Wir wollen mit unserer Marke in der Schweiz präsenter

Uhren & Hightech
Bieler Tagblatt Freitag, 13.11.2015
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«Wir wollen mit unserer Marke
in der Schweiz präsenter werden»
Meine Uhr
Nidau In diesem Spätsommer ist die Fashiontime AG mit ihrer Uhrenmarke a.b.art von Biel nach Nidau
umgezogen, wo das Unternehmen neu auch das Uhren- und Schmuckfachgeschäft «Zytpunkt» betreibt.
Im Leben von Jean-Marie Unterrassner dreht sich fast alles ums
Rad. Mit seiner grossen Leidenschaft, dem Mountainbike, startete der heute 41-Jährige Inhaber
der Bike Factory in Bühl vor über
20 Jahren seine Geschäftstätigkeit. Was damals als Nebenbeschäftigung begann, hat sich
heute zum Fahrradgeschäft entwickelt, dessen Veloangebot praktisch keinen Kundenwunsch offen lässt. Vom Kindervelo übers
Liegevelo bis hin zum Bahnrad
findet sich alles in der Bike Factory. Mountainbikes, aber auch
Rennräder sind immer noch ein
wichtiges Standbein seines Geschäfts. Ebenso wichtig sind
heute aber die Elektrovelos. Jedes
zweite Fahrrad, das Unterrassner
heute verkauft, ist ein E-Bike.
«Velos sind komplex, fast so wie
Uhren», sagt Unterrassner. Bei
den heutigen Karbonvelos habe
zum Beispiel jede Schraube ihr
Drehmoment. Technik hat Unterrassner seit je fasziniert. Davon
zeugen seine drei Berufsabschlüsse als Elektroniker, Automobildiagnostiker und Fahrradmechaniker. Und seine Freude an
Technik und Mechanik widerspiegelt sich auch in seiner Uhr,
einer skelettierten Aerowatch, die
ihm seine Eltern zum 40. Geburtstag schenkten. «Bei den
Fahrrädern ist der Leichtbau das
grosse Thema», sagt er. Alles
werde auf das Wesentliche reduziert, die Materialien ausgereizt.
Nach dem gleichen Prinzip gehe
man bei einer skelettierten Uhr
vor, das gefalle ihm, sagt er. Die
Aerowatch ist für ihn aber nicht
nur ein Symbol für seine Technikbegeisterung. Sie zeigt auch an,
wann es bei ihm etwas ruhiger zu
und her geht. Bei der Arbeit trage
er die Uhr nicht, da sei man immer am Herumjagen. «Wenn ich
aber die Uhr trage, dann habe ich
Zeit.» dr
Die Uhr für
Mussestunden
Daniel Rohrbach
Weniger kann auch mehr sein. Zu
dieser Erkenntnis ist François
Zahnd in den vergangenen zwei
Jahren gelangt. Der heute 54-jährige Geschäftsführer der 1986 von
ihm gegründeten Fashiontime AG
will sich mit seiner Uhrenmarke
a.b.art (siehe Zweittext) künftig
nur noch auf den europäischen
Markt konzentrieren.
Die Uhren der Marke a.b.art haben ein schnörkelloses, nüchternes, klares Design und sind in
einer Preislage angesiedelt, die
von 250 Franken bis 800 Franken
reicht. Nach zehn Jahren Aufbauarbeit sei ihm bewusst geworden,
dass es «fast ein Ding der Unmöglichkeit» sei, eine Marke einzig
und allein mit eigenen Mitteln
weltweit zu etablieren, sagt François Zahnd. «Gewachsen sind wir
in den letzten Jahren nicht
mehr.» Doch immerhin habe man
das Volumen von jährlich 15 000
verkauften Uhren halten können.
München statt Basel
Beim Markenaufbau scheute
François Zahnd das Risiko keineswegs. Dies zeigt etwa die vier
Jahre dauernde Präsenz an der
Basler Uhrenmesse – für eine
kleine Marke wie a.b.art ein finanzieller Kraftakt, der sich aber
kaum gelohnt hat. Denn an einer
traditionellen Uhrenmesse wie
der Baselworld, die von Luxus
und Glamour geprägt ist, sei die
Marke mit ihrem nüchternen Design nicht am richtigen Platz, sagt
Zahnd. Seit 2013 mietet er sich jeweils im Office Business Center
beim Basler Aeschenplatz für die
Dauer der Messe ein. Als sehr viel
wichtigere Messe für seine Marke
bezeichnet Zahnd die Inhorgenta
in München, die jeweils im Februar über die Bühne geht und sich
selber als Plattform für den erschwinglichen Luxus bezeichnet.
Dort, sagt er, könne er die für ihn
interessanten Abschlüsse tätigen.
Substanz gekostet
Mit der Konzentration auf 20
europäische Länder will Zahnd
bewusst die Risiken verkleinern.
Unumwunden spricht der Firmeneigentümer vom Stress, den
er gehabt habe, als er sich vorgenommen hat, mit eigenem Geld
«Der Umzug hat vitalisierend gewirkt»: Nathalie und François Zahnd haben Marke und Laden unter einem Dach vereint.
zu wachsen. «Die internationale
Strategie hat Substanz gekostet»,
sagt er. Die neue Firmenphilosophie kommt bei der Fashiontime
AG seit Anfang Oktober auch
räumlich zum Ausdruck. Neu ist
die Firma mit ihren sechs Mitarbeitern in Nidau in der Liegenschaft des ehemaligen Uhren- und
Schmuckfachgeschäftes Fuchs zu
Hause. Unter dem Namen «Zytpunkt» betreibt Zahnd zudem im
bestehenden Lokal an der Hauptstrasse 27 einen Uhren- und
Schmuckladen.
thalie Zahnd betreut. Dies liesse
sich gut mit der Arbeit für die Fashiontime AG verbinden, da ja alles unter einem Dach vereint sei.
Zudem arbeitet die ehemalige Ladeninhaberin während anderthalb Tagen im Geschäft. Der Laden sei eine gute Plattform, um
sich ein Bild zu machen, was
nachgefragt werde. In einer ersten Phase gelte es aber auch abzu-
Laden als Plattform
Die Marke a.b.art (a.b. steht für
authentic basic, Anm. d. Red.)
wurde 1991 durch Alexander Burhans in Deutschland gegründet.
Dieser betraute François Zahnd
mit seinem Privat-Label-Hersteller Fashiontime mit der Uhrenproduktion. 2003 übernahm
Zahnd mit seiner Firma die
Marke und damit auch das Marketing, die Kommunikation und
den Vertrieb. Damit wurde die ur-
Das Angebot im «Zytpunkt» umfasst neben den Zeitmessern von
a.b.art auch Uhren von Century,
Eterna und Pierre Junod,
Schmuck aus der a.b.art-jewellery-Linie sowie eines weiteren
Herstellers. Daneben wird im Laden auch ein Schmuck- und Uhrenreparaturservice angeboten.
Die Kundschaft wird von François Zahnd oder seiner Gattin Na-
klären, was die Bedürfnisse der
Kundschaft sind. «Der Laden hat
sicherlich auch einen emotionalen Wert», sagt Zahnd. Denn
einen wirtschaftlichen Druck mit
dem Laden habe man nicht.
«Unsere Erwartungen diesbezüglich sind realistisch», sagt er. Angesichts der nicht einfachen Lage,
in der sich der Uhrendetailhandel
aufgrund der Marktmacht der
In Deutschland gegründet
sprünglich deutsche Marke zu
einem Swiss-made-Label. Die
Hauptmärkte von a.b.art sind die
Schweiz, die Niederlande, Österreich und Deutschland. Dort ist
die Marke an 150 Verkaufspunkten vertreten. In den übrigen
europäischen Ländern sind es deren 100. Nebst Europa gehören
auch weiterhin die USA, Japan
und Taiwan zum Absatzgebiet
von a.b.art. dr
Sarah Bittel
grossen Gruppen befinde, könne
man eine Ladeneröffnung zum
jetzigen Zeitpunkt durchaus als
antizyklisch beschreiben, sagt
Zahnd, fügt aber gleich an, wie vitalisierend die ganze Geschichte
auf ihn gewirkt habe.
Künftig Online-Versand
Mit neuem Schwung will er a.b.
art auf dem Schweizer Markt voranbringen. Zurzeit ist die Marke
an 85 Verkaufspunkten vertreten.
«In der Schweiz wollen wir präsenter werden», sagt er. Dies nicht
zuletzt wegen des starken Frankens und der schwindenden Margen vorab im Euroraum. «Auf
dem Heimmarkt können wir im
Moment die grössten Margen erzielen.» Zudem soll man a.b.artUhren künftig auch im Internet
kaufen können. François Zahnd
ist daran, einen Online-Versand
aufzubauen, und verfolgt daneben noch ein weiteres Projekt, das
aber erst 2016 spruchreif werde,
wie er sagt.
Greubel Forsey gewinnt «Oscar» der Uhrmacherei
Preis Der diesjährige
Hauptgewinner am
Grand Prix d’Horlogerie de Genève heisst
Greubel Forsey.
Der Grand Prix d’Horlogerie de
Genève (GPHG) hat sich in den
mittlerweile 15 Jahren seines Bestehens zu einem der wichtigeren Preise gemausert, der in der
Uhrenbranche vergeben wird.
Ausgezeichnet werden beim
GPHG technische Spitzenleistungen, Innovationen und uhrmacherisches Fachwissen.
Bei der diesjährigen Preisverleihung, die vor zwei Wochen in
Genf mit 1500 geladenen Gästen
unter Beisein von Bundesrat
Alain Berset über die Bühne ging,
vergab die internationale, 26köpgige Jury 17 Preise (siehe
Infobox). Die höchste Auszeichnung, die «Aiguille d’Or», ging in
diesem Jahr an die in La Chauxde-Fonds beheimatete Manufaktur Greubel Forsey für ihr Modell
«Tourbillon 24 Secondes Vision».
Im Gegensatz zu anderen Tourbillon-Zeitmessern, welche sich
alle 60 Sekunden drehen, rotiert
der Tourbillon hier, wie der Name
schon sagt, alle 24 Sekunden. Die
Uhr wurde in diesem Jahr erstmals am «Salon de la Haute Horlogerie» gezeigt und ist auf 22
Stück limitiert. Der GPHG wurde
2001 von einer Stiftung ins Leben
gerufen. Der Hauptpartner der
GPHG-Stiftung ist die Genfer Privatbankengruppe Edmond de
Rothschild. dr
Jean-Marie Unterrassner und
seine Aerowatch. dr
Das Objekt
Limitiert und
handgefertigt
Die Preisträger 2015 am Grand Prix d’Horlogerie de Genève
• Grand Prix de l’Aiguille d’Or: Greubel Forsey, Tourbillon 24 Secondes Vision
• Prix de la Montre Dame: Hublot, Big Bang
Broderie
• Prix de la Haute Mécanique pour Dame:
Fabergé, Lady Compliquée Peacock
• Prix de la Montre Homme: Voutilainen,
Voutilainen GMR
• Prix de la Montre Chronographe: Piaget,
Altiplano Chrono
• Prix du Tourbillon: Ulysse Nardin, Ulysse
Anchor Tourbillon
• Prix de la Montre Calendrier: Hermès, Slim
d’Hermès QP
• Prix de la Montre à Sonnerie: Girard-Perregaux, Répétition Minute Tourbillon sous
Ponts d’Or
• Prix de l’Exception Mécanique: Jaquet
Droz, The Charming Bird
• Prix de la Petite Aiguille: Habring², Felix
• Prix de la Montre Sport: Tudor, Pelagos
• Prix de la Montre Joaillerie: Audemars Piguet, Diamond Punk
• Prix de la Montre Métiers d’Art: Blancpain,
Villeret, Cadran Shakudō
• Prix «Revival»: Piaget, Extremely Piaget
Montre Manchette Recto Verso
• Prix de l’Innovation: Antoine Preziuso,
Tourbillon des Tourbillons
• Prix de la Révélation Horlogère: Laurent
Ferrier, Galet Square
• Prix Spécial du Jury: Micke Pintus, Yannick
Pintus, Jean-Luc Perrin.
Die drei Uhrmacher von Vacheron Constantin wurde für die Konzeption und Herstellung der montre Référence 57260 ausgezeichnet
• Prix du Public: Antoine Preziuso, Tourbillon
des Tourbillons. Der Publikumspreis wurde
in diesem Jahr erstmals vergeben. dr
Quelle: GPHG
Swatch Für die Biennale in Venedig schuf die portugiesische
Künstlerin Joana Vasconcelos für
Swatch den «Giardino del Eden».
Jetzt kann das Kunststück auch
am Handgelenk getragen werden.
Das goldene Zifferblatt jeder einzelnen der 999 Uhren ist von
Hand gefertigt. dr/Bild: zvg