Die Narren übernehmen die Macht „Wir trotzen dem Terror“

THEMA DES TAGES
14
Am 11. 11. beginnt
traditionell die fünfte
Jahreszeit, in der die
Narren mit ihren Scherzen gegen den Irrsinn
der Welt antreten. An
vielen Orten im Eichsfeld und im Landkreis
wurden die ersten
Büttenabende und
Karnevalsbälle gefeiert
und auch Prinzenpaare
proklamiert.
Auch in Wollershausen wurde das
Geheimnis der neuen Regentschaft gelüftet. Der neue Prinz
des WCC heißt Thomas I. (Drößler), seine Prinzessin Carmen I.
Richter
(Wüstefeld).
Tänzchen mit Narrenkappe: Prinzessin Isabel I. und Prinz David I.
beim Eröffnungsball der Krebecker
Karnevalisten.
Schauenberg
MONTAG, 16. NOVEMBER 2015
Die Narren übernehmen die Macht
Faschingsauftakt im Eichsfeld: 300 Gäste feiern Büttenabend mit dem Rüdershäuser Carneval-Club
Von Claudia naChtwey
Rüdershausen. Zum Regierungswechsel kam es in der Mehrzweckhalle in Rüdershausen.
Prinz Jens I. (Passow) und Prinzessin Jasmin I. (Gleitze) übernahmen auf dem Büttenabend
das Zepter für die fünfte Jahreszeit. Bürgermeisterin Annegret
Lange (CDU) nahm es gelassen.
Bevor das gut gehütete Geheimnis um die Karnevalsregentschaft vom Präsidenten des
Rüdershäuser Carneval Club
(RCC) Joachim Otto gelüftet
wurde, hieß es erstmal: „Schnallt
Euch an!“. Eine Reise durch die
Narrenzeit ist das Motto, das bis
zum kommenden Rosenmontag
Gültigkeit hat. Mit dem Aufheulen eines Düsenjets startete der
Büttenabend, während adrette
Stewardessen (die große Garde
um Leiterin Melissa Knoll) den
rund 300 Zuschauern mit den
üblichen Handzeichen vorgaben, wie die Bordkiste zu nutzen
sei. Unter Gejohle wurden hunderte Luftschlangen und Ballons
durch die Halle gejagt, und in
der ausgelassenen Stimmung
entwickelte sich ein Flashmob.
Schnell wurde es eng auf der
Bühne, als alle drei Garden und
der Elferrat gemeinsam ihren
Einzug tanzten. „Wir haben viele
junge Leute im Verein, daher ist
auch unser Elferrats-Einmarsch
diesmal etwas weniger traditio-
Wenn der RCC den Auftakt zur fünften Jahreszeit mit Travestie-Show und Musik gibt, ist die Mehrzweckhalle voll besetzt.
nell“, erklärte der zweite Vorsitzende Dennis Krol schmunzelnd
beim Anblick des quirligen Treibens.
Zu einem der Höhepunkte des
Programms zählte die TravestieShow von Kim und Roy, alias
Thomas und Lothar Finze, die in
Badenhausen das TravestieTheater Carte Rouge betreiben
und seit 25 Jahren auch mit internationalen Partnern
gemein-
sam auf der Bühne stehen. Doch
auch die Mitglieder des RCC haben mit ihren närrischen Ideen
kräftigen Applaus geerntet.
Ebenfalls im Rock, allerdings im
schottischen Kilt, sorgten die jugendlichen Qietschboys für Entzücken. Ob die Singlebörse beim
Büttenabend dauerhaft fruchten
würde, wollte Krol lieber nicht
festlegen. Annika
Knoll und
Jannik
ue
r: Das ne
Gesichte r Auftaktte
n
n
a
k
e
e
en b
Be i d
den Narr (Ochsenfahrt). gjährige Mitscherte
n
n
e
la
ti
b
r
r
n
a
e
fü
M
s
n
ny/NR
runge
n) und
Bilshau
h
n
E
a
in
e
l
m
e
e
ig
s
h
in
in
c
e
e
e
(H
m
w
e
s
e
d
g
ik
u
n
es z
ieru
t Ulr
Der Reg
aar heiß
wen gab
Prinzenp asthaus Zum Lö (BCC).
e
lt
a
d
n
u
b
G
eval Clu
ltung im
veransta Bilshäuser Carn
s
e
glieder d
Störmer machten dem Star Andreas Bourani Konkurrenz, Joachim Otto und Frank Dornieden
übten sich in der massigen Kunst
des Sumo-Ringens und der Elferrat beglückte in erotischer
Chippendale-Manier mit seinem
Männerballett vor allem das
kreischende weibliche Publikum. Dazwischen gaben die
Mini-Garde, die Tee-
Richter
nie-Garde und die große Garde
schwungvolle und phantasiereiche Einlagen. Beim Finale
wurde es ganz der RCC-Tradition entsprechend wieder eng auf
der Bühne, als alle Beteiligten
des Büttenabends gemeinsam
zur nachfolgenden Tanzveranstaltung bis in die Morgenstunden aufriefen. Für stimmungsgeladenen Sound sorgte Matthias Döring aus Heiligenstadt.
Die Karneva
lsge
zur Stadtprin sellschaft Rheintreue R
ot-Weiss prok
zessin der ne
lamiert Tatjan
uen Session
.
a I.
PH
„Wir trotzen dem Terror“
Büttenabende in Hilkerode mit Gardetänzen, Sketchen, Schunkelrunden und Narhalla-Marsch
Von Kuno MahnKopf
Hilkerode. Als der Braunschwei-
Am Aschermittwoch im vergangenen Jahr wurde der Hering und
damit der Karneval in Seeburg begraben, zur neuen Session wieder
Schauenberg
ausgegraben.
Sommer und Winter: Kostümierte Bernshäuser feiern den Faschingsauftakt. Schauenberg
ger Karnvevalsumzug im Februar wegen Terrorgefahr abgesagt
wurde, schlossen sich die Pöhlder Narren kurzerhand dem Umzug in Hilkerode an. Dort feierten sie auch am Freitagabend
beim Büttenabend mit, bevor der
Start in die neue Faschingssession wiederum vom islamistischen
Terror überschattet wurde.
Bevor die ersten Nachrichten
aus Paris durchsickerten, wurde
in Hilkerode ausgelassen gefeiert
– zum Auftakt der fünften Jahreszeit, des organisierten Frohsinns in der niedersächsischen
Narren-Diaspora. Mit 200 Gästen war der in den Vereinsfarben
Rot und Weiß geschmückte Saal
im Prinz zum Holztal ausverkauft, 130 Mitwirkende präsentierten ein buntes Programm.
Die Bütt spielte nur eine Randrolle. Der Büttenabend sei immer mehr zu einem Tanz- und
Partyabend geworden, bestätigt
Sven Behrmann, Vorsitzender
des Hilkeröder Carnval-Vereins
(HCV): „Die jungen Leute wollen weniger Büttenreden.“ So geleitete Hofmarschall Wille Gleit-
ze immer wieder neue Garden
und Tanzgruppen auf die Bühne,
begleitet vom Narhalla-Marsch,
Helau-Rufen und Raketen.
In Hilkerode trugen die 68er
Narrenkappen. Der Karneval
kam erst in der Nachkriegszeit
richtig in Schwung, im Dezember 1968 wurder der HCV gegründet. Über Nachwuchssorgen
kann der Verein mit seinen 265
Mitgliedern und fünf Garden
nicht klagen. Der Einstieg beginnt im Kindergartenalter. Die
Tanzmäuse als jüngste Garde traten gleich nach der Proklamation des neuen Prinzenpaares
Christian I. und Stephanie II.
(Rust) auf, das bis dato nur der
Elferratspräsident kannte. Ausdauer bewies der männliche
Nachwuchs bei seiner PlaybackTanzshow: Das Zwergen-Männerballett wechselte immer wieder die Kopfbeckung. Premiere
als Piraten feierte die Mini-Garde. Unterbrochen von Schunkelrunden und kleinen Sketchen
folgten Auftritte der Kleinen
Garde, der HCV-Frauengruppe,
der Teeniegarde, des MariechenDuos, der Prinzengarde und des
Männerballetts. Schlüpfriges aus
ihrem Leben erzählten Else &
Otto (Diana Tautenhahn und Petra Macke), die bereits zum
sechsten Mal beim HCV-Büttenabend dabei waren. Die eine
kommt aus dem Westen und
sächselt auf der Bühne, die andere stammt aus dem Osten und
spricht Hochdeutsch. Beim Cast-
Rot-weißes Farbenmeer: Gardemädchen mit Prinzenpaar Stephanie II. und Christian I..
Schauenberg
ing in Köln ist das Frauen-Duo
vor wenigen Wochen immerhin
bis in die Endauswahl gekommen.
Einziger Büttenredner war
wieder Till Eulenspiegel alias
Wolfgang Maur, der sich durchs
Dorf- und Weltgeschehen reimte
– dabei auch ernste Themen wie
das politische Chaos im Nahen
Osten und die Flüchtlingskrise
nicht ausließ: „Der Winter steht
nun vor der Tür, Asylverfahren
dauern an. Was heißt das
heut´für uns nun hier? Wir helfen mit, wo Not am Mann.“ Der
Hilkeröder Bäcker Dirk Wollersen bekam für seinen Fernsehauftritt („In Hilkerode geht was
ab, das zeigt auch unser Bäcker.
Die Brownies waren ein wenig
schlapp, Focaccia war lecker“)
ebenso sein Fett ab wie ein im
Dorf nicht ganz unbekannter
Querschläger: „Polemisch bis
zum Gehtnichtmehr, wird alles
kritisiert. Ob Stadt, ob Land, stets
kreuz und quer, zudem im Dorf
noch inspiziert.“ Trotz der Anschläge in Paris wurde der ebenfalls ausverkaufte zweite Büttenabend am Sonnabend nicht abgeblasen. „Wir trotzen dem Terror“, sagt Behrmann.