Lehrlingsportrait zum Beruf (PDF, 102 KB, nicht barrierefrei)

36
Informatiker/in EFZ
Gespräch mit Manuela Llamera, 2. Lehrjahr Informatikerin [Systemtechnik] und Peter Van Treeck, Berufsbildner,
Finanzdepartement / Zentrale Informatikdienste (ZID)
Bei Ihnen im ZID wird ein Multicheck-Test verlangt. Gibt es noch
weitere Aufnahmekriterien?
Peter van Treeck: Im Selektionsverfahren gibt es zwei Probearbeits-
Warum haben Sie sich für die Fachrichtung Systemtechnik
entschieden?
Llamera: Der Mann meiner Schwester ist auch Informatiker. Durch
tage in zwei bis drei Abteilungen. Es muss zudem ein Test absolviert
werden. Wir wollen sehen, wie die Schüler/innen beispielsweise
mit einem manipulierten Computer umgehen und wie sorgfältig
sie das Material handhaben. Mit diesem Selektionsverfahren können wir feststellen, ob die Motivation und Eignung für die Ausbildung vorhanden sind.
ihn bin ich auf dieses Berufsfeld gestossen – ich durfte bei ihm
auch schnuppern. Danach habe ich mich über diesen Beruf informiert und gesehen, dass es verschiedene Fachrichtungen gibt. Ich
habe mich auch über die Fachrichtung Applikationsentwicklung
informiert, die mir aber nicht gefiel. Schliesslich wählte ich die
Systemtechnik.
Wie viele Schüler/innen nehmen Sie in das Selektionsverfahren auf?
van Treeck: Das ist unterschiedlich. Wir haben in diesen Probear-
Herr van Treeck, worin liegt der Unterschied zwischen
Applikationsentwicklung und Systemtechnik?
van Treeck: Die Applikationsentwicklung beinhaltet Programmieren
beitstagen meisten vier bis maximal fünf Personen, die sich vorstellen. Frau Llamera ist als Frau eine Ausnahme. Es wäre schön,
wenn mehr Frauen in den Beruf einsteigen würden. Die Informatik
sollte definitiv keine Männerdomäne sein.
Sie bevorzugen Schulabgänger/innen mit höherem Schulabschluss.
Warum ist das so?
van Treeck: Wir müssen in gewissen schulischen Bereichen ein
Grundverständnis voraussetzen können. Dazu gehört natürlich der
Bereich Mathematik, weil relativ viel darauf aufbaut. Auch die Bereiche Physik, Mechanik und Deutsch sind sehr wichtig. Es ist
auch so, dass wir versuchen, die Lernenden zu motivieren, die
Berufsmatura zu machen. Das eröffnet ihnen vielfältigere Möglichkeiten für die Zukunft.
Eine weitere Voraussetzung ist logisch abstraktes Denken.
Warum das?
van Treeck: Es geht darum, Zusammenhänge zu erkennen, ohne
etwas konkret in der Hand zu halten. Bei uns geht es auch um
virtuelle Bereiche. Deshalb ist das abstrakte Denken so wichtig.
Können auch Schüler/innen zum Schnuppern kommen, die sich nur
über den Beruf informieren möchten?
van Treeck: Auf Absprache, ja. Wir nehmen auch ältere Kandidat/
innen. Wir hatten beispielsweise jemanden aus einer Umschulung.
Er ist mit 38 Jahren zu uns gekommen und hat die Lehre erfolgreich
abgeschlossen.
Gibt es bei Ihnen im Betrieb Rotationen?
van Treeck: Es gibt Abteilungen, in denen der oder die Lernende
ein halbes Jahr tätig ist – das sind Abteilungen, in denen relativ
viel Wissen vermittelt werden muss. Dann gibt es Abteilungen, in
denen man nur zwei Monate bleibt, zum Beispiel bei der Kundenberatung. Im letzten Lehrjahr finden keine Rotationen statt, dann
ist der oder die Lernende in der Abteilung, in der die Abschlussprüfung gemacht wird.
mit Java, Dot Net und mit den Technologien, die gerade auf dem
Markt sind. Systemtechnik ist eher technisch orientiert, dort geht
es um Netzwerke und dergleichen. Der/die Generalist/in schliesslich macht eigentlich alles, nur nicht ganz so vertieft wie die Spezialist/innen.
Wenn Sie einer/m Lehrstellensuchenden Ihre Ausbildung «verkaufen»
müsste, was wären Ihre stärksten Argumente?
Llamera: Der Beruf ist extrem vielseitig und spannend. Es ist sehr
angenehm, mit Männern zusammenzuarbeiten. Jeder Tag bringt
etwas Neues. Man erledigt nie die gleichen Arbeiten. Es ist einfach
ein Super-Beruf.
Was sind typische Aufgaben, die Sie erledigen müssen?
Llamera: In der letzten Abteilung mussten wir sehr oft einen Switch
(Anm.: Netzwerk-Verteiler) konfigurieren. Dieses mussten wir auch
in andere Departemente liefern und dort montieren. Diese Switchs
werden benötigt, damit man in das «Danebs» einsteigen kann. Das
war eigentlich das Erste, was ich alleine erledigen konnte. In der
jetzigen Abteilung muss ich vor allem Computer aufsetzen.
Wie gehen Sie mit Kund/innen um, die ungeduldig sind oder sogar
wütend werden, weil sie warten müssen?
Llamera: Ich hatte bis jetzt das Glück, dass ich keinen erzürnten
Kunden erlebt habe. Als erstes kommen die Kund/innen zum Kundendienst, dort bekommen sie ein Ticket und wir nehmen danach
mit ihnen Kontakt auf. Dann sehen die Kund/innen, dass wir uns
um das Problem kümmern und sie sind schon einmal etwas beruhigt.
van Treeck: Wir haben auch Spezialist/innen für schwierige Kund/
innen in der Abteilung, die wissen, wie man aufgeregte Kund/innen
beruhigen kann.
Was war Ihr Highlight während Ihrer bisherigen Ausbildung?
Llamera: Als ich das erste Mal alleine ohne Unterstützung zu einem
Wie sieht so eine Lehrabschlussprüfung aus?
van Treeck: Wir haben nächstes Jahr zum Beispiel jemanden, der
Kunden gehen durfte. Ich habe dort gemerkt, dass ich etwas gelernt und Fortschritte gemacht habe.
im generalistischen Bereich abschliesst. Er möchte einen mobilen
Access Point erstellen, das heisst, er möchte ein Konstrukt entwickeln, das überall in der Region Basel autonom aufgestellt werden
kann, so dass es möglich wird, sich in das Daten-Netzwerk
Basel-Stadt «Danebs» einzuloggen.
Was war denn das Schwierigste, was Sie bis jetzt erlebt haben?
Llamera: Es gibt immer wieder schwierige Sachen. Extrem Mühe
Frau Llamera, Sie haben sich für eine Lehre beim
Kanton Basel-Stadt entschieden. Was war der Grund, warum Sie
jetzt bei beim ZID arbeiten?
Manuela Llamera: Ich habe mich an verschiedenen Stellen bewor-
ben. Der ZID war der erste Arbeitgeber, der mich zu einer Schnupperlehre einlud. Ich muss aber auch sagen, dass ich bereits
eine andere Lehre begonnen hatte, als Detailhandelsfachfrau mit
Berufsmatur. Ich habe aber bald festgestellt, dass es mir dort nicht
gefiel.
bereitet mir das Programmieren, das liegt mir gar nicht. Aber ich
habe immer die Möglichkeit, bei meinen Kollegen Hilfe zu holen.
Sie sind die einzige Frau hier im Betrieb. Gab es da Schwierigkeiten,
weil zum Beispiel Männer anders kommunizieren?
Llamera: Nein, eigentlich nicht.
van Treeck: Wenn jemand hier durch die Türe tritt, ist er oder sie in
einer «geschlechtsneutralen» Zone. Jeder und Jede hat die gleichen Aufgaben, alle haben das Gleiche zu erledigen.
Informatiker/in EFZ_37
INFORMATIKER/IN EFZ FACHRICHTUNG SYSTEMTECHNIK
Mindestalter:
Lehrdauer:
Eignungstest:
Schnupperlehre:
Wie werden bei Ihnen heikle Themen angesprochen,
zum Beispiel wenn die Lernenden immer zu spät kommen
oder unfreundlich zu Kunden sind?
Llamera: Der Berufsbildner kommt direkt auf uns zu und spricht uns
an.
Frau Llamera, Sie sind zwar erst im ersten Lehrjahr. Haben Sie dennoch
schon Pläne für die Zukunft?
Llamera: Nein, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.
Was machen eigentlich die meisten Informatiker/innen, die hier die
Ausbildung abgeschlossen haben?
van Treeck: Bis jetzt hatte jede/r Lernende etwas anderes gemacht.
Teilweise werden sie von uns für ein bis zwei Jahre übernommen.
Manche gehen nach der Ausbildung in eine Weiterbildung und
andere finden ausserhalb der kantonalen Verwaltung eine Arbeitsstelle.
Unterstützen Sie die Lernenden bei der Stellensuche?
van Treeck: Wenn die Lernenden das möchten, machen wir das
sehr gerne. Jeder von uns hat sein Netzwerk von Kontakten, da
sind auch schon einige vermittelt worden. Aber wir setzen eine
gewisse Eigeninitiative voraus.
«Der Beruf ist extrem vielseitig
und spannend. Jeder Tag bringt etwas
Neues. Man erledigt nie die
gleichen Arbeiten. Es ist einfach
ein Super-Beruf.»
15 Jahre
4 Jahre
Multicheck Technisch
2 Tage in Verbindung mit dem
Selektionsverfahren
Voraussetzungen: Abgeschlossene obligatorische Schulbildung,
höherer Abschluss (Notendurchschnitt in
Deutsch, Englisch und Mathematik im E-Niveau
mindestens 5, sehr gute Noten in Physik,
Chemie), Gymnasium oder Fachmaturitätsschule
Freude am Umgang mit technischen Aufgaben,
sehr gutes logisch-abstraktes Denkvermögen,
rasche Auffassungsgabe, Konzentrationsfähigkeit, Belastbarkeit, Geduld, Genauigkeit,
Kommunikationsfähigkeit, permanente
Lernbereitschaft, Kundenorientierung
Ausbildung Betrieb: Praktische Ausbildung am Arbeitsplatz
6 üK Einheiten à 5 Tage
Berufsschule:
2 Tage pro Woche (in der Regel) an der gewerblich-industriellen Berufsfachschule Muttenz
Berufskundliche und allgemeinbildende
Schwerpunkte. Im Modulplan sind Umfang
und Inhalt der schulischen Bildung ersichtlich
Ausbildungsplätze: BVD, ED, FD, JSD
Weiterbildung:
Wirtschaftsinformatiker/in HF;
Bachelor FH in Wirtschaftsinformatik;
Bachelor FH in Informatik, etc.