Dr. Christiane Schopf, Andrea Zwischenbrugger, MSc (WU) Das Forschungsinteresse bezieht sich auf drei Bereiche und u. a. auf folgende Fragestellungen: 1. RW-Fachwissen: ➤ Welche Arten von Fachwissen (Fakten, konzeptionelles, prozedurales, metakognitives Wissen) sind erforderlich bzw. vorhanden? ➤ Was und wie lernen WIPÄD-Studierende im Fach Rechnungswesen? ➤ Wie verändert sich das RW-Fachwissen im Laufe des WIPÄD-Studiums? 2. RW-Fachdidaktik: ➤ Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem RW-Fachwissen der Studierenden und ihrer Fähigkeit, qualitätsvollen RW-Unterricht zu gestalten? ➤ Wie können sie die fachwissenschaftlichen RW-Inhalte rekonstruieren und umstrukturieren, um sie für die Planung von RW-Unterricht zu nutzen? ➤ Wie verändert sich das RW-Fachdidaktikwissen im Laufe des Studiums? 3. Sichtweisen auf RW-Unterricht: ➤ Welche Vorstellungen von fachlichen Konzepten im Rechnungswesen haben angehende Lehrkräfte? ➤ Welche Sichtweisen auf RW-Unterricht bzw. auf Lehren und Lernen in BW haben Sie? ? ➤ Wie verändern sich diese Sichtweisen bzw. Vorstellungen im Laufe des Studiums? Der erwartete Erkenntnisgewinn bezieht sich auf das Nachvollziehen der individuellen Lehr-Lern-Prozesse von Studierenden der Wirtschaftspädagogik im Bereich Rechnungswesen und RW-Didaktik. Dies soll fundierte Rückschlüsse auf den Einfluss und die Wirkung von universitären und außeruniversitären Lerngelegenheiten ermöglichen und so zu einer Optimierung des Lehrens und Lernens im Rahmen der wirtschaftswissenschaftlichen und fachdidaktischen Module der wissenschaftlichen Berufsvorbildung führen. Literatur BAUMERT, J./KUNTER, M. (2006): Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9 (4), 469–520. BERLINER, D. C. (2001): Learning about and learning from expert teachers. International Journal of Educational Researcher, 35, 463– 482. BROMME, R. (2001): Teacher Expertise. In: Smelser, J. J./Baltes, P. B. (Hrsg.): International Encyclopedia of the Social & Behavioral Sciences. Amsterdam, 15459–15465. BROMME, R. (2004): Das implizite Wissen des Experten. In: Koch-Priewe, B./Kolbe, F.-U./ Wildt, J. (Hrsg.): Grundlagenforschung und mikrodidaktische Reformansätze zur Lehrerbildung. Bad Heilbrunn, 22–48. FORTMÜLLER, R./KONCZER, K. (2008): Vorwissen und Lernerfolg. Eine empirische Studie zum Zusammenhang zwischen schulischem Vorwissen und universitärer Prüfungsleistung im Bereich Rechnungswesen. wissenplus – Sonderausgabe Wissenschaft, 5-07/08, 29–35. FRITSCH, S./BERGER, S./SEIFRIED, J./BOULEY, F./WUTTKE, E./SCHNICK-VOLLMER, K./ SCHMITZ, B. (2015): The impact of university teacher training on prospective teachers‘ CK and PCK – a comparison between Austria and Germany. In: Zlatkin-Troitschanskaia, O./ Shavelson, R. (Hrsg.): Special Issue on Assessment of Domain-specific Professional Competencies, Empirical Research in Vocational Education and Training (ERVET), 7 (4), 1–20. SLEPCEVIC, P./STOCK, M. (2009): Selbstverständnis der Wirtschaftspädagogik. bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik, 16. Online: http://www.bwpat.de/content/uploads/media/ slepcevic_stock_bwpat16.pdf [15.06.2015]. SLOANE, P. (2001): Modularisierte Aus- und Weiterbildung für Lehrer an berufsbildenden Schulen. Die berufsbildende Schule, 53 (9), 259–265. UNIGRAZonline (2015): UNIGRAZonline – das Informationsmanagementsystem der Uni Graz. Online: https://online.uni-graz.at/kfu_online/ webnav.ini [30.06.2015]. Wie gut erklären Studienanfänger/innen und welche Rolle spielt dabei ihr Fachwissen? Eine quantitative Untersuchung im Masterstudium Wirtschaftspädagogik an der Wirtschaftsuniversität Wien Dr. Christiane Schopf Universitätsassistentin post doc Institut für Wirtschaftspädagogik an der Wirtschaftsuniversität Wien [email protected] Andrea Zwischenbrugger, MSc (WU) Universitätsassistentin prae doc Institut für Wirtschaftspädagogik an der Wirtschaftsuniversität Wien [email protected] keit und Fachwissen die Studienanfänger/innen in die Ausbildung mitbringen. Hierzu wurde im Studienjahr 2013/14 eine quantitative Untersuchung mit 122 Studierenden an der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführt. Die Ergebnisse belegen einerseits einen mittleren Zusammenhang zwischen Fachwissen und Erklärungsfähigkeit und zeigen andererseits erhebliche Defizite der Studienanfänger/ innen in beiden Bereichen auf. Abstract 1. Problemhintergrund und Zielsetzung Als Basis für eine gezielte Förderung von Erklärungskompetenz im Rahmen der Wirtschaftspädagogikausbildung wird in diesem Beitrag zum einen der Frage nachgegangen, inwiefern Erklärungsfähigkeit und Fachwissen zusammenhängen, und zum anderen, welche Eingangsvoraussetzungen in Hinblick auf Erklärungsfähig- „‚Erklären' ist eine der zentralen Kompetenzen von Lehrpersonen“ (VOGT 2009, S. 7). Diese Feststellung findet sich häufig in der Literatur (BROWN 2006, S. 195; GAGE 1968, S. 3; WELLENREUTHER 2010, S. 167; WRAGG/WOOD 1984, S. 79ff) und auch aus Schüler/innensicht ist für die Beurteilung von Lehrkräften deren Fähigkeit, verständ- lich zu erklären, entscheidend (BECKER 1993, S. 229; GREIMEL-FUHRMANN 2003, S. 114). Empirische Studien bestätigen zudem, dass durch verständliche Lehrer/innenerklärungen sowohl das Lernverhalten als auch der Lernerfolg positiv beeinflusst werden (EVANS/GUYMON 1978; HATTIE 2013, S. 277f; HINES et al. 1985). Erklären ist allerdings eine sehr komplexe, anspruchsvolle Aufgabe, die umfassende Kompetenzen erfordert (BROWN 1978, S. 1). So zeigen Untersuchungen, dass verständliches Erklären Lehrern/ Lehrerinnen und insbesondere Novizen/ Novizinnen Schwierigkeiten bereitet (CHARALAMBOUS et al. 2011, S. 442; LEINHARDT 1989, S. 65ff). Studien belegen jedoch auch die Lernbarkeit von Erklärungsfähigkeit, wenn diese in der Lehrer/ innenausbildung explizit gefördert wird (BROWN 1978, S. 12; CHARALAMBOUS et al. 2011, S. 461; INOUE 2009, S. 57). wissenplus 5–14/15 45 @ Wissenschaft | Forschungsbeiträge Um insbesondere für die Ausbildung von Wirtschaftspädagogen/-pädagoginnen eine fundierte Basis zu schaffen, haben sich die Autorinnen zum Ziel gesetzt, verständliche Erklärungen im Wirtschaftsunterricht genauer zu erforschen. In diesem Zusammenhang wurde eine Vorstudie im Masterprogramm der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführt, die klären sollte, welche Erklärungsfähigkeit die Studierenden zu Beginn ihrer Ausbildung bereits besitzen und welche Rolle dabei ihr Fachwissen spielt. Konkret wurden folgende Fragstellungen untersucht: ➤ Über wie viel schulrelevantes Fachwissen im Bereich Betriebswirtschaft und Rechnungswesen verfügen die Studienanfänger/innen? ➤ Über welche Erklärungsfähigkeit im Bereich Betriebswirtschaft und Rechnungswesen verfügen die Studienanfänger/innen? ➤ Inwieweit besteht ein Zusammenhang zwischen dem Fachwissen und der Erklärungsfähigkeit der Studienanfänger/ innen? 2. Theoretischer Rahmen und Hypothese Das Professionswissen von Lehrpersonen wird häufig, aufbauend auf SHULMAN (1986, 1987), in die drei Kernkategorien Fachwissen, fachdidaktisches Wissen und pädagogisch-psychologisches Wissen eingeteilt (siehe Abb. 1) (AUFSCHNAITER/ BLÖMEKE 2010, S. 362; BAUMERT/KUNTER 2011, S. 32; LIPOWSKY 2006). Im Rahmen dieser Studie werden die ersten beiden Kompetenzbereiche betrachtet. Wie in der COACTIV-Studie wird dabei beim Fachwissen auf die schulrelevanten Inhalte fokussiert. Das hier im Zentrum stehende Erklärungswissen stellt in diesem Rahmenmodell eine wesentliche Facette des fachdidaktischen Wissens dar. Sowohl die COACTIV- als auch die MT21-Studie zeigt für den Fachbereich Mathematik, dass es sich bei Fachwissen und fachdidaktischem Wissen um zwei nicht nur theoretisch, sondern auch empirisch trennbare Kategorien handelt, die jedoch einen starken Zusammenhang (Korrelation r = 0,79 bzw. r = 0,8) aufweisen (BLÖMEKE/SUHL 2010, S. 484ff; KRAUSS et al. 2011, S. 147ff). Laut BAUMERT/KUNTER (2006, S. 496) ist Fachwissen „die Grundlage, auf der fachdidaktische Beweglichkeit entstehen kann“. Daraus kann geschlossen werden, dass Fachwissen für die Bewältigung fachdidaktischer Aufgaben unverzichtbar, jedoch alleine nicht ausreichend ist. Diese 46 wissenplus 5–14/15 Abbildung 1: Rahmenmodell des Professionswissens von Lehrpersonen (BAUMERT/KUNTER 2011, S. 32; auf bauend auf SHULMAN 1986, 1987) Annahme wird auch durch eine Untersuchung von FORTMÜLLER/GRABOWSKI (2013) im Fach Rechnungswesen gestützt. Vor diesem Hintergrund wird für die vorliegende Studie von der Annahme ausgegangen, dass auch auf der Ebene der Kompetenzfacetten eine getrennte Messung möglich ist, und es wird die Hypothese abgeleitet, dass das schulrelevante wirtschaftliche Fachwissen eine notwendige, jedoch noch keine hinreichende Voraussetzung für Erklärungsfähigkeit darstellt. schieden. Die bereinigte Stichprobengröße beträgt daher 122 Personen. Diese setzt sich aus knapp drei Viertel Frauen und gut einem Viertel Männern zusammen. Ca. zwei Drittel haben sich für das VollzeitStudium beworben – der Großteil dieser Personen ist zwischen 23 und 25 Jahre alt. Beim restlichen Drittel handelt es sich um Bewerber/innen für das berufsbegleitende Programm – das Alter dieser Personen streut sehr breit zwischen 22 und 48 Jahren mit einem Median von 35 Jahren. 3. Erhebungsform und Stichprobe 4. Zum Fachwissen Die quantitative Studie wurde wie bereits erwähnt mit Studienanfängern/ -anfängerinnen des Masterstudiums Wirtschaftspädagogik der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführt. Dabei wurde nicht wie in der empirischen Lehrer/innenbildungsforschung vorherrschend ein subjektiver Zugang über Selbsteinschätzungen oder eine Messung mittels indirekter Indikatoren gewählt, da dies häufig zu verzerrten Ergebnissen führt (BACH 2012, S. 44f; KUNTER et al. 2011, S. 63f; NEUWEG 2014, S. 588), sondern eine direkte Erfassung durch einen Test vorgenommen. Konkret wurden als Datenbasis die Ergebnisse der fachlichen Einstiegsprüfungen in den Bereichen Betriebswirtschaft und Rechnungswesen aus dem Wintersemester 2013/14 sowie einer in diesem Semester eigens für die Untersuchung durchgeführten fachdidaktischen Prüfung herangezogen. Dazu ist anzumerken, dass die formale Zulassung zum Masterstudium den Abschluss eines fachlich einschlägigen Bachelor- oder Diplomstudiums voraussetzt, weshalb die Bewerber/innen über ein entsprechendes fachliches Vorwissen verfügen sollten. Insgesamt traten 149 Bewerber/innen zu den Prüfungen an. Es wurden jedoch jene, die laut eigenen Angaben bereits didaktische Vorkenntnisse besitzen, sowie jene, die nicht alle Teilprüfungen absolviert haben, aus der Stichprobe ausge- Zur Erhebung des Fachwissens der Studienanfänger/innen wurde auf die zwei jeweils zweistündigen Einstiegsprüfungen aus Betriebswirtschaft und Rechnungswesen zurückgegriffen, da diese ein sehr breites Spektrum des schulrelevanten Wissens abbilden. So waren in der Teilprüfung Betriebswirtschaft acht Aufgaben u. a. zu den Themengebieten Management und Personal, Kaufvertrag, Materialwirtschaft, Marketing sowie Investition und Finanzierung zu bearbeiten. Die Teilprüfung Rechnungswesen bestand aus sieben Aufgaben u. a. aus den Bereichen laufende Buchungen, Warenbewertung, Bilanzierung, Einnahmen-Ausgaben-Rechnung sowie Betriebsabrechnungsbogen. Zudem erschienen die Prüfungen aufgrund der offenen verständnis- und anwendungsorientierten Gestaltung der Aufgabenstellungen für eine valide Messung gut geeignet. Zur Illustration ist in Abbildung 2 (S. 47) ein Beispielitem zur Break-Even-Analyse dargestellt. Als Indikator für das schulrelevante Fachwissen wurden die erreichten Prozentpunkte bei allen 15 Aufgaben aus beiden Teilprüfungen (Cronbachs α = 0,790) herangezogen. Die Ergebnisse (siehe Abb. 3) zeigen, dass die Studienanfänger/ innen trotz ihres wirtschaftlichen Vorstudiums im Durchschnitt nur 64 % der möglichen Punkte erreichten. 40 Bewerber/ innen lagen unter der 60 %-Grenze, wobei Dr. Christiane Schopf, Andrea Zwischenbrugger, MSc (WU) allerdings nur eine einzige Person unter 40 % lag. Die Mehrheit erzielte zwischen 60 und 80 % der Punkte, lediglich neun Personen erzielten über 80 %. Es wurden keinerlei signifikante Gruppenunterschiede hinsichtlich Geschlecht, Alter oder Studienmodus sichtbar. Die fachlichen Eingangsvoraussetzungen bleiben also insgesamt hinter den Erwartungen zurück und entsprechen jedenfalls noch nicht den Anforderungen der späteren Berufspraxis. Es erscheint daher wichtig, das wirtschaftliche Fachwissen im Masterstudium noch zu vertiefen. 5. Zur Erklärungsfähigkeit Die Erklärungsfähigkeit der Studienanfänger/innen wurde im Rahmen einer zusätzlichen einstündigen Prüfung erhoben. Um eine möglichst valide Messung zu erreichen, wurden, anstelle der in anderen Studien häufig eingesetzten geschlossenen Items, offene unterrichtsnahe Aufgabenstellungen gewählt. Aus forschungsökonomischen Gründen und um eine gleichzeitige Bearbeitung derselben Aufgaben durch alle Studierenden zu ermöglichen, erfolgte die Erhebung jedoch in schriftlicher Form. Konkret wurden die Bewerber/innen gebeten, die drei Begriffe USP, Break-Even-Point und Eigenkapital in einer fiktiven Unterrichtssituation der Zielgruppe HAK-Schüler/innen eines I. bzw. II. Jahrgangs verständlich zu erklären. Abbildung 4 zeigt zur Veranschaulichung wiederum das Item zum BreakEven-Point. Die Studierendenerklärungen wurden von den beiden Autorinnen unabhängig voneinander auf einer fünfstufigen Skala von sehr schlecht bis sehr gut eingeschätzt. Da bisher noch kein allgemein anerkannter, formalisierter Beurteilungsraster für verständliche Erklärungen wirtschaftlicher Inhalte vorliegt, erfolgte die Bewertung anhand impliziter Kriterien, die schon seit langem in der Lehrer/innenausbildung am Standort Wien zur Anwendung kommen, wie z. B. fachliche Richtigkeit, Verwendung eines illustrierenden Beispiels, verständliche Sprache etc. Um schließlich einen Indikator für die Erklärungsfähigkeit der Studienanfänger/ innen zu ermitteln, wurde pro Person ein Durchschnittswert aus den sechs Einzelbewertungen, d. h. aus den je zwei Bewertungen der drei Erklärungen, berechnet (Cronbachs α = 0,606). Da sich auch hier keine signifikanten Gruppenunterschiede hinsichtlich Geschlecht, Alter oder Studienmodus ergaben, zeigt Abbildung 5 Abbildung 2: Fachwissen – Beispielitem Abbildung 3: Fachwissen – Häufigkeitsverteilung Abbildung 4: Erklärungsfähigkeit – Beispielitem Abbildung 5: Erklärungsfähigkeit – Häufigkeitsverteilung wissenplus 5–14/15 47 @ Wissenschaft | Forschungsbeiträge wiederum für die gesamte Stichprobe die (gerundeten) Ergebnisse. Daraus wird ersichtlich, dass die Erklärungsfähigkeit der überwiegenden Mehrheit der Bewerbe r/innen als schlecht eingestuft wurde. Lediglich 20 Studierende, d. h. ca. ein Sechstel, konnten zumindest eine mittelmäßige Erklärungsfähigkeit unter Beweis stellen. Dieser Befund überrascht allerdings wenig, da es sich bei der bereinigten Stichprobe um Novizen/Novizinnen ohne didaktische Vorkenntnisse handelt. Er bestätigt, dass Erklärungsfähigkeit nicht vorausgesetzt werden kann, und untermauert damit die große Bedeutung einer gezielten Förderung von Erklärungskompetenz im Rahmen der Lehrer/innenausbildung. 6. Zum Zusammenhang zwischen Fachwissen und Erklärungsfähigkeit Zur Ermittlung des Zusammenhangs zwischen Fachwissen und Erklärungsfähigkeit wurden die soeben berichteten Daten einer Faktorenanalyse unterzogen. Die 15 Items zur Messung des Fachwissens sowie die sechs Werte zur Messung der Erklärungsfähigkeit wurden sodann jeweils gemäß der Ergebnisse der Faktorenanalyse gewichtet und zu einem Faktorscore zusammengefasst. Diese so ermittelten Indikatoren haben den Vorteil, dass die Einzelwerte nicht zu gleichen Teilen, sondern mit ihren empirisch ermittelten Gewichtungen in den Gesamtwert einfließen, was zu einem statistisch genaueren Ergebnis führt. Es ergibt sich somit eine leicht abweichende Verteilung, die aber in der zuvor verwendeten Skalierung dargestellt werden kann. Abbildung 6 stellt das Ergebnis in Form eines Streudiagramms dar, welches sich wie folgt interpretieren lässt: Die Punktwolke zeigt einen gewissen linearen Zusammenhang, d. h. dass eine höhere Erklärungsfähigkeit tendenziell mit einem höheren Fachwissen einhergeht. Der linke obere Bereich ist nicht besetzt, d. h., es gibt keine Studierenden mit hoher Erklärungsfähigkeit und niedrigem Fachwissen. Der rechte untere Bereich enthält hingegen Werte, was bedeutet, dass es durchaus Studierende gibt, die ein hohes Fachwissen, aber eine niedrige Erklärungsfähigkeit aufweisen. Dies stützt die formulierte Hypothese, dass Fachwissen eine Voraussetzung für Erklärungsfähigkeit darstellt, Abbildung 6: Zusammenhang Fachwissen und Erklärungsfähigkeit – Streudiagramm Abbildung 7: Zusammenhang Fachwissen und Erklärungsfähigkeit – Korrelation 48 wissenplus 5–14/15 jedoch hohes Fachwissen noch nicht hohe Erklärungsfähigkeit garantiert. Auch die Berechnung des Korrelationskoeffizienten nach Pearson (siehe Abb. 7) bestätigt einen mittleren, hoch signifikanten Zusammenhang (r = 0,454; p = 0,000) zwischen Fachwissen und Erklärungsfähigkeit. Zusätzlich zur insgesamten Betrachtung konnte der Zusammenhang auch für den einzelnen Begriff „BreakEven-Point“ ermittelt werden, da dieser sowohl Bestandteil der fachlichen (siehe Abb. 2) als auch der fachdidaktischen Prüfung (siehe Abb. 4) war. Hierzu wurden also nur die beiden entsprechenden Fachwissensund Erklärungsfähigkeitsitems in Beziehung gesetzt. Erwartungsgemäß wird bei dieser spezifischeren Messung eine noch etwas höhere Korrelation von r = 0,522 erreicht, die ebenfalls hoch signifikant ist. Die Ergebnisse der Korrelationsanalysen entsprechen insofern der Hypothese, als sie einen gewissen, aber keinen vollständigen Zusammenhang bestätigen – hohes Fachwissen ist eben kein ausreichender Prädiktor für hohe Erklärungsfähigkeit, da Erklären scheinbar auch noch weitere Kompetenzen erfordert. Dr. Christiane Schopf, Andrea Zwischenbrugger, MSc (WU) 7. Conclusio Abschließend können die Kernaussagen des vorliegenden Beitrags wie folgt zusammengefasst werden: ➤ Erklärungsfähigkeit stellt einen zentralen Bestandteil der Lehrkompetenz dar; verständlich erklären ist allerdings eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. ➤ Erklärungsfähigkeit scheint Fachwissen als unverzichtbare Grundlage vorauszusetzen, jedoch darüber hinaus zu gehen. ➤ Studienanfänger/innen verfügen nicht nur über eine erwartungsgemäß geringe Erklärungsfähigkeit, sondern trotz ihres wirtschaftlichen Vorstudiums auch über ein nicht zufriedenstellendes schulrelevantes wirtschaftliches Fachwissen. wichtige Kompetenz im Rahmen des Studiums gezielt zu fördern. ➤ Da Fachwissen die Voraussetzung für Erklärungsfähigkeit darstellt, die Studienanfänger/innen jedoch auch diesbezüglich Defizite aufweisen, sollte der Ausbau von Fachkompetenz ebenso einen entsprechenden Stellenwert im Masterstudium einnehmen. „Die Ergebnisse belegen einerseits einen mittleren Zusammenhang zwischen Fachwissen und Erklärungsfähigkeit und zeigen andererseits erhebliche Defizite der Studien anfänger/innen in beiden Bereichen auf.“ Daraus ergeben sich für die Wirtschaftspädagogikausbildung folgende Implikationen: ➤ Da verständliches Erklären keine selbstverständliche Fähigkeit ist und auch nicht automatisch durch die reine Beschäftigung mit Fachinhalten erworben wird, wird es als wesentlich erachtet, diese Literatur AUFSCHNAITER, C./BLÖMEKE, S. (2010): Professionelle Kompetenz von (angehenden) Lehrkräften erfassen – Desiderata. In: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 16 (-), S. 361–367. BACH, A. (2012): Kompetenzentwicklung im Schulpraktikum. Münster: Waxmann. BAUMERT, J./KUNTER, M. (2006): Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9 (4), S. 469–520. BAUMERT, J./KUNTER, M. (2011): Das Kompetenzmodell von COACTIV. In: Kunter, M./Baumert, J./Blum, W./Klusmann, U./Krauss, S./Neubrand, M. (Hrsg.): Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV. Münster: Waxmann, S. 29–53. BECKER, G. (1993): Durchführung von Unterricht. Handlungsorientierte Didaktik Teil II. Weinheim/Basel: Beltz. BLÖMEKE, S./SUHL, U. (2010): Modellierung von Lehrerkompetenzen. Nutzung unterschiedlicher IRT-Skalierungen zur Diagnose von Stärken und Schwächen deutscher Referendarinnen und Referendare im internationalen Vergleich. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 13 (3), S. 473–505. BROWN, G. (1978): Lecturing and Explaining. Hove/New York: Routledge. BROWN, G. (2006): Explaining. In: Hargie, O. (Hrsg.): The Handbook of communication skills. Hove/New York: Routledge, S. 195–228. CHARALAMBOUS, C. Y./HILL, H. C./ BALL, D. L. (2011): Prospective teachers´ learning to provide instructional explanations: how does it look and what might it take? In: Journal of Mathematics Teacher Education, 14 (6), S. 441–463. EVANS, W. E./GUYMON, R. E. (1978): Clarity of Explanation: A powerful indicator of teacher effectiveness. Paper presented at the Annual Meeting of the American Educational Research Association. Torronto. Fortmüller, R./Grabowski, J. (2013): Die Rolle des Fachwissens. In: wissenplus, 32 (2), S. I-VIII. GAGE, N. L. (1968): The Microcriterion of Effectiveness in Explaining. In: Gage, N. L./Belgard, M./Dell, D./Hiller, J. E./ Rosenshine, B./Unruh, W. R. (Hrsg.): Explorations of the Teacher's Effectiveness in Explaining. Technical Report No. 4. Stanford, S. 1–8. GREIMEL-FUHRMANN, B. (2003): Evaluation von Lehrerinnen und Lehrern – Einf lussgrößen auf das Gesamturteil von Lernenden. Innsbruck et al.: Studienverlag. HATTIE, J. (2013): Lernen sichtbar machen. Baltmannsweiler: Schneider. HINES, C. V./CRUICKSHANK, D. R./KENNEDY, J. J. (1985): Teacher Clarity and Its Relationship to Student Achievement and Satisfaction. In: American Educational Research Journal, 22 (1), S. 87–99. INOUE, N. (2009): Rehearsing to teach: content specific deconstruction of instructional explanations in pre-service teacher training. In: Journal of Education for Teaching, 35 (1), S. 47–60. KRAUSS, S./BLUM, W./BRUNNER, M./ NEUBRAND, M./BAUMERT, J./KUNTER, M./BESER, M./ELSNER, J. (2011): Konzeptualisierung und Testkonstruktion zum fachbezogenen Professionswissen von Mathematiklehrkräften. In: Kunter, M./Baumert, J./Blum, W./Klusmann, U./Krauss, S./Neubrand, M. (Hrsg.): Professionelle Komptenz von Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV. Münster: Waxmann, S. 135–161. KUNTER, M./KLEICKMANN, T./KLUSMANN, U./Richter, D. (2011): Die Entwicklung professioneller Kompetenz von Lehrkräften. In: Kunter, M./Baumert, J./ Blum, W./Klusmann, U./Krauss, S./Neubrand, M. (Hrsg.): Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV. Münster: Waxmann, S. 55–68. LEINHARDT, G. (1989): Math Lessons: A Contrast of Novice and Expert Competence. In: Journal for Research in Mathematics Education, 20 (1), S. 52–75. LIPOWSKY, F. (2006): Auf den Lehrer kommt es an. Empirische Evidenzen für Zusammenhänge zwischen Lehrerkompetenzen, Lehrerhandeln und dem Lernen der Schüler. In: Allemann-Ghionda, C./ Terhart, E. (Hrsg.): Kompetenzen und Kompetenzentwicklung von Lehrerinnen und Lehrern: Ausbildung und Beruf. 51. Beiheft zur Zeitschrift für Pädagogik. Weinheim/Basel: Beltz, S. 47–70. NEUWEG, G. H. (2014): Das Wissen der Wissensvermittler. Problemstellungen, Befunde und Perspektiven der Forschung zum Lehrerwissen. In: Terhart, E./Bennewitz, H./Rothland, M. (Hrsg.): Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf. Münster/ New York: Waxmann, S. 583–614. SHULMAN, L. S. (1986): Those who understand: Knowledge Growth in Teaching. In: Educational Researcher, 15 (2), S. 4–14. SHULMAN, L. S. (1987): Knowledge and Teaching: Foundations of the New Reform. In: Harvard Educational Review, 57 (1), S. 1–22. VOGT, R. (Hrsg.) (2009): Erklären. Gesprächsanalytische und fachdidaktische Perspektiven. Tübingen: Stauffenburg. WELLENREUTHER, M. (2010): Lehren und Lernen – aber wie? Empirisch-experimentielle Forschungen zum Lehren und Lernen im Unterricht. Baltmannsweiler: Schneider. WRAGG, E. C./WOOD, E. K. (1984): Pupils Appraisals of Teaching. In: Wragg, E. C. (Hrsg.): Classroom teaching skills. London/Sydney: Croom Helm, S. 79–96. wissenplus 5–14/15 49
© Copyright 2024 ExpyDoc