Delta Schule Windhoek, Namibia - Student und Arbeitsmarkt

Abschlussbericht
Land: Namibia
Einrichtung: Delta Schule Windhoek
Zeitraum: 7. Januar bis 19. Juli 2014
Praktikumssuche
Etosha-Nationalpark
Da ich im Dezember 2013 mein 1. Staatsexamen im Lehramt Sonderpädagogik abgeschlossen
habe, das Referendariat jedoch erst im September 2014 beginnen kann, habe ich nach einer
Praktikumsstelle im Ausland gesucht, an der ich bereits selbstständig unterrichten kann und
dabei gleichzeitig die Möglichkeit habe, eine ganze andere Kultur und deren Schulsystem
kennenzulernen. Dabei bin ich eher durch Zufall auf eine Stellenausschreibung des
Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) gestoßen, bei der 24 Praktikanten für
Schulen in Namibia gesucht wurden. Nach einem Telefongespräch mit dem verantwortlichen
Leiter dieses Projekts, Herrn Dr. Dieter Poschardt, beschloss ich, mich auf eine dieser Stellen
zu bewerben. Generell werden bei diesem Projekt alle Bewerber genommen, solange Plätze
frei sind. Es werden lediglich ein Motivationsschreiben und ein Lebenslauf verlangt.
Allerdings hatte ich bei der Bewerbung noch keinen Einfluss darauf, an welcher Schule in
Namibia ich letztendlich unterrichte. Dafür hat der BLLV ein Vortreffen organisiert, bei dem
wir zukünftige Praktikanten viele Informationen über das Land und die Einsatzorte erhalten
haben, um anschließend Präferenzen abzugeben. Ich wollte gerne in der Hauptstadt Windhoek
unterrichten und hatte das große Glück, auch dafür eingeteilt zu werden.
Vorbereitungen
Da die Amtssprache in Namibia Englisch ist musste ich keinen gesonderten Sprachkurs zur
Vorbereitung besuchen. Zur kulturellen Vorbereitung hatte ich bereits für ein vergangenes
Auslandssemester ein interkulturelles Training des Referats für internationale Angelegenheiten besucht. Eine länderspezifische Einführung habe ich auf dem Vorbereitungstreffen des
BLLV erhalten, zusätzlich habe ich mich durch Reiseführer und das Internet über das Land
informiert. Außer der sprachlichen und kulturellen Vorbereitung waren für mich folgende
Punkte bedeutend:

Visum: Für Namibia wird bei längeren Praktika ein sogenanntes „Study Permit“
verlangt, das bereits mit großem Vorlauf in Deutschland beantragt werden muss. Bei
der Zusammenstellung und dem Einreichen der Dokumente wurden ich und die
anderen Praktikanten vom BLLV unterstützt. Die Unterlagen beinhalten u.a. die
Einladung des Praktikumsunternehmens, ein polizeiliches Führungszeugnis, ein
Gesundheitszeugnis, ein radiologisches Gutachten der Lunge und andere Unterlagen.
Außerdem wird sowohl bei der Beantragung, als auch bei der Anfertigung des Visums
jeweils eine Gebühr im zweistelligen Bereich verlangt. Die Unterlagen werden an die
namibische Botschaft geschickt und dort bearbeitet. Ich habe das Visum allerdings
nicht vor dem Abflug bekommen, sondern musste es nach Ankunft in Windhoek im
Ministry of Home Affairs abholen. Die Bürokratie in Namibia unterscheidet sich
grundsätzlich von der in Deutschland, daher war es notwendig, sehr geduldig und
hartnäckig aufzutreten. In meinem Fall hat es etwa 10 Tage und drei Besuche im
Ministerium gebraucht, bis ich mein Visum schließlich hatte.

Versicherungen: Ich habe nach der Zusage des PROMOS-Stipendiums das Angebot
der Gruppenversicherungen des DAAD angenommen. Dabei handelt es sich um eine
kombinierte Kranken-, Unfall- und Privathaftpflichtversicherung, die sehr günstig
angeboten wird und unkompliziert online abgeschlossen werden kann. Darüber hinaus
habe ich bei der Buchung meines Flugs eine Reiserücktrittsversicherung bei der Hanse
Merkur abgeschlossen.

Impfungen: Ich habe mich gegen Hepatitis A und B sowie Tollwut, Typhus und
Meningokokken impfen lassen. Es gibt keine verpflichtenden Impfungen für Namibia,
allerdings ist besonders die Hepatitis-Impfung sehr empfehlenswert. Außerdem habe
ich aus Deutschland Malarone-Tabletten zur Malaria-Prophylaxe mitgenommen. Man
bekommt diese aber auch vor Ort rezeptfrei und zu einem günstigeren Preis.

Anreise: Den Flug nach Windhoek habe ich einige Monate vor Praktikumsbeginn
gebucht, da zu diesem Zeitpunkt günstigere Tarife angeboten wurden. Ich habe die
Erfahrung gemacht, dass die billigsten Angebote für Flüge nach Namibia – anders als
bei vielen anderen Ländern – nicht im Internet zu finden sind, sondern in Reisebüros.
Manche Agenturen bieten besondere Studententarife an, was sich vor allem bei teuren
Langstreckenflügen auszahlt. Ich habe meinen Flug zu guten Konditionen bei Travel
Overland im Mensagebäude der LMU München gebucht. Mit der Fluggesellschaft Air
Namibia, die Direktflüge von Frankfurt nach Windhoek anbietet, war ich sehr
zufrieden. Der Flug geht über Nacht und dauert in etwa 10 Stunden. Ein guter Tarif für
Hin- und Rückflug liegt bei 750 bis 900 Euro.
Air Namibia
Praktikum an der Delta Schule Windhoek (DSW)
Meine grundsätzliche Erwartung an das Praktikum war, an einer Schule zum ersten Mal ganz
eigenverantwortlich Unterricht planen und durchführen zu können. Dabei habe ich mir
gewünscht, das namibische Schulsystem kennenzulernen und mit den damit verbundenen
Unterrichtsmethoden vertraut zu werden. Durch die kulturellen Unterschiede wollte ich
lernen, meine eigene Kultur zu reflektieren und von einem anderen Standpunkt aus zu
betrachten.
Diese Erwartungen wurden im Praktikum alle erfüllt. Ich durfte zwei Klassen völlig
selbstständig in Deutsch als Fremdsprache unterrichten und habe alle damit verbundenen
Aufgaben wie Vor- und Nachbereitung, Durchführung und Bewertung übernommen. Mir sind
schnell die Unterschiede zum deutschen Schulsystem bewusst geworden und ich habe gelernt,
meine Erfahrungen in Deutschland in einem anderen Licht zu sehen. Auch mein Blickwinkel
auf das deutsche Schulsystem hat sich dabei geändert. Ich habe somit nicht nur ein anderes
Land und dessen Pädagogik kennengelernt, sondern bin auch mit einer anderen Einstellung in
Bezug auf mein eigenes Land zurückgekehrt.
In meiner Berufswahl wurde ich durch das Praktikum nur bekräftigt, da mir die Arbeit mit
den Kindern großen Spaß gemacht hat und ich besonders das eigenständige Unterrichten als
sehr gewinnbringend empfunden habe.
Zu Beginn des Schuljahres im Januar habe ich einen Stundenplan bekommen, in dem meine
wöchentlichen Aufgaben festgelegt waren. In 10 Wochenstunden habe ich zwei 3. Klassen in
Deutsch als Fremdsprache unterrichtet, in weiteren 8 Wochenstunden habe ich die jeweiligen
Klassenlehrkräfte dieser Klassen in den Fächern Englisch, Mathematik und Schrift
unterstützt.
Darüber hinaus wurde ich mit zusätzlichen
Aufgaben
wie
Pausenaufsicht
und
Hausaufgabenbetreuung für die im Heim
lebenden Schüler beauftragt. In alle
Konferenzen und Schulveranstaltungen
wurde ich vom Kollegium eingebunden
und habe dort zusätzliche Aufgaben
wahrgenommen. Außerdem habe ich öfters
die Vertretung für abwesende Lehrkräfte
übernommen.
Sportfest
Besonders in meinem eigenverantwortlichen Unterricht hatte ich die Möglichkeit, die im
Studium gelernten Inhalte umzusetzen. Beschränkt wurde ich dabei allerdings durch die
Klassengrößen (je 32 Kinder pro Klasse), die ich aus meinen sonderpädagogischen Praktika
nicht gewohnt war. Daher habe ich gelernt, zu improvisieren und meine Absichten und Ziele
den äußeren Bedingungen anzupassen.
Mit meinen 18 Wochenstunden Unterricht,
zu denen außerdem Vertretungsstunden,
Unterrichtsvorbereitung, Heft- und Testkorrekturen und meine Aufgaben im
Schülerheim hinzu kamen, war ich gut
ausgelastet und trotzdem nicht überfordert,
so dass ich die Wochenenden meistens für
Ausflüge oder zum Entspannen nutzen
konnte.
Schulklasse
Ich habe insofern viel Neues dazugelernt, da ich sehen konnte, wie unter völlig anderen
Bedingungen als ich sie kenne, Unterricht durchgeführt werden kann. Die Klassen sind viel
größer als in Deutschland (bis zu 45 Kinder) und es gibt ein so begrenztes Platz- und
Materialangebot, dass die Lehrkräfte kaum die Möglichkeit haben, offene oder innovative
Unterrichtsmethoden anzuwenden. Ich habe gelernt, mit sehr wenig Material auszukommen
und gleichzeitig Disziplin in großen Klassen herzustellen. Der Unterricht und alle anderen
Aufgaben haben mir großen Spaß gemacht, besonders die Kinder sind mir sehr ans Herz
gewachsen.
Schulgelände
Generell gab es im Praktikum keine besonderen Probleme. Das kann vor allem damit
zusammenhängen, dass das Kollegium meiner Schule zum größten Teil deutschen Ursprungs
war und somit einen ähnlichen kulturellen Hintergrund hat wie ich.
Der Kontakt zum Kollegium war sehr herzlich und es wurde mir immer die Hilfe und
Unterstützung der anderen Lehrkräfte zugesagt. Mit einigen Lehrkräften habe ich mich auch
privat getroffen, außerdem habe ich 1-2 mal pro Woche am außerschulischen Lehrersport
teilgenommen und konnte viele Lehrer deshalb auch persönlich kennenlernen.
Die Unterkunft sowie drei Mahlzeiten am Tag wurden mir von der Schule kostenfrei zur
Verfügung gestellt. Ich habe zusammen mit einer anderen Praktikantin in einer großen und
gepflegten Wohnung des Schülerheims gewohnt.
Namibia und Windhoek
Für Menschen, die wie ich vorher noch nie in Afrika waren, ist Namibia meiner Meinung
nach das ideale „Einstiegsland“. Obwohl man in Namibia alles „afrikanische“ antrifft, was
man sich vorstellt, findet man auch vieles, was man aus Deutschland kennt. Ein nicht
unerheblicher Teil der Bevölkerung besteht aus Menschen deutschen Ursprungs, deren
Familien seit der Kolonialzeit in Namibia leben. Deshalb begegnet einem in ganz Namibia
viel „deutsches“ (z.B. Straßennamen, Geschäfte, Lebensmittel…), was dem ein oder anderen
vielleicht den allergrößten Kulturschock erspart. Je weiter man in den Norden des Landes
reist, desto mehr findet man das „richtige Afrika“.
Swakopmund
Damara Living Museum
Windhoek ist eine gute Stadt zum Leben, weil man dort alles finden kann, was man braucht.
Für eine Hauptstadt ist es trotzdem sehr klein und verhältnismäßig ruhig. Allerdings ist
Windhoek auch nicht ganz ungefährlich, da häufig Raubüberfälle auf der Straße geschehen,
auch untertags. Deshalb sollte man wenn möglich nie eine Tasche mit sich tragen, sondern
immer nur das allernötigste mitnehmen und sicher am Körper verstauen. Bei Dunkelheit sollte
man generell nicht mehr auf den Straßen unterwegs sein, sondern sich von Taxifahrern von
Tür zu Tür bringen lassen. Nach Ladenschluss (gegen 18 Uhr) ist in der Stadt nur noch wenig
los.
Christuskirche in Windhoek
Blick über Windhoek
Einheimische und ausländische Praktikanten bzw. Freiwillige lernt man am besten in den
Hostels (z.B. Chameleon Backpackers) oder beim abendlichen Weggehen (z.B. Warehouse
Theatre) kennen. Generell habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Namibier sehr
kontaktfreudig sind und man somit keine Probleme hat, in der Praktikumsstelle selbst
Kontakte zu knüpfen. Besonders empfehlenswert ist es, sich von einem Einheimischen in das
ehemalige Township Katutura mitnehmen zu lassen. Alleine sollte man dort als Europäer
nicht hingehen, aber mit einem „local“ kann nichts passieren und die Menschen dort sind
grundsätzlich sehr herzlich und offen.
Ich persönlich habe Einheimische besonders durch meine Mithilfe in einer Suppenküche für Kinder in Katutura kennengelernt. Der Gründer des Projekts hat mich
und andere Praktikanten oft zu sich eingeladen, wodurch wir einige nette
Bekanntschaften knüpfen konnten. Der
Kontakt zur Suppenküche wurde von
einem Lehrer meiner Schule hergestellt.
Suppenküche
In Windhoek gibt es kein öffentliches Verkehrsnetz, deshalb sind in der Stadt viele Taxis
unterwegs mit denen man von A nach B kommt. Der Preis für eine Fahrt beträgt grundsätzlich
10 Namibia-Dollar pro Person, für längere Fahrten oder nachts werden auch mal 20 verlangt.
Am besten ist es, den Preis vorher zu verhandeln, damit es nicht zu bösen Überraschungen
kommt.
Empfehlenswert ist das Windhoeker Schwimmbad im Stadtteil Olympia. Für einen
Sundowner bietet sich die Skybar des Hilton Hotels an, traditionelles Essen kann man am
besten in Joe’s Beerhouse ausprobieren.
Sonnenuntergang an der Spitzkoppe
Das Wochenende kann man gut im
Küstenort
Swakopmund
verbringen,
außerdem sind Campingausflüge zum
Waterberg oder der Spitzkoppe zu
empfehlen. Städte kann man am besten
über den Intercape-Bus, Shuttle-Services
(z.B. Carlo’s Shuttle) oder „private lifts“
erreichen (z.B. über die Facebook-Gruppe
„Nam Lifts – Travel with Friends“). Für
Ausflüge in die Natur bietet sich ein
Mietwagen an, den man z.B. bei Pegasus
Car Hire oder Camping Carhire mieten
kann (mit beiden Unternehmen haben ich
oder Freunde gute Erfahrungen gemacht).
Empfehlung zur Praktikumsstelle
Der BLLV schickt zweimal jährlich im Rahmen des Newsletters für studentische Mitglieder
die Stellenausschreibungen für die Praktikumsplätze in Namibia heraus. Der Praktikumszeitraum beträgt immer entweder Januar bis Juli (ideal für Studenten, die zwischen Examen
und Referendariat eine Pause machen müssen oder möchten) oder Juli/August bis Dezember
(ideal für ein Auslandssemester im Studium). Die Ausschreibung kommt meistens 6 bis 8
Monate vor Praktikumsbeginn, bewerben können sich Studenten oder Absolventen aller
Lehrämter. Bei fast allen Praktikumsplätzen sind Unterkunft und Verpflegung inklusive, an
manchen Schulen erhält man außerdem ein kleines Taschengeld. Vermittlungsgebühren fallen
keine an.
Ich hatte großes Glück, mein Praktikum an der Delta Schule Windhoek machen zu dürfen und
kann diesen Praktikumsplatz nur weiterempfehlen. Die Schule ist schon seit vielen Jahren Teil
des Projekts des BLLV und wird auch weiterhin Plätze für je 2 Studenten pro Halbjahr
vergeben.
Durch Student und Arbeitsmarkt habe ich mich zu jeder Zeit gut betreut gefühlt und konnte
durch die übertragenen Aufgaben regelmäßig mein Praktikum reflektieren. Für die finanzielle
Unterstützung durch das PROMOS-Stipendium bin ich sehr dankbar.
Insgesamt war die Zeit in Namibia eine tolle Erfahrung, bei der ich sowohl im Hinblick auf
meinen späteren Beruf als auch persönlich viel gelernt habe!