Alle Detektoren auf Empfang Physiker liefern erste präzise

URL: http://www.uni-jena.de/Forschungsmeldungen/FM150518_Gravitationswellen.pdf
Alle Detektoren auf Empfang
Physiker liefern erste präzise Vorhersage des
Gravitationswellensignals, das von zwei kollidierenden
Neutronensternen ausgeht
Foto: TPI/FSU, AG Brügmann
Kollision zweier Neutronensterne (unten) von der Annäherungen (l.) über den Kontakt (m.) bis zum
Kollisionsprodukt (r.) und ein dabei typischerweise ausgesendetes Gravitationswellensignal (oben).
Genau 100 Jahre ist es her, dass Albert Einstein mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie Raum
und Zeit erschütterte: Jede bewegte Masse, jeder Stern oder jede Galaxis - so Einsteins Theorie bringen die sie umgebende Welt ins Wanken. Wie eine elastische Folie wird die sogenannte
Raumzeit durch die Bewegungen der Himmelskörper verformt und gerät dabei selbst in
Schwingungen. Diese Erschütterungen setzen sich mit Lichtgeschwindigkeit als Gravitationswellen
in alle Richtungen fort und müssten sich auch von der Erde aus messen lassen. Doch, obwohl
Einsteins Theorie unstrittig und die Gravitationswellen seit einem Jahrhundert vorhergesagt sind,
wartet die Wissenschaftsgemeinde noch immer darauf, diese Wellen im Universum direkt zu
messen.
In diesem Jahr sollen mit dem LIGO (Laser Interferometer Gravitational Wave Observatory) in den
USA und dem VIRGO-Interferometer in Italien zwei Detektoren für Gravitationswellen der neusten
Generation ihre Arbeit aufnehmen. Doch ob sie endlich das ersehnte Gravitationswellensignal
empfangen, das sei nicht nur eine Frage immer empfindlicherer Messtechnik. "Wir brauchen auch
möglichst präzise Vorhersagen, wie die Wellen physikalisch aussehen, nach denen wir fahnden",
sagt Prof. Dr. Bernd Brügmann von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. "Nur so lassen sich die
Signale mit ihrer äußerst geringen Amplitude aus dem allgemeinen Rauschen herausfiltern."
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Nachwuchswissenschaftlern in Brügmanns Team sind jetzt genau solche Vorhersagen gelungen:
Dr. Sebastiano Bernuzzi und Tim Dietrich haben in der Fachzeitschrift "Physical Review Letters"
die bislang genaueste theoretische Beschreibung eines Gravitationswellensignals vorgelegt, das
von zwei Neutronensternen ausgeht, die miteinander kollidieren
(http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevLett.114.161103).
Präzise Angaben zu Energie und Wellenform des gesuchten Signals
Gemeinsam mit ihren Fachkollegen Alessandro Nagar und Thibault Damour aus Frankreich haben
sie dafür ein analytisches Modell weiterentwickelt, das die Bewegung eines Systems aus zwei
Körpern und die dabei entstehenden Gravitationswellen beschreibt. Auf diese Weise lässt sich die
Berechnung des Gravitationswellensignales deutlich vereinfachen. "Der Rechenaufwand verringert
sich um ein Vielfaches", macht Dietrich deutlich. Anstatt Monate auf das Ergebnis einer einzigen
Simulation zu warten, die nur auf den weltweit größten Supercomputern durchgeführt werden
können, schafft ein normaler PC die Berechnung binnen Sekunden.
Dank dieses Ansatzes ist es den Forschern jetzt möglich, präzise Angaben zu Energie und
Wellenform der Signale zu machen, die bei der Kollision von zwei Neutronensternen zu erwarten
sind, und so die Auswertung der mit den neuen Detektoren aufgezeichneten Signale wesentlich zu
vereinfachen. Wann der erhoffte Nachweis von Gravitationswellen tatsächlich gelingt, dazu ist
freilich keine Vorhersage möglich.
Die vorliegende Arbeit ist im Rahmen des Sonderforschungsbereichs/Transregio 7
"Gravitationswellenastronomie" entstanden und wurde maßgeblich von der Arbeitsgruppe
"Numerische Relativitätstheorie" unter der Leitung von Prof. Brügmann vorangetrieben.
Original-Publikation:
Sebastiano Bernuzzi, Alessandro Nagar, Tim Dietrich, and Thibault Damour. Modeling the
Dynamics of Tidally Interacting Binary Neutron Stars up to the Merger. Phys. Rev. Lett. 114,
161103 2015, http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevLett.114.161103
Kontakt:
Prof. Dr. Bernd Brügmann
Theoretisch-Physikalisches Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Max-Wien-Platz 1, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 947100
E-Mail: [email protected]
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