Stuttgarter Zeitung - Landratsamt Rems-Murr

22 REMS-MURR-KREIS
Nr. 8 | Donnerstag, 10. Januar 2013
Die Wunden
sollen
Auskunft geben
Ein Rechtsmediziner
sagt im Messerstecherprozess
aus. Von Kathrin Wesely
Waiblingen
echs Zentimeter tief ist die scharfe
Klinge ins Fleisch eingedrungen. „Es
hätte nicht mehr viel gefehlt, um
die Organe zu verletzen, und das Opfer
hätte innerlich verbluten können“, erklärte
Heinz-Dieter Wehner, der Direktor des
Instituts für Gerichtliche Medizin der Uni
Tübingen. Wehners fachliche Meinung war
im Prozess wegen einer Messerstecherei
vor einer Waiblinger Disco gefragt, der gestern am Landgericht fortgesetzt wurde.
S
Rems-Murr-Kreis
Heute
Den Auftakt der Veranstaltungsreihe „Kultur in
Leutenbach“ übernimmt heuer das Chiemgauer Volkstheater mit seinem Stück „Der Hauptgewinn“. Von 20 Uhr an macht das Fernsehtheater auf seiner Tournee Station in der Gemeindehalle in Weiler zum Stein. Da diese
Veranstaltung nicht im Kulturabonnement enthalten ist, können Eintrittskarten zum Preis von
20 Euro an der Abendkasse erworben werden.
Klinge flutscht ins Fleisch
Fellbach
Trittbrettfahrer
festgenommen
Die Polizei hat einen 32-jährigen Trittbrettfahrer in Fellbach ertappt, der am
Dienstagabend erneut eine Bombendrohung gegen die Bahn ausgestoßen hat. Am
Montagabend hatte ein anonymer Anrufer ein Verkehrschaos am Fellbacher Bahnhof verursacht und den Zugverkehr auf
der Bahnstrecke zwischen Stuttgart-Bad
Cannstatt und Waiblingen lahmgelegt, indem er mit einer Bombe drohte.
Die Polizei geht davon aus, dass es sich
bei dem 32-Jährigen um einen Trittbrettfahrer und nicht um den Mann handelt, der
am Montagabend den Alarm ausgelöst hat.
Der am Dienstag Festgenommene sei gegen
17 Uhr von einem aufmerksamen Beamten
der Bereitschaftspolizei in einer Telefonzelle nahe dem Fellbacher Bahnhof beobachtet worden. Er habe nach anfänglichem
Leugnen die Tat zugegeben.
Die Suche nach dem Täter vom Montagabend geht unterdessen weiter. Zwar hat
es laut Polizeipressesprecher Ronald Krötz
nach der Veröffentlichung der Tonaufzeichnung des Anrufes einige Rückmeldungen aus der Bürgerschaft gegeben, ein
zielführender Hinweis sei aber bisher nicht
darunter gewesen.
hll
Polizeibericht
Backnang
16-Jähriger schwer verletzt
Ein 31-jähriger Mann hat am Dienstagabend in
Backnang-Waldrems einen 16 Jahre alten Mopedfahrer übersehen und diesen mit seinem
Wohnmobil erfasst. Der Jugendliche wurde
gegen eine Leitplanke geschleudert und schwer
verletzt. Er war auf der B 14 von Winnenden in
Richtung Backnang unterwegs gewesen und
hatte sich in Waldrems auf die Linksabbiegespur eingeordnet. Der 31-Jährige wiederum
war mit seinem Wohnmobil aus einer Tankstelle herausgefahren und verbotenerweise nach
links abgebogen. Der Sachschaden an den
Fahrzeugen liegt bei 5000 Euro. anc
Leutenbach
Betrunken Auto gerammt
Mehr als zwei Promille Alkohol hat ein 60-jähriger Autofahrer im Blut gehabt, als er mit seinem BMW am Dienstagabend in der Blumenstraße in Leutenbach ein am linken Straßenrand geparktes Auto gerammt hat. Nach dem
Zusammenstoß fuhr der Mann trotz eines
Plattfußes am Auto noch einige Hundert Meter
weiter und ging zum Einkaufen in einen Supermarkt. Danach marschierte er zu Fuß zur Unfallstelle zurück und gab sich als Verursacher
zu erkennen. An den Autos entstand ein Schaden von 7000 Euro. Den Führerschein des 60Jährigen zog die Polizei ein. anc
Weinstadt
Diesel abgepumpt
Aus drei Lastwagen haben Unbekannte in der
Nacht zum Mittwoch insgesamt rund 300 Liter
Dieselkraftstoff abgepumpt. Die Fahrzeuge waren in der Bruckwiesenstraße in WeinstadtGroßheppach abgestellt gewesen. An zwei
Lastwagen hatten die Täter die abschließbaren
Tankdeckel mit Gewalt geöffnet. Der Wert des
gestohlenen Kraftstoffs liegt nach den Angaben der Polizei bei rund 450 Euro. anc
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Gänsehaut-Feeling im Zirkuszelt
Waiblingen Zum Schluss singen alle, die Künstler und das Publikum. „Wir geben niemals auf “, die Hymne der Winnender Stiftung gegen Gewalt an Schulen, die nach dem Amoklauf an der
Albertville-Realschule entstanden ist, erklingt zum Finale der
Benefizgala „Musical Affair“ im Waiblinger Weihnachtszirkus.
„Das war starkes Gänsehaut-Feeling“, sagt Hans Derer, der für
die Stiftung den Abend im Zirkuszelt organisiert hat. Vor komplett ausverkauftem Haus traten zahlreiche Künstler auf, da-
runter als Stargast Kathy Kelly, Juli Pfarr und der DSDS-Finalist Jesse Rich, der beim jüngeren Teil des Publikums begeistertes Kreischen hervorrief. Die Wiener Gruppe Musical Affair um
Jürgen Solis zauberte Broadway-Stimmung in das Zelt – mit
Szenen aus „Elisabeth“, „Phantom der Oper“ (Foto) und anderen
Musicals. Gute drei Stunden dauerte das Programm der zweiten
Benefizgala. „Künftig wollen wir versuchen, Wochenendtermine
Foto: Gottfried Stoppel
zu bekommen“, verspricht Derer. (hsw)
Der Schwung ist etwas erlahmt
Ein starkes erstes und ein problematisches zweites Halbjahr 2012 – so lautet die Bilanz der
Südwestmetall-Bezirksgruppe. Die Erwartungen an 2013 sind nur verhalten optimistisch. Von Harald Beck
Waiblingen
ch hoffe, dass das Jahr 2013 so wird wie mehr als 62 Prozent der Firmenchefs den
der Beginn von 2012“, sagte Johannes Auftragsbestand als gut bezeichnet. Nach
Mayer, der Geschäftsführer der Fellba- 55 Prozent Ende 2011 waren es nun zum
cher Firma Andreas Mayer, beim Jahres- Jahreswechsel nur noch knapp 52 Prozent.
pressegespräch der Bezirksgruppe RemsNicht nur im Kreis, sondern auch insgeMurr des Verbandes der Metall- und Elekt- samt in Baden-Württemberg verzeichne
roindustrie in ihrem neuen Domizil in der die Metall- und Elektroindustrie RückWaiblinger Mayenner Straße. Die Analyse gänge: Von Januar bis November 2012 sandes vergangenen Jahres und den Ausblick ken die Auftragseingänge in diesen Industauf das neue Jahr hatte zuvor
riebereichen landesweit um
der Vorsitzende der Bezirks- „Manchen
2,5 Prozent. Die Ursache war
gruppe und Bauknecht-Ge- Unternehmen
vor allem die erlahmende Inschäftsführer Manfred Davids
landsnachfrage, die um 6,5
geliefert. Eine durchwachsene geht es blendend,
Prozent unter dem VorjahresBilanz für 2012 ergebe sich andere müssen
niveau lag. Wobei sich bei
aus der Konjunkturumfrage über Kurzarbeit
den verschiedenen Branchen
des Industrieverbandes und
recht unterschiedliche Entnur verhaltener Optimismus nachdenken.“
wicklungen zeigten. So habe
für die Entwicklung im neuen Manfred Davids zur Lage in beispielsweise der Fahrzeugden verschiedenen Branchen bau Ende November mit
Jahr.
Die Auftragssituation der
einem leichten Plus von 0,2
Metall- und Elektrobetriebe habe sich 2012 Prozent deutlich besser dagestanden, als
gegenüber dem Vorjahr verschlechtert, be- der Maschinenbau und die Metallerzeurichtete Davids. Die Zahl der Unternehmen gung, die in den Vergleichszeiträumen Jaim Rems-Murr-Kreis, die ihre Auftragslage nuar bis November mit mehr als vier Proals schlecht beurteilen, habe sich binnen zent ins Minus rutschten. Davids: „Wir beJahresfrist verdreifacht: 2011 waren es le- obachten eine stärkere Ausdifferenzierung
diglich sieben Prozent, 2012 immerhin 26 selbst innerhalb einzelner IndustriezweiProzent. Andererseits hatten noch 2010 ge. „Manchen Unternehmen geht es blen-
I
dend. Andere, die beispielsweise viel nach
Südeuropa exportieren, müssen bereits
wieder über Kurzarbeit nachdenken.“ Diese Heterogenität zeige, wie wichtig es sei,
den tariflichen und gesetzlichen Rahmen
weiter zu flexibilisieren.
Trotz der eingetrübten Stimmung ist
laut der Umfrage die Beschäftigungssituation im Kreis gut. Bei rund 40 Prozent der
Betriebe blieb die Zahl der Mitarbeiter stabil, mehr als 20 Prozent haben zusätzlich
Arbeitskräfte eingestellt. Für das laufende
Jahr fallen die Einschätzungen allerdings
etwas pessimistischer aus. Nur noch elf
Prozent der Unternehmer planen zusätzliche Einstellungen, 40 Prozent rechnen
eher mit einer Reduzierung der Beschäftigtenzahl. Bei den Automobilzulieferern beträgt dieser Anteil sogar gut 85 Prozent.
Insgesamt bleibt die Prognose für die
Geschäftsentwicklung in der Metall- und
Elektroindustrie verhalten optimistisch.
Knapp 26 Prozent der Unternehmen erwarten ein Plus, ein Drittel rechnet mit
einem gleichbleibendem Niveau. Den größten Optimismus zeigt der Maschinenbau,
wo 43 Prozent verbesserte Geschäfte erwarten. Bei den Autozulieferern befürchten gut 57 Prozent weitere Rückgänge.
Angeklagt sind fünf Männer im Alter zwischen 21 und 42 Jahren, darunter die beiden Betreiber der Disco, zwei der Türsteher
und ein Gast. Sie sollen in der Nacht zum
5. Mai 2012 zwei Männer verprügelt haben,
die Einlass wollten, obwohl sie zuvor schon
vom Türsteher abgewiesen worden waren.
Während der Auseinandersetzung soll der
42-jährige Angeklagte ein Klappmesser gezogen und die beiden Fremden verletzt haben – einen so schwer, dass er noch in der
Nacht notoperiert werden musste. Dabei
sollen drei der Männer auf der Anklagebank sogar den möglichen Tod des 37-Jährigen billigend in Kauf genommen haben,
heißt es in der Anklage. Bislang schweigen
sie zu den Vorwürfen. Am letzten Verhandlungstag im vergangenen Jahr hatte eine
Zeugin den 42-jährigen Angeklagten
schwer belastet: Er habe noch auf das am
Boden liegende Opfer eingestochen. Die
Frau berichtete ferner, dass sie vor der Verhandlung massiv bedroht worden sei.
Gestern ging es um die Schwere der Verletzungen und darum, ob sich der tumultartige Tathergang anhand der Wunden rekonstruieren lässt. Ein Notarzt, ein Chirurg
und der Gerichtsmediziner Wehner wurden gehört. Letzterer konnte keine eindeutige Antwort darauf geben, ob die Schnitttiefe darauf hindeutet, dass der Angreifer
töten wollte: Bei einem so „dynamischen
Geschehen hat man nicht mehr in der
Hand, wie tief man schneidet“, erklärte der
Gutachter. „Der stärkste Widerstand ist der
Hautwiderstand. Wenn die Klinge da erst
mal durch ist, dann flutscht es.“ Wäre das
Messer tiefer eingedrungen, hätten Magen,
Lunge oder das Herz getroffen werden können. Der 37-Jährige hätte vielleicht nicht
überlebt. Anders sein Kumpel: dessen
Schnittverletzungen, berichtete der Notarzt, seien oberflächlich gewesen. Er habe
die Wunde nähen und dabei sogar die Tattoos des Patienten retten können.
Angeklagte nahezu unbescholten
Zur Verlesung kamen gestern im Gerichtssaal neben den ärztlichen Befunden auch
die Vorstrafenregister der fünf Angeklagten. Drei von ihnen haben Einträge wegen
Fahrens ohne Führerschein, dem Erschleichen von Arbeitslosengeld oder wegen unerlaubten Aufenthalts. Einschlägige Vorstrafen sind nicht darunter. Die Verhandlung wird fortgesetzt.
Leserforum
Viele Probleme
Der Kreis ist jetzt im Schwabenalter
Zum Auftakt des 40-Jahr-Jubiläums eröffnet
eine Ausstellung im Landratsamt. Von Thomas Schwarz
Waiblingen
m 1. Januar 1973 ist aus den früheren Landkreisen Waiblingen und
Backnang der Rems-Murr-Kreis geworden. Die Fusion war nicht leicht, und in
vielen Köpfen ist sie bis heute nicht abgeschlossen. Das hat man bei der Eröffnung
der Ausstellung „Einblicke – Rückblicke –
40 Jahre Rems-Murr-Kreis“ am Dienstagabend im Foyer des Landratsamts in Waiblingen gemerkt. Mit viel Humor haben dabei fünf Zeitzeugen aus dem Nähkästchen
geplaudert: die früheren Bürgermeister
und langjährigen Kreisräte Friedrich Seibold aus Winnenden und Walter Schmitt
aus Backnang sowie Richard Joos, der Leiter des Haupt- und Personalamts im ehemaligen Landratsamt Backnang, und Wolfgang Gayer, der damals das Sachgebiet Personalwesen und die Geschäftsstelle im
Landratsamt Waiblingen leitete.
Moderiert wurde die muntere Runde
von Konrad Jelden, dem früheren Leiter
der Landespolizeidirektion I, der als damaliger Erster Landesbeamter im RemsMurr-Kreis Kenntnisse aus erster Hand
mitbrachte. Im Publikum saß sein damali-
A
ger Chef, Horst Lässing, der erste Landrat
des 1973 frisch entstandenen Landkreises.
Sein Nachfolger Johannes Fuchs empfing
die Gäste zur Ausstellungseröffnung. Er erinnerte daran, dass es bereits Querelen gegeben hatte, was die Namensgebung anging. Zuerst hatte man überlegt, den neuen
Kreis „Waiblingen-Backnang“ zu nennen.
„Da dies aber die weiteren Großen Kreisstädte herabwürdigen würde, besann man
sich der Flüsse Rems und Murr“, so Fuchs.
Die Kreisarchivarin Renate Winkelbach
hat nicht nur die Ausstellung zusammengestellt, in der Fotos aus vier Jahrzehnten zu
sehen sind, zudem alte Stempel, Büromaschinen und eine Auswahl von Akten aus
den 11 000 laufenden Metern, „die in unseren Katakomben lagern“, wie Fuchs verriet.
Auch eine Anzeige aus dem Jahr 1970 hat
die Archivarin gefunden, die beweist, „wie
tief das Gemüt der Altkreisbewohner getroffen war“. Darin wurde erklärt, warum
Backnang Kreisstadt bleiben müsse: „Weil
Backnang in der Mitte des Großkreises
liegt“ – und Waiblingen nicht – „Weil Waiblingen praktisch ein Vorort von Stuttgart
Ein Teil der 11 000 laufenden Meter an Akten des Landkreises
Foto: Gottfried Stoppel
ist“ und „in absehbarer Zeit eingemeindet
wird“, las Fuchs unter dem Gelächter des
Publikums vor, das übrigens aus Gästen aus
beiden Teilen des Kreises bestand.
Zum Thema Fellbacher Bahnhof evakuiert,
8. Januar 2013
Ich wohne in Winterbach und muss jeden Tag mit der S-Bahn nach Stuttgart
fahren, da ich dort arbeite. So auch am
Montag. Ich bin jedoch mal wieder nur
nach Bad Cannstatt gekommen und
musste ungelogen von 18.15 bis 20.45 Uhr
warten, bis ich weiterfahren konnte. Dies,
weil es eine Stellwerkstörung gab, hinzu
kam noch eine Bombendrohung, und ich
war um 21.30 Uhr endlich zu Hause. Hinzu kommt dann auch noch die Kälte.
Es gab von Fellbach einen Ersatzschienenverkehr. Wie hätte ich da nach Winterbach kommen können? Ganz zu
schweigen von den Problemen, die unabhängig von den oben genannten auftreten. Es kam in der letzten Zeit häufig vor,
dass die Leute in Grunbach die S-Bahn
verlassen mussten. Dies ist immer mit
einer Wartezeit verbunden. Ich bekomme
die Unzufriedenheit von den Pendlern
mit, die jeden Tag auf die S-Bahn angewiesen sind. Außerdem bekommt man
auf seine Beschwerden nie eine Antwort,
als ob man nicht ernst genommen wird.
Aber wenn es um Erhöhungen und die finanzielle Seite geht, ist man gleich dabei.
Ich zahle schon monatlich 144 Euro, die
jetzt auf 148 Euro angehoben wurden.
Wenn dies so weitergeht, zahle ich in ein
paar Jahren 200 Euro.
Susanne Reinold, Winterbach