Die Basilika Santa Chiara in Assisi

franziskanische orte
Die Basilika
Santa Chiara
in Assisi
Foto: Nadine Crausaz
Die Basilika zu Ehren der heiligen Klara
von Assisi wurde in den Jahren 1257 bis 1265 von
Philipp von Campelo erbaut. Sie steht auf den
Fundamenten der Vorgängerkirche San Giorgio.
Von ihr haben sich nur eine Kapelle und
die Krypta erhalten. In dieser wird der Leib der
1253 verstorbenen heiligen Klara aufbewahrt,
der ersten Schülerin des heiligen Franziskus.
Die Basilika befindet sich in der Nähe
der Befestigungswälle zwischen der
Franziskusbasilika und der Porta Nuova.
Der Vorplatz der Kirche öffnet die Sicht in einem weiten Panorama auf das Tal von Spoleto, bei klarem
Wetter von Montefalco bis Perugia. Die Basilika ist
erbaut mit rötlichen und weissen Steinen, die man
Fotos: Nadine Crausaz
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aus den Steinbrüchen am Monte Subasio herbeigeschafft hat. Die Stadt Assisi liegt ja am Fuss des
Subasio. Der Stil der Kirche ist italienische Gotik. Der
Bau hält sich an den Stil der oberen Kirche von San
Francesco.
Die Fassade ist mit rot-weissen Streifen versehen.
Zwei symbolische Löwen bereichern das Portal. Eine
sorgfältig geschaffene Rosette schmückt das Zentrum. Links von der Fassade wurden aus statischen
Gründen drei Stützbogen hinzugefügt. Das ästhetische Gleichgewicht des Kirchengebäudes wird dabei
in keiner Weise beeinträchtigt.
Das Innere der Kirche bildet ein lateinisches Kreuz:
Ein Langhaus führt zu einem Querschiff, das sich
durch eine polygonale Apsis auszeichnet. Die Fresken
am Gewölbe und im Querschiff wurden zwischen
dem 12. und 14. Jahrhundert gemalt. Sie sind das
Kreuz von San Damiano
Rechts bei der Glaswand, die den Chor der Sakramentskapelle abschliesst, hängt das Kreuz, das nach
der Tradition im Jahr 1205 in San Damiano Franziskus
eingeladen hatte, «seine Kirche wieder aufzubauen».
Als die Klarissen im Jahr 1257 San Damiano verliessen, um sich bei San Giorgio niederzulassen, nahmen
sie das Kreuz mit. Sie haben es über 700 Jahre sorgfältig gehütet. In der Karwoche 1957 wurde es erstmals in der Kapelle San Giorgio oberhalb des neuen
Altars ausgestellt. Links an der Wand lässt sich ein
Bild der Krippe erkennen. Es ist ein Werk siennesischumbrischer Kunst aus dem 14. Jahrhundert: Die
zarte, gnadenvolle Umarmung der Jungfrau Maria
strahlt eine Atmosphäre der Frische und Reinheit aus.
Die Krypta
Die neugotische Krypta (1850) ist um das Grab der
heiligen Klara angelegt. Sie hat ihren ursprünglichen
Charakter bewahrt. Hinter einer Vitrine sind Reliquien
ausgestellt, insbesondere das Brevier, aus dem der
heilige Franziskus gebetet haben soll, und Locken
vom Haar der heiligen Klara.
Die Mauern der Krypta sind mit Illustrationen aus
ihrem Leben ausgemalt. Was von ihrem Leib erhalten
blieb, ist in einer länglichen Statue gefasst, die mit
einem klösterlichen Gewand bekleidet ist. So wird
der Eindruck erweckt, als sähe man die Heilige wie
zu ihrer Lebzeit. Dank eines Gipsabgusses liess sich
ihr leicht asymmetrisches Gesicht wieder herstellen.
Auch ihre Körpergrösse konnte errechnet werden.
Man kam auf ca. 1,55 Meter. Ihre sterblichen Überreste wurden im Sarkophag entdeckt, der sich heute
unter dem Hochaltar der Basilika befindet.
Die heilige Klara wurde in Assisi in den Jahren 1193
oder 1194 als Tochter des Offreducio di Favarone in
eine adlige Familie geboren. Sie starb am 11. August
1253. Als Schülerin des heiligen Franziskus gründete
sie den Orden der Armen Frauen (Klarissen). Zwei
Jahre nach ihrem Tod wurde sie von der Kirche heiliggesprochen.
Die Kirche San Giorgio
In dieser Kirche, damals ausserhalb der Stadt gelegen,
hat Franziskus als Kind lesen gelernt. Nach seinem
Tod ruhte sein Leib von 1226 bis 1230 an diesem Ort.
Hier sprach ihn Papst Gregor IX. im Jahr 1228 heilig.
In dieser Kirche ruhte auch Klaras Leib, bis die neue
Kirche vollendet war. Vom Bauwerk hat sich nur noch
ein Teil der Südmauer der Seitenkapellen erhalten.
Nadine Crausaz
Übersetzt von Thomas Morus Huber
Foto: zVg
Werk eines unbekannten Malers. Dargestellt sind
Heilige inmitten von Engeln. Der Hochaltar, der von
zwölf kleinen Säulen getragen wird, ist ein Werk
umbrischer Kunst des 14. Jahrhunderts. Er wird von
einem schmiedeeisernen Gitter von beträchtlichem
künstlerischem Wert umgeben. Darüber hängt ein
gefasstes Kreuz (1255–1260). Das originelle Werk
wurde von Benvenuto Benveni aus Foligno geschaffen. Der Künstler hat im Jahr 1265 auch eine prächtige Ikone der «Mantelmadonna» geschaffen.
Rechts im Querschiff sind die Wände mit Fresken
von Stefano und anderen Malern aus der Schule
Giottos geschmückt. Links hängt ein eindrückliches
hohes Gemälde. Es ist eine Darstellung der heiligen
Klara. In der Hand hält sie das Kreuz. Umgeben ist
sie von acht symmetrisch angeordneten Bildtafeln,
die die wichtigsten Episoden ihres Lebens erzählen.
Dieses Werk ist ebenfalls mit dem Namen Benveni
gezeichnet; die Stärke des Ausdrucks und die hieratische Komposition der Figuren machen es zu einem
bemerkenswerten Werk.
Entlang der Mauern stösst man auf die schwer
beschädigten Fresken des Palermo di Guido von
Assisi (um 1310), des berühmten expressionistischen
Meisters der heiligen Klara. Die Szenen von ihrem
Tod und ihrer Bestattung kann man im Querschiff
rechts bewundern.
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