HEIDEMARK Veterinärlabor, Haldensleben R. Günther Das

HEIDEMARK Veterinärlabor, Haldensleben
UNTERSUCHUNGEN ZUR LICHTQUALITÄT IN DER AUFZUCHT VON JUNGPUTEN
R. Günther
Das natürliche Licht beeinflusst das Verhalten von Vögeln und Menschen wie kaum ein
anderer Umweltfaktor. Die energetischen Impulse gelten als Taktgeber für die „innere Uhr“
der Hormonregulation, durch welche beispielsweise die Tagesrhythmik oder die sexuelle
Aktivität maßgeblich gesteuert wird. Das optische Wahrnehmungsvermögen von Vögeln
unterscheidet sich auf Grund unterschiedlicher anatomischer und physiologischer
Gegebenheiten deutlich von der des Menschen.
In den Bemühungen, Mindeststandards für die Beleuchtung von Geflügelställen festzulegen,
wird jedoch die menschliche Wahrnehmung auf Grund mangelnder Kenntnis der
tatsächlichen Wahrnehmung bei Vögeln und der daraus resultierenden Bedeutung nach wie
vor hilfsweise herangezogen. Untersuchungen der letzten Jahre machen deutlich, dass diese
Vorgehensweise überdacht werden muss. Neuere allgemeine Erkenntnisse hinsichtlich des
Bildauflösungsvermögens (Flickerfusionsfrequenz) und der Qualität vs. der Quantität haben
in den letzten Jahren bereits Eingang in einschlägige Verordnungen gefunden. Ihre
tatsächliche ethologische Bedeutung für die einzelnen Geflügelarten und Nutzungsrichtungen
ist jedoch bis heute nur bedingt bekannt.
Gegenstand der vorliegenden Untersuchungen war die Ermittlung des Einflusses von
Leuchtstofflampen gleicher Bauart eines Herstellers mit unterschiedlichem spektralen
Emissionsverhalten (OSRAM WARM WHITE 830 vs. OSRAM BIOLUX 965) auf die
Startphase von Puteneintagsküken über einen Zeitraum von 10 Jahren. Die Flackerfreiheit der
Lichtquellen wurde durch elektrische Vorschaltgeräte (EVG) garantiert. Für die
Untersuchungen stand ein Versuchsstall mit zwei räumlich vollständig voneinander
getrennten Stallabteilen zur Verfügung. Bauliche Ausführung sowie Stalleinrichtung waren
identisch, ebenfalls Wasser- und Futterversorgung sowie das Management, so dass für beide
Stallabteile identische Voraussetzungen garantiert werden konnten. Die Beleuchtung erfolgte
in den ersten 7 Tagen ausschließlich durch Kunstlicht. Danach entstand durch die sukzessive
Öffnung der Lüftungsklappen eine Mischbeleuchtung aus Tages- und Kunstlicht. Die
Einstallung erfolgte überwiegend mit Küken einer Herkunft. Bei Einstallungen mit Küken
unterschiedlicher Herkünfte wurden diese gleichmäßig auf beide Stallabteile verteilt. Pro Jahr
erfolgten zwei Einstallungen.
Auf Grund sich zunehmend negativ verändernder Verluste in der Startphase im Stallabteil mit
der Beleuchtung durch WARM WHITE-Lampen wurden nach dem 14. Mastdurchgang alle
Lampen dieses Typs durch Lampen des Typs BIOLUX 965 ersetzt. Der gemessene
Helligkeitsunterschied gemessen mit einem konventionellen Luxmeter betrug zu diesem
Zeitpunkt lediglich rund 15 Lux. Die Differenz in den Startverlusten zwischen beiden
Stallabteilen waren fast ausschließlich auf Tiere zurückzuführen, die nicht begonnen hatten
Futter aufzunehmen (sog. „Nichtstarter“). Die Anteile von Tieren mit anderen
Verlustursachen waren nahezu identisch. In den darauf folgenden 5 Mastdurchgängen
konnten keine Unterschiede mehr registriert werden.
Es erfolgte eine Ermittlung der verbliebenen Strahlungsleistung (Lichtstrom und spektrale
Anteile) durch den Hersteller an jeweils mehreren Lampen der beiden Lampentypen zur
Beurteilung des Einflusses der Lichtquelle.
Obwohl die Leistungsminderung beim Typ BIOLUX 965 im Vergleich zum Typ WARM
WHITE 830 sowohl hinsichtlich Lichtstrom als auch UV- und blauen Spektralanteilen
deutlich höher ausfiel, konnten beim Typ BIOLUX 965 auf Grund der deutlich höheren
Ausgangswerte für den UV- und Blau-Anteil im Strahlungsspektrum nach 14
Mastdurchgängen immer noch wesentlich höhere Restwerte im Vergleich zu „neuen“ Lampen
des Typs WARM WHITE 830 gemessen werden. Der beobachtete Unterschied hinsichtlich
der Differenz der Startverluste zwischen beiden Stallabteilen ist offensichtlich auf die
Unterschreitung eines kritischen UV-Blau-Anteils im Spektrum des Lampentyps WARM
WHITE 830 im Verlauf der Nutzung zurückzuführen. Inwiefern die Startverlustunterschiede
in Form von „Nichtstartern“ auf die Rolle des UV-Blau-Anteils bei der visuellen
Wahrnehmung (mangelnde Identifizierungsmöglichkeit des Futters) oder bei der endokrinen
Steuerung (Stimulation / Motivation zur Futteraufnahme durch Hungergefühl)
zurückzuführen ist, bleibt offen. Die Beobachtungen zeigen jedoch deutlich, dass bei der
Beurteilung von Lichtquellen die Lichtqualität einen maßgeblichen Einfluss auf einzelne
biologische Parameter in der Aufzucht von Geflügel ausübt. Bei ausschließlicher Beleuchtung
durch Kunstlicht sollte dieser Erkenntnis durch Auswahl geeigneter Lichtquellen Rechnung
getragen werden.
Anschrift des Verfassers:
Dr. Ronald Günther
HEIDEMARK Mästerkreis GmbH u. Co. KG
Veterinärlabor
Jakob-Uffrecht-Str. 20
39340 Haldensleben
Email: [email protected]