Stephan Kühn MdB Sprecher für Verkehrspolitik Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Stephan Kühn MdB • Platz der Republik 1 • 11011 Berlin Auswertung der Kleinen Anfrage „Ausbau der Breitbandversorgung in Sachsen“ Drs. 18/05696, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bei den hier aufgeführten Statistiken handelt es sich um Zahlen zur bestehenden Breitbandinfrastruktur (Haushalte mit Breitband-Internetanschlüssen, unabhängig von deren Nutzung), nicht um die Breitbandpenetration (Haushalte mit tatsächlich abgeschlossenen Internetverträgen). 1. Breitbandversorgung über alle Technologien (1) Sachsens holt bei der Breitbandversorgung leicht auf, bleibt im Ländervergleich aber auf den hinteren Plätzen. Während deutschlandweit immerhin zwei Drittel der Haushalte bereits 50 Mbit/s zur Verfügung haben, kann in Sachsen kaum jeder zweite Haushalt solche zeitgemäßen Internetanschlüsse nutzen (47 Prozent). 30 Prozent der sächsischen Haushalte können nicht einmal 16 Mbit/s-Anschlüsse bestellen und müssen schon unter heutigen Anforderungen als stark unterversorgt gelten. Allein bei den sehr geringen Bandbreiten (1-6 Mbit/s) erreicht Sachsen den Spitzenplatz unter den östlichen Flächenländern sowie eine nahezu vollständige Abdeckung. Diese Zugänge sind jedoch kaum für die Nutzung des heutigen Internets geeignet und ermöglichen zum Teil nicht einmal Videostreaming oder IP-Telefonie. (2) Besonders im ländlichen und halbstädtischen Raum gerät Sachsen immer weiter ins Hintertreffen. Ausgerechnet in den ländlichen Gebieten, wo der Freistaat schon seit Jahren besonderen Aufholbedarf hat, geht der Breitbandausbau wesentlich langsamer vonstatten als im ländlichen Raum bundesweit. Für Anschlüsse mit mindestens 30 Mbit/s ist die Abdeckung im vergangenen Jahr nur um 7 Prozent gewachsen und damit halb so schnell wie im ländlichen Bundesgebiet, für Anschlüsse mit mindestens 50 Mbit/s sogar nur um 2 Prozent – in den ländlichen Regionen bundesweit wächst sie dreimal so schnell. Mit Blick auf das Ausbauziel von flächendeckend 50 Mbit/s bis 2018 kommen also ausgerechnet diejenigen Gebiete Sachsens, in denen absehbar bandbreitenintensive Dienste wie Telemedizin besonders gefragt sein werden, quälend langsam voran. Aber auch für die Internetnutzung der Gegenwart mit wenigstens 16 Mbit/s ist im ländlichen Sachsen nicht einmal die Hälfte der Haushalte gerüstet. Im halbstädtischen Raum sieht es mit 56 Prozent nur unwesentlich besser aus – in diesem Bereich hinkt Sachsen dem entsprechenden Bundesdurchschnitt (74 Prozent) besonders weit hinterher. (3) Für mehrere Landkreise rückt das Ausbauziel der Bundes- und Staatsregierung in unerreichbare Ferne. Der Vorgabe, bis 2018 eine vollständige Abdeckung mit 50 Mbit/s 1 Stephan Kühn MdB Sprecher für Verkehrspolitik Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Stephan Kühn MdB • Platz der Republik 1 • 11011 Berlin zu erreichen, ist der Freistaat im letzten Jahr nur unwesentlich näher gekommen (+ 9 Prozent). Umso schwerer wiegt dieser Rückstand, weil zahlreiche deutsche Flächenländer bereits über dem Bundesdurchschnitt liegen und das Ausbauziel weiterhin fest im Blick haben. In Sachsen gilt dies uneingeschränkt nur für die drei kreisfreien Städte. Unter den sächsischen Landkreisen hingegen gibt es große Unterschiede: Dem Landkreis Meißen und dem Vogtlandkreis mit einer 50 Mbit/sAbdeckung von nahezu 40 Prozent stehen die Schlusslichter Erzgebirgskreis (24 Prozent) und Mittelsachsen (16 Prozent) gegenüber. In beiden Landkreisen wie auch im Landkreis Leipzig können nur etwa die Hälfte der Haushalte mit 16 Mbit/s und mehr versorgt werden, während die andere Hälfte als stark unterversorgt gelten muss (Erzgebirgskreis/Landkreis Leipzig: 52 Prozent Abdeckung, Mittelsachsen: 46 Prozent Abdeckung). 2. Breitbandversorgung nach verwendeter Technologie (1) Der Trend zum sächsischen Zwei-Klassen-Internet ist vor allem auf dem Land ungebrochen. Im Vergleich zum gesamten Bundesgebiet sind im Freistaat nach wie vor besonders viele Menschen auf funkbasiertes Internet angewiesen. Sie müssen im Alltag mit allen Nachteilen eines Shared Mediums wie Volumendrosselung und auslastungsabhängiger Bandbreitenschwankung leben. Besonders die niedrigeren Geschwindigkeiten werden in Sachsen doppelt so häufig ausschließlich per Funk realisiert wie im Bundesdurchschnitt: Landesweit eine Viertelmillion Haushalte (12 Prozent) sind auf langsames Internet mit Bandbreiten von 6 Mbit/s angewiesen und können selbst diese nur über Funk nutzen. Im ländlichen Sachsen ist die Lage noch gravierender: Dort steht einem Viertel aller Haushalte, die im Bereich niedriger Bandbreiten (1-6 Mbit/s) als versorgt gelten, nur funkbasiertes Zweite-Klasse-Internet zur Verfügung. Für die Bereitstellung höherer Bandbreiten – der Bereich, in dem Sachsen besonders defizitär ist – spielt Funktechnologie dagegen kaum eine Rolle. (2) Sachsen verpasst den Ausbau einer zukunftstauglichen, leitungsgebundenen Infrastruktur. Nach wie vor besteht in Sachsen eine starke Unterversorgung mit leitungsgebundenen Anschlüssen, die besonders gravierend bei höheren Bandbreiten und in den halbstädtischen und ländlichen Gebieten zu Buche schlägt. In ländlichen Regionen können nur 42 Prozent aller Haushalte mindestens 16 Mbit/s nutzen (Bundesdurchschnitt: 50 Prozent). Leitungsgebundene Zugänge mit 50 Mbit/s, also der Bandbreite, die die laut Bundes- und Staatsregierung bis 2018 flächendeckend zur Verfügung stehen soll, bleiben im ländlichen Sachsen noch 90 Prozent der Haushalte verwehrt. Aber auch im Landesdurchschnitt bleibt der Freistaat bei leitungsgebundenen Anschlüssen deutlich hinter dem Bundesdurchschnitt zurück: und zwar sowohl bei 2 Stephan Kühn MdB Sprecher für Verkehrspolitik Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Stephan Kühn MdB • Platz der Republik 1 • 11011 Berlin langsamsten Anschlüssen von 1-6 Mbit/s (4-7 Prozent Abstand ggü. Bundesdurchschnitt) als auch bei höheren Bandbreiten von 16-50 Mbit/s (13-19 Prozent Abstand). (3) Zahlreiche Kommunen profitieren überhaupt nicht von der technologischen Entwicklung im Bereich höherer Bandbreiten. Nur ein Achtel der sächsischen Kommunen (54 von 429) erreicht eine flächendeckende Versorgung mit leitungsgebundenem Internet in ausreichenden Bandbreiten (90-100 Prozent Verfügbarkeit von mindestens 16 Mbit/s), während ein Sechstel der Kommunen (73 von 429) flächendeckend stark unterversorgt ist (0-10 Prozent Verfügbarkeit von mindestens 16 Mbit/s). Nur in vier Kommunen existiert bereits eine leitungsgebundene Infrastruktur, die dem Ausbauziel für 2018 entspricht. (4) Der jetzige Ausbauhorizont reicht nicht über das Jahr 2018 hinaus. Bei höheren Bandbreiten als den für 2018 flächendeckend geforderten 50 Mbit/s schneidet Sachsen besonders schlecht ab: Nur 42 Prozent der sächsischen Haushalte können Bandbreiten von mindestens 100 Mbit/s nutzen. Bundesweit sind es immerhin 62 Prozent. Zukunftsfähige Teilnehmer-Glasfaseranschlüsse (Fiber to the home, FTTH), die den Bandbreitenbedarf auf absehbare Zeit decken und daher als nachhaltige Zukunftsinvestition gelten, stehen in Sachsen bisher nur 4,3 Prozent der Haushalte zur Verfügung. Damit liegt Sachsen zwar im deuschlandweiten Durchschnitt, doch profitieren davon bisher vor allem Haushalte in Chemnitz, Dresden und Leipzig. Wie ganz Deutschland ist Sachsen weit davon entfernt, konsequent den Weg in Richtung 3
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