund dafür, dass die in der Bundesverfassung seit 1981 verankerte Gleichstellung von Mann und Frau im Erwerbsleben über
ein Gesetz erreicht werden sollte.
Verbot der Diskriminierung im Erwerbsleben
Das 1996 in Kraft getretene Gleichstellungsgesetz bezweckt die
tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann im Erwerbsleben.
Jegliche Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere
bei Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedin26
gungen, Entlöhnung, Ausbildung, Weiterbildung, Beförderung
und Entlassung, ist verboten.
Wird beispielsweise eine Frau nicht angestellt, weil man befürchtet, sie sei ihrer Kleinkinder wegen nicht flexibel genug, kann sie
auf eine Entschädigung von drei Monatslöhnen klagen. Wird sie
entlassen, weil sie Doppelverdienerin ist oder zu oft der kranken
Kinder wegen zu Hause bleiben musste, sind es sogar sechs
Monatslöhne, die sie maximal einklagen kann.
Verdient im Unternehmen ein Mann mit etwa gleicher Qualifikation und Berufserfahrung für gleichwertige Arbeit mehr als seine
Arbeitskollegin, so kann sie den gleichen Lohn für die Zukunft
verlangen. Für die Zeit, in der die Ungleichheit bestand, kann die
nachträgliche Zahlung der Differenz rückwirkend auf maximal
fünf Jahre eingeklagt werden.
Frauen können dieselbe Förderung und Unterstützung bei ihrer
Weiterbildung verlangen, die auch ihre männlichen Kollegen erhalten.
Bis die tatsächliche Gleichstellung erreicht ist, sind sogar Massnahmen zur Frauenförderung zulässig, die Männer benachteiligen. Eine solche Massnahme wäre beispielsweise die öfters
diskutierte Frauenquote.
Verbot sexueller Belästigung
Das Gleichstellungsgesetz untersagt jegliche Art von sexueller
Belästigung. Der Arbeitgeber wird entschädigungspflichtig, wenn
er nicht nachweisen kann, dass er die zur Verhinderung von sexueller Belästigung notwendigen und angemessenen präventiven
Massnahmen getroffen hat. Er muss die Belegschaft aufklären
und ein klares Statement abgeben, dass der Betrieb sexuelle
Belästigung nicht toleriert. Schliesslich muss jeder Betrieb eine Vertrauensperson als Anlaufstelle für sexuell Belästigte bezeichnen.
Kostenloses Verfahren und Beweislasterleichterung
Der Zugang zur Durchsetzung ihrer Ansprüche wird den Betroffenen möglichst einfach gemacht. Verfahren nach Gleichstellungsgesetz sind grundsätzlich kostenlos. Dabei muss die Frau
eine Diskriminierung nur glaubhaft machen, nicht aber beweisen. Kann sie glaubhaft machen, dass wahrscheinlich eine Diskriminierung vorliegt, muss der Arbeitgeber beweisen, dass der Unterschied nicht aufgrund des Geschlechts, sondern auf anderen,
sachlichen Gründen beruht.
WIRPLUS Januar 2016
Von dieser Beweislasterleichterung ausgenommen sind eine Diskriminierung bei der Anstellung und sexuelle Belästigung.
Trotz zwanzig Jahren Gleichstellungsgesetz besteht
nach wie vor eine Lohndiskriminierung
Trotz der Verankerung der Gleichstellung in der Bundesverfassung, der Umsetzung im Gleichstellungsgesetz und dem Eherecht, das die Erwerbstätigkeit nicht mehr dem Mann zuschreibt,
ist die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern immer
noch nicht erreicht.
2013
Erwerbstätigkeit1
Frau
Mann
Vollzeiterwerbstätige (≥ 90%)
29,2
70,8
Teilzeiterwerbstätige (< 90%)
78,1
21,9
Arbeitnehmende in Unternehmensleitung 34,4
oder mit Vorgesetztenfunktion
65,6
Löhne (privater Sektor)2
Vollzeitarbeitnehmende mit monatlichem Nettolohn ≤ 3000 CHF
(Total F+M CH: 2,3%)
64,4
35,6
Vollzeitarbeitnehmende mit monatlichem Nettolohn > 8000 CHF
(Total F+M CH: 19,5%)
15,4
84,6
Quellen:
1 SAKE (Schweizerische Arbeitskrafterhebung) 2013
2 LSE (Schweizerische Lohnstrukturerhebung) 2013
Wenn nicht endlich das Tempo der Angleichung bei Einkommen,
Bildung und Aufstiegschancen anzieht, werde dieses Ziel weltweit wohl erst im Jahr 2133 erreicht – also in 118 Jahren. Davor
warnt der vom WEF veröffentlichte «Global Gender Gap Report
2015».
Änderungen im Gleichstellungsgesetz3
Dieses Tempo Richtung Lohngleichheit soll nun mit verschärften
Gesetzesvorschriften beschleunigt werden. Unternehmen mit 50
oder mehr Mitarbeitenden sollen gesetzlich dazu verpflichtet
werden, in ihrem Unternehmen alle vier Jahre eine Lohnanalyse
durchzuführen. Die innerhalb des Betriebs vorgenommene Lohn-
analyse sollen sie durch externe Kontrollstellen überprüfen lassen, anschliessend müssen sie die Mitarbeitenden über das Ergebnis dieser Kontrolle informieren.
Der Betrieb führt also die Analyse selbst durch und deren Ergebnis hat keine direkten Folgen. Extern wird lediglich kontrolliert,
ob die Analyse korrekt erhoben wurde.
Einzige Sanktion ist eine vom Büro für die Gleichstellung von
Frau und Mann zu erstellende schwarze Liste mit jenen Unternehmen, die ihre Löhne nicht kontrolliert und ihre Analyse keiner
Revision unterzogen haben.
Man vertraut darauf, dass die obligatorische Information der
Mitarbeitenden genügend Druck zur allfälligen Korrektur von
Diskriminierungen erzeugt.
Ob ein verschärftes Gesetz, zusätzlicher administrativer Aufwand
und externe Kontrolle der geeignete Weg zu Lohngleichheit sind,
wird sich zeigen. Es werden bereits zusätzlich abschreckende
Sanktionen und staatliche Handlungsmöglichkeiten verlangt.
Wichtiger als Gesetze ist wohl die heranwachsende Generation,
die unabhängig vom Geschlecht forscht, Motoren zerlegt oder
den Haushalt führt. In diesem Sinne ist das Klappbrett des im
Beruf und im Studium erfolgreichen Sohns von Anna ein positives Zeichen.
PROF. URSULA GUGGENBÜHL
3D
as Vernehmlassungsverfahren zur Änderung des Gleichstellungsgesetzes
dauert bis am 3. März 2016.
Art. 160 alt ZGB
1 Der Ehemann ist das Haupt der Gemeinschaft.
2Er bestimmt die eheliche Wohnung und hat für den
Unterhalt von Weib und Kind in gebührender Weise
Sorge zu tragen.
Art. 161 alt ZGB
1Die Ehefrau erhält den Familiennamen und das
Bürgerrecht des Ehemannes.
2Sie steht dem Manne mit Rat und Tat zur Seite und hat
ihn in seiner Sorge für die Gemeinschaft nach Kräften
zu unterstützen.
3 Sie führt den Haushalt.
27
WIRPLUS Januar 2016
NEUE EMISSIONSZENTRALE FÜR
DIE «KLEINEN»
14 kleinere Banken – von «A» wie Alpha Rheintal Bank AG bis «W» wie WIR Bank Genossenschaft – gehen
zusammen an die Börse. Mit der gemeinsam gegründeten Emissions- und Finanz AG (Efiag) soll die Ausgabe von
Anleihensemissionen in der Schweiz erfolgen. Diese sollen der Vergabe von Darlehen an ausgewählte kleinere und
mittelgrosse Schweizer Banken dienen. Damit will man mögliche Rückgänge bei klassischen Refinanzierungmethoden
kompensieren bzw. den Refinanzierungsmix ergänzen.
Ende 2014 wurde die Efiag Emissions- und Finanz AG ins Handelsregister eingetragen. Einziger Zweck dieser Firma ist die Emission
von Anleihensobligationen und die Vergabe von Darlehen an
Banken, die zu klein sind, um selber Anleihensemissionen am
Kapitalmarkt lancieren zu können.
Germann Wiggli, Vorsitzender der Geschäftsleitung der WIR Bank
und VR-Präsident der Efiag. Gleichzeitig betont Wiggli, dass der
Sicherheit ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt werde: «Nur solide Banken werden auf diesem Weg Geld aufnehmen können.»
ROLAND SCHAUB
Mit solchen Anleihen sollen die an der Efiag beteiligten Institute
ihre Kundenausleihungen zum Teil refinanzieren können. Die
klassische Methode der Refinanzierung über Sparkonten oder
Kassenobligationen funktioniert bei Zinsen knapp über 0% im
mittleren bis langen Laufzeitenbereich kaum mehr.
Keine neue Pfandbriefzentrale
In gewisser Weise dient ein bewährtes Modell als Vorbild, aber doch
mit wesentlichen Unterschieden. Es gibt bereits die Pfandbriefzentrale der Kantonalbanken und die Pfandbriefbank Schweizerischer
Hypothekarinstitute, bei der die WIR Bank ebenfalls Mitglied ist.
Gemäss dem Schweizerischen Pfandbriefgesetz ist das Recht zur
Ausgabe von Pfandbriefen auf die zwei oben erwähnten Institute
beschränkt.
Sicherheit hat Priorität
Die neue Efiag ist also keine weitere Pfandbriefzentrale. Sie wird
Anleihen emittieren, die nicht an die Immobilienfinanzierung
gebunden sind und somit eine flexiblere Verwendung der entsprechenden Mittel erlauben. «Das zur Verfügung gestellte Kapital kann allgemein für Bankgeschäfte genutzt werden», erklärt
28
Efiag-Mitglieder
Die folgenden 14 kleineren Banken gehören zu den
Mitgliedern der Efiag Emissions- und Finanz AG mit Sitz
in Basel.
Alpha Rheintal Bank AG, Heerbrugg
Bank EKI Genossenschaft, Interlaken
Bank Gantrisch Genossenschaft, Schwarzenburg
Bank Zimmerberg AG, Horgen
BBO Bank Brienz Oberhasli AG, Brienz
Bezirks-Sparkasse Dielsdorf Genossenschaft, Dielsdorf
DC Bank Deposito-Cassa der Stadt Bern, Bern
Ersparniskasse Rüeggisberg Genossenschaft, Rüeggisberg
Ersparniskasse Schaffhausen AG, Schaffhausen
Regiobank Männedorf AG, Männedorf
Regiobank Solothurn, Solothurn
SB Saanen Bank AG, Saanen
Spar- und Leihkasse Bucheggberg AG, Lüterswil
WIR Bank Genossenschaft, Basel
WIRPLUS Januar 2016
INTERVIEW MIT GERMANN WIGGLI,
CEO DER WIR BANK UND VR-PRÄSIDENT
DER EFIAG
WIRPLUS: Alle 14 Efiag-Banken sind Mitglieder der Pfandbriefbank schweizerischer Hypothekarinstitute AG. Warum
braucht es die Efiag als neue Emissionszentrale?
Germann Wiggli: Die Mittel, die schweizerischen Finanzinstituten durch die Pfandbriefbank zur Verfügung gestellt werden
können, sind naturgemäss beschränkt – sie sind vorwiegend an
die Immobilienfinanzierung im Wohnbaubereich gebunden. Dies
bedeutet vor allem auch eine Einschränkung des Verwendungszweckes. Mit den Anleihen, die durch die Efiag emittiert werden,
können kleineren Banken Mittel zur Verfügung gestellt werden,
die sie für generelle Bankgeschäfte verwenden können, also z.B.
auch für gemischt genutzte Immobilienfinanzierungen und Betriebskredite.
Welche Banken werden bei der Efiag Kredite aufnehmen
können?
Einerseits die an der Efiag beteiligten Institute, anderseits weitere kleinere und mittlere Banken – Banken also, die meist einen
zu geringen Finanzbedarf haben, um selber an den Kapitalmärkten Geld aufzunehmen. Diese müssen sich aber zur Efiag bekennen und in der Folge auch Aktionär werden.
Schweizerische Pfandbriefe haben ein AAA-Rating von
Moody’s. Welches Rating werden Efiag-Anleihen erhalten?
Wir werden zu Beginn kein Rating einer Ratingagentur anstreben. Dies ist sehr kostspielig. Efiag-Anleihen werden aber in jedem Fall sehr sicher sein.
Wie wollen Sie das erreichen?
Die einzelnen Bankinstitute müssen die Mindestanforderungen
der Finanzmarktaufsicht bezüglich Eigenmittel und Liquidität
sogar übertreffen. Nur in diesem Fall können sie sich bei einer
Anleihensemission beteiligen.
Was braucht es, damit Efiag-Anleihen erfolgreich platziert
werden können?
Efiag-Anleihen werden nebst einer sehr hohen Sicherheit auch
eine marktgerechte Verzinsung aufweisen. Sie werden dauernd
über die Schweizer Börse «SIX» handelbar sein. Zudem streben
wir die Höhe von mind. 100 Millionen Schweizer Franken als
Mindestanleihenhöhe an. Somit werden die Anleihen auch in den
Swiss-Bond-Index aufgenommen. Dadurch steigt die Attraktivität für institutionelle Anleger. Diese würden sonst kleine Bankinstitute nicht berücksichtigen. Dieser Weg öffnet den kleinen
Banken den Zugang zu dieser Anlegergruppe.
Wer wird Efiag-Anleihen zeichnen?
Alle Investoren, die Wert auf eine längerfristig marktgerechte,
festverzinste und sichere Anlage legen. Es werden Kunden der 14
Efiag-Banken dazugehören, aber auch Kunden anderer Banken.
Auch Anleger aus dem Ausland?
Ausländische Anleger stehen für uns nicht primär im Fokus.
Warum sollte eine Bank bei der Efiag einen Kredit aufnehmen, wenn sie gegenwärtig eigene Kassenobligationen zu
sehr tiefen Zinssätzen herausgeben kann?
Die Banken müssen ihre Ausleihungen fristenkongruent finanzieren. Derzeit können sich die Institute sehr günstig im kurzfristigen Bereich refinanzieren. Auf lange Frist binden sich die Kunden
nicht gerne mit den klassischen Kassenobligationen oder Termingeldern. Anders verhält es sich bei Obligationenanleihen. Diese
sind jederzeit über die Börse handelbar und somit sehr liquide.
Will die Efiag einen Reingewinn erzielen?
Grundsätzlich will die Efiag ihren Eigentümern die Möglichkeit
der Kapitalaufnahme bieten, und dies zu günstigen Konditionen.
Natürlich wird sie auch auf eine Reservebildung bedacht sein.
Eine Gewinnmaximierung steht aber nicht im Vordergrund.
Wann kommt die erste Anleihe auf den Markt und mit welchen
Laufzeiten respektive Zinssätzen können Anleger rechnen?
Voraussichtlich im 1. Quartal 2016 wird eine erste Anleihe platziert. Die Verzinsung richtet sich nach den Marktgegebenheiten
und wird gegenüber den Termingeldangeboten der einzelnen
Banken attraktiv sein. Die Laufzeit der ersten Anleihe ist noch
offen. Es werden wohl mindestens fünf Jahre sein.
29
WIRPLUS Januar 2016
GLÜCKLICH BAUEN? DAS GEHT!
EIN RATGEBERBUCH VON ERNST DEISS
Nicht nur der Entschluss, sein eigenes Haus zu bauen,
auch die Auswahl der dazu nötigen Partner bedarf
gründlicher Überlegung. Der Unternehmer Ernst Deiss
ist seit 25 Jahren in den Bereichen Tiefbau, Gartenbau
und Recycling tätig und kennt alle Tücken und Fallen,
die auf einen Bauherrn warten. Im Ratgeberbuch
«Glücklich bauen» verrät er seine Einsichten.
Kein Theoretiker: Ernst Deiss (r.) weiss, worüber er schreibt.
Es ist sicher ein Extrembeispiel: Ein junges Paar entschliesst sich
zum Hausbau. Nach einem hoffnungsvollen Start in dieses Abenteuer führen Uneinigkeit und Pannen bald zu Streit. Die Beziehung zerbricht, die Frau hat das fertige Haus nie von innen gesehen. Vielleicht war es auch besser so: «Man spürt es, wenn man
ein Haus betritt, in das Glück nie eingezogen ist», sagt Ernst
30
Deiss, der 1991 das von seinem Vater Ernst Deiss sen. 1969 gegründete Tiefbauunternehmen übernommen und seither stetig
um neue Geschäftsfelder erweitert hat.
Gerne wird die Schuld für Frust im Hausbau den Handwerkern
zugeschoben. Sie sind nicht da oder schon wieder weg, wenn
man sie braucht, sie übertünchen Mängel, spielen Probleme her-
WIRPLUS Januar 2016
xxxxx
WIR und Vernetzung,
Regenwasser und Kreisläufe
Von der Baugrube zum Keller: Die Deiss AG ist auf Tiefbau spezialisiert.
In der Schwesterfirma Entsorgung Eiken AG werden alte Baumaterialien
recycliert.
unter, schwatzen einem überteuerte Materialien auf – so tönt es
dann. Die «Schrottsendungen» (Deiss), die auf diversen Fernsehkanälen zum Thema Bauen laufen, verfestigen solche Vorurteile.
Pingelige Behörden und Banken ohne Musikgehör tragen das
ihre zum Baustress bei.
Doch die Stolpersteine legen sich die Bauherren häufig genug
selbst in den Weg – wenn sie nicht sogar schon in ihrer DNA
vorprogrammiert sind. «Ich bin verschiedenen Bauherrentypen
begegnet», so Deiss, «da ist zum Beispiel der – oft schon krankhaft – Misstrauische. Er hinterfragt alles, steht sich selbst im Weg
und nimmt allen am Bau Beteiligten die Freude.» Ihm gegenüber
steht der Traumtänzer, der nur wegschaut, alles laufen lässt und
im schlimmsten Fall noch über den Tisch gezogen wird.
Wer glücklich baut, wird glücklich wohnen
«Nach all den zerrütteten Ehen und weinenden Kindern, die ich
während einer Bauphase oder nach deren Abschluss gesehen
habe, kam ich zum Entschluss, in einem Ratgeber künftigen Bauherren Tipps zum Thema ‹glücklich bauen› zu geben», so Deiss. Es sei
wichtig, dass nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Weg dorthin Spass mache. Denn, so eine der Thesen in Deiss’ Buch: «Wer
glücklich baut, der wohnt auch glücklicher.» Den Weg zum Glück
versteht Deiss jedoch nicht als feste Route. Die im Buch wiedergegebenen Tipps, Interviews, Thesen und – zum Teil haarsträubenden
– Erlebnisse sollen vielmehr einen ungefähren Pfad weisen. Viel
Platz räumt Deiss den Themen Partnerwahl und Partnerschaft ein.
Ganzheitliches, nachhaltiges und vernetztes Denken
kennzeichnen Ernst Deiss. Die Tief- und Gartenbaufirma
seines Vaters hat er einige Jahre nach der Übernahme um
einen Natursteinhandel erweitert. 2005 wurde der
Bereich Natur- und Kunststeinprodukte in ein eigenständiges Unternehmen, die stone.ag in Eiken, überführt.
Auch der Gartenbau wurde 2011 in ein eigenständiges
Unternehmen ausgegliedert, das heute unter IN GARDEN
AG in Herznach firmiert. Eine Neugründung war 2014 die
Entsorgung Eiken AG, wo Tochter Corina Deiss tätig ist.
«Damit schliesst sich der Kreislauf, denn hier können
beispielsweise die Materialien aus dem Rückbau von
Gebäuden recycliert werden», so Ernst Deiss.
Seit vier Jahren sitzt Deiss im Beirat von Galanet (www.
galanet.org), einem Zusammenschluss von 24 deutschen
und 4 Schweizer Gartenbauunternehmen mit eigenem
Qualitätslabel. «Wir tauschen unsere Erfahrungen in
Workshops aus und kommen so zu Problemlösungen, die
Hand und Fuss haben.»
Networking und Kundenpflege: Mit der Gründung von
Deiss Impulse Academy hat Ernst Deiss 2009 ein
weiteres Instrument zur Beziehungspflege geschaffen
(s. Kasten S. 32 «Deiss Impulse Academy»).
Mit der Entsorgung Eiken AG ist Deiss auch Teil des
WIR-Systems (Annahmesatz 30%). Wie bereits sein
Vater hat auch er erkannt, dass die Annahme von
WIR-Geld auch Mehrumsatz bedeutet. «Das eingenommene WIR-Geld geben wir beispielsweise mit dem Kauf
von Nutzfahrzeugreifen, Werkzeugen oder Büromaterial
zurück in den Kreislauf. Letzthin kauften wir auch einen
Pneulader mit einem grossen WIR-Anteil.»
Deiss’ Kreislauf- und Nachhaltigkeitsdenken fand einen
weiteren, sehr konkreten Niederschlag in Systemen für
die Nutzung von Regenwasser. Es ist nicht nur für die
Bewässerung des Gartens oder für die WC-Spülung
geeignet, sondern auch für die Waschmaschine. «Wer mit
weichem Regenwasser wäscht, braucht weniger Waschmittel und leistet so einen zusätzlichen Beitrag zur
Schonung unserer Ressourcen.» Über die Website www.
regenfänger.ch bietet die stone.ag verschiedene Möglichkeiten der Regenwassernutzung an.
31
WIRPLUS Januar 2016
Deiss’ Firma IN GARDEN verwirklicht Gartenträume – hier vier Beispiele zum Thema Wasser.
Partnerwahl …
Glückliches Bauen beginnt mit der Wahl der richtigen Partner.
Sicher ist das Bauchgefühl ein ziemlich verlässlicher Ratgeber,
aber sicherer ist es, sich im Internet, in Blogs, Magazinen und
Hausausstellungen umzusehen. Wenn ein Architekt z.B. ein Bauherrenfrühstück für ehemalige und künftige Bauherren anbietet,
sollte man unbedingt mit von der Partie sein. Und weshalb nicht
mit den Bewohnern eines Hauses, das einem speziell gut gefällt,
das Gespräch suchen? Referenzen, Qualität und Kostensicherheit
sind entscheidende Faktoren, die sich nur durch Recherche und
Gespräche richtig beurteilen lassen.
«Ihre Frau hat recht!»
Eine Wahl haben Bauherren häufig
schon getroffen: Sie sind verheiratet, und deshalb, so Deiss, sei es
nicht korrekt, von «Bauherr» zu sprechen: «Meistens sind es zwei
Bauherren, und einer von ihnen ist in der Regel eine Dame.» Ohne
Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten ist diese häufigste
Konstellation nicht unbedingt eine ideale Grundvoraussetzung
für glückliches Bauen. Deiss gibt aber auch zu bedenken: «Durch
das gemeinsame Projekt des Hausbaus kann eine Partnerschaft
auch wachsen und reifen!» In Konfliktsituationen sollten sich
Architekten und Handwerker zurücknehmen und nicht Partei ergreifen. Kommentare von der Art «Ihre Frau hat da vollkommen
recht!» seien mindestens auf einer Seite nicht willkommen. Pater
Hermann-Josef Zoche empfiehlt unter dem Titel «Selbstreflexion» eine besondere Konfliktstrategie, denn Baustress sei nicht
gleichzusetzen mit gewöhnlichem Stress. Mit Vorteil schaffe man
sich deshalb «eine Insel der Ruhe, Entspannung und Reflexion»
inmitten des Alltags.
Vertrauen ist alles
Deiss Impulse
Academy
Die Vernissage des Buchs «Glücklich bauen» findet am
14. Januar im Rahmen einer Veranstaltung der Deiss
Impulse Academy im Widenmoos Resort in Reitnau statt.
Mit Deiss Impulse will Ernst Deiss seine Kunden und
Geschäftspartner zwei Mal im Jahr mit interessanten
Persönlichkeiten zusammenbringen und ihnen eine
Gelegenheit zum Netzwerken geben. Passend zum Thema
«Glücklich bauen» ist Florian Langenscheidt Hauptreferent
am ersten Anlass im Jahr 2016. Der Ururenkel von
Verlagsgründer Gustav Langenscheidt hat das Institut für
angewandte Glücksforschung gegründet und spricht über
«Die Kunst des Glücks – eine Entdeckungsreise».
Das Buch «Glücklich bauen» erscheint im Verlag Deiss
Impulse Academy und kostet 19.90 CHF bzw. CHW.
Im Buch «Glücklich bauen» sind zwölf Interviews wiedergegeben.
Zu Wort kommen die unterschiedlichsten Persönlichkeiten – vom
Pater über den Banker bis zum Generalunternehmer –, die eines
gemeinsam haben: Sie haben sich intensiv mit den Themen Glück
und Bauen beschäftigt. Und noch eines fällt auf: Das Schlüsselwort heisst Vertrauen. In der Hälfte der Interviews fällt dieser
Begriff. «Setzen Sie auf Unternehmen und Menschen, denen Sie
vertrauen!», rät etwa Pater Hermann-Josef Zoche. Und Rolf
Müller, ein Experte für Bauadministration, kann – gegenseitiges
Vertrauen vorausgesetzt – behaupten: «Grundsätzlich hat ein
Bauherr auf dem Bau nichts verloren.» Was ihn nicht daran hindern solle, die Baustelle regelmässig mit dem Bauleiter oder dem
Architekten zu begehen. So können anstehende Fragen vor Ort
geklärt werden. Eine E-Mail von der Art «Wir waren am Sonntag
auf der Baustelle, und uns ist aufgefallen, dass ...» koste auf beiden Seiten nur Zeit und Nerven.
Finanzierung und Budgetierung
www.deiss-impulse.ch; [email protected]
T 062 867 80 67
32
«Vertrauensvoll miteinander kooperieren» sollen auch Bauherr
und Bank. Lukas Hofer, Grosskundenberater bei der WIR Bank
Genossenschaft, nennt in seinem Interview als Ziel, bei der Budgetierung und Finanzierung eines Bauvorhabens eine Win-win-
WIRPLUS Januar 2016
Situation zu erreichen. Erhält der Bauherr von seiner Bank faire
Konditionen und eine gute Betreuung, erfährt er sie als solide,
erfahren, kompetent und flexibel, dann empfiehlt er die Bank
auch gerne weiter – beide Seiten haben gewonnen und sind
glücklich. Hofer zeigt auf, wie schnell ein Budget und damit auch
die Finanzierung über den Haufen geworfen werden können,
wenn Unerfahrenheit oder Naivität im Spiel sind. Ganz abgesehen von arglistiger Täuschung durch Dritte. Ein besonderes
Augenmerk sollte scheinbaren Nebensächlichkeiten wie Anschlussgebühren, Erschliessungskosten oder Ausgaben für die Sicherung
des Geländes gelten: «Wird nur einer dieser Punkte bei der Budgetplanung übersehen, kann es ein böses Erwachen geben.»
Exzellenter Mittelstand
Ernst Deiss ist nicht nur Autor, er ist selbst schon Gegenstand
einer Veröffentlichung geworden. Der Gründer des deutschen
Instituts SchmidtColleg, Cay von Fournier, hat Deiss und seine
Firma im Buch «Exzellente Unternehmen – Die verborgenen Stars
des Mittelstands» (Band 2: Produktion) porträtiert. Von Fournier
hat die Deiss AG und zehn weitere Firmen aus über 1000 Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum ausgewählt, um zu
zeigen, wie kleine und mittelständische Unternehmen vorbildlich
und mit gesundem Menschenverstand ihren Weg gehen und
durch Innovation und Kundennähe überzeugen. Als verantwortungsvoller Unternehmer denkt Ernst Deiss bereits heute, mit
51 Jahren, an die Regelung seiner Nachfolge. So ist die ältere
Tochter Corina Deiss bereits in der Entsorgung Eiken AG tätig,
und auch die jüngere Tochter Sarah (Bauzeichnerin) und Sohn
Simon Deiss (Maurer und Geomatiker) haben mit ihren Ausbildungen und Interessen die besten Voraussetzungen, um das
Werk von Grossvater und Vater einmal weiterzuführen.
DANIEL FLURY
Vier Firmen, 60 Mitarbeitende
Ernst Deiss beschäftigt in seinen Unternehmen 60 Personen.
Die Deiss AG in Herznach ist spezialisiert auf die Erschliessung von Grundstücken, den Aushub für den Kellerbau
und das Giessen der Bodenplatten. Unter dem Slogan
«Lust auf Tiefbau» ist die Firma hauptsächlich in den
Regionen Basel, Luzern, Solothurn und Zürich tätig. Sie
arbeitet mit verschiedenen Anbietern von Fertighäusern
zusammen. Ebenfalls im Angebot sind Baggerarbeiten,
Baggervermietung, Lärmschutzwände, Kernbohrungen
und der Rückbau von Gebäuden. Die Schwesterfirma
Entsorgung Eiken AG übernimmt das Recyclen der dabei
anfallenden Baustoffe (WIR-Annahmesatz 30%).
Steht das Haus auf dem Keller, kommt die Schwesterfirma
Deiss AG
Hauptstr. 33a
5027 Herznach
T 062 867 80 67
www.deiss.ch
[email protected]
IN GARDEN AG in Herznach zum Zug. Sie führt Umgebungsarbeiten aus und realisiert auch die «gewagtesten
Gartenträume». Ziel ist dabei die auch im Buch «Glücklich
bauen» beschriebene Harmonie von aussen und innen:
Der Blick aus dem Fenster in den Garten soll Gewinn und
Genuss sein. Selbstverständlich stehen auch der Unterhalt
oder die Umgestaltung bestehender Gärten im Angebot.
Dem Handel mit Natursteinen und Accessoires hat sich
die stone.ag in Eiken verschrieben. In einer Ausstellung
auf über 800 m2 werden die Produkte und Anwendungszwecke vorgestellt. Die Fläche wird jährlich zu etwa
einem Viertel erneuert und umgestaltet, sodass alle vier
Jahre eine komplett neue Ausstellung zu sehen ist.
Entsorgung Eiken AG
IN GARDEN AG
Sägeweg
Hauptstr. 33a
5074 Eiken
5027 Herznach
T 0848 930 930
T 062 867 80 00
www.entsorgungeiken.chwww.ingarden.ch
[email protected]@ingarden.ch
stone.ag
Grubenweg 11
5074 Eiken
T 062 871 95 67
www.stone.ag
[email protected]
33
WIRPLUS Januar 2016
DER WIEDERKEHRENDE KUNDE
Viele Geschäfte zählen auf treue, wiederkehrende Kunden. Doch Stammkunden sind
nicht selbstverständlich. In den meisten Branchen herrscht ein harter Konkurrenzkampf.
Wie kann man eine starke Bindung zum Kunden herstellen und eine treue Stammkundschaft aufbauen? – Diese Fragen sind gerade auch für KMUs von grosser Bedeutung.
KMUs, die mit ihren Kunden den gezielten Kontakt pflegen
möchten, müssen die Mitglieder ihres Verkaufs- oder Beratungsteams davon überzeugen, dass Kunden lieber wiederkommen und Folgekäufe vornehmen, wenn sich eine persönliche
Beziehung mit Mitarbeitenden des Geschäfts entwickelt hat.
Die Motivation eines Kunden, eine Marke bzw. ein Geschäft zu
wechseln, kann viele Gründe haben. Vielleicht hat sich der Kunde
nicht verstanden gefühlt bzw. eine Beschwerde wurde mangelhaft behandelt.
Erfolgsfaktoren
Paul Riederer* geht immer in die gleiche Bäckerei, weil der Standort optimal liegt, das Produktangebot vielfältig ist und weil er
immer gut bedient wird. Es gilt somit die einfache Formel «Guter
Standort + attraktives Angebot + freundliches Personal = Kundentreue». Wenn nur einer dieser Faktoren mangelhaft erfüllt ist,
beeinträchtigt das die Loyalität des Kunden. Eine treue Stammkundschaft aufzubauen und zu pflegen, lohnt sich. In vielen Fällen werden 40–70% des Umsatzes durch Stammkunden erzielt.
Welche Überlegungen stellt der Kunde an? Der Kunde vergleicht
die Produkte und Dienstleistungen mit Alternativangeboten und
er prüft das Leistungsversprechen des Anbieters. Auch die subjektive Wahrnehmung der (individuellen) Problemlösung und das
Image des Anbieters sind von Bedeutung.
In jeden Kontakt investieren
Folgende vier Beispiele sollen zeigen, dass jeder Kontakt mit
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dem Kunden einen imagefördernden und nachhaltigen Einfluss haben kann.
• Die Familie Hug* hat den Spatenstich für ihr Eigenheim schon
einige Wochen hinter sich. Jetzt stehen die Gartenarbeiten an. Sie
holen verschiedene Offerten ein. Auffällig sind folgende Aspekte:
Als die Familie bei einer der offerierenden Gartenbaufirma höflich nachfragt, ob diese die Offerte innerhalb der nächsten zwei
Wochen zustellen könnte, kam folgende Antwort: «Wo denken
Sie hin, wir haben sehr viel zu tun. Die Stapel der Anfragen sind
hoch!» Bis heute, Jahre später, ist von der renommierten Gartenbaufirma weder eine Offerte noch sonst irgendeine Information
eingetroffen. Familie Hug hat ein schlechtes Bild dieser Firma
erhalten – es liegt eine starke Enttäuschung vor.
Mit einer anderen Gartenbaufirma hatte Familie Hug deutlich
mehr Glück. Ihre Vorstellungen und Bedürfnisse wurden gut
aufgenommen und es wurde differenziert und speditiv offeriert.
Der Berater hat der Familie empfohlen, auch auf den anfallenden
Unterhalt zu achten und hat aufgezeigt, wie man den Platz optimal nutzen kann. Auch heute noch, Jahre später, hat die Familie
Hug mit dieser Gartenbaufirma Kontakt und kauft öfters da ein.
Hier fühlte sie sich von Beginn an verstanden.
• Patrick Reber* hat einen neuen Coiffeur in der Nähe des Wohnorts ausprobiert. Er ist begeistert. Man geht auf seine kurzfristigen Terminanfragen ein und ist auch zeitlich flexibel. Morgen
früh um 7 Uhr oder abends um 19:30 Uhr sind möglich und stellen
WIRPLUS Januar 2016
kein Problem dar. Auch seiner Frau hat Patrick Reber diesen Coiffeur empfohlen, und auch sie ist begeistert. Inzwischen geht die
ganze Familie zu diesem Coiffeur. Zu den wesentlichen, positiven
Faktoren gehören echte (nicht gespielte) Freundlichkeit, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und ein idealer Standort in der
Nähe des Wohnorts.
• Familie Bleuler* ist in die Ferien unterwegs. Durch das grosse
Verkehrsaufkommen entsteht eine grössere Verzögerung bei der
Ankunft im Hotel, wo zwei Doppelzimmer für drei Tage gebucht
sind. Die Bleulers gehen davon aus, dass sie erst gegen 23.00 Uhr
im Hotel eintreffen werden. Sie rufen im Hotel an. Bereits durch
die Reise gestresst, erhalten sie durch die Rezeptionistin noch zusätzlichen Druck: «Das gibt aber Probleme und ist mühsam. Wir
kennen Sie ja nicht, Sie waren noch nie bei uns. Sie müssen wissen, dass die Rezeption ab 23.00 Uhr nicht besetzt ist. Falls es
später wird, rufen Sie unbedingt nochmals an, dann gebe ich Ihnen den Code für den Schlüssel. Melden Sie sich!» Die Familie
Bleuler trifft um 23.07 Uhr im Hotel ein. Es ist niemand mehr hier.
Sie geben den Code ein für die Schlüssel und beziehen die Zimmer. Irgendwie begleitet Familie Bleuler ein ungutes Gefühl, denn
die befehlerische Art am Telefon hat bei ihnen Fragen aufgeworfen und ihnen etwas die Freude am Aufenthalt genommen.
kenvertretung durchführen zu lassen. Bei dieser Gelegenheit will
er auch gleich eine Probefahrt mit dem Nachfolgemodell seines
Fahrzeugs absolvieren. Es wird ihm offeriert, das Testfahrzeug
gleich bis zum nächsten Tag zu behalten, damit er sich einen genaueren Eindruck verschaffen kann. Peter Root und die ganze
Familie sind von der zuvorkommenden Art sehr beeindruckt. Auch
die Ausführung des Service liess keine Wünsche offen. Wenn die
Roots ihr aktuelles Fahrzeug gegen das neue Modell eintauschen,
werden sie dies bei der neuen Vertretung tun.
Emotionen sind wichtig
Das Potenzial der Beziehungsbildung kann in allen Bereichen genützt werden. Emotionen zwischen Käufer und Verkäufer bzw.
zwischen Käufer und dem Produkt spielen eine grosse Rolle. Für
den Aufbau einer loyalen Kundenbeziehung muss der Verkäufer
oder Berater die Anliegen des Kunden nachvollziehen können.
Manchmal sind es Kleinigkeiten, die den Kunden überzeugen und
zu einer langjährigen Kundenbeziehung führen.
Es kann auch vorkommen, dass Verkäufer allzu stark an Details,
technische Aspekte oder Arbeitsprozesse denken und dabei «vergessen», dass auch Kunden Menschen sind.
ENRICO LOMBARDI
• Peter Root* hat bei seinem Markenvertreter, dem er seit Jahren
treu ist, Autozubehör eingekauft. Die unfreundliche Bedienung
und der langwierige, komplizierte Zahlungsvorgang waren zu seiner Überraschung eine echte Enttäuschung. Peter Root hat sich
deshalb entschlossen, den fälligen Service bei einer anderen Mar-
INTRA DM AG
TRAINING & MARKETING
* Sämtliche Namen im Artikel sind zufällig gewählt.
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WIRPLUS Januar 2016
SCHWEIZER KMUS EIN JAHR NACH
DEM FRANKENSCHOCK
Die Aufhebung der Wechselkursgarantie von 1.20 CHF für einen Euro am 15. Januar 2015 hat die ganze
Schweizer Wirtschaft kräftig durchgeschüttelt, und die Folgen dieses plötzlichen Schritts unserer Nationalbank
wirken immer noch nach. Auch KMUs aller Branchen sind betroffen, allerdings in sehr unterschiedlichem Ausmass.
Betriebe der stark betroffenen Hotellerie können den Frankenschock mit der Teilnahme am WIR-System abfedern – wie z.B. der «Seehof» in Davos
(100% WIR auf den ganzen Betrag).
Es gibt nicht nur negative, sondern auch einzelne positive Auswirkungen.
Wirklich ohne Vorwarnung?
Die wechselkurspolitische Notbremsung der Nationalbank, die vor
einem Jahr nicht in einem Meer von abwertungsverdächtigem
Euro ertrinken wollte, kam – nachträglich betrachtet – vielleicht
doch nicht so ganz unerwartet. Die schweizerische Wirtschaft
war durch die vorhergegangene Wechselkurskrise von 2008/2009
vorgewarnt. Die Mindestkursgarantie wurde von der Nationalbank deutlich unter der Kaufkraftparität des Schweizer Frankens
zum Euro festgelegt, was sicher auf die Gefahr neuer Wechselkurskrisen hindeutete. Bei der Begründung der Einheitswährung
Euro lag der Wechselkurs noch bei 1.60 CHF. Die Schweiz hat den
Erosionsprozess des Euro also bereits fast 15 Jahre durchmachen
müssen, mit Strukturfolgen für ihre Wirtschaft, die nicht erst am
15. Januar 2015 entstanden sind. Die Aufhebung der Kursgarantie hat einfach die Aufwertung des Schweizer Frankens, über ein
Jahr betrachtet, nochmals um gut zehn Prozent erhöht.
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Bauindustrie kaum betroffen
Die grossen Verlierer nach dem 15. Januar 2015 sind nicht bei
den KMUs, sondern in der Exportindustrie zu finden, vor allem
in der Maschinen- und Elektroindustrie und jetzt in zunehmendem Masse auch in der Uhrenindustrie. Chemie und Pharma
sind glimpflicher davongekommen, haben aber mit Produktionsverlagerungen ins Ausland reagiert. Weniger betroffen
wurden die binnenwirtschaftlich orientierten Branchen, zum
Beispiel die Bauwirtschaft. Hier hat das einmalig tiefe Zinsumfeld zusammen mit der anhaltenden Nachfrage nach Mietwohnungen – im letzten Jahr hat sich ihr Bestand nochmals um
35 000 Einheiten vergrössert – für eine Stabilisierung auf hohem Niveau gesorgt. Grosse Leerstände haben wir zurzeit nur
bei Büroliegenschaften, wo lange verantwortungslos drauflosgebaut wurde. Selbst der gewerblich-industrielle Bau ist nicht
zum Stillstand gekommen. An die Stelle von Erweiterungsinvestitionen sind Ersatzinvestitionen getreten, welche die Produktivität steigern und die Kosten senken sollen. Auch dafür
muss gebaut werden. Der KMU-Anteil an der Bauwirtschaft
WIRPLUS Januar 2016
hat sich in einem Jahr nicht verändert, vielleicht mit Ausnahme
der Bauplaner und Architekten.
Serviceleistungen immer wichtiger
Unter den KMUs waren die selbstständigen Detailhändler – insbesondere die Anbieter dauerhafter Konsumgüter – in Grenznähe
am härtesten betroffen, insbesondere im Raum Basel. Die «Auswanderung der Kaufkraft» – durch Privatimporte und zunehmende grenzüberschreitende Käufe im Internet – hat inzwischen
mit rund 5% des gesamten Detailhandelsumsatzes der Schweiz
einen neuen Rekordstand erreicht. Die Entwicklung geht dahin,
dass Serviceleistungen noch wichtiger werden. Preisnachteile,
die bei den jetzigen Wechselkursverhältnissen nicht ausgeglichen werden können, lassen sich nur mit einer höheren
Servicequalität ausgleichen.
Grenzgängerbremse im Tessin
Ein grosses Problem mit dem Vordringen ausländischer Handwerker – einschliesslich nicht immer vertrauenswürdiger Scheinselbstständiger – hat insbesondere das Tessin. Aber Not macht
erfinderisch. Wer im Tessin einem Erwerb nachgehen will und im
benachbarten Ausland wohnt, muss einen Strafregisterauszug
vorlegen. Wie wirksam diese Grenzgängerbremse ist, wissen wir
noch nicht. Ausser dem Tessin haben aber auch die anderen
Grenzkantone die Kontrollen der Arbeitsbedingungen – insbesondere auf Baustellen – wesentlich verschärft. Eine aggressive
Gewerkschaft hält zusammen mit den Arbeitgebern die Behörden auf Trab.
Auch für zahlreiche Dienstleister hat der Wind gedreht. Industrie
und Banken sind immer mehr dazu übergegangen, EDV-Leistungen ins Ausland auszulagern, zu einem grossen Teil nach Osteuropa und Asien. Davon sind auch KMUs betroffen, vielfach
verhältnismässig junge Berufseinsteiger. Für diese sind auch die
Schwierigkeiten, Kredite zu erlangen, grösser geworden. Gerade
angesichts sinkender Zinsmargen prüfen Banken Kreditgesuche
junger Unternehmer strenger als auch schon. Auch die Finanzierung über den Hypothekarkredit ist schwieriger geworden, weil
die Kreditgeber – nicht nur die Banken – strengere Tragbarkeitsregeln anwenden, was ursprünglich zur Verhinderung einer «Baublase» gemeint war. Diese Gefahr besteht heute nicht mehr, wozu
auch die gesetzliche Beschränkung der Zweitwohnungen wesentlich beigetragen hat. Die Lage vieler KMUs im Berggebiet ist
deswegen kritischer, als viele meinen.
(minus 5,2%) alarmierend. Besser schneidet gesamtschweizerisch das Gastwirtschaftsgewerbe ab, dank seiner überwiegend
einheimischen Kundschaft, die immer noch auf gesicherte Einkommen und Vollbeschäftigung setzt und entsprechend ausgabenfreudig bleibt. Auch hier muss man aber zwischen den Grenzregionen und dem Rest der Schweiz unterscheiden.
Und die Gewinner?
Nicht geschadet hat der Frankenschock der Attraktivität des
Schweizer Arbeitsmarkts. Nochmals hat 2015 die Nettozuwanderung aus dem Ausland, insbesondere aus den südlichen EU-Ländern, 50 000 Personen überstiegen (ohne Asylanten). Die Auswirkungen sind aber nicht mehr gleich wie in den Vorjahren. Die
Zuwanderung füllt Lücken in wenig produktiven Branchen wie dem
Gesundheitswesen und ist wenig geeignet, das Wirtschaftswachstum wiederzubeleben. Die neuen Zuwanderer sind kaufkraftschwächer als jene früherer Jahre und haben von ihrer Herkunft her auch
geringere Komfortansprüche. Dies wirkt sich auf dem Wohnungsmarkt so aus, dass abgesehen von wenigen Ballungszentren ein
Überangebot an teuren Mietwohnungen entsteht.
Gesamtwirtschaftlich betrachtet, hat der Frankenschock zweifellos positiv zur Stabilisierung der Lohnkosten beigetragen. Bei
1,5% Negativteuerung kann niemand Lohnerhöhungen wegen
gestiegener Preise verlangen. Die höheren Krankenkassenprämien
dürften im neuen Jahr zumindest teilweise durch – erstmals seit
zwanzig Jahren – sinkende Mietzinse ausgeglichen werden.
Die grössten Gewinner sind zweifellos die Konsumenten. Auslandwaren sind seit dem Frankenschock immerhin um 5,5% billiger geworden. Hingegen ist noch kein Rückgang der Preise von
Inlandgütern feststellbar – dieser könnte wohl nur durch noch
höhere Privatimporte erzwungen werden. Bei den Importpreisen
spielt allerdings die Verbilligung des Erdöls eine grosse Rolle,
wohl mehr als die eingetretene Verbilligung importierter, dauerhafter Konsumgüter.
Eine eigentliche Sonderkonjunktur erlebt zurzeit das Autogewerbe.
Die Zahl der neu immatrikulierten Personenwagen hat von Januar
bis September 2015 um 9% zugenommen. Wahrscheinlich haben
die Kunden in Erwartung sinkender Preise mit Ersatzbeschaffungen
zugewartet, und ihre Hoffnungen sind mit den Euro- und weiteren
Rabatten im Neuwagengeschäft in Erfüllung gegangen.
Kleine müssen mitziehen
Verlierer grossen Stils ist auch eine weitere KMU-Branche, die
Hotellerie. Die letzten verfügbaren Zahlen vom September 2015
sind insbesondere für das Tessin (minus 6,8%) und Graubünden
Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass die
KMUs aller Branchen ebenfalls von billigeren Einkäufen aus dem
Euroraum profitieren konnten. Am dümmsten waren jene dran,
37
WIRPLUS Januar 2016
Was kann der neue Bundesrat bewirken?
auf diesem Gebiet gegenüber der EU ins Hintertreffen zu geraten.
Die Verwaltungstätigkeit in Bund, Kantonen und Gemeinden ist
bei uns immer noch zu wenig benutzerfreundlich. Zu viel Zeit und
Geld gehen gerade auch in den KMUs für Leistungen an die staatlichen Verwaltungen verloren. Schlankere und einfachere Arbeitsgänge erhöhen das Wirtschaftswachstum. Entscheidend ist, dass
die neuen Lösungen KMU-tauglich sind, was nicht von vornherein
gewährleistet ist. Neue Programme kosten auch in den KMUs Geld.
In der neuen Legislaturperiode bis 2019 wird der Nationalrat etwas wirtschaftsfreundlicher als in der alten. Dazu hat auch die
Stärkung des Gewerbeflügels bei den vergangenen Wahlen beigetragen. Eine erste Reaktion der Landesregierung – noch in ihrer
alten Zusammensetzung – bestand darin, dass sie auf die Durchlöcherung des Inländer-Bankgeheimnisses verzichtet. Die Vorlage
wäre im Parlament chancenlos geblieben, sodass es nicht einmal
zu einem Referendum gegen sie gekommen wäre.
Gerade in der momentanen Tiefzinsperiode hat sich gezeigt, dass
viele junge Unternehmen erhebliche Schwierigkeiten mit der Risikokapitalbeschaffung haben. Auf diesem Gebiet der Mittelstandspolitik muss sich der Bundesrat etwas einfallen lassen. Es
geht dabei nicht um Subventionen, aber beispielsweise um die
vermehrte Anlage von Pensionskassengeldern in jungen Unternehmen, was eine Verbesserung der bestehenden Bürgschaftsund Versicherungslösungen für solche Fälle erfordert.
Der Bundesrat wird es auch in seiner neuen Zusammensetzung
nicht leicht haben. Der Umgang mit dem Parlament wird schwieriger, weil Nationalrat und Ständerat noch häufiger als bisher
auseinanderdriften werden. Besonders schwer wird es der Bundesrat aber mit Vorlagen haben, die Steuererhöhungen enthalten,
etwa für den teilweisen Ausgleich der Mindereinnahmen aufgrund der dritten Unternehmenssteuerreform oder bei der Sanierung der Altersversorgung. Bei diesen Kernthemen der neuen
Legislatur dürfte es zu Referendumsabstimmungen kommen,
selbst wenn die beiden Parlamentsräte einig werden.
An den Hauptursachen unseres Wohlstands – gutes Bildungssystem, flexibler Arbeitsmarkt und Rechtssicherheit – wird der
Bundesrat sicher nicht herumfeilen. Schwieriger wird es, wenn es
um die Sicherung eines erträglichen Steuerklimas geht. Dazu
braucht es zwei Dinge: die in Angriff genommenen neuen Sparprogramme und Referendumsdrohungen gegen alle Steuer- und,
soweit rechtlich möglich, auch Gebührenerhöhungen in Bund,
Kantonen und Gemeinden.
die auf teuer eingekauften Lagerbeständen sitzen blieben und
diese auf Kosten ihrer Margen zum Teil unter dem Einstand abstossen mussten. Die «Aktionitis» hat seit dem Frankenschock bisher
ungewohnte Höhepunkte erreicht. Die Grossverteiler geben den
Takt vor, und die Kleinen müssen wohl oder übel mitziehen.
Kommentar
Die kurzfristig grösste Herausforderung an den Bundesrat ist
sicher, die schweizerische Wirtschaft nach der frankenschockbewirkten Stagnation wieder auf einen vernünftigen Wachstumskurs zu bringen. Die Wechselkurspolitik bleibt bei der
Nationalbank. Die Aufgabe des Bundesrats besteht darin, konsequent und weitgehend in Fortsetzung der bisher verfolgten
Politik die Regelungsdichte über der Wirtschaft zu vermindern,
Wettbewerb und Produktivität zu steigern. Auch hier ist im Bundesrat bereits ein wichtiger Vorentscheid gefallen: Die Ausgaben
für Forschung und Bildung werden von den neuen Sparprogrammen verschont. Das Parlament dürfte dem beipflichten.
Nur reicht das nicht aus, um das Wachstum im gewünschten
Ausmass zu beleben.
Dazu gehört auch eine stärkere Auseinandersetzung mit den Anforderungen der «digitalen Wirtschaft». Die Schweiz riskiert sonst,
Unser Verhältnis zur EU und zur weltweiten Marktöffnung wird
den neuen Bundesrat zweifellos strapazieren. Einerseits darf die
Schweiz nicht von der Liberalisierung des transatlantischen Handels (Freihandelskommen EU-USA) ausgeschlossen werden, andererseits steht der Schutz unserer Landwirtschaft angesichts der
Machtverhältnisse im neuen Parlament nicht zur Disposition. Die
Schweizer Wirtschaft – einschliesslich KMUs – muss auch weiterhin fehlende Arbeitskräfte in Europa rekrutieren können, auch
wenn das Zuckerpapier der Bilateralen, wie die Nationalratswahlen deutlich gezeigt haben, beim Volk abgeschlagen hat. Damit ist
wohl die Forderung verknüpft – wie die Nationalratswahlen gezeigt haben – , nicht immer in vorauseilendem Gehorsam – etwa
bei den Finanzmarktregulierungen – nach Brüssel und Washington zu schielen. Die Standfestigkeit des neu gewählten Bundesrats dürfte hier wiederholt auf die Probe gestellt werden.
DR. RICHARD SCHWERTFEGER
«Politisch ist der Frankenschock noch lange nicht ausgestanden.»
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WIRPLUS Januar 2016
WENN DER FRIEDHOFGÄRTNER
MEIN GRAB AUFHEBT
Es ist ungemütlicher auf der Welt als auch schon. Terror, Umwelt,
Steuererklärung. Doch etwas gibt mir Hoffnung: die ToplineFrischhaltedosen für Znüni und Resten. Auf sie gibt die Migros
nämlich 25 Jahre Garantie (auf die Dosen, nicht auf die Resten).
Fünf! Und! Zwanzig! Jahre!
Oft genug beklagt die «Tagesschau» Drohnenangriffe, Durchsetzungsinitiativen und Djokovic. Ebenso oft krieche ich anderntags in
die Migros zu den Frischhaltedosen zum Meditieren. Vollgetankt
mit Zuversicht hüpfe ich Stunden später heim, unter dem Arm eine
Click-and-Lock-Dose 0,5 l für CHF 5.50 und mit dem Aufdruck «25
Jahre Garantie», und habe wieder eine Zukunft vor Augen.
Als ich vor ein paar Wochen bei Ikea für meinen Keller ein Gestell
suchte, das Platz bot für 421 Frischhaltedosen, entdeckte ich
entzückt, dass Ikea auf Matratzen ebenfalls 25 Jahre Garantie
gibt. Seither träume ich auf Ikea. Zum Beispiel träume ich, wie ich
im Jahr 2039 zu Ikea brettere und bei meiner Matratze einen
Materialfehler reklamiere. Wie der junge Mann im Laden sich geknickt entschuldigt und mir die Matratze austauscht durch eine
neue Matratze, die ebenfalls wieder 120 Franken kostete, 25 Jahre Garantie bietet und nach ein paar tausend Nächten einen Materialfehler offenbart.
Aber natürlich hoffe ich, dass auch ich unbeschädigt nach Hause
komme und mich freuen kann an den neusten 25 Jahren Garantie
in dieser ungemütlichen Welt, in der niemand sagen kann, was
morgen sein wird. Mir geben die Dosen Mut und Zuversicht für
das Leben. Stolpern, hinfallen, Frischhaltedose richten, aufstehen, weitergehen!
Zugegeben, manchmal habe ich auf meiner Ikea-Matratze auch
Albträume. Zum Beispiel, dass ich den Kassenzettel meiner
Frischhaltedose verloren hätte. Das passiert mir meist innerhalb
von 25 Stunden. Ich kenne mich. Schlimmer noch: Migros und
Ikea kennen mich auch. Und die anderen auch. Sie könnten uns
auch 100 Jahre Garantie geben.
Wahrscheinlich geben sie uns eines Tages wirklich auf jeden
Kartoffelschäler 3000 Jahre Garantie. Ich schwör, Monn, ich bewahre den Kassenzettel auf und bringe diesen Schlaumeiern das
Teil in 2999 Jahren zurück. Und falls der Laden dann nicht mehr
am selben Ort steht – mir wurscht. Zu meinem Navi gehört ein
lebenslanges Kartenupdate.
Wenn die Garantie meiner neusten Topline-Frischhaltedose abläuft, werde ich 71 Jahre alt sein, so Gott will und ich lebe. Die
fröhliche Frau am Migros-Kundendienst wird wohl jünger sein
als die Dose, die sie mir umtauscht. Die neue Dose wird mich
begleiten bis ich 96 bin, die nächste bis ich 121 bin, Frischhaltedosen halten ja frisch. Nächste Woche kaufe ich wieder eine
und frage nach einer Garantieverlängerung auf 50 Jahre. Dann
müsste ich mit 96 nicht extra in die Migros.
Sicher, man weiss nie, ob man so alt wird. Vielleicht segne ich
nächste Woche auf dem Heimweg von der Migros das Zeitliche,
wegen eines entgegenkommenden 96-Jährigen oder so. Sollte
die neue Dose im Gegensatz zu mir unbeschädigt bleiben, dann
würde die Garantie auf die neue Dose 2041 ablaufen, also im
Jahr, in dem der Friedhofgärtner mein Grab aufhebt. Vermutlich
ist der Grabstein dann verwitterter als die Frischhaltedose. Ich
sollte mir aus meinen gesammelten Frischhaltedosen für mein
Grabmal eine Skulptur giessen lassen.
WILLI NÄF
WILLI NÄF IST FREIER AUTOR, TEXTER UND KABARETTIST UND LEBHAFT
IM BASELBIET UND IM APPENZELLERLAND.
WWW.WILLINÄF.CH
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WIRPLUS Januar 2016
40
WIRPLUS Januar 2016
VERANSTALTUNGEN UND TERMINE
IMPRESSUM
WIRPLUS
Das Kundenmagazin der WIR Bank
Januar 2016, 83. Jahrgang, Nr. 922
Generalversammlung 2016 der WIR Bank
18. Mai 2016 in Basel (für Genossenschafter/-innen)
Herausgeberin/Redaktion
WIR Bank Genossenschaft
Auberg 1
4002 Basel
www.wirbank.ch
Herbstgespräche 2016
5. November 2016 im KKL Luzern (für Stammanteilhalter/-innen)
Informationen über diese und über weitere
WIR-Anlässe erhalten Sie bei der WIR Bank,
www.wirbank.ch, Tel. 0848 947 947.
Redaktionsteam
Daniel Flury (Chefredaktor), Annette Lempen,
Roland Schaub, [email protected], Tel. 061 277 93 27
oder 061 277 92 76
WIR-MESSE ZÜRICH
Übersetzer
Daniel Gasser, Yvorne
CLS Communication
24.11.2016 – 27.11.2016
www.wmzag.ch
Gestaltung: fischerundryser, Basel
Druck: Vogt-Schild Druck AG, Derendingen
Erscheinungsweise
Im Januar, April, Juli und September
auf Deutsch, Französisch und Italienisch
Auflage: 70130
RECHTLICHE HINWEISE
Adressänderungen: WIR Bank, Beratungszentrum
Postfach, 4002 Basel, oder Fax: 0848 947 942
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Fotografen
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fischerundryser: 1, 34-35
Andreas Frutig: 2 (links), 3, 4-5, 6-7 (oben), 30-31
Peter Bürgi: 2 (rechts), 11-15
marathon-photos.com: 16
Edouard Curchod: 22-24
Kanton Obwalden, Ereignisdokumentation Unwetter 2005: 20 (u. rechts)
Eliane Meyer: 29
zVg: 32-33, 36, 39
GettyImages: 6-7 (unten)
Keine Handlungsanweisungen
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