18. Sonntag i.J. – B – 2.8.2015 Den alten Menschen ablegen und

18. Sonntag i.J. – B – 2.8.2015
Den alten Menschen ablegen und den neuen Menschen anziehen – mit diesem Bild
erinnert der Epheserbrief an das Taufgeschehen.
Die Taufbewerber sind in einen See oder Fluss hinab gestiegen. Sie haben ihre Kleider
abgelegt. Dann wurden sie ganz untergetaucht und nach der Taufe wurde ihnen ein
neues, weißes Kleid angezogen,
als Zeichen für das, was Gott an ihnen in der Taufe getan hat, als Zeichen für das neue
Leben, das nun beginnen konnte.
Sie haben, wie es Paulus formuliert, Christus angezogen.
Wir alle sind getauft. Wir sind in die Lebensgemeinschaft mit Christus hinein
genommen. Doch wir sind keine fertigen Christen. Das Leben in der Gegenwart Gottes
ist ein Unterwegssein mit vielen anderen Menschen.
Wir sind am Christ werden.
Roger Schutz, der Begründer der ökumenischen Gemeinschaft von Taize, empfiehlt
uns: „Lebe, was du vom Evangelium verstanden hast, und sei es auch noch so wenig!“
Papst Franziskus meint im ähnlichen Sinn: „Es wird von uns nicht verlangt, dass wir
makellos sind, sondern viel mehr, dass wir immer im Wachsen begriffen sind; dass wir
in dem tiefen Wunsch leben, auf dem Weg des Evangeliums voranzuschreiten und den
Mut nicht verlieren.“
Auf dem Weg des Evangeliums voranschreiten, das heißt zulassen, dass es mein Leben
anrührt, mich in Frage stellt, mich ermahnt, mich aufrüttelt,
und mir Zeit nehmen, um mit dem Wort Gottes zu beten.
Der Papst sagt weiter: „Der Herr möchte unseren Einsatz als lebendige, freie und
kreative Menschen, die sich von seinem Wort durchdringen lassen, bevor sie es weiter
geben.“
Sich von Wort Gottes durchdringen lassen!
Jesus sagt: „Ich bin das Brot des Lebens.“
Jesus deutet damit sein Wirken – wie Brot als Grundnahrungsmittel das Leben aufbaut
und nährt, so will er durch all sein Tun Menschen zum Leben führen.
In Christus eintauchen, Jesus Christus anziehen, auf seinen Namen getauft sein – das
heißt für mich und für dich: sich von Jesu Wort durchdringen lassen,
Brot zu sein für andere, durch Worte und Gesten der Zuwendung, des Trostes, des
Zuhörens, des Daseins, des Teilens anderen zu erfüllterem Leben verhelfen.
Jesu Wirken kann zusammengefasst werden mit dem Wort „Barmherzigkeit“. Unser
Papst lebt aus dieser Gesinnung und Haltung. Seine oft überraschenden Handlungen
und Worte lassen Menschen aufleben und innerlich freier werden.
Die Ankündigung zum Jubiläumsjahr der Barmherzigkeit, das am 8.12. eröffnet wird,
beginnt Papst Franziskus mit den Worten: „Jesus Christus ist das Antlitz der
Barmherzigkeit des Vaters. Das Geheimnis des christlichen Glaubens scheint in diesem
Satz auf den Punkt gebracht.“ Ein paar Zeilen später schreibt er: “Barmherzigkeit – in
diesem Wort offenbart sich das Geheimnis der allerheiligsten Dreifaltigkeit.“
Die Schweizer Ordensfrau Sr. Caritas Müller aus dem Kloster Cazis hat eine Plastik
geschaffen unter dem Titel „Die barmherzige Dreieinigkeit“
In der Mitte stellt sie den Menschen dar, einen Menschen in seiner ganzen
Erbärmlichkeit.
Rechts: Gott Vater, der den Menschen in die Arme nimmt, ihm unter die Arme greift.
Denken wir an den barmherzigen Samariter, der den Menschen von der Straße aufhebt
und für ihn sorgt.
Links: Gottes Sohn, der sich in den Staub beugt und dem Menschen die Füße küsst. Es
erinnert an die Szene der Fußwaschung beim letzten Abendmahl; Ausdruck der
Hingabe Gottes an den Menschen.
Und oben: Gottes Heiliger Geist in Gestalt einer Taube oder Feuerflamme. Der Heilige
Geist, der den Menschen in seiner Erbärmlichkeit durchdringen will.
Der frühere Abt Martin Werlen von Einsiedeln meint dazu: „Das ist unsere wahre
Identität – mitten in der Liebe Gottes sein. Das ist der Ort des Menschen. Jedes
Menschen.“
Wir können dem Menschen nur gerecht werden, wenn wir ihn in der Mitte der Liebe
Gottes wahrnehmen, den Menschen in seiner Größe und Würde, aber auch in seiner
Erbärmlichkeit.
Den Menschen in der Mitte der Liebe Gottes wahrnehmen.
Menschen, die ich gern habe; Menschen, mit denen ich mir schwer tue;
Menschen aus meiner Umgebung; Menschen, denen ich zufällig begegne.
Brot sein für andere.
Augen, Ohren, Hände öffnen für andere, um Leben zu ermöglichen,
zu fördern, um Freude und Trost zu schenken.
Den neuen Menschen anziehen, die Liebe Gottes annehmen und weitergeben.
Wir sind als Christen reich beschenkt
und aufgerufen, die Freude des Glaubens zu leben und mit anderen zu teilen.