Leseprobe

Widerstände überwinden
Das Nein-Sagen üben!
Der Philosoph Sokrates († 399 v. Christus) ging jeden Tag mit seinen Schülern auf den
Markt. Doch er kaufte nie etwas. Das ärgerte die Händler: Sie hielten dieses Verhalten
für geschäftsschädigend.
Eines Tages fragten sie ihn: »Warum kommst du täglich hierher und kaufst nie etwas?«
Da antwortete Sokrates: »Ich freue mich, dass es so viele Dinge gibt, die ich alle nicht
brauche.«
1. Woche | Sonntag
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Mut zum Dienen
Der Wissenschaftler
Die personifizierte Natur ertappte eines Tages einen
Wissenschaftler, der die Schöpfung als eine Milliarde
von Zufällen erklärte.
Sie packte ihn am Kragen und warf ihn zu Boden: »Nun?
Der Wissenschaftler erklärte: »Das war die Gravitation.
Nach Newton …«
Die Natur drückte sein Gesicht in den Rasen mit vielen
Blumen. Nun, wie war’s?«
»Ach«, sagte der Wissen­schaftler, »diese köstlichen
Düfte und ätherischen Öle, ich kenne alle Formeln …«
Die Natur ließ ihn nicht ausreden, sondern warf ihn zum
dritten Mal hin und steckte seine Nase in Humus. Lange.
Als er wieder zu sich kam, strich er sich die Erde von
Mund, Nase und Augen und – schwieg. Dann meinte er:
»Seltsam. Es riecht so eigenartig. Ich weiß nicht recht!?«
»Na«, die Natur ließ nicht locker, »nach was rieche ich
denn?«
Der Wissenschaftler schwieg wieder. Dann sagte er
bedächtig: »Ich glaube, du riechst nach − Gott!«
Die Natur lachte: »Gar nicht schlecht für den Anfang!
Du scheinst langsam etwas Wichtiges zu begreifen.«
2. Woche | Samstag
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Barmherzig sein
Barmherzigkeit nimmt
Traurigkeit von der Seele
Zu einem weisen Mann kamen einmal drei Greise,
von denen einer in schlechtem Ruf stand.
Der Erste sagte: »Macht mir bitte ein Netz!« Der
aber antwortete: »Nein, ich mach es nicht!«
Der Zweite bat: »Mach uns doch ein Andenken an
dich für unsere Wohnung!« Diesem erwiderte er:
­»Ich habe keine Zeit.«
Der Dritte, der im schlechtem Ruf, sagte: »Mach
mir bitte eins, damit ich etwas aus deinen Händen
habe.« Da sagte der Meister sofort: »Ich mach es
für dich!«
Das verwunderte die ersten beiden und sie fragten
beiläufig: »Wir haben dich so sehr gebeten, aber du
hast es abgelehnt. Bei ihm aber sagst du sofort zu?«
Da erklärte ihnen der weise Mann: «Ihr wart nicht
sehr traurig, als ich ablehnte, weil ihr auch seht,
wie wenig Zeit ich habe. Wenn ich es aber für ihn
nicht gemacht hätte, dann hätte er sofort gedacht:
Nur wegen meiner Sünde lehnt er ab. Sein Ver­
trauen wäre dahin gewesen. Und deshalb wollte
ich ihn nicht traurig machen!«
3. Woche | Samstag
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Zerbrochenes zusammenfügen
Österliche Parabel­
Ein Mensch, der es gut mit den Geschöpfen meinte,
hatte einmal Erbarmen mit den Raupen, die sich auf
Stummelfüßen vorwärts plagten, Staub schluckend und
immer in Lebensgefahr waren.
Er bückte sich also und sagte eindringlich »Hallo! Hört
mal her! Das Leben besteht nicht nur aus Fressen und der
Tod ist nicht das Letzte. Ihr werdet einmal eure
Schwerfälligkeit verlieren. Ihr werdet mühelos über
Hecken und alle Hindernisse hinwegfliegen können.
Und ihr werdet unbeschreiblich schön sein!«
Aber die Raupen hörten nicht zu oder verstanden ihn
nicht. Vielleicht war es auch unmöglich, Schmetterlings­
haftes in der Raupensprache auszudrücken.
Jedenfalls, als der gute Mensch noch einmal begann,
ihnen zu sagen: »Euer Puppensarg ist nicht das Letzte,
über Nacht werden euch Flügel wachsen«, da riefen sie:
»Hau endlich ab! Du spinnst! Du hältst uns nur vom
Fressen ab!«
»... der Tod ist nicht das Letzte. Ihr werdet einmal eure Schwerfälligkeit verlieren.
Ihr werdet mühelos über Hecken und alle Hindernisse hinwegfliegen können. Und ihr
werdet unbeschreiblich schön sein ...!«
Ostersonntag
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