Dulden heißt beleidigen: Goethe und die Toleranz

WETTBEWERB „CHRISTENTUM UND KULTUR“
Dulden heißt beleidigen:
Goethe und die Toleranz
Kulturelle und religiöse Vielfalt am
Goethe-Gymnasium Freiburg
als Herausforderung
Carola Scherrer
2014/15
Kursstufe 1
ABGABETERMIN: 15.09.2015
Inhalt
1 Einleitung:
Ein Ereignis am Goethe-Gymnasium in Freiburg –
Mein Erlebnis mit Hassan
S. 3- 4
2 Was ist Toleranz?
2.1 Über die Wichtigkeit von Toleranz
S. 4- 6
2.2 Aktive und passive Toleranz
S. 6- 9
2.3 Definitionen von Toleranz
S. 9-13
2.4 Rainer Forsts Definition von „Toleranz“
S. 14-15
2.5 Paradox der Toleranz und repressive Toleranz
S. 15-16
2.6 Geschichte der Toleranz
S. 16-18
2.7 Begründung von Toleranz
S. 18-19
2.8 Mein Erlebnis mit Hassan neu bedacht:
Was ich heute anders machen würde
– und weitere Handlungsmöglichkeiten
S. 19-21
3 Toleranz und Dialogkultur am Goethe-Gymnasium Freiburg
3.1 Die Situation am Goethe-Gymnasium
S. 22-23
3.2 Fragebogenaktion
3.2.1 Erstellung des Fragebogens
S. 23
3.2.2 Durchführung der Befragung und Auswertung der Fragebögen
S. 23-26
3.2.3 Interpretation der Ergebnisse und sich daraus ergebende
Überlegungen für das Goethe-Gymnasium
S. 27-29
3.3 Was könnte sich am Goethe-Gymnasium ändern?
S. 29-32
4 Fazit
S. 32-34
5 Literaturliste
S. 34-35
6 Anhang 1: Daten der Schulleitung, Auswertung der Fragebögen
S. 37-38
7 Anhang 2: Zusammenfassung der Umfrageergebnisse
S. 39-48
8 Eigenständigkeitserklärung
S. 49
2
1 Einleitung:
Ein Ereignis am Goethe-Gymnasium in Freiburg –
Mein Erlebnis mit Hassan
Zu Beginn meiner Seminararbeit möchte ich erklären, warum ich das Wort
„Herausforderung“ für den Titel meiner Arbeit ausgewählt habe, wie ich diesen Begriff
auslege, und was mich dazu bewogen hat, dieses Thema zu wählen bzw. wie ich
überhaupt darauf gekommen bin.
Den Begriff Herausforderung kann man sowohl positiv als auch negativ auslegen.
Nach der Definition von Duden online bedeutet „Herausforderung“ so viel wie Kampf und
Provokation1. Diese Website hat den Begriff eher negativ ausgelegt. Beim Thema
„kulturelle und religiöse Vielfalt“ wäre „Herausforderung“ also ein Kampf gegen andere
Kulturen, Religionen oder Lebensstile. Für mich hat „Herausforderung“ eher etwas
Positives. In diesem Falle kann man die Vielfalt an Kulturen auch als eine Chance und als
eine Bereicherung für sich selbst und für den Rest der Bevölkerung erkennen, und an den
Herausforderungen,
die
einem
das
Aufeinandertreffen
verschiedenster
Kulturen
abverlangt, geistig wachsen.
Das ausschlaggebende Ereignis für meine Themenwahl war ein ganz normaler
Schultag in der 8. Klasse, an dem ein muslimischer Mitschüler von mir – nennen wir ihn
„Hassan“ – Geburtstag hatte, den er eigentlich nicht feiern wollte, und es kam mir
persönlich so vor, als würde es ihm auch gar nicht recht sein, wenn dies viele wüssten. Es
war ersichtlich, dass er auch nicht auf seinen Geburtstag angesprochen werden wollte.
Aber wenn man es doch gemacht hatte, ihn auf seinen Geburtstag anzusprechen,
reagierte er mit Gleichgültigkeit und manchmal sogar mit Ignoranz, indem er einfach nicht
auf Fragen oder Glückwünsche eingegangen ist. Als wir ihm ein Ständchen gesungen
haben, ließ mich das Gefühl nicht los, dass es ihm unangenehm war. Dieser Schultag
verlief wie die vorherigen auch bis zu jener Stunde, in der etwas Ungewöhnliches
passierte, und zwar hatte die Lehrerin mitbekommen, dass eben dieser Mitschüler an
diesem Tag Geburtstag hatte. Wie es ja normalerweise in Deutschland üblich ist, nicht nur
an unserer Schule, wollte auch die Lehrerin ihm zum Geburtstag gratulieren und ihm
dabei die Hand geben. Doch der muslimische Schüler hatte sich geweigert, der Lehrerin
die Hand zu geben, und sagte: „Im Islam geben sich Männer und Frauen nicht die Hand.“
1
Duden online: http://www.duden.de/rechtschreibung/Herausforderung; aufgerufen am 28.05.2015.
3
Wir waren alle etwas perplex, da wir nicht mit dieser Reaktion gerechnet hatten. Zu
diesem Zeitpunkt habe ich mich persönlich gefragt, warum sich Männer und Frauen im
Islam nicht die Hand geben, und gehofft, dass er es meinen Mitschüler/innen und mir und
der Lehrerin erklären würde. Aber stattdessen hatte er gesagt: „Ich begrüße Sie so“,
verschränkte die Arme vor seiner Brust und hatte sich vor der Lehrerin verbeugt. Die
Lehrerin lächelte daraufhin ein wenig verlegen, ging zum Alltag über und begann mit
ihrem Unterricht, ohne noch weiter über diese Situation gesprochen zu haben.
Doch ich konnte nicht gleich dem Unterricht folgen, da mich noch viele
unbeantwortete Fragen bedrängten. Was ist der Ursprung dieser Sitte? Warum ist das
überhaupt so, dass sich Männer und Frauen im Islam nicht die Hand geben? Ist es wegen
der ungleichen Rollenverteilung von Mann und Frau? Denken die muslimischen Männer,
dass sie unrein werden, wenn sie eine Frau berühren? Geben sie den Frauen nicht die
Hand, um die Frauen vor ihnen selbst zu schützen? Oder geben sie anderen Frauen nicht
die Hand, weil sie schon die Frau eines anderen Mannes sein könnte? Warum feiert man
im Islam keinen Geburtstag?
Außerdem fragte ich mich, da wir in Deutschland leben und eine deutsche Schule
besuchen, warum er sich nicht an unsere Sitten in Deutschland anpasst? Und kann ich
bzw. muss ich sein Verhalten dulden? Bin ich schon intolerant, wenn ich mir solche
Fragen stelle? Ab wann ist man eigentlich tolerant bzw. intolerant? Was ist eigentlich
Toleranz bzw. Intoleranz? Muss man alles tolerieren? Gibt es eigentlich irgendetwas, das
man nicht tolerieren darf?
Diese Fragen haben mich dazu bewogen, mich mit dem Thema „Toleranz“ auseinanderzusetzten und auch zu versuchen, meine Fragen zu klären, indem ich ihnen auf
den Grund gehe.
2 Was ist Toleranz?
2.1 Über die Wichtigkeit von Toleranz
Toleranz ist ein wichtiger und bedeutender Wert und eine unverzichtbare Norm in unserer
Gesellschaft im 21. Jahrhundert. Sie erst macht das Zusammenleben von vielen unterschiedlichen und verschiedenen Menschen, Kulturen und Religionen innerhalb einer
Gesellschaft möglich. Gerade weil immer mehr Flüchtlinge nach Deutschland kommen
und es deshalb auch immer mehr Kinder mit Migrationshintergrund gibt, sind wir
verpflichtet, andere (funktionierende bzw. vernünftige) Weltansichten und Glaubens4
richtungen zu akzeptieren und anzuerkennen, da es sonst nicht möglich wäre, eine
Gesellschaft zu formen, in der viele verschiedene Lebensstile friedlich zusammen leben
können ohne Gewalt.
Leider gelingt das in manchen Ländern nicht immer. Wenn man zurzeit die Zeitung
aufschlägt, den Fernseher einschaltet und die Nachrichten liest oder hört, wird einem
ganz mulmig zumute: An vielen Orten herrscht Krieg oder es wird massive Gewalt
gegenüber Menschen, die anders leben oder die Welt anders sehen, ausgeübt. Z.B. kam
es in Paris am 7. Januar 2015 zu mehreren Terroranschlägen, bei denen 17 unschuldige
Menschen getötet wurden. Der größte Terroranschlag war gegen das Satiremagazin
„Charlie Hebdo“ gerichtet. In einer der Ausgaben dieser Zeitschrift wurde sich über
bestimmte Ausprägungen und Verhaltensweisen des Islam lustig gemacht, wobei man
darauf hinweisen muss, dass sich „Charlie Hebdo“ über alles und jeden lustig macht. Nur
diesmal war das so, dass sich manche Muslime angegriffen fühlten und sowohl sich als
auch ihre Religion beleidigt sahen. Deswegen haben zwei Brüder, die sich als Mitglieder
der Organisation al-Quaida verstehen, die Redaktion des Magazins gestürmt und elf
Menschen getötet, wobei sie "Allah ist groß!" riefen. Ein weiterer Anschlag in Paris
erfolgte in einem koscheren Supermarkt. Der Täter, der ein Mitglied des IS, dem
„Islamischen Staat“, war, stürmte diesen, nahm Geiseln und ermordete vier von ihnen im
Verlauf der Aktion. − Wenn so etwas passiert ist, fragt man sich, wieso manche Menschen
auf derartige Ideen kommen und welche Gedankengänge zu diesen Taten führten.
Am 11. Januar 2015 haben sich in Paris dann als Reaktion auf die Anschläge etwa
1,5 Millionen Menschen gegen den Terror und für die Toleranz und Meinungsfreiheit
ausgesprochen. Was zurückbleibt, ist die Ungewissheit, ob noch weitere Anschläge
geplant sind und durchgeführt werden sollen.2,3
Ein weiteres Beispiel für mangelnde Toleranz ist Pegida, eine Organisation, die
seit dem Herbst 2014 in Dresden Demonstrationen gegen die Islamisierung der
deutschen Gesellschaft organisiert und die Asylpolitik der Bundesrepublik Deutschland als
verfehlt bezeichnet.4
Der Ursprung solcher Gewalt, wie sie sich in Paris zeigte, und von Organisationen
wie Pegida liegt darin, dass manche Menschen meinen, ihre Meinung, ihr Glaube oder
ihre Weltansicht sei die beste bzw. die einzig richtige Sichtweise, zumindest für sich selbst
2
Spiegel-online: http://www.spiegel.de/politik/ausland/terror-in-paris-fakten-raetsel-komplizenhintermaenner-a-1012434.html; aufgerufen am 16.02.2015.
3
Zeit-online: http://www.zeit.de/feature/attentat-charlie-hebdo-rekonstruktion; aufgerufen am
16.02.2015.
4
Süddeutsche-online: http://www.sueddeutsche.de/kultur/pegida-demonstration-in-dresden-dienuetzlichen-idioten-1.2321605; aufgerufen am 16.02.2015.
5
und die Gesellschaft, in der sie leben, und dass sie andere darauf aufmerksam machen
wollen. Alles andere, was nicht ihren eigenen Vorstellungen entspricht, wird von ihnen als
Bedrohung ihrer eigenen Lebensweise und ihrer Identität verstanden, deshalb als
schlecht bewertet, und sie versuchen, diese abweichenden Lebensweisen und Ansichten
zu bekämpfen.
Doch warum muss man andere Menschen bekämpfen, verletzten und gegen sie
mit Gewalt vorgehen, nur weil sie an einen „anderen“ Gott glauben, andere Denkansätze
haben oder ihr Leben auf eine andere Weise leben wollen? Ist es Angst, die manche
Menschen zu den erwähnten Taten antreibt? Ist es die Angst, dass ‚der Andere‘ vielleicht
Recht haben könnte mit seinen abweichenden Vorstellungen und man dies nicht einsehen
möchte? Oder wollen die Täter und Pegida-Organsiatoren einfach ihren eigenen Glauben
in ihrer Gesellschaft durchsetzen, damit alle anderen so leben müssen, wie sie selbst es
tun?
Dem ist entgegenzuhalten, dass auch die Gesellschaft in Deutschland gerade von
der Vielfältigkeit und der Individualität jedes Einzelnen lebt. Toleranz ist eine Einstellung,
von der letztlich alle Mitglieder unserer Gesellschaft profitieren. Gewalt gegen die
Vielfältigkeit in unserer Gesellschaft schadet daher allen. Toleranz ist jedoch nicht nur
unter dem Aspekt der Nützlichkeit zu betrachten: Tolerant gegenüber anderen
Lebensentwürfen zu sein ist eine moralische Pflicht, denn sie respektiert die Würde der
Menschen. Dies ist das Thema der folgenden Abschnitte.
2.2 Aktive und passive Toleranz
Toleranz ist nicht nur das Wissen, dass es andere bzw. unterschiedliche Weltansichten
gibt, sondern auch, dass man andere, von der eigenen abweichende Sichtweisen gelten
lässt. Man darf nicht auf seiner eigenen Perspektive, mit welchem Recht auch immer,
beharren. Man sollte zugeben bzw. einsehen können, dass andere Ansichten mindestens
genauso respektabel und vielleicht sogar besser als die eigenen sind, und man sollte
somit auch bereitsein, sich darauf einzulassen, von anderen zu lernen. Eine wichtige
Voraussetzung für Toleranz ist daher Weltoffenheit.
Intoleranz dagegen bedeutet, nur das eigene Denken als richtig anzusehen. Dies
führt zu einem „dogmatische[n] und gegen Kritik verschlossene[n] Beharren auf der
einmal gebildeten Überzeugung.“5 Das resultiert schließlich in einer Ignoranz dem
Anderen gegenüber und zu einer Ablehnung von allem Andersartigen, das nicht den
5
Höffe, Pluralismus und Toleranz, 1985, S. 115.
6
eigenen Vorstellungen entspricht. Außerdem fehlt es intoleranten Menschen an Einsicht,
dass man vielleicht etwas von anderen Menschen lernen könnte, um seine eigenen
Auffassungen zu erweitern und gegebenenfalls zu verändern. Intoleranz ist von der Angst
geprägt, dass ein Anderer vielleicht Recht behalten könnte, und geht deshalb mit dem
Gefühl einher bedroht zu werden. Man denkt dann gar nicht darüber nach, warum
manche Menschen vielleicht so handeln, wie sie handeln, und warum sie so denken, wie
sie denken, und warum sie so leben, wie sie leben. Man ist dann eingeschränkt auf seine
eigene Weltansicht.6
Johann Wolfgang von Goethe forderte für wahre Toleranz jedoch noch mehr als
bloß nicht intolerant zu sein und den Anderen zu dulden:
"Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zu
Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen. [...] Die wahre Liberalität ist die
Anerkennung."7
Um dieses Zitat verstehen zu können, muss man wissen, dass es zwei verschiedene
Arten von Toleranz gibt, und zwar die aktive und die passive Toleranz.
Unter passiver Toleranz versteht man die bloße Duldung von anderen Verhaltensweisen, ohne sich darum zu kümmern, warum dies so ist − Hauptsache, man wird nicht
von ihnen belästigt. Man nimmt dann hin, dass manche Menschen manche Sachen
anders machen oder regeln als man selbst, aber man fragt sich gleichzeitig nicht, warum
diese das so machen und ob man vielleicht von deren Wissen profitieren könnte. Das
wiederum heißt nichts anderes als: Man interessiert sich nicht für den Anderen, er ist
einem egal.8 In diesem Sinne formuliert Goethe in seinem Zitat: "Dulden heißt beleidigen."
Die aktive Toleranz hingegen beinhaltet das Interesse am Andersartigen und regt
zum Nachdenken an, bei dem man sich viele Fragen stellt: Kann ich von anderen
Kulturen oder Weltansichten profitieren? Warum gehen unterschiedliche Kulturen bzw.
Religionen mit bestimmten Sachen oder Situationen anders um als unsere eigene Kultur?
Hat dies einen bestimmten Grund? Diese Fragen unterstellen, dass man von den anderen
Kulturen oder Religionen sehr viel und sehr wohl etwas lernen kann.
„Wenn auch nicht immer gleich stark ausgeprägt, finden sich unter den Menschen
doch immer Unterschiede in den Bedürfnissen, Talenten und Interessen, im
Geschmack und der geschichtlich-gesellschaftlichen Herkunft, darüber hinaus in
der Erkenntnis und Interpretation der persönlichen oder gesellschaftlichen
6
vgl. Höffe, Pluralismus und Toleranz, 1985, S. 109f.
Aus J.W. von Goethe: "Maximen und Reflexionen", herausgegeben von Helmut Koopmann, C.H.Beck, dtv,
München 2006, S.33.
8
vgl. Höffe, Pluralismus und Toleranz, 1985, S. 114f.
7
7
Situation, in der man lebt. Auch gegen Irrtümer, Vorurteile und Fehler ist keiner
gefeit. [...] Zugunsten der Toleranz spricht also schon ein aufgeklärtes
Selbstinteresse. [...] Da die menschliche Erkenntnis begrenzt ist, bietet die freie
Auseinandersetzung unterschiedlicher Meinungen die bessere Chance zur
Wahrheit als das ‚intolerante‘, nämlich dogmatische und gegen Kritik
verschlossene Beharren auf der einmal gebildeten Überzeugung.“9
Für die Bereitschaft, etwas lernen zu wollen, braucht man aber auch eine Einstellung, die
sich verändern lässt. Eine solche Einstellung basiert auf der Einsicht, dass es keine
Lebenssicht gibt, keine (wie John Rawls es nennt:) Globallehre10, die sich vollständig
begründen und unwidersprochen als plausibel erweisen lässt. Deshalb gilt es als
vernünftig, auch andere Sichtweisen und Werte zuzulassen, für diese offen zu sein.
Die Unterscheidung von passiver und aktiver Toleranz findet man in Goethes Zitat
wieder, indem er sagt, dass Toleranz nur eine vorübergehende Gesinnung sein sollte.
Man muss bzw. man darf nicht anfangen, eine andere Lebensweise etc. lebenslang zu
verehren und an gar nichts mehr zweifeln. Denn das wäre schlicht intolerant. Man soll
aber auch nicht einfach nur den Anderen und seine Werte und Verhaltensweisen
hinnehmen oder dulden, ohne sich über seine Gründe und Motive zu informieren. Denn
das wäre lediglich Ausdruck von passiver Toleranz, die, so Goethe, letztlich eine Form
des Beleidigens darstellt bzw. eine Form der Respektlosigkeit dem Anderen gegenüber.
Man soll sich vielmehr im Sinne der aktiven Toleranz um den Anderen, seine Kultur, seine
Gründe für andere Verhaltensweisen interessieren und gegebenenfalls die eigenen Werte
und Verhaltensweisen überprüfen und vielleicht sogar verändern. Das enthält die
Aufforderung, dass man weiterhin Kritik an sich selbst oder an dem Anderen ausüben darf
im Hinblick darauf, was für einen selbst oder den Anderen gut und was schlecht ist.
„Über die Haltung der Toleranz verfügt, wer die Selbstbestimmung (das Lebensrecht, den Entfaltungswillen und die Freiheit) der Andersdenkenden bejaht. Nun
kann man von einem ‚anderen‘ erst dann sprechen, wenn jemand eigene
Überzeugungen hat, und von einer Anerkennung nur dort, wo man sich nicht in der
Gleichgültigkeit oder einem zynischen Nihilismus gefällt, der schlechthin alles,
selbst krasses Unrecht gelten läßt. Die Toleranz meint daher nicht das Feigenblatt,
hinter dem sich moralische Indifferenz und intellektuelle Schwäche verbirgt. [...]
Wer tolerant ist, sucht nicht länger ein Leben, das auf Selbstbehauptung durch
gewaltsame Bekehrung oder aber Überwindung des Gegners angelegt ist; er
bemüht sich um eine Miteinander auf der Grundlage von Ebenbürtigkeit und
Verständigung, wozu das Zuhörenkönnen, die Fähigkeit, auf den anderen
einzugehen und ihn ernst zu nehmen, gehören, ferner die Bereitschaft, sich durch
neue Situationen und neue Informationen belehren zu lassen. Vollendet wird die
9
Höffe, Pluralismus und Toleranz, 1985, S. 114f.
s. Rawls, 1998, S. 106-111. Rawls ist mit Blick auf die Geschichte der Philosophie und der bekannten
Religionen der Meinung, dass es in der Tat keine philosophische oder religiöse Globallehre gibt, die alle
menschlichen Fragen oder Probleme überzeugend und vernünftig zu beantworten vermag.
10
8
Toleranz in der Breitschaft und Fähigkeit, sich in die Anschauungen und
Lebensweisen des anderen einzufühlen.“11
Deshalb meint Goethe, dass Toleranz zur Anerkennung führen muss. Die Voraussetzung
dafür ist einerseits ein vorhandenes Interesse am Anderen, aber gleichzeitig auch, dass
man den Anderen, mit dem man es zu tun hat, nicht nur als Person anerkennt, sondern
auch seine Lebensweise akzeptiert, weil man sich in ihn hineinversetzen kann, um zu
versuchen, ihn zu verstehen.
Dies sollte aber auch auf Gegenseitigkeit beruhen. Denn nur so kann man sich
verständigen und konfliktfrei bzw. friedlich zusammen in einer Gesellschaft leben.
Infolgedessen führt diese Auseinandersetzung mit dem Anderen zu einem Interesse am
Anderen und seiner Lebensart, und folglich auch zu dem erwünschten Respekt, sofern
man erkennt, dass seine andere Art, sich zu verhalten, ebenso sinnvoll und praktikabel
ist. Deshalb kann die aktive Toleranz gegebenenfalls auch zur Anerkennung führen − wie
von Goethe gefordert. Man setzt sich dabei mit etwas Unbekanntem auseinander, was
einem davor vielleicht noch nie aufgefallen bzw. fremd war, und erkennt dieses in seiner
Berechtigung unter Umständen auch an.
2.3 Definitionen von „Toleranz“
Bei meinen, im Folgenden nur ausschnittsweise dargestellten Recherchen bin ich auf
unterschiedliche Definitionen des Begriffs „Toleranz“
gestoßen. Im Brockhaus, einem
allgemeinen Lexikon, wird zum Beispiel für Toleranz folgende Definition angegeben:
Toleranz ist die „Duldsamkeit, besonders in religiösen Fragen (Glaubensfreiheit)“12.
Dieses ist eine sehr oberflächliche Definition, denn es ist nur die Übersetzung des Begriffs
aus dem Lateinischen in das Deutsche, und der Begriff an sich wird auch nicht
differenziert behandelt, was theoretisch notwendig wäre, um die Menschen, die diesen
Eintrag lesen, richtig zu informieren und ihnen nicht nur die halbe Wahrheit zu vermitteln.
Zum einen wird der Unterschied zwischen aktiver und passiver Toleranz nicht einmal
ansatzweise erwähnt und auch nicht erläutert, und zum anderen wird man auch nicht
darüber informiert, wer toleriert und wer oder was toleriert wird. Es bleibt also ein
unvollständiger Eintrag, der den Leser mehr verwirrt als aufklärt. Ferner wird im
Brockhaus Toleranz vor allem mit dem Religiösem und der Glaubensfreiheit in
Verbindung gebracht. Dies ist jedoch, wie schon vorgeführt, zu eng gedacht.
11
12
s. Höffe, Pluralismus und Toleranz, 1985, S. 120f.
Der Brockhaus in einem Band, vierte, aktualisierte Auflage, Mannheim 1992, S.894.
9
In Meyers großes Taschenlexikon wird das Adjektiv „tolerant“ als „weitherzig,
nachsichtig“13 beschrieben. Diese Wortwahl für die Erläuterung ist, wie ich finde, nicht
sehr zutreffend bzw. gut gewählt, denn das Adjektiv „weitherzig“ umschreibt, wie jemand
„gern gebend/schenkend“14, also großzügig ist. Großzügig ist in diesem Falle
wahrscheinlich nicht der richtige Begriff, aber im übertragenen Sinne steht er dafür, dass
man weiß, dass andere Religionen und Weltanschauungen existieren und man sie
großzügigerweise akzeptiert. Dies resultiert erneut in passiver Toleranz, da es auf das
Gleiche hinausläuft wie „dulden“. Das Adjektiv „nachsichtig“ hat eine ähnliche Bedeutung
wie „weitherzig“, da es auch wieder beschreibt, dass jemand „freundlicherweise“ eine
andere Weltansicht, mit der man vielleicht nicht übereinstimmt, duldet bzw. über seine
Existenz informiert ist, aber sie dennoch nicht für die richtige oder für die wahre
Weltanschauung hält.
Für das oben genannte Lexikon ist Toleranz „eine Handlungsregel für das
Geltenlassen der religiösen, ethisch-sozialen, politischen, wissenschaftlich-philosophischen Überzeugungen, Normen, Werte [...]“15, außerdem ist sie eine „der Vor- und
Grundbedingungen freier, rationaler Auseinandersetzung zwischen konkurrierenden
Wahrheits- und Geltungsansprüchen von Erkenntnissen und Normen.“16 Das erste Mal
während meiner Recherche tauchte hier das Wort „Auseinandersetzung“ auf, wobei
wahrscheinlich nicht gemeint ist, dass man sich mit einer Religion oder einem Thema
auseinandersetzt und etwas zu verstehen versucht, was zutreffend für die aktive Toleranz
wäre, sondern eher ein Konflikt zwischen verschiedenen Weltanschauungen, und auch
deren Konkurrenz untereinander. Auch ist hier wieder die Rede von „Geltenlassen“, was
wieder einmal auf die passiv-abwertende Form der Toleranz hinweist, da man anderen
Religionen oder Weltansichten mit Gleichgültigkeit begegnet und man diese in seinem
Umfeld nur registriert.
„In Staat und Gesellschaft, besonders in ‚geschlossenen Gesellschaftssystemen‘
hat die Toleranz eine doppelte Schutzfunktion: Sie schützt zum einen das allgemeine
geltende gesellschaftliche und politische Normen- und Wertesystem vor Infragestellung
und Auflösung, indem Normen und Werte anderer toleriert, d.h. hingenommen werden;
zum anderen bewahrt sie jene Andersdenkende vor Repressionen, Diskriminierung und
(im ungünstigsten Fall) vor psychischem Terror und physische Ausrottung.“17 - Bei dieser
Passage sind mir einige Fragen durch den Kopf gegangen. Den ersten Teil dieses
13
Meyers großes Taschenlexikon, hrsg. von Lexikonredaktion des Bibliographischen Instituts, Band 22: TecUns, Meyers Lexikonverlag, Mannheim, Wien, Zürich 1981, S.141.
14
http://www.duden.de/rechtschreibung/weitherzig ; aufgerufen am 31.03.2015.
15
Meyers großes Taschenlexikon, S.141.
16
Meyers großes Taschenlexikon, S.141.
17
Meyers großes Taschenlexikon, S.141.
10
Abschnittes kann ich noch nachvollziehen. Den zweiten jedoch nicht mehr so ganz. Es
wird gesagt, dass Toleranz Andersdenkende in vielerlei Hinsicht schützt, z.B. vor
Diskriminierung. In diesem Textabschnitt wird „tolerieren“ aber erneut mit „hingenommen
werden“ gleichgesetzt. Durch diese Formulierung ist wieder die passive Toleranz gemeint
und vermittelt dadurch erneut einen falschen Eindruck. Wenn man nur passive Toleranz
ausübt, bzw. wenn es einem gleichgültig ist, wer auf welche Weise etwas anders macht
als man selbst,dann führt dies zu Respektlosigkeit und gleichzeitig auch ein wenig zu
Diskriminierung (vor allem gedanklich), da man abwertend oder entwürdigend über
andere denkt, indem man ihnen keine Beachtung schenkt und sich auch nicht für sie
interessiert. Wenn alle so denken und handeln würden, gäbe es irgendwann nur noch
eine orientierungslose Gesellschaft, in der die Menschen irgendwelche Vorstellungen,
Ansichten und Religionen hätten. Es würde kein Bewusstsein von Diversität mehr
vorhanden sein, was eine Gesellschaft theoretisch und meistens auch praktisch ausmacht
oder auszeichnet. Dies unterstützt wiederum die These von Meyers großem
Taschenlexikon, dass „eine pluralistische Gesellschaft ohne Toleranz nicht funktionsfähig
ist.“18 Denn in einer pluralistischen Gesellschaft leben Menschen, die alle unterschiedlich
sind, unterschiedlich leben, die sich unterschiedlich anziehen, Unterschiedliches essen,
unterschiedliche Gotteshäuser besuchen, unterschiedlich beten usw. Diese Gesellschaft
ist von einer Vielfalt geprägt, die man erhalten sollte, weil sie viele Lebensstile und
kulturelle Zugehörigkeiten ermöglicht. Und damit sie so unterschiedlich bleibt, wie sie
gerade ist, benötigen wir, wie die Redaktion des Lexikons schon richtig beschrieben hat,
Toleranz. Sie erleichtert uns das Erhalten einer solchen Gesellschaft. Dafür darf man aber
auch nicht alles einfach so hinnehmen, sondern muss sich mit den verschiedensten
Dingen auseinandersetzten und zeigen, dass einem Menschen, die andere Lebensweisen
haben, nicht egal sind. „Somit ermöglicht Toleranz Humanität und schafft die
Voraussetzung für ein friedliches Austragen der Konflikte“19, trotz dass die Gesellschaft so
bunt ist. Theoretisch stimme ich dieser Aussage zu, jedoch haben Redaktionsmitglieder
des Lexikons Toleranz als Duldung (passive Toleranz) beschrieben, und wie wir wissen,
führt passive Toleranz zu Respektlosigkeit und durch diese könne gerade deswegen
Gewalt ausgelöst werden, da sich die Menschen nicht mehr genug beachtet fühlen, und
sich ihre Aufmerksamkeit oder ihr Aufsehen wieder „erkämpfen“ wollen. Es entsteht also
viel schneller ein Aggressionsherd und fördert gewalttätige Ausbrüche. Daraus folgt: „In
den freiheitlichen Demokratien ist Toleranz eine fundamentale Voraussetzung für eine
18
Meyers großes Taschenlexikon, hrsg: Lexikonredaktion des Bibliographischen Instituts, Band 22: Tec-Uns,
Meyers Lexikonverlag, Mannheim, Wien, Zürich 1981, S.141.
19
Meyers großes Taschenlexikon , S.141.
11
(repressions-)freie,
Minderheitsmeinung
rational
verfahrende
prinzipiell
als
demokratische
notwendiger
Willensbildung,
(oppositioneller)
die
der
Alternative be-
darf.“20
Ein weiteren Eintrag zu Toleranz fand ich im Lexikon Die Religion in Geschichte
und Gegenwart. Bei einem solchen Lexikon sind die Erwartungen höher als bei den
vorherigen, da Toleranz auch ein religiöses Thema ist. Und es hat meine Erwartungen
erfüllt. Es ist bis jetzt das erste, dass auf die unterschiedlichen Formen der Toleranz
eingeht und den Unterschied außerdem erläutert. Die unterschiedlichen Formen wurden
nicht „aktive und passive Toleranz“ genannt, sondern „formale und inhaltliche Toleranz“.
Die formale Toleranz (vgl. passive Toleranz) ist die bloße Duldung fremder Religionen
und ihrer Praxis, und die formale Intoleranz „zwingt die Bekenner zur Unterwerfung unter
eine sakrale Institution“21. Die inhaltliche Toleranz (vgl. aktive Toleranz) „beschränkt sich
nicht auf bloße Duldung, sondern ist darüber hinaus die positive Anerkennung fremder
Religionen.“22 Das ist genau das Gleiche, was die aktive Toleranz erreichen soll. Darüber
hinaus gibt es noch die radikale inhaltliche Intoleranz, dabei handelt es sich um
Menschen, die „einen durchweg vorhandenen Absolutheitsanspruch“23 erheben. Das
heißt, dass diese Menschen nur ihre eigene Weltanschauung und Religion für richtig
erachten und sie in der ganzen Stadt bzw. in dem ganzen Land durchsetzten wollen,
damit alle so denken und fühlen, wie sie es tun. Das Lexikon sagt explizit, dass „das Wort
‚tolerare‘ nur auf die erste Form der Toleranz hinweist.“24
Da dies ein Religionslexikon ist, frage ich mich, ob man aus religiöser Sicht
Atheisten, also Menschen, die an keinen Gott glauben, auch tolerieren kann? Da
Atheisten keiner Religion zugehörig sind, heißt das ja noch lange nicht, dass sie nicht ihre
eigene Weltansicht und Lebensweise haben, die sie auch ausleben wollen. Wie in Kapitel
2.6 noch ersichtlich wird, ist meine Frage mit „Ja“ zu beantworten.
Auch in einem philosophischen Wörterbuch wird Toleranz als „Duldung, das
Geltenlassen fremder und andersartiger Anschauungen, Sitten und Gewohnheiten.“25
beschrieben. Gleichzeitig schreibt Georgi Schischkoff in diesem Lexikon, dass Toleranz
als ein „Zeichen für Selbstvertrauen und der Gesichertheit der eigenen Position, für eine
weltoffene Haltung, die den Vergleich mit anderen Meinungen nicht scheut und dem
20
Meyers großes Taschenlexikon , S.141; s. dazu Kapitel 2.5, repressive Toleranz.
Die Religion in Geschichte und Gegenwart, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 6. Band: Sh-Z, 3. Auflage, Tübingen,
Sp. 932, 933.
22
Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Sp. 933.
23
Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Sp. 933.
24
Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Sp. 932.
25
Philosophisches Wörterbuch, hrsg. von Georgi Schischkoff, Kröners Taschenbuchausgabe Band 13,
Stuttgart, 1982, S.700.
21
12
geistigen Wettbewerb nicht aus dem Wege geht“26, gilt. Doch „jede Toleranz hat darin ihre
Grenzen, dass sie nur die Meinungen der Andersdenkenden duldet, nicht jedoch die
Kampfmaßnahmen gegen die Träger der Toleranz richtet.“27 Da taucht wieder die Frage
nach den Grenzen der Toleranz auf, und es sieht so aus, dass man die Grenzen nicht
genau bestimmen und festlegen kann (s. dazu Kapitel 2.4). Aber eine grobe Grenze lässt
sich sicherlich bestimmen: Wenn man anderen Menschen durch irgendetwas Schaden
zufügt, um z.B. seine eigene Religion durchzusetzen, ist eine Grenze der Toleranz
erreicht, denn so etwas darf man und will man auch nicht tolerieren. (s. dazu Kapitel 2.5,
Paradox der Toleranz.)
Im Lexikon der Ethik schließlich findet sich für den Begriff „Toleranz“ folgende
Erklärung: „Toleranz (lat. Duldung) meint das Gelten- u. Gewährenlassen, besser noch:
die Achtung andersartiger Anschauungen und Handlungsweisen.“28 Mit der Formulierung
„Gelten- u. Gewährenlassen“ ist die passive Toleranz gemeint, die Formulierung
„Achtung“ soll eine Verbesserung darstellen und zielt auf die aktive Toleranz. Leider sagt
dieser Definitionsvorschlag nichts darüber aus, wer toleriert und wer oder was toleriert
werden sollte. Und der Definitionsvorschlag ist auch viel zu weit gefasst, denn es kann ja
wohl nicht darum gehen, dass alle möglichen Handlungen toleriert werden, z.B.
Kinderarbeit, die Ausbeutung von Textilarbeiterinnen, das Steinigen von Ehebrecherinnen
etc. Solche Handlungen sind leider in manchen Teilen der Welt an der Tagesordnung,
aber solches Vorgehen will man nicht tolerieren oder anerkennen müssen. So steht es
auch im Lexikon der Ethik: Toleranz „endet dort, wo es um die Mißachtung der Rechte
anderer geht. Deshalb ist sie nicht in dem Sinn repressiv, daß sie auch die Duldung der
Unterdrückten gegenüber ihren Unterdrückern [...] fordert.“29 Damit ist gemeint, dass die
Toleranz dort aufhört, wo die Rechte anderer Menschen missachtet werden. Deshalb ist
die Toleranz nicht so hemmend bzw. unterdrückend, dass sie auch von den
Unterdrückten fordert, den Unterdrückern gegenüber tolerant zu sein. Diese Überlegung
führt zu der Frage, wo man die Grenze ziehen sollte zwischen dem, was anders ist als
unsere Handlungen und Überzeugungen, aber passiv und aktiv tolerierbar, und dem, was
wir nicht mehr tolerieren wollen. Und diese Grenze müsste auch in der Definition von
„Toleranz“ vorkommen.
26
Philosophisches Wörterbuch, 1982, S.700.
Philosophisches Wörterbuch, 1982, S.700.
28
Höffe, Lexikon der Ethik, 1992, S. 279.
29
Höffe, Lexikon der Ethik, 1992, S. 279.
27
13
2.4 Rainer Forsts Definition von „Toleranz“
Rainer Forst ist ein Philosoph, der über Toleranz forscht. Er hat ein Buch mit dem Titel
„Toleranz“ geschrieben, das er damit beginnt, zu erklären, warum es so schwierig ist,
„Toleranz“ präziser zu definieren. Denn, so erklärt Forst, „Differenzen und Abweichungen
innerhalb des ‚Systems‘ des Zusammenlebens kommen genau deshalb vor, weil
Menschen nicht wie Apparate funktionieren, sondern ihre jeweils eigenen, partikularen
Erfahrungen, Perspektiven, Interessen und Wertvorstellungen haben.“30 Forst betont,
dass eine klare Definition, wie man sie z.B. aus der Technik kennt, nicht entwickelt
werden könne − stattdessen könne man lediglich „einige zentrale Charakteristika“ des
Begriffs der Toleranz unter Menschen angeben:31
1. Toleranz wird ausgeübt von einzelnen Menschen, Gruppen oder Institutionen.
2. Toleranz bezieht sich auf Überzeugungen, Werte, Lehren (Religionen, Philosophien
oder Weltanschauungen), Handlungen oder Praktiken.
3. Toleranz schließt die Haltung von Indifferenz (bloßem uninteressierten Dulden, also
das, was oben mit „passiver Toleranz“ bezeichnet wurde) aus. Das heißt dann aber
auch: Akzeptanz oder Anerkennung von Tolerierbarem einerseits und Verurteilung
oder Ablehnung von Nicht-Tolerierbarem andererseits gehören logisch zusammen,
man kann das eine nicht ohne das andere haben.
4. Toleranz verlangt deshalb auch nach begründeter Anerkennung von Überzeugungen,
Werten, Lehren, Handlungen oder Praktiken.
5. Es muss in irgendeiner Weise begründet angeben werden können, wo die Grenze
liegt zwischen dem, was man anerkennt, und dem, was man ablehnt; dies dürfte sich
vermutlich nicht allgemein formulieren lassen, sondern muss von Einzelfall zu
Einzelfall geprüft werden.
6. Die Ausübung von Toleranz muss freiwillig geschehen, möglichst auf Einsicht
beruhen, und kann nicht erzwungen werden.
7. Toleranz ist sowohl eine rechtlich-politische Praxis (das heißt, Verstöße können von
einem Gericht bestraft werden)
als auch eine Haltung oder Einstellung von
Menschen, die freiwillig und aus Überzeugung tolerant sein wollen. 32
Forst betont, dass jede akzeptable Konzeption von Toleranz diese sieben Aspekte
berücksichtigen müsse. Nicht alle diese Konzeptionen würden jedoch im Detail
30
Forst, Toleranz, 2000, S. 8.
Forst, Toleranz, 2000, S. 9.
32
Forst, Toleranz, 2000, S. 9.
31
14
übereinstimmen, denn z.B. die Grenzen zwischen Anerkennung und Ablehnung (wie bei
Aspekt 5) könnten bei verschiedenen Toleranz-Konzeptionen unterschiedlich ausfallen.33
2.5 Paradox der Toleranz und repressive Toleranz
Die
Möglichkeit,
die
Grenze
zwischen
Tolerierbarem
und
Nicht-Tolerierbarem
unterschiedlich festzulegen, führt zu einer Problematik, die als „Paradox der Toleranz“
bezeichnet wird. Damit ist folgendes Problem gemeint: Kann es unter Umständen geboten
sein, etwas tolerieren zu müssen, was man für falsch hält?34 Dieses Problem möchte ich
mit einem Beispiel erklären: Muss eine Ehefrau z.B. tolerieren, dass ihr Ehemann raucht?
Der Mann ist der Meinung, dass ihn das Rauchen entspannt und er die Risiken des
Rauchens deshalb in Kauf nimmt. Die Frau ist jedoch der Meinung, dass Rauchen so
gesundheitsschädlich ist, dass niemand, der vernünftig ist, es tun sollte. Sie möchte das
Rauchen grundsätzlich verbieten.
Der Philosoph Karl Raimund Popper erklärt die mit dem Paradox der Toleranz
verbundene Problematik in einem Interview folgendermaßen:
„In der Offenen Gesellschaft und ihre Feinde habe ich vom Paradox der Toleranz
gesprochen. Die unbegrenzte Toleranz führt fatalerweise zum Verschwinden der
Toleranz. Wenn man sogar gegenüber den Intoleranten tolerant ist, wenn man
nicht bereit ist, die Gesellschaft der Toleranz gegen die Angriffe der Intoleranten
zu verteidigen, dann werden die Verfechter der Toleranz vernichtet werden und die
Toleranz mit ihnen.“35
Ein solches Verständnis von Toleranz führt schließlich auch zur repressiven Toleranz, die
von Herbert Marcuse angeprangert worden war.36 Marcuse kritisiert mit Hilfe dieses
Begriffs, „dass in einer Gesellschaft mit unklarem Wertepluralismus, in der Toleranz als
Norm gilt, rationale und berechtigte Kritik wirkungslos bleiben kann“37, also letztlich jedes
Verhalten beliebig hingenommen wird.
Das Paradox der Toleranz und die Problematik der repressiven Toleranz treffen
auch auf meinen in der Einleitung geschilderten Fall am Goethe-Gymnasium zu. Ich frage
mich nämlich: Muss ich tolerieren, dass mein Mitschüler Hassan sich aus religiöser
Überzeugung weigert, der Lehrerin, die ihm zum Geburtstag gratulieren will, die Hand zu
33
s. Forst, Toleranz, 2000, S. 9.
s. z.B. Forst, Toleranz, 2000, S. 10.
35
Popper, Wege der Wahrheit, 1994, S. 38f.
36
s. Marcuse, Repressive Toleranz, 1965.
37
Wikipedia: „Toleranz“, http://de.wikipedia.org/wiki/Toleranz; aufgerufen am 02.06.2015.
34
15
geben, obwohl ich finde, dass dies nicht nur unhöflich und respektlos ist, sondern auch
eine Missachtung ihrer Würde darstellt? Müssen wir alle sein Verhalten oder die
(Nicht-)Reaktion der Lehrerin dulden? Hätten wir als Klasse eingreifen sollen? Hätte auch
ich reagieren sollen? Ich werde zum Schluss meiner Arbeit auf diese Fragen zurückkommen.
2.6 Zur Geschichte der Toleranz
Dass
es
ein
Problem
sein
kann,
dass
es
in
unterschiedlichen
Kulturen
unterschiedliche, letztlich einander widersprechende Praktiken gibt, ist schon seit
der Antike bekannt.
Rainer Forst und Otfried Höffe, aber auch das Lexikon Die Religion in Geschichte
und Gegenwart betonen, dass der Begriff der Toleranz erst im 16. Jahrhundert zu
einem theoretischen Problem geworden ist,38 und sie machen deutlich, dass es
theologische, philosophische und politische Diskussionen zunächst innerhalb der
christlich geprägten Kultur Europas waren, die eine immer bessere Bestimmung des
Begriffs ermöglichten.
Dabei spielte auch der Monotheismus des Christentums eine wichtige Rolle: „Weil
polytheistische Religionen einen geringeren Wahrheitsanspruch als monotheistische
erheben“, so Höffe, „tun sie sich mit der schwachen [oder passiven] Toleranz leichter.“39
Nachdem die Hoffnung auf eine Einheit von ‚dem einen‘ Staat und ‚der einen‘ Religion in
Europa als gescheitert angesehen werden musste, entstand zunächst innerhalb des
Christentums eine Diskussion über die Frage: „Auf welcher Basis ist ein friedliches
Miteinander zwischen Angehörigen verschiedener Glaubensrichtungen möglich?“40 Erst
später ist diese Frage „des angemessenen Umgangs mit Andersgläubigen, Ungläubigen
und Häretikern“ auch auf das Dulden und Respektieren von anderen religiösen,
politischen und kulturellen Überzeugungen ausgedehnt worden.41
Forst betont, dabei müsse aber immer unterschieden werden, welche Perspektive
von den jeweiligen Autoren zur Problematik der Toleranz eingenommen worden sei. 42 Es
gehe, so Forst, dabei letztlich um zwei Fragen:
38
Forst, Toleranz, 2000, S. 10; Höffe, Pluralismus und Toleranz, 1985, S. 115-119; Die Religion in Geschichte
und Gegenwart, Sp. 937.
39
Höffe, Pluralismus und Toleranz, 1985, S. 115.
40
Forst, Toleranz, 2000, S. 10.
41
Forst, Toleranz, 2000, S. 10f.
42
Forst, Toleranz, 2000, S. 10.
16
1. Geht es um eine Frage der persönlichen Haltung?
2. Geht es um eine politische Frage hinsichtlich der Bedingungen und Möglichkeiten
konfliktfreier sozialer Koexistenz?43
Forst nennt hier zwei wichtige Theologen: Nikolaus von Kues und Erasmus von
Rotterdam, der ja auch von 1529-1535 in Freiburg im Haus „Zum Walfisch“ lebte.44 In den
Schriften von Nikolaus von Kues und von Erasmus von Rotterdam ging es darum, dass
„Kerngehalte“, also das Wichtige und Zentrale des Christentums, verschiedenen
christlichen Glaubensrichtungen doch gemeinsam seien und man „es ob religiöser
Nebensächlichkeiten [...] nicht zu Streit“ kommen lassen solle.45 Ein weiterer Theologe,
Sebastian Franck, dehnte jedoch schon 1531 die Toleranz auf Nichtchristen aus, da es
nicht den Menschen, sondern allein Gott zukomme, den Begriff des Ketzers zu bestimmen. Forst sagt, dass in diesem Sinne zwischen persönlich-individueller Religiosität
(sozusagen dem persönlichen religiösen Gewissen) und institutioneller kirchlicher
Autorität (und ihrer offiziellen Lehrmeinung) unterschieden werde, was zu einer
persönlichen Haltung der Toleranz führen könne.46
Jean Bodin lässt 1593 verschiedene Vertreter verschiedener Religionen in ein
Streitgespräch gegeneinander antreten, ohne dass es am Ende einen klaren Sieger gibt.
Daraus ergibt sich für Bodin eine „Einsicht in die Unüberwindbarkeit religiöser
Differenzen“ und der „Respekt für authentische Überzeugungen der anderen.“47 Bei
Spinoza taucht dann 1670 der Gedanke der freien Religionsausübung zum Zwecke der
Friedenssicherung innerhalb eines Staates auf, bei John Locke wird 1689 bereits ein
Recht auf freie Religionsausübung gefordert: Allein das eigene Gewissen könne
„Richtschnur bei der Suche nach dem wahren Weg zur Seligkeit“ sein.48
Im 18. Jahrhundert wurde dieses Recht z.B. bei Thomas Jefferson, Montesquieu
und Jean-Jacques Rousseau immer wieder neu bekräftigt: Der Staat habe sich in die
religiösen Überzeugungen nicht einzumischen, man brauche aber Regeln bzw. Gesetze
zum friedlichen Zusammenleben.49
Mit seiner Ringparabel in Nathan der Weise verschafft Gotthold Ephraim Lessing
diesen Forderungen eine beeindruckende Anschaulichkeit: Lessing gesteht den
Religionen − in Nathan der Weise sind es Judentum, Christentum und Islam − Unterschiede in der religiösen Praxis, in den Sitten und in den Überlieferungstraditionen zu,
macht aber auch darauf aufmerksam, dass jeglicher Beweis oder jegliche vernünftige
43
Forst, Toleranz, 2000, S. 10.
Kalchthaler, Freiburger Wege 1998., S. 63f.
45
Forst, Toleranz, 2000, S. 11.
46
vgl. Forst, Toleranz, 2000, S. 11.
47
Forst, Toleranz, 2000, S. 12.
48
Forst, Toleranz, 2000, S. 12f.
49
Forst, Toleranz, 2000, S. 13f.
44
17
Begründung dafür fehle, welche der Religionen die einzig wahre sei („Nathan“, V. 19701990).50 Lessings Variante der Ringparabel (im Unterschied zu Boccaccios Version, die
Lessing als Grundlage diente) betont daher, dass der wahre Ring vermutlich verloren ging
(„Nathan“, V. 2025f.), so dass es sinnlos sei, weiterhin nach der einzig wahren Religion zu
suchen, weil es sie wohl nicht mehr gebe. Stattdessen sollten sie sich bemühen, sich
„Gott und den Menschen angenehm zu machen“ („Nathan“, V. 1915f., 2017), also im
Sinne der Aufklärung moralisch gut zu handeln − und die anderen aufrichtig Glaubenden
zu tolerieren und mit ihnen in Frieden zusammenzuleben.
Ein anderer Freiburger, Carl von Rotteck, erklärt 1846, dass man in einem Staat
erst dann tolerant zusammenleben könne, wenn sich die verschiedenen religiösen,
politischen oder kulturellen Parteien auch auf gemeinsame politische Grundregeln
(Gesetze) verständigen, nach denen sie dann zusammenleben.51 Hans Kelsen meint
deshalb 1933, dass Toleranz ein Kennzeichen der Demokratie ist, also notwendig ist für
eine Gesellschaft, in der verschiedene Kulturen zusammenleben, ohne dass eine davon
einen politischen Absolutheitsanspruch erhebt.52
Wenn Goethe also schreibt: “Dulden heißt beleidigen. [...] Die wahre Liberalität ist
die Anerkennung", dann bringt er in dieser Bemerkung den Diskussionsstand seiner Zeit
hinsichtlich der praktischen Ausübung von Toleranz auf den Punkt: Lediglich passive
Toleranz („dulden“) reicht nicht aus als individuelle Haltung eines Einzelnen gegenüber
einem religiös oder kulturell Anderen, sondern er fordert − wie Lessing − eine aktive
Auseinandersetzung und Einsicht in die ebenso vorhandene Vernünftigkeit vieler anderer
Weltanschauungen und Lebensstile („Anerkennung“). Mit dem Wort „Liberalität“ will
Goethe − wie von Rotteck − wohl auch auf das Recht auf Freiheit zur Religionsausübung,
der politischen Meinung oder kulturellen Weltanschauungen hinweisen.
2.7 Begründung von Toleranz
Rainer Forst schließt seine philosophischen Überlegungen zur Toleranz damit ab, dass er
sich überlegt, inwiefern es sinnvoll oder vernünftig ist, tolerant zu sein oder Toleranz zu
fordern. Hierzu gibt er mehrere Überlegungen zu bedenken, die ich im Folgenden
zusammenfasse. Bei den Überlegungen geht Forst übrigens davon aus, dass nur die
Lebensentwürfe oder Weltanschauungen toleriert werden sollen, die sich darum
bemühen, dass Menschen moralisch gut handeln und anderen nicht schaden wollen:
50
Ich verweise auf Lessings Nathan der Weise direkt im Text durch Angabe der Nummern der Verse.
Forst, Toleranz, 2000, S. 15.
52
Forst, Toleranz, 2000, S. 15f.
51
18
1. Es ist günstiger und bequemer für einen Staat, tolerant gegenüber Minderheiten zu
sein, um Konflikte mit ihnen zu vermeiden oder gar deren Aufstände bekämpfen zu
müssen. Die Forderung nach Toleranz ist insofern ein Ergebnis strategischen
Denkens.
2. Eine Weltanschauung oder ein Lebensentwurf ist Ausdruck der Würde einer Person,
sofern diese Weltanschauung frei gewählt wurde und Teil der Verantwortung ist, die
diese Person für ihr selbstbestimmtes Handeln übernimmt. Diese Würde ist für jede
Person grundsätzlich zu respektieren (das heißt, sie ist ein Menschenrecht), sie ist
Teil der Autonomie dieser Person. Und diese Würde verdiene, so Kant, Achtung und
sei zu tolerieren.
3. Ein religiöser Glaube im Sinne der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion oder
Konfession ist nichts wert, wenn er erzwungen ist. Allein ein selbstgewählter und
authentisch gelebter Glaube ist für Gott von Bedeutung. Dann aber ist es − im Sinne
der Nächstenliebe − geboten, die Menschen so glauben zu lassen, wie sie es selbst
gewählt haben, und ihnen keine Vorschriften zu machen. Deshalb müsse man tolerant
sein.
4. Toleranz ist geboten, weil es für keinen Lebensentwurf und für keine Weltanschauung
eine zwingende philosophische Letztbegründung gibt − jedenfalls ist noch nie eine
gefunden worden. Man kann daher von der Gleichwertigkeit der praktizierten
Lebensentwürfe oder den praktizierten Weltanschauungen ausgehen.53
2.8 Mein Erlebnis mit Hassan neu bedacht:
Was ich heute anders machen würde – und weitere Handlungsmöglichkeiten
In Deutschland und Mitteleuropa ist es üblich, dass man sich zur Begrüßung und bei einer
Gratulation die Hand gibt. Wenn jedoch eine der beteiligten Parteien nicht aus
Deutschland bzw. Mitteleuropa stammt und beide einander so grüßen wollen, wie sie es
gewohnt sind, kann es schwierig werden, deren beiden Gewohnheiten nachzugehen. Oft
setzt sich eine Begrüßungsform in dieser Situation durch und der andere ist mit der
Situation unzufrieden oder überfordert, oder er weiß nicht, was er machen soll.
Wenn wir dies einmal auf die Situation, die ich miterlebt habe (mein
Eingangserlebnis) übertragen, so lässt sich daraus entnehmen, dass mein Mitschüler
53
s. Forst, Toleranz, 2000, S. 16-18. Ich habe einige Überlegungen zusammengefasst, so dass sich meine
Zählung von der Forsts unterscheidet.
19
derjenige war, der dominanter war und sich durchgesetzt hat, und meine Lehrerin folglich
diejenige war, die dies einfach so hingenommen hatte, mit der Situation überfordert war,
weil sie mit so einer Situation nicht gerechnet hatte und nicht wusste, was sie in diesem
Moment hätte machen sollen. Aber zu so etwas sollte und dürfte es eigentlich nicht
kommen, da es nicht darum geht, so stur wie möglich seine eigene Begrüßungsart oder,
allgemeiner ausgedrückt, seine eigene Kultur oder Religion durchzusetzen, sondern eher
darum, dass man den kulturellen bzw. den religiösen Hintergrund des anderen versteht
und somit auch nachvollziehen kann, warum manche eben eine andere Begrüßungsform
haben. Man sollte aber nicht auf seinen Gewohnheiten und seine Religion oder Kultur
beharren.
Wir alle in diesem Raum haben dies einfach so hingenommen, dass unser
Mitschüler der Lehrerin nicht die Hand gegeben hat, und es geduldet haben, somit
lediglich die passive Toleranz, also die abwertendere Form der Toleranz gegenüber
anderen Menschen, ausgeübt. Es kamen keine Nachfragen an den Mitschüler auf, auch
seitens der Lehrerin nicht, und wir haben uns nicht weiter damit beschäftigt - es war halt
so, er begrüßt Menschen eben anders als wir. Letztendlich hätte die Situation so aber
nicht enden dürfen, nicht mit so vielen offen gebliebenen Fragen.
Doch wie hätte sich die Situation lösen lassen können? Hätten die Lehrerin und
Hassan nicht ins Gespräch kommen sollen? Die Antwort auf die zweite Frage ist relativ
leicht zu beantworten. Ja, sie hätten in ein Gespräch kommen sollen. Aber nicht nur die
beiden Betroffenen in der Situation, also Hassan und die Lehrerin, sondern auch die
passiven „Zuschauer“, also wir, die gesamte Klasse. Nachdem mein Mitschüler die Arme
vor sich verschränkt hatte, sich vor der Lehrerin verbeugt hatte und meinte, dass er sie so
grüßen würde, hätte die Lehrerin dies nicht einfach so hinnehmen dürfen. Und sie hätte
auch nicht gleich mit dem Unterricht beginnen dürfen, denn so blieben die vielleicht
vorhandenen Fragen von uns Schüler/innen offen, und es gab auch nicht die Möglichkeit,
diese zu stellen. Es hätte ein Impuls von der Lehrerin kommen sollen, der uns vielleicht
auch dazu verleitet hätte, alle Fragen, die wir uns persönlich stellten, in der Klasse den
Mitschüler zu fragen.
Als erstes hätte ich meinen Mitschüler fragen sollen, ob er bereit wäre, einige
Fragen der Lehrerin und einige Fragen von uns, seinen Klassenkameraden, zu
beantworten. Es gilt erst einmal zu klären, was die Lehrerin überhaupt darüber denkt,
dass Hassan ihr nicht die Hand gegeben hat und sich auch gegenseitig darüber
austauschen, was sie beide gerade denken. Was mich interessieren würde, wäre zum
einen die Frage, welche Gründe es hat, warum er, bzw. alle Männer, die dem Islam
angehören, den Frauen keine Hände geben und sie nicht anfassen, und ob wirklich alle
Männer im Islam dies vermeiden oder nur vereinzelte. Geschieht dies aus hygienischen
20
Gründen? Oder weil man nicht die Hand einer Frau schüttelt, die vielleicht schon
verheiratet ist?
In dieser Situation hat mein Mitschüler wahrscheinlich gar nicht darüber
nachgedacht, wie sich die Lehrerin in diesem Moment gefühlt haben muss und ob er ihr
aus Höflichkeit nicht doch die Hand hätte geben sollen, sondern hat einfach so gehandelt,
wie er es wollte und gewohnt ist, und er hat unsere Sitten missachtet bzw. außen vor
gelassen, denn es kam für ihn gar nicht infrage, der Lehrerin die Hand zu geben, er hat
dies noch nicht einmal in Erwägung gezogen. In diesem Moment hat er nur seine eigene
Weltanschauung, seine Religion und seine Sitten als richtig erachtet.
Zum anderen hätte ich die Frage stellen können, ob er seine Sitten und Werte
vernachlässigen würde, da wir auf einer deutschen Schule sind. Denkbar wäre an ihn die
Aufforderung, dasser sich an unsere Sitten anpassen sollte. Wenn wir auf einer
muslimischen Schule wären und dort jemanden die Hand schütteln wollen würden, wäre
dies unangemessen. Man würde von uns wahrscheinlich verlangen, dass wir sie anders
begrüßen, obwohl wir es gewohnt sind, uns durch Händeschütteln zu begrüßen. Aber dies
wäre keine Toleranz, auch keine passive Toleranz mehr!
In meinem Eingangserlebnis hätte die Lehrerin meinen Mitschüler auch nicht
zwingen dürfen, dass er ihr die Hand schüttelt, dass wäre auch keine Toleranz mehr, da
man dem anderen versucht, seine eigene Weltanschauung und Sitten bzw. Werte
aufzuzwingen. Es war aber auch nicht ganz richtig von meinem Mitschüler, dass er sofort,
ohne nachzudenken, die nett gemeinte Geste der Gratulation zu seinem Geburtstag der
Lehrerin abgelehnt hat.
Ich persönlich habe noch nie Moslems gesehen, die sich so begrüßen, was jetzt
aber auch nichts heißen muss, da ich nicht viele Moslems kenne und mich auch nicht
ausreichend mit dem Islam auskenne und beschäftigt habe, aber mich würde außerdem
noch interessieren, ob es noch andere Begrüßungsformen im Islam gibt und wie sich
Männer untereinander und Frauen untereinander begrüßen - und wie es historisch zu
diesen Begrüßungsritualen gekommen ist.
Fakt ist, dass jede Kultur, Religion und Weltanschauung ihre eigenen
Gewohnheiten, Sitten und Werte hat und man diese auch anerkennen sollte, jedoch nicht
einfach so, sondern man sollte versuchen, diese zu verstehen und sich dann seine eigene
Meinung dazu bilden. In der Unterrichtssituation war der entscheidende Mangel eben
dieser, dass wir uns nicht gegenseitig ausgetauscht haben und auch nicht darüber
geredet haben, was gerade passiert ist, sondern dass wir einfach nahtlos zum Unterricht
übergegangen sind. Gerade in der Schule sollte doch gelten: Wenn man etwas nicht
versteht, muss man nachfragen, um es nachvollziehen und verstehen zu können. Dieses
Prinzip lässt sich auch auf die Situation mit Hassan übertragen. Das wäre aktive Toleranz,
21
wenn man sich mit den Themen, Sitten, Kulturen und Religionen anderer beschäftigt und
auseinandersetzt. So lassen sich Konflikte, Enttäuschungen oder Ratlosigkeit vermeiden,
so ließe sich die Würde aller am Schulleben Beteiligten respektieren. Und dies braucht
nicht nur im Religions- oder Ethikunterricht zu geschehen.
3 Toleranz und Dialogkultur am Goethe-Gymnasium Freiburg
3.1 Die Situation am Goethe-Gymnasium Freiburg
Am Goethe-Gymnasium herrscht einerseits eine große Vielfalt an Religionen,
andererseits aber auch an verschiedenen Kulturen. Um diese These mit Fakten
beziehungsweise mit Zahlen zu belegen, setzte ich mich mit Frau Paravicini, der
Direktorin des Goethe-Gymnasiums Freiburg, in Kontakt, um diese nach allgemeinen
Zahlen von Schüler/innen mit Migrationshintergrund aus den jeweiligen Jahrgangsstufen
zu bitten. Sie fragte mich anschließend, wie ich „Migrationshintergrund“ definieren würde
und wies mich darauf hin, dass es drei verschiedene Faktoren gibt, die festmachen, ab
wann man Migrationshintergrund hat, und zwar (1) wenn man nicht die deutsche
Staatsbürgerschaft besitzt, (2) wenn deutsch nicht die Verkehrssprache ist und (3) wenn
man nicht in Deutschland geboren ist. Dies war noch eine sehr hilfreiche Information für
mich, da mir dies vorher nicht bewusst war.
Nachdem sie mir versprach, die Zahlen herauszusuchen, überlegte ich mir, wie die
Zahlen ungefähr aussehen würden. Ich dachte, dass die Anzahl der Schüler mit
Migrationshintergrund mit dem Alter abnimmt und dass in den jüngeren Jahrgangsstufen
die Zunahme der Schüler mit Migrationshintergrund größer ist, was sich darauf
zurückführen lässt, dass immer mehr Menschen, vor allem aus politischen Gründen, aus
ihren Heimatländern fliehen müssen und in Deutschland Asyl suchen, um hier ein
gesichertes und neues Leben beginnen zu können.
Diese Vermutungen von mir lassen sich jedoch nicht mit den Zahlen der Direktorin
belegen. Die Zahlen nehmen nämlich nicht mit dem Alter linear ab, wie ich es annahm,
sondern fallen ganz unterschiedlich aus. Die jetzigen fünften Klassen z.B. sind die
Klassen mit sehr wenigen Schüler/innen mit Migrationshintergrund (insgesamt sind es
zehn Schüler), was meine vorherigen Überlegungen revidiert. Eine Stufe obendrüber, also
die
sechste
Jahrgangsstufe
hat
gleich
22
doppelt
so
viele
Schüler/innen
mit
Migrationshintergrund in ihrer Stufe wie die Fünfte. Die achte Jahrgangsstufe besteht
ebenfalls aus Klassen mit einem sehr geringen Anteil an Schüler/innen mit
Migrationshintergrund, und zwar sind es insgesamt zwölf Schüler mit Migrationshintergrund in der gesamten Stufe. Die Jahrgangsstufe mit dem kleinsten Anteil an
Schülern mit Migrationshintergrund ist die zehnte Stufe. Insgesamt sind es dort sechs
Schüler/innen, die jeweils mit mindestens einem Faktor, der den Migrationshintergrund
bestimmt, übereinstimmen, was sehr interessant ist, da diese Stufe besonders groß ist. In
den Stufen sieben, neun und elf befinden sich durchschnittlich 16 Schüler/innen mit
Migrationshintergrund.54
Die Zahlen ergeben, dass 97 von circa 650 Schülern/innen (Jahrgangsstufe 12
nicht miteinbezogen) auf der Schule aus Familien mit Migrationshintergrund kommen, es
also 14,92% der gesamten Schüleranzahl sind.
Durch diese Fakten hat sich mein Bild des Goethe-Gymnasiums etwas geändert,
da
ich
bis
dato
gedacht
habe,
dass
eigentlich
noch
mehr
Schüler
mit
Migrationshintergrund bei uns zur Schule gehen.
3.2 Fragebogenaktion
3.2.1 Erstellung des Fragebogens
Um noch mehr Informationen zu der Situation am Goethe-Gymnasium zu erhalten, die
mir beim Schreiben meiner Seminararbeit helfen könnten, dachte ich mir, dass ich die
Direktorin der Schule, (ehemalige) Lehrer/innen und (ehemalige) Schüler/innen jeweils mit
individuellen Fragen interviewe, damit ich so viele und so genaue Informationen wie
möglich erhalte, mit denen ich gut weiterarbeiten kann. Außerdem hatte ich die Idee, dass
ich zusätzlich zu den Interviews noch Fragebögen ausarbeiten könnte, die mir als eine
gute Datenbasis dienen würden. Nach längerem Hin- und Her- Überlegen kam ich zu dem
Entschluss, dass ich an der Idee des Fragebogens festhalten möchte. Es wäre aber wohl
zu kompliziert, vor allem individuelle Antworten auszuwerten. Daher habe ich einen
Fragebogen zum Ankreuzen entwickelt. Außerdem ist es schwer umzusetzen, ehemalige
Schüler/innen bzw. ehemalige Lehrer/innen zu erreichen. Ich habe mich daher auf Fragen
für Lehrer/innen und Schüler/innen konzentriert, die aktuell am Goethe-Gymnasium sind.
Dies ist auch sinnvoll, weil ich ja mein Schlüsselerlebnis in die aktuelle Situation am
Goethe einbetten möchte. Ich würde gerne herausfinden, wie es mit der Toleranz am
54
s. Anhang: Tabelle 1
23
Goethe-Gymnasium aussieht und ob das Goethe-Gymnasium so etwas wie eine
Diskussionskultur über religiöse und kulturelle Fragen braucht.
3.2.2 Durchführung der Befragung und Auswertung der Fragebögen
Nachdem ich damit fertig war, die Fragen für den Fragebogen zu erstellen, überlegte ich
mir, wie es am sinnvollsten wäre, die Fragebögen zu verteilen. Mir kamen einige Fragen
auf: Wie viele Exemplare brauche ich überhaupt, damit die Ergebnisse und Zahlen
aussagekräftig genug sind? In welchen Klassenstufen sollte ich die Fragebögen am
besten verteilen? Könnte ich den Fragebogen schon in einer fünften Klasse ausgeben,
oder sind die Fragen für die Schüler/innen noch etwas schwer zu ergreifen bzw. zu
verstehen? Wie mache ich das Ganze jetzt am besten? Am Ende kam ich zu dem
Entschluss, dass ich nur die Klassenstufen sieben bis zwölf befragen möchte, da ich nicht
richtig einschätzten konnte, ob die Fragen für die fünfte und sechste Klasse zu schwer
waren und sie somit die Fragen nicht wahrheitsgemäß beantworten können.
Als dies alles feststand, bin ich zu all meinen Grundkurs-Lehrern gegangen, um
diese zu fragen, ob sie eine Klasse zwischen sieben und zwölf haben, und ob sie bereit
wären, dort meinen Fragebogen auszuteilen. Aber leider ging dieser Plan nicht vollständig
auf, sondern ich musste mir nun noch weitere Lehrer suchen, die meine Fragebogen in
ihrem Unterricht austeilen würden. Das Problem hierbei war nur, dass ich Lehrer finden
musste, die Fächer unterrichten, in denen die komplette Klasse anwesend ist, wie z.B. in
Deutsch, Mathematik, Englisch usw. Somit war ich eine längere Zeit damit beschäftigt,
eben solche Lehrer zu finden, die dann auch bereit waren, einige Minuten ihres
Unterrichts für diese Fragebogenaktion zu opfern, was nicht selbstverständlich ist. Aber
zu meiner großen Freude waren eigentlich alle Lehrer/innen, die ich ansprach, dazu bereit
und gaben mir die ausgefüllten Fragebogen schon nach wenigen Tagen zurück.
Ein weiteres kleines Hindernis war, dass zu der Zeit, in der ich die Fragebogen
gerade an die Lehrer/innen ausgab, die zehnte Klassen wegen des BOGYs nicht
anwesend und die zwölfte Klassen wegen des Abiturs nicht ansprechbar waren, bzw. ich
sie nicht mit meinem Fragebogen stören wollte. Deswegen musste ich noch ein wenig
länger warten, bis ich die Fragebogen auch in diesen Klassen verteilen konnte und bis ich
letztlich mit der Auszählung und der Auswertung der Fragebögen anfangen konnte, was
natürlich alles etwas verzögerte.
Außerdem gab es einige wenige Lehrer/innen, die mich missverstanden. Ich bat
sie, die Fragebögen in ihrem Unterricht zu verteilen und sie die Schüler/innen kurz
24
ausfüllen lassen, aber manche Lehrer haben gedacht, dass sie die Fragebögen in ihrer
Klasse austeilten, aber die Schüler/innen diese nicht im Unterricht ausfüllen ließen,
sondern, dass die Schüler die Fragebögen zu Hause ausfüllen sollten und diese wieder in
der Schule bei den Lehrer/innen bzw. bei mir abgeben sollten. Das war alles etwas
kompliziert. Leider kamen zu mir von eben diesen Klassen höchstens die Hälfte der
Fragebögen zurück, da die Schüler/innen wahrscheinlich keine Lust hatten, den
Fragebogen zu Hause auszufüllen, auch weil sie den Zettel verloren hatten, o. Ä. Wie sich
später noch herausstellen wird, hat dies weitreichende Folgen, da es bei den
Auswertungen mehr Fragebögen von Mädchen als von Jungen gibt und es somit ein
Ungleichgewicht zwischen Geschlecht und Alter gibt und es schwieriger wurde, ein
eindeutiges Ergebnis herausfiltern zu können. Daran ließ sich dann leider auch nichts
mehr ändern.
Aber schließlich habe ich auch sehr informative und interessante Fragebögen
erhalten, die mich manchmal sehr überraschten und meine Auswertung damit
bereicherten. Es gab aber auch Fragebögen, mit denen man eigentlich wenig anfangen
konnte, da ersichtlich war, dass die Fragebögen nicht gewissenhaft ausgefüllt worden
waren, weil die Schüler/innen entweder nicht verstanden haben oder weil sie zu bequem
waren, sich mit den Fragen auseinanderzusetzen, so dass sie z.B. ihre Kreuze
durchgehend in eine Reihe gesetzt haben,entweder in der Spalte „Ich stimme nicht zu“
oder in der Spalte „Dazu kann ich nichts sagen“, was ich dann etwas schade fand, da das
noch zusätzliche Stimmen gewesen wären, die meine Auswertung durchaus noch hätte
verändern können.
Zusätzlich zu den Schülerfragebögen erarbeitete ich noch Lehrerfragebögen, die
letztlich aus den gleichen Fragen aufgebaut waren wie die für die Schüler/innen. Mein
erster Ansprechpartner war Herr Michalke-Leicht, den ich fragte, ob er so freundlich wäre,
meine erstellten Fragebögen im Lehrerzimmer zu verteilen. Er bat mich aber erst noch,
Frau Harrer um Erlaubnis zu fragen, da sie die „Personalchefin“ ist und das entscheiden
darf. Sie meinte, dass die Verteilung der Fragebögen an sich kein Problem sei, aber es
sollte eine Anschrift darauf sein, damit die Lehrer/innen wissen, was sie da ausfüllen, für
wen sie es ausfüllen und, natürlich, warum sie es ausfüllen. Außerdem sollte ein Datum
darauf stehen, also bis wann sie die Bögen spätestens ausgefüllt zurückgeben sollten. Als
ich diese Vorgaben berücksichtigte und nun alle erforderlichen Informationen auf dem
Fragebogen zu finden waren, bin ich wieder zu Herrn Michalke-Leicht gegangen, der
dann die Fragebogen im Lehrerzimmer verteilte, sodass die Lehrer/innen ihm diese nach
wenigen Tagen wieder zurückgeben konnten, woraufhin er sie wiederrum an mich
weiterreichte.
Erfreulicherweise
kamen sehr viele Fragebögen mit
25
sehr
vielen
aufschlussreichen Kommentaren wieder bei mir an, was das Auswerten interessanter
machte. Ein weiterer Pluspunkt war der, dass man erfahren konnte, was die Lehrer/innen
über Schule denken, wie sie sich an der Schule fühlen und wie sie die Situation am
Goethe-Gymnasium wahrnehmen. Abschließend zu diesem Punkt kann ich sagen, dass
die Fragebogenaktion trotzt des Aufwands sehr aufschlussreich war, vielleicht auch
gerade durch die vielen kleinen Hindernisse, und man bemerken konnte, wie viel
eigentlich an Zeit und Organisation für eine Fragebogen-Aktion aufzuwenden ist.
Nachdem ich alle Fragebogen zurückerhalten habe, ging es an das Auswerten:
Bei den Lehrerfragebögen habe ich unterschieden zwischen männlich und weiblich und
zwischen deutschem oder noch einem weiterem kulturellen Hintergrund. Ich habe alle
Fragebögen auf einem noch unausgefüllten Fragebogen mittels einer Strichliste
ausgezählt und die Ergebnisse in eine Tabelle eingefügt, damit alles übersichtlich erfasst
werden kann und mir die Auswertung leichter von der Hand geht. Bei den
Schülerfragebogen bin ich genauso vorgegangen, nur dass noch das Alter eine Rolle
gespielt hat. Das heißt, ich habe erst alle Fragebögen nach Alter sortiert, dann in das
Geschlecht aufgeteilt und danach geschaut, wer einen deutschen Hintergrund, oder auch
noch einen anderen kulturellen Hintergrund hat. Bei den Schülerfragebogen habe ich
dann auch wieder eine Strichliste gemacht, die Ergebnisse ausgezählt und diese erneut in
eine neue Tabelle eingefügt, damit alles übersichtlicher wird.
Durch das oben erwähnte Problem, mit dem Ungleichgewicht zwischen
Geschlecht und Alter hat es sich nicht gelohnt, die Stimmen der Schüler in Geschlecht,
Alter und kulturellem Hintergrund aufzuteilen, da manchmal nur vereinzelte Schüler eine
Altersgruppe usw. vertreten haben und ihre wenigen Stimmen nicht aussagekräftig genug
waren. Deshalb habe ich alle Stimmen der befragten Schüler/innen zusammengezählt,
um mit diesen weiterzuarbeiten. Diese Stimmen habe ich bei den jeweiligen Fragen nur
nach den Antworten aufgeteilt, also ob sie angekreuzt haben, dass sie zustimmen, oder
ob sie angekreuzt haben, dass sie nicht zustimmen, weil weitere Ankreuzmöglichkeiten zu
wenig vertreten waren; folglich waren sie nicht repräsentativ. Trotzdem denke ich, dass
sich aus den Ergebnissen etwas erschließen lässt und dass ich vielleicht auch Antworten
auf die Fragen finde, die ich mir gestellt habe: Herrscht am Goethe-Gymnasium eine
Dialogkultur oder mangelt es an Kommunikation in religiöser bzw. kultureller Hinsicht?
26
3.2.3 Interpretation der Ergebnisse und sich daraus ergebende Überlegungen für
das Goethe-Gymnasium Freiburg
Vor der Auswertung habe ich darüber nachgedacht, wie das Ergebnis letztlich aussehen
wird, und ich hatte meine Vermutungen, die aber, wie sich herausgestellt hat, nicht ganz
mit den tatsächlich ermittelten Zahlen übereinstimmten. Von meinem Schlüsselerlebnis
ausgehend hatte ich das, was mir widerfahren ist, auf meine Mitschüler/innen und auf die
ganze Schule übertragen. Ich war davon ausgegangen, dass es viel mehr dieser
Situationen an unserer Schule gibt, in denen es wegen der Religion oder der Kultur
Unklarheiten gibt, und dass mehr Schüler/innen über diese Situationen und über
Religionen und Kulturen sprechen wollen.
Aber ich lag mit diesen Vermutungen auch nicht völlig daneben. Aus den
Ergebnissen geht hervor, dass im Großen und Ganzen ein aufgeschlossenes Klima am
Goethe-Gymnasium besteht und dass nur gut ein Fünftel der Befragten die Meinung
vertreten, dass es am Goethe-Gymnasium nicht üblich sei, über seine Religion oder
Kultur zu sprechen.55 Außerdem sind knapp Zweidrittel mit dem Interesse der Schule an
Gesprächen über religiöse Überzeugungen und kulturellen Prägungen der Schüler/innen
und Lehrer/innen zufrieden56, ausgenommen dem letzten Drittel57, das bekundet, dass bei
ihnen überhaupt kein Interesse an dem Kulturellen und dem Religiösen der Schüler/innen
vorhanden sei.
Solche Situationen, wie ich sie erfahren habe, haben allerdings circa die Hälfte der
Befragten auch schon erlebt, und diese Schüler/innen beschäftigen sich vielleicht auch
mit denselben Fragen, wie ich es gerade tue, da die entsprechende Situation im
Unterricht nicht besprochen wurde, sodass viele Fragen offenbleiben. Der Bedarf an
Gesprächen über die Unklarheiten ist also hoch und auch das Interesse, die Unklarheiten
zu klären und aus der Welt zu schaffen, ist vorhanden.
Auf die Frage, ob es am Goethe-Gymnasium Konflikte gibt, die aus religiösen oder
kulturellen Missverständnissen entstanden sind, gab es eine relativ eindeutige Antwort.
Über ein Drittel vertritt den Standpunkt, dass es am Goethe-Gymnasium Konflikte gibt.58
Das ist nicht gerade wenig, aber das sollte man auch nicht dramatisieren, da die übrigen
Zweidrittel das ganz anders wahrnehmen. Es herrscht allerdings zusätzlich ein hohes
Interesse an mehr Gesprächen über Religion und kulturelle Unterschiede, und dies nicht
nur im Religionsunterricht.
55
s. Anhang 1: Diagramm 2.
s. Anhang 1: Diagramm 2.
57
s. Anhang 1: Diagramm 2.
58
s. Anhang 1: Diagramm 2.
56
27
Die Auswertung der Ergebnisse der Lehrerbefragung fällt kaum anders aus als die
der Schülerbefragung. Sie unterscheiden sich nur in einem einzigen Punkt, und zwar in
dem, dass deutlich mehr als die Hälfte der befragten Lehrer/innen der Meinung sind, dass
es in der Tat am Goethe-Gymnasium Konflikte gibt, die aus religiösen oder kulturellen
Missverständnissen entstanden sind59und infolgedessen bei den Lehrkräften, im
Unterschied zu den Schüler/innen, der Wunsch nach Gespräch über Religion und
kulturelle Unterschiede eindeutig höher ist60. In den anderen Punkten fallen die
Ergebnisse recht ähnlich aus. Außerdem hat ein größerer Anteil der Lehrkräften schon
einmal eine Situation erlebt, in der es wegen der Religion oder der Kultur Unklarheiten
gab.
Mit das Interessanteste bei der Auswertung der Fragebögen waren die
Kommentare. Aus vielen von ihnen ging hervor, dass sich die Schüler am GoetheGymnasium wohlfühlen und dass Toleranz „in der Schule sehr groß geschrieben wird“
und es so gut wie zu keinen heftigen Konflikten bei uns an der Schule kommt (s.„Abend
der Kulturen" (5.Klassen)(s. Kapitel 3.3)). Es gab auch Kommentare, deren Botschaft es
war, dass Schüler/innen in ihrem Alter nicht über Religion und Kultur reden, sich damit
auch nicht in ihrer Freizeit auseinandersetzten und sie sich auch nicht dafür interessieren.
Ein besonders auffälliger Kommentar lautete: „Hört auf mit der ganzen Toleranz,
habt mal eine Meinung.“ Zunächst einmal soll wohl mit der Bemerkung behauptet werden,
dass Toleranz letztlich darauf hinauslaufe, dass jede Meinung oder Weltsicht toleriert
werde, so dass schließlich keine wirkliche Auseinandersetzung mit anderen Meinungen
oder Weltsichten mehr stattfindet, ja dass alles beliebig erscheint. Aber die Bemerkung
scheint auch zu unterstellen, dass tolerante Menschen selbst keine Meinung mehr vertreten. Das oben (in Kapitel 2.2) entwickelte Konzept der aktiven Toleranz jedoch macht
deutlich, dass man tolerant sein kann und dennoch seine eigene Meinung hat, bzw. eine
sogar haben sollte, daman nicht alles einfach hinnehmen und es auch nicht akzeptieren
darf, ohne zumindest darüber nachgedacht zu haben. Man muss sich selber im Klaren
sein, was man toleriert, was man gut findet und was man eben auch ablehnt. Toleranz
und eine Meinung schließen sich nicht aus, sie bedingen einander.
Ein Lehrer meinte, dass man weniger über Religion, sondern mehr über Vorurteile
und Ressentiments (auch im Kollegium) sprechen sollte. Eine Schülerin aus der
12.Klasse wünscht sich mehr Dialoge über kulturelle Unterschiede im Hinblick auf
Gender, Sexualität, alternative Lebensweisen, politische Einstellungen, ... Mir scheint,
dass das genau der Punkt ist, an dem das Goethe-Gymnasium arbeiten sollte. Denn aus
der Fragebogenaktion ging hervor, dass viele Schüler/innen nicht allein über Religion
59
60
s. Anhang 1: Diagramm 1.
s. Anhang 1: Diagramm 1.
28
sprechen wollen, zumal es ja den Religionsunterricht gibt, sondern es wurde deutlich,
dass sie sich mit ihren Mitmenschen auseinandersetzten wollen und auch Gespräche
darüber führen wollen - und auch über Probleme, die so aktuell sind, dass man sonst die
Diskussionen in der Gesellschaft nicht versteht. Auch deshalb sollte man sich an der
Schule mit den Themen auseinandersetzten, die die Schülerin aus der 12.Klasse
erwähnte. Das Wichtigste, was das Goethe-Gymnasium zurzeit braucht, ist, glaube ich,
Offenheit, und zwar sowohl unter den Mitschüler/innen als auch im Lehrer-Kollegium
untereinander und natürlich auch unter Lehrern und Schülern. Denn Offenheit erlaubt ein
Gesprächsklima, indem man andere respektiert, sich für sie interessiert, wo man sich
traut, Fragen zu stellen und gegebenenfalls Konflikte auch anzusprechen. Diese
Herausforderung (s. den Titel meiner Arbeit) sollte sich das Goethe-Gymnasium stellen.
3.3 Was könnte sich am Goethe-Gymnasium ändern?
Das Wesentliche, an dem sich das Goethe-Gymnasium im Hinblick auf Toleranz
orientieren sollte, ist neben der Offenheit auch der Wunsch der Schüler/innen nach mehr
Gesprächen über diverse aktuelle Themen. Diese zwei Aspekte sollte man in den
Unterricht integrieren, da viele Schüler/innen sich auf freiwilliger Basis nicht selbst
einbringen und sich vermutlich auch nicht an den Gesprächen beteiligen würden, was
sehr schade wäre, da die Thematik die ganze Schule betrifft und sich auch möglichst alle
am Schulleben Beteiligten mit einbringen sollten.
An vielen Schulen, mitunter auch am Goethe-Gymnasium, gibt es eine
Klassenlehrerstunde, in der viele Probleme der Klasse versucht werden zu lösen, und
zwar mithilfe des/der Klassenlehrer/in. Dabei ist es sehr wichtig, dass man Regeln
aufstellt, damit die Schüler/innen wissen, wie sie miteinander umzugehen haben. Die
Klassenleitung hat hierbei die Funktion des „Streitschlichters“ und die Aufgabe, den
Schüler/innen einen Impuls zu geben, damit sie von alleine und unter sich versuchen, das
jeweilige Problem gemeinsam ‚aus der Welt‘ zu schaffen. Diese Stunde nimmt 45 Minuten
pro Woche in Anspruch. Von den Schüler/innen wird sie des Öfteren als unnötig und als
vergeudete Zeit wahrgenommen. Doch die Stunden haben eine sehr große Bedeutung für
die Klassengemeinschaft. Meiner Meinung nach sollte die Länge der Klassenlehrerstunde
sogar auf 90 Minuten verlängert werden, und anstatt ab der 8.Klasse damit aufzuhören,
sollte sie bis zur 10.Klasse beibehalten und weitergeführt werden. Denn in den unteren
Jahrgangsstufen sollte man sich auf das Besserkennenlernen der Anderen konzentrieren,
indem man in den Klassenlehrerstunden nicht nur über Probleme spricht, sondern auch
29
über die verschiedenen Kulturen und Religionen, die in einer Klasse vertreten sind. Die
Schüler/innen könnten ihre eigene Lebensweise vorstellen oder ihren alltäglichen
Tagesablauf beschreiben, den sie Tag für Tag durchlaufen, damit die Mitschüler/innen
einen Eindruck davon gewinnen können, wie ihre Freunde und Klassenkameraden leben.
Bei dieser Gelegenheit kann man auch Fragen stellen, die einen diesbezüglich
interessieren, oder man kann nachfragen, wenn man etwas nicht versteht. In den unteren
Jahrgangstufen hat man, wie ich glaube, noch keine Hemmungen, alles zu fragen, was
einen interessiert. Je älter man wird, desto mehr macht man sich Gedanken darüber, wie
die Frage, die man stellt, bei demjenigen ankommt, den man fragt, was manchmal ein
Hindernis ist.
Die Klassenlehrerstunde in den jüngeren Klassenstufen sollte einfach dazu
dienen, dass man weiß, wer einem da gegenüber sitzt, bzw. mit wem man eigentlich zur
Schule geht, wie dieser lebt und woher er kommt. Außerdem gibt es ja in den fünften
Klassen einen organisierten Abend, der sich „Abend der Kulturen“ nennt, bei dem es ein
Buffet gibt, das sich aus Spezialitäten aus der ganzen Welt zusammensetzt und an dem
die Kinder, die zusammen in eine Klasse gehen, ihre Talente vor ihren Mitschüler/innen
und vor den ganzen Eltern präsentieren. Je mehr man über seine Mitschüler/innen weiß,
desto leichter fällt es einem, offener mit ihnen umzugehen und auf sie zuzugehen. Damit
wäre schon einmal eine Grundlage für ein gut funktionierendes Zusammenleben
verschiedener Kulturen an der Schule oder in einer Klasse geschaffen.
In den mittleren Jahrgangsstufen sollten die Klassenlehrerstunden weiterhin
genutzt werden, um sich besser kennenzulernen, aber auch die Kulturen der anderen
besser kennenzulernen, damit man sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten mit
der eigenen Kultur, Religion oder Lebensweise entdeckt und infolgedessen auch
Verbindungen und Vernetzungen herstellen kann, wie Kulturen und Religionen eigentlich
zusammenhängen und sich in gewisser Weise auch ähneln. Diese Begegnung ist eine
Herausforderung für die Schüler/innen, da sie nicht nur mit ihrer eigenen Religion und
Kultur konfrontiert werden, sondern auch mit der der anderen, und muss noch
Verbindungen erschließen. Vor allen Dingen merkt man, dass man z.B. auch über seine
eigene Religion oftmals gar nicht so viel weiß, sodass man auch hier anfängt, sich
Gedanken zu machen und sich zu informieren, damit man sich dazu überhaupt äußern
und die Fragen beantworten kann. So lernt man sich selber und auch gegenseitig noch
besser kennen. Man sollte diese Klassenlehrerstunden wirklich nutzten.
Wenn es dann zu einer Situation, wie ich sie erlebt habe, kommt, kann man diese,
in Absprache mit dem Schüler in der Klassenlehrerstunde ansprechen und sich Zeit dafür
nehmen, sich mit den anderen Mitschüler/innen über seine Eindrücke und Gefühle
auszutauschen und zu versuchen, die Reaktionen des Schülers und der Lehrerin
30
nachzuvollziehen, indem man verschiedenste Dinge abwägt. Wenn man es aber schon
schafft, offen gegenüber den Mitschüler/innen und den Lehrkräften zu sein, sollte man
das gleich in der Stunde, in der es passiert ist, ansprechen und klären.
Es braucht aber auch mehr an Gesprächen über aktuelle Themen, wie zum
Beispiel Sexualität und Gender. Im Biologieunterricht hatte man in der fünften und
sechsten Klasse Sexualkunde, was in den weiteren Klassen nie mehr ein Thema war.
Meiner Meinung nach muss in den höheren Klassen auch noch über dieses Thema
gesprochen werden, z.B. aber auch über Homosexuelle, Transsexuelle und über
Menschen, die sich in ihrem eigenen Körper nicht mehr wohl fühlen und lieber das andere
Geschlecht besäßen. Wenn man oft über diese Themen spricht, sie nicht meidet und es
keine Tabuthemen mehr sind, fällt es den Schüler/innen, die sich nicht mehr in ihrem
Körper wohlfühlen, vielleicht leichter, sich zu outen, ohne später dann von ihren
Mitschüler/innen gemobbt zu werden, da es nichts Außergewöhnliches oder „Ekliges“ ist,
sodass wir diese Menschen so leben lassen können, wie sie es wollen und wie es ihnen
guttut.
In Gemeinschaftskunde sollten weiterhin aktuelle Themen angesprochen werden,
wie zum Beispiel Pegida, der IS, das Attentat in Paris und viele weitere Themen, also
auch die vielen gegenwärtigen politischen Einstellungen in verschiedenen Ländern und
von verschiedenen Menschen. Die Frage nach der Toleranz ist vor allem in der Politik
sehr ausgeprägt bzw. dominant, da sehr viel passiert, was sich hinterfragen lässt, und
sehr viel Verwerfliches, wie z.B. die Konflikte in den Krisengebieten, die Abspaltungsproblematik innerhalb verschiedener Länder (Beispiel: Ukraine), die Frage, ob Waffen in
die Krisengebiete geschickt werden sollten, den Islamischen Staat u.v.m.
Die Geschichte ist zwar ein Teil von uns und wir müssen die Zusammenhänge in
ihrer historischen Entstehung verstehen, aber es ist auch wichtig, dass wir in allen
Fächern vermehrt über aktuelle Themen sprechen und diskutieren bzw. aktuelle Bezüge
herstellen, die für unsere Gesellschaft eine immer größer werdende Bedeutung haben,
damit wir, wenn wir aus der Schule entlassen werden, auf unser Leben vorbereitet sind,
aber nicht nur für unser eigenes Leben, sondern auch, dass wir wissen, dass wir nicht
alleine auf der Welt sind und Verantwortung auch für unsere Mitmenschen, die sehr
unterschiedlich sein können, haben. Vor allen Dingen gibt es - wie wir spätestens seit
Lessings Ringparabel wissen (s.Kapitel 2.6) - nicht DIE eine Religion, Lebensweise,
Weltanschauung oder Kultur, sondern es ist eine Vielfalt vorhanden, von der wir in der
Schule etwas lernen und über die wir gemeinsam nachdenken sollten. Denn: „Wo religiös
motivierte Konflikte, in vermeintlich toleranter Absicht, von vornherein gemieden werden,
besteht die Gefahr, dass diese sich untergründig und unreflektiert im schulischen und
31
außerschulischen Miteinander auswirken.“61
Für Änderungen am Goethe-Gymnasium finde ich die in der aktuellen EKDDenkschrift zum Religionsunterricht formulierte Idee einer „pluralitätsfähigen Schule“62
sehr hilfreich, bei der es um „Wege zu einer dialogischen Kultur religiös-weltanschaulicher
Vielfalt“63 geht: „Die Bearbeitung religiöser und weltanschaulicher Vielfalt muss als
genuine Bildungsaufgabe der gesamten Schule anerkannt und von der Schulleitung sowie
von allen Lehrkräften wahrgenommen werden.“64 Hierzu gehört auch, dass angesichts
verschiedener religiöser und weltanschaulicher Orientierungen von Lehrkräften, Eltern
und Schüler/innen gemeinsame Regeln und Verfahren vereinbart werden.65 „Die
Gestaltung
einer
dialogisch offenen Schulkultur
erfordert
Erfahrungsräume,
die
kompetenzorientiertes Lernen im Blick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der
religiösen und weltanschaulichen Pluralität ermöglichen.“66
Für das Goethe-Gymnasium und für die Schule allgemein heißt das, dass die
Pluralitätsfähigkeit von Schüler/innen gefördert und entwickelt werden sollte. Meiner
Meinung sind hier insbesondere der Religions- und der Ethikunterricht gefordert. Der
evangelische und katholische Religionsunterricht67 leistet einen wichtigen Beitrag zu einer
Kultur der Toleranz, denn er hilft Kindern und Jugendlichen, sich in einer pluralen Welt
zurechtzufinden.68 „Er will zur Gemeinschaft befähigen, indem er den Dialog mit Christen
aus anderen Kirchen auch durch konkrete Kooperation einübt (ökumenisches Lernen),
darüber hinaus Verständnis, Toleranz und Zusammenleben zwischen allen Religionen
fördert (interreligiöses Lernen) und in der Pluralität zu eigener Urteilsbildung beiträgt.“69
4 Fazit
Am Anfang meiner Arbeit fragte ich mich, wie das Zusammenleben so vieler
unterschiedlicher Kulturen und Religionen in einer Gesellschaft oder auch nur in einer
61
Kirchenamt der EKD, Religiöse Orientierung gewinnen, 2014, S. 110.
s. Kirchenamt der EKD, Religiöse Orientierung gewinnen, 2014.
63
Kirchenamt der EKD, Religiöse Orientierung gewinnen, 2014, S. 106.
64
Kirchenamt der EKD, Religiöse Orientierung gewinnen, 2014, S. 106f.
65
vgl. Kirchenamt der EKD, Religiöse Orientierung, 2014, S.107.
66
Kirchenamt der EKD, Religiöse Orientierung gewinnen, 2014, S.107.
67
Inzwischen gibt es auch jüdischen und alevitischen Religionsunterricht, islamischer Religionsunterricht
wird demnächst eingerichtet.
68
Evangelischer Erwachsenenkatechismus, 2001, S.418.
69
Evangelischer Erwachsenenkatechismus, 2001, S.418
62
32
Schule eigentlich funktionieren kann. Eine eindeutige und klare Antwort habe ich dafür bis
jetzt nicht gefunden, nur einzelne Voraussetzungen oder Faktoren, die man als
Einzelperson mitbringt, damit man etwas zu einem friedlich zusammenlebenden System
beitragen kann.
Ein Großteil dazu trägt die Schule bei, denn die Schulzeit ist ein sehr wichtiger
Abschnitt unseres Lebens, da wir in diesem Lebensabschnitt offen sind für das Lernen.
Wir erwerben Wissen und Kompetenzen, die den Grundbaustein unserer Zukunft bilden
und die es braucht, um in der heutigen Gesellschaft zurechtzukommen und integriert zu
werden, wie z.B. wie man sich benimmt, Respekt, wie man mit seinen Mitmenschen
umzugehen hat und ein Gefühl dafür bekommt, dass man nicht allein auf der Welt ist und
dass man auch nicht alles ausblenden kann, was einem nicht gefällt. Sowohl die schönen
Seiten als auch die schlechten gehören zum Leben dazu, und man muss sich darin üben,
damit umgehen zu können. Genau das Gleiche gilt für die verschiedenen Religionen, da
man die anderen vorhandenen Lebensweisen nicht ignorieren darf, sondern, wenn man
sie wahrnimmt und sich mit ihnen auseinandersetzt, vielleicht noch etwas von ihnen
lernen kann und auch das eigene Leben durch diese bereichert werden kann. Das heißt
aber auch nicht, dass man alles akzeptieren und einfach so hinnehmen darf oder soll,
denn man muss sich immer noch kritisch mit allem auseinandersetzten und darüber
nachdenken, ob man es für moralisch richtig hält und ob es irgendwem Schaden zufügt.
Ein weiterer Faktor für die eigene persönliche Entwicklung ist die Erziehung der
Eltern, die eine der größten Einflussfaktoren in unserem Leben spielt. Zu dem Umfeld mit
den Mitmenschen, in dem wir aufwachsen und das uns beeinflusst, gehört auch die
eigene Religion, die uns unsere Vorfahren überliefert haben. Der entscheidendste Punkt
ist, denke ich, der, dass es keine Gründe oder Beweise gibt, welche der vielen
verschiedenen Religionen die wahre ist. Die Diskussion im Verlauf der Geschichte der
Toleranz (s. Kapitel 2.6) zeigt: Man soll auch gar nicht mehr danach suchen.
Entscheidend ist (und das ist der Grundgedanke der Aufklärung), dass man moralisch gut
handelt. Das sollte das Ziel jeden Menschen auf der Erde sein, denn dann kann es einem
egal sein, welche die ‚beste‘ Religion und Kultur ist, solange man mit sich selbst, seiner
Lebensweise und seiner Religion und Kultur zufrieden ist. Erst dann, wenn diese Kriterien
erfüllt sind, hört man auf zu suchen und verspürt auch nicht mehr das Bedürfnis, andere
Menschen von ihrer eigenen Religion überzeugen zu müssen.
Es ist nicht notwendig, dass alle Menschen auf dieser Erde genauso leben
müssen wie man selbst, weil man Angst davor hat, eine andere Religion bzw. andere
Menschen könnte(n) mehr Macht haben. Manche denken, sie oder besser gesagt ihre
Religion habe zu wenig Macht, und deswegen meinen sie, gewalttätig gegen
Andersdenkende vorgehen zu müssen, sodass sie den Konflikt oder ihr Problem noch auf
33
dem Rücken der Religion austragen, obwohl doch Menschen selbst dahinter stecken und
nicht ‚die Religion an sich‘. Deshalb halte ich es für verwerflich, wenn sich die
Gewalttätigen z.B. auf den Koran oder die Bibel berufen und sagen, dass Gott oder Allah
‚es‘ so gewollt hätten. Ich bin mir sicher, dass kein Gott der Welt es gewollt hätte, dass
Krieg auf der Welt herrscht und Millionen von unschuldigen Menschen sterben müssen,
weil manche meinen, anderen ihre Macht demonstrieren zu müssen.
Abschließend muss ich nochmals feststellen, dass das Zusammenleben vieler
verschiedener Religionen oder Kulturen nicht immer einfach ist. In Deutschland haben wir
eine gute Situation, denn hier funktioniert das Zusammenleben weitgehend gut, auch
wenn es hier natürlich Verbesserungsbedarf hin Hinblick auf Bewegungen wie z.B. Pegida
und deren Einstellung zu fremden Kulturen gibt. Aber sobald wir in die Krisengebiete
schauen, ist dort nicht ansatzweise etwas von friedlichem Zusammenleben zu sehen. Den
dort handelnden intoleranten Menschen sind ihre Mitmenschen gleichgültig. Sie
verschließen die Augen vor dem, was sie selbst angerichtet haben, weil sie alles um sich
herum ‚ausschalten‘, wie eine Lampe. Hauptsache, sie haben sich durchgesetzt. Man
muss aber weiterhin für wechselseitiges Verstehen und Toleranz kämpfen, nicht nur in
den Krisengebieten, sondern auch in Deutschland, auch wenn es manchmal schwer ist
(wie der aktuelle Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland zeigt). Eine Pluralität muss
bestehen bleiben, denn sie darf sich nicht durch die Angst oder durch die Unterdrückung
anderer Menschen auflösen, das wäre gegen die Menschenwürde. Die Gesellschaft in
Deutschland und weltweit lebt von der Vielfalt. Aufgabe der Schule muss es also sein,
Menschen pluralitätsfähig zu machen.
34
5 Literaturliste
Duden: Deutsches Universalwörterbuch. 7. Auflage, Nördlingen 2011/14.
Evangelischer Erwachsenenkatechismus: glauben − erkennen − leben; hrsg. von Manfred
Kießig. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2001.
Forst, Rainer (Hg.): Toleranz. Philosophische Grundlagen und gesellschaftliche Praxis
einer umstrittenen Tugend. Campus Verlag, Frankfurt/New York 2000.
Galling, Kurt (Hg.): Die Religion in Geschichte und Gegenwart. UTB große Reihe,
sechster Band: Sh-Z., J.C.B Mohr (Paul Siebeck), 3. Auflage, Tübingen 1986.
Goethe, Johann Wolfgang von: Maximen und Reflexionen. Herausgegeben von Helmut
Koopmann, Verlag C. H. Beck, München 2006.
Höffe,
Otfried:
„Pluralismus
und
Toleranz:
zur
Legitimation
der
Moderne“
(Erstveröffentlichung 1985), in:Den Staat braucht selbst ein Volk von Teufeln, Philosophische Versuche zur Rechts- und Staatsethik. Reclam Nr.8507, Ditzingen 1988.
Höffe, Otfried (Hg.): Lexikon der Ethik. Verlag C. H. Beck, 4. Auflage, München 1992.
Kalchthaler, Peter: Freiburger Wege, Straßennamen mit Geschichte, Band 1. Rombach
Verlag, Freiburg i.Br. 1998.
Kirchenamt
der
Ekd
(Hg.):
Religiöse
Orientierung
gewinnen.
Evangelischer
Religionsunterricht als Beitrag zu einer pluralitätsfähigen Schule. Denkschrift des Rates
der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Güterloher Verlagshaus, Gütersloh
2014.
Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Hamburger Lesehefte Verlag, Husum
2007.
Lexikonredaktion des Bibliographischen Instituts (Hg.): Meyers großes Taschenlexikon, in
24 Bänden. Band 22 Tec-Uns, Mannheim 1981.
35
Marcuse, Herbert: „Repressive Toleranz“, Essay 1965, in: Kritik der reinen Toleranz.
Suhrkamp-Verlag, Frankfurt/M. 1966.
Popper, Karl Raimund: „Die Wege der Wahrheit“, in: Aufklärung und Kritik 2/1994 (S. 38
ff.) oder auf http://www.gkpn.de/id127.htm; aufgerufen am 02.06.2015.
Rawls, John: Politischer Liberalismus. Suhrkamp-Verlag, Frankfurt/M. 1998.
36
6 Anhang 1:
Daten der Schulleitung,
Auswertung der Fragebögen
Tabelle 1:
Zahlen der Schüler/innen mit Migrationshintergrund
Jahrgangsstufe
5
6
7
8
9
10
11
Schüleranzahl
10
20
16
12
18
6
15
Quelle: Frau Paravicini, Schulleiterin des Goethe-Gymnasiums Freiburg,
Frühjahr 2015
37
Diagramme: Auszählung der Stimmen der Befragten
Fragestellungen:
(1) Am Goethe-Gymnasium ist es üblich, über seine Religion oder Kultur zu sprechen.
(2) Am Goethe-Gymnasium herrscht ein Interesse an religiösen Überzeugungen und kulturellen
Prägungen der Schüler/-innen sowie der Lehrer/-innen.
(3) Ich habe selbst schon eine Situation erlebt, in der es wegen der Religion oder der Kultur
Unklarheiten gab.
(4) Am Goethe-Gymnasium gibt es Konflikte, die aus religiösen oder kulturellen Missverständnissen entstanden sind.
(5) Ich wünsche mir am Goethe-Gymnasium mehr Gespräche über Religion und kulturelle
Unterschiede.
Diagramm 1:
Diagramm 2:
38
7 Anhang 2: Zusammenfassung der Umfrageergebnisse
Auf den folgenden Seiten werden meine Umfrageergebnisse im Detail aufgeführt:
1. die Ergebnisse der Schülerbefragungen,
aufgeteilt nach Altersgruppen von 12 bis über 18
2. die Zusammenfassung der Befragung unter den Lehrkräften
39
S. 40-47
S.
48
Alter:
männlich
deutsch
12
Schülerinnen
und
Schüler
1. Am Goethe-Gymnasium
ist es üblich, über seine
Religion oder Kultur zu
sprechen.
2. Am Goethe-Gymnasium
herrscht ein Interesse an
religiösen Überzeugungen
und kulturellen Prägungen
der Schülerinnen und
Schüler sowie der
Lehrerinnen und Lehrer.
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
1
2
weiblich
noch etwas anderes als deutsch
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
noch etwas anderes als deutsch
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
1
2
1
1
1
1
1
1
2
2
1
2
2
1
4. Am Goethe-Gymnasium
gibt es Konflikte, die aus
religiösen oder kulturellen
Missverständnissen
entstanden sind.
1
1
3
1
5. Ich wünsche mir am
Goethe-Gymnasium mehr
Gespräche über Religion
und kulturelle
Unterschiede.
1
2
2
Kommentare:
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
2
1
3. Ich habe selbst schon
eine Situation am GoetheGymnasium erlebt, in der
es wegen der Religion oder
der Kultur Unklarheiten
gab.
deutsch
1
2
2
1
Dazu kann
ich nichts
sagen
3
1
1
1
1
Ich
stimme
gar nicht
zu
1
3
1
männlich
Alter
13
Schülerinnen
und
Schüler
1. Am Goethe-Gymnasium
ist es üblich, über seine
Religion oder Kultur zu
sprechen.
2. Am Goethe-Gymnasium
herrscht ein Interesse an
religiösen Überzeugungen
und kulturellen Prägungen
der Schülerinnen und
Schüler sowie der
Lehrerinnen und Lehrer.
deutsch
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
weiblich
noch etwas anderes als deutsch
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
1
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
1
2
2
3
3
3
2
2
3
2
1
1
3. Ich habe selbst schon
eine Situation am GoetheGymnasium erlebt, in der
es wegen der Religion oder
der Kultur Unklarheiten
gab.
1
deutsch
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
noch etwas anderes als deutsch
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
1
1
1
1
3
1
2
3
1
1
3
2
1
1
3
2
2
1
2
4. Am Goethe-Gymnasium
gibt es Konflikte, die aus
religiösen oder kulturellen
Missverständnissen
entstanden sind.
1
1
1
4
2
1
5. Ich wünsche mir am
Goethe-Gymnasium mehr
Gespräche über Religion
und kulturelle
Unterschiede.
1
1
4
2
1
1
Kommentare:
41
1
Alter:
männlich
deutsch
14
Schülerinnen
und
Schüler
1. Am Goethe-Gymnasium
ist es üblich, über seine
Religion oder Kultur zu
sprechen.
2. Am Goethe-Gymnasium
herrscht ein Interesse an
religiösen Überzeugungen
und kulturellen Prägungen
der Schülerinnen und
Schüler sowie der
Lehrerinnen und Lehrer.
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
1
3
1
2
1
2
3. Ich habe selbst schon
eine Situation am GoetheGymnasium erlebt, in der
es wegen der Religion oder
der Kultur Unklarheiten
gab.
5
4. Am Goethe-Gymnasium
gibt es Konflikte, die aus
religiösen oder kulturellen
Missverständnissen
entstanden sind.
5. Ich wünsche mir am
Goethe-Gymnasium mehr
Gespräche über Religion
und kulturelle
Unterschiede.
1
weiblich
noch etwas anderes als deutsch
Ich
stimme zu
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
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Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
noch etwas anderes als deutsch
Ich
stimme
teilweise
zu
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4
deutsch
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
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Ich
stimme zu
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stimme
teilweise
zu
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stimme
gar nicht
zu
1
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1
1
4
Kommentare: Generell finde ich das angesprochene Thema schwierig, da Mitschüler/-innen sich schnell angegriffen fühlen können. In Streitigkeitssituationen halte ich mich lieber zurück.
42
Dazu kann
ich nichts
sagen
Alter:
männlich
deutsch
15
Schülerinnen
und
Schüler
Ich
stimme zu
1. Am Goethe-Gymnasium
ist es üblich, über seine
Religion oder Kultur zu
sprechen.
2. Am Goethe-Gymnasium
herrscht ein Interesse an
religiösen Überzeugungen
und kulturellen Prägungen
der Schülerinnen und
Schüler sowie der
Lehrerinnen und Lehrer.
Ich
stimme
teilweise
zu
Ich
stimme
gar nicht
zu
Ich
stimme
teilweise
zu
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
Dazu kann
ich nichts
sagen
2
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1
1
2
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2
1
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1
1
4
2
3. Ich habe selbst schon
eine Situation am GoetheGymnasium erlebt, in der
es wegen der Religion oder
der Kultur Unklarheiten
gab.
4. Am Goethe-Gymnasium
gibt es Konflikte, die aus
religiösen oder kulturellen
Missverständnissen
entstanden sind.
5. Ich wünsche mir am
Goethe-Gymnasium mehr
Gespräche über Religion
und kulturelle
Unterschiede.
1
weiblich
noch etwas anderes als deutsch
Ich
stimme zu
1
deutsch
noch etwas anderes als deutsch
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
Ich
stimme
gar nicht
zu
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Dazu kann
ich nichts
sagen
Ich
stimme zu
Ich
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teilweise
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Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
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5
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2
Kommentare: Von Lehrern offener Gespräch darüber, damit klar ist, dass sie nichts dagegen haben.; Ich finde nicht unbedingt, dass viel mehr darüber geredet werden sollte, Hauptsache jeder
akzeptiert die Anderen wie sie sind und ist tolerant.; Goethe-Gymnasium ist meistens sehr tolerant, was ich gut finde.; Religion sollte jedem selbst überlassen sein und deswegen bitte ich, dass es eine
Änderung gibt. Kein Reli Unterricht mehr oder auch Islam einführen.
43
Alter:
männlich
deutsch
16
Schülerinnen
und
Schüler
1. Am Goethe-Gymnasium
ist es üblich, über seine
Religion oder Kultur zu
sprechen.
2. Am Goethe-Gymnasium
herrscht ein Interesse an
religiösen Überzeugungen
und kulturellen Prägungen
der Schülerinnen und
Schüler sowie der
Lehrerinnen und Lehrer.
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
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4
1
2
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3
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1
5
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1
3. Ich habe selbst schon
eine Situation am GoetheGymnasium erlebt, in der
es wegen der Religion oder
der Kultur Unklarheiten
gab.
4. Am Goethe-Gymnasium
gibt es Konflikte, die aus
religiösen oder kulturellen
Missverständnissen
entstanden sind.
1
5. Ich wünsche mir am
Goethe-Gymnasium mehr
Gespräche über Religion
und kulturelle
Unterschiede.
1
4
weiblich
noch etwas anderes als deutsch
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
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gar nicht
zu
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Dazu kann
ich nichts
sagen
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deutsch
noch etwas anderes als deutsch
Ich
stimme zu
Ich
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teilweise
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gar nicht
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Dazu kann
ich nichts
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Ich
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Ich
stimme
teilweise
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Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
1
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1
1
1
4
1
1
2
4
1
Kommentare: Am Goethe ist es eigentlich normal, dass andere Kulturen und Religionen vertreten sind, weshalb es aus meiner Sicht dort keine Probleme gibt.; Ich denke, dass Religion in unserer Zeit
nicht so eine große Rolle spielt.; Man sollte jeden so akzeptieren, wie er ist.; Da das Thema im Religionsunterricht und in Ethik genau durchgenommen wird, gibt es denke ich keine Konflikte.; Es
herrscht gar kein Toleranzproblem am Goethe.; vielleicht ein wenig mehr kulturelle/religiöse Aufklärung und mehr darüber reden; Niemand redet über Religion und Kultur in unserem Alter.
44
Alter:
männlich
deutsch
17
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
1
3
2
2
1
1
4. Am Goethe-Gymnasium
gibt es Konflikte, die aus
religiösen oder kulturellen
Missverständnissen
entstanden sind.
5. Ich wünsche mir am
Goethe-Gymnasium mehr
Gespräche über Religion
und kulturelle
Unterschiede.
Schülerinnen
und
Schüler
1. Am Goethe-Gymnasium
ist es üblich, über seine
Religion oder Kultur zu
sprechen.
2. Am Goethe-Gymnasium
herrscht ein Interesse an
religiösen Überzeugungen
und kulturellen Prägungen
der Schülerinnen und
Schüler sowie der
Lehrerinnen und Lehrer.
3. Ich habe selbst schon
eine Situation am GoetheGymnasium erlebt, in der
es wegen der Religion oder
der Kultur Unklarheiten
gab.
weiblich
noch etwas anderes als deutsch
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
Ich
stimme
gar nicht
zu
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deutsch
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noch etwas anderes als deutsch
Dazu kann
ich nichts
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Ich
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Dazu kann
ich nichts
sagen
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Ich
stimme
gar nicht
zu
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
1
2
Kommentare: Hört auf mit der ganzen Toleranz, habt mal eine Meinung (Herr Hausen); Ich finde, dass Toleranz bei uns in der Schule sehr groß geschrieben wird und es so gut wie zu keinen Konflikten
an unserer Schule kommt. Das ist schon erstaunlich, weil es so etwas nicht oft gibt.; Ich finde, dass wir genügend über Kulturen und Religionen reden (Bsp. Reli, EK, GK); Ich finde, es klappt gut mit der
Toleranz, siehe "Abend der Kulturen" (5.Klassen); Es ist nicht üblich, dass man über seine Religion so in der Freizeit mit Klassenkameraden spricht.
45
Alter:
männlich
deutsch
18
Schülerinnen
und
Schüler
1. Am Goethe-Gymnasium
ist es üblich, über seine
Religion oder Kultur zu
sprechen.
2. Am Goethe-Gymnasium
herrscht ein Interesse an
religiösen Überzeugungen
und kulturellen Prägungen
der Schülerinnen und
Schüler sowie der
Lehrerinnen und Lehrer.
weiblich
noch etwas anderes als deutsch
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
Ich
stimme
gar nicht
zu
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2
1
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4
1
3. Ich habe selbst schon
eine Situation am GoetheGymnasium erlebt, in der
es wegen der Religion oder
der Kultur Unklarheiten
gab.
4. Am Goethe-Gymnasium
gibt es Konflikte, die aus
religiösen oder kulturellen
Missverständnissen
entstanden sind.
1
5. Ich wünsche mir am
Goethe-Gymnasium mehr
Gespräche über Religion
und kulturelle
Unterschiede.
1
Dazu kann
ich nichts
sagen
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
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Ich
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Dazu kann
ich nichts
sagen
Ich
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Ich
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noch etwas anderes als deutsch
Ich
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Dazu kann
ich nichts
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Kommentare:
46
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Ich
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Ich
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Dazu kann
ich nichts
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deutsch
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Alter:
männlich
deutsch
18+
Schülerinnen
und
Schüler
1. Am Goethe-Gymnasium
ist es üblich, über seine
Religion oder Kultur zu
sprechen.
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
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Ich
stimme
gar nicht
zu
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1
4. Am Goethe-Gymnasium
gibt es Konflikte, die aus
religiösen oder kulturellen
Missverständnissen
entstanden sind.
Ich
stimme zu
Ich
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teilweise
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Ich
stimme
gar nicht
zu
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2. Am Goethe-Gymnasium
herrscht ein Interesse an
religiösen Überzeugungen
und kulturellen Prägungen
der Schülerinnen und
Schüler sowie der
Lehrerinnen und Lehrer.
5. Ich wünsche mir am
Goethe-Gymnasium mehr
Gespräche über Religion
und kulturelle
Unterschiede.
Dazu kann
ich nichts
sagen
1
3. Ich habe selbst schon
eine Situation am GoetheGymnasium erlebt, in der
es wegen der Religion oder
der Kultur Unklarheiten
gab.
weiblich
noch etwas anderes als deutsch
Ich
stimme zu
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Ich
stimme
teilweise
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noch etwas anderes als deutsch
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gar nicht
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Dazu kann
ich nichts
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Dazu kann
ich nichts
sagen
deutsch
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Kommentare: Zu 5. wünsche ich mir mehr Dialog über kulturelle Unterschiede im Hinblick auf gender, Sexualität, alternative Lebensweisen, politische Einstellungen...
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Ich
stimme
teilweise
zu
Ich
stimme
gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
männlich
Lehrerinnen
und Lehrer
deutsch
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noch etwas anderes als deutsch
Ich
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Dazu kann
ich nichts
sagen
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1
4. Am Goethe-Gymnasium
gibt es Konflikte, die aus
religiösen oder kulturellen
Missverständnissen
entstanden sind.
3
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4
5. Ich wünsche mir am
Goethe-Gymnasium mehr
Gespräche über Religion
und kulturelle
Unterschiede.
4
5
3
1. Am Goethe-Gymnasium
ist es üblich, über seine
Religion oder Kultur zu
sprechen.
2. Am Goethe-Gymnasium
herrscht ein Interesse an
religiösen Überzeugungen
und kulturellen Prägungen
der Schülerinnen und
Schüler sowie der
Lehrerinnen und Lehrer.
3. Ich habe selbst schon
eine Situation am GoetheGymnasium erlebt, in der
es wegen der Religion oder
der Kultur Unklarheiten
gab.
Ich
stimme zu
Ich
stimme
teilweise
zu
Ich
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gar nicht
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Dazu kann
ich nichts
sagen
2
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deutsch
noch etwas anderes als deutsch
Ich
stimme zu
Ich
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teilweise
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Ich
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gar nicht
zu
Dazu kann
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Ich
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Ich
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teilweise
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gar nicht
zu
Dazu kann
ich nichts
sagen
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Kommentare: Weniger über Religion, als mehr über Vorurteile und Ressentiments (Auch im Kollegium); Akzeptanz ist besser als Toleranz!; die offensichtliche Heterogenität der Schüler/-innen spielt
meines Erachtens in der Gestaltung dieser Schule viel zu selten eine Rolle - auch nicht im Unterricht.
48
8 Eigenständigkeitserklärung
Ich habe die Arbeit selbstständig angefertigt und nur die angegebenen Quellen
und Hilfsmittel benutzt. Die wörtlich oder inhaltlich übernommenen Stellen habe
ich als solche kenntlich gemacht.
Freiburg, den 31.08.2015
...............................................
Carola Scherrer