Bericht an den Gemeinderat Nr. 19/2015 Interpellation „über die Zugehörigkeit zur Spitalregion Prättigau“ – Antwort Gemeindevorstand an Gemeinderat ________________________________________________________ A) Ausgangslage Anlässlich der Gemeinderatssitzung vom 2. November 2015 haben Gemeinderätin Karin Guler-Muntwyler als Erstunterzeichnerin und 10 weitere Gemeinderätinnen und Gemeinderäte die Interpellation „über die Zugehörigkeit zur Spitalregion Prättigau“ mit nachstehendem Wortlaut eingereicht: „INTERPELLATION über die Zugehörigkeit zur Spitalregion Prättigau Im Dorf werden Gerüchte herumgereicht, dass die Gemeinde vorhabe, von der Spitalregion Prättigau zur Spitalregion Davos zu wechseln. Der Vorstand wird gebeten, dazu folgende Fragen zu beantworten: 1. Entsprechen diese Gerüchte der Wahrheit? 2. Falls ja, was ist die Motivation für einen solchen Wechsel? 3. Was für Auswirkungen hätte ein solcher Wechsel auf das Alters- und Pflegeheim am Talbach? 4. Was für finanzielle Konsequenzen würde ein solcher Schritt nach sich ziehen? 5. Was wäre notwendig, um einen solchen Wechsel durchzuführen (kommunal, regional, kantonal)? 6. Wie sieht der Zeitrahmen eines solchen Wechsels aus? Gemeinderätin Karin Guler“ G:\Kanzlei\Gemeindeschreiber\Gemeinderatsberichte\Interpellation_Zugehoerigkeit_zur_Spitalregion_Praettigau_20151211.docx 1 Bericht an den Gemeinderat Nr. 19/2015 2 B) Antwort des Gemeindevorstands B1) Prüfung Möglichkeiten und Konsequenzen eines Anschlusses zur Spitalregion Davos (Antwort auf Frage 1) Der Vorstand hat sich bereits im ersten Amtsjahr der laufenden Amtsperiode Gedanken zur Stellung der Gemeinde Klosters-Serneus in der Spitalregion Prättigau und zum Verhältnis zur und der Einbindung der Gemeinde in die Flury Stiftung gemacht. Seit diesem Zeitpunkt steht der Gemeindevorstand in mehr oder weniger regelmässigem Kontakt sowohl mit den Spitalverantwortlichen in Schiers (Flury Stiftung) als auch mit den Verantwortlichen des Spitals Davos (Politische Trägerschaft, Verwaltungsrat und Direktion). Anlass zu den insbesondere mit der Flury Stiftung punktuell geführten intensiven Besprechungen gaben zum einen die relativ heftigen personellen Umwälzungen im Jahre 2014 beim Spital Schiers, die beim Gemeindevorstand Besorgnis hinsichtlich der fortgesetzten Qualität und Wirtschaftlichkeit des Regionalspitals Prättigau erregten. Zum anderen stellte und stellt sich der Vorstand nach wie vor auf den Standpunkt, dass die Gemeinde Klosters-Serneus unter den heute geltenden Grundlagen der Flury Stiftung einerseits einen zu hohen Anteil an die Kosten des Regionalspitals Prättigau trägt, andererseits im Verhältnis zur finanziellen Belastung zu geringe Möglichkeiten der Einflussnahme hat. An dieser Stelle darf aber durchaus festgehalten werden, dass die Verantwortlichen der Flury Stiftung nach gewissen Anlaufschwierigkeiten die Anliegen der Gemeinde Klosters-Serneus durchaus erkannt haben und nun seitens des Stiftungsvorstands bereit sind, gewisse Anpassungen – insbesondere im Bereich der finanziellen Belastung der Gemeinde Klosters-Serneus – vorzusehen. In diesem Zusammenhang weisen wir auf die vorgesehenen Revisionen der Rechtsgrundlagen der Flury Stiftung, der Stiftungsurkunde und des Stiftungs- Bericht an den Gemeinderat Nr. 19/2015 3 reglements, welche im Rahmen eines zweistufigen Vernehmlassungsverfahrens zwei Mal angepasst und nun anlässlich der Stiftungsratssitzung vom 26. November 2015 aller Voraussicht nach – unter Würdigung und Berücksichtigung der Anliegen der Gemeinde Klosters-Serneus bzw. des Gemeindevorstands – verabschiedet werden sollen. An dieser Stelle seien Auszüge aus der am 18. November 2015 der Flury Stiftung unterbreiteten Stellungnahme angeführt: „……… A) Finanzierungsschlüssel (Gemeindebeiträge/Defizite z. L. Trägerschaft) Aus der Warte der grössten Finanzgeberin unter den Prättigauer Gemeinden begrüssen wir es sehr, dass in Bezug auf den Finanzierungsschlüssel hinsichtlich der Defizite bzw. der Gemeindebeiträge einzig und allein auf die Einwohnerzahlen abgestellt werden soll. Diese voraussichtliche Entlastung trägt unserer Ansicht nach auch dem Umstand Rechnung, dass auf die heutige Gemeinde Klosters-Serneus mit der Umsetzung der Finanzausgleichsreform (FA-Reform) im Kanton Graubünden und der Eingemeindung der Gemeinde Saas in die Gemeinde Klosters-Serneus zusätzliche Lasten auf die grösste Prättigauer Gemeinde zukommen. Die Gemeinde Klosters-Serneus spricht sich einhellig für den Finanzierungsschlüssel nach Einwohnern aus. Bei einer anderweitigen Aufteilung der durch die Gemeinden zu tragenden Beiträge an die Flury Stiftung müsste sich die Gemeinde Klosters-Serneus im Bereich Gesundheitswesen aller Voraussicht nach vollkommen neu orientieren. Der Vollständigkeit halber weisen wir an dieser Stelle darauf hin, dass es aus Sicht der Gemeinde Klosters-Serneus einen weiteren objektiv vertretbaren, für Klosters-Serneus vorteilhafteren Finanzierungs- bzw. Defizitverteilschlüssel gäbe. Gegenüber dem durch die Gemeinde Klosters-Serneus gemäss unseren vorstehenden Ausführungen unterstützten Verteilschlüssel nach Einwohnern läge die Belastung von Klosters-Serneus bei einem Verteilschlüssel nach durch das Regionalspital Prättigau behandelten Klosterser Einwohnern noch deutlich tiefer. Stellt man die Belastungen von Klosters-Serneus in den Jahren 2012 und 2013 Bericht an den Gemeinderat Nr. 19/2015 4 nach Einwohnern einer theoretisch möglichen Verteilung des Spitaldefizits nach behandelten (Klosterser) Patienten gegenüber, ergäbe sich folgendes Bild (Datengrundlagen Gesundheitsamt Graubünden): Defizitanteil Gemeinde Klosters-Serneus Spital Schiers 2012 2013 Defizitanteil nach Einwohnern Fr. 407‘212.56 Fr. 364‘529.54 Defizitanteil nach im Spital Schiers behandelten Klosterser Patienten Fr. 134‘054.81 Fr. 176‘968.04 ……… B1) Revisionsanträge Stiftungsurkunde (SU) B1.1) Zusammensetzung Stiftungsrat (SU Art. 12) Ausgangslage/Situation: Die Anzahl der Gemeindedelegierten entsprechen nicht der finanziellen Beteiligung der jeweiligen Gemeinde. Klosters-Serneus trägt auf der einen Seite einen Drittel der Gemeindebeiträge an die Flury Stiftung, verfügt auf der anderen Seite nur gerade über 4 von total 21 Delegierten. Antrag/Lösungsvorschlag: Jede Gemeinde hat anstatt einem Delegierten pro 1000 Einwohner neu Anspruch auf einen Delegierten pro 500 EW (für den angebrochenen Teil von 500 Einwohnern besteht – abgesehen vom ersten Bruchteil – kein Anspruch auf einen zusätzlichen Sitz). Mit dieser Regelung würde sich die Anzahl Stiftungsräte von 21 auf 28 erhöhen. Dies brächte den Vorteil mit sich, dass die durch die Gemeinden zu tragenden Defizitbeiträge stärker mit der Anzahl Delegierten der jeweiligen Gemeinde korrespondieren würden. Bericht an den Gemeinderat Nr. 19/2015 5 B1.2) Gewährleistung Gewaltentrennung (zwischen Stiftungsrat und -vorstand) Ausgangslage/Situation: Im Rahmen der Einsitznahme der Stiftungsvorstandsmitglieder im Stiftungsrat sind heute die einzelnen Vorstandsmitglieder ebenfalls stimmberechtigt. Nach Auffassung der Vertreter der Gemeinde Klosters-Serneus liegt hier ein grundsätzlicher Systemfehler vor. Wir empfinden es als störend, wenn der Stiftungsvorstand im Stiftungsrat über die eigenen bzw. beantragten Geschäfte mitbestimmen kann. Auch ist es stossend, dass der Vorstand im Stiftungsrat über die eigene Decharge-Erteilung mitbefinden kann. Es liegt somit unbestrittenermassen ein Verstoss gegen die in öffentlichen sowie in den öffentlichen verwandten Organisationen übliche Gewaltentrennung vor. So verfügt z. B. weder ein Gemeindevorstandsmitglied von Klosters-Serneus im Gemeinderat (Parlament) Klosters-Serneus noch ein Verbandsvorstandsmitglied des Regionalverbands Pro Prättigau in der Verbands-Delegiertenversammlung über ein Stimmrecht. Zudem wird beim bisherigen System der Flury Stiftung die Anzahl Stimmen derjenigen Gemeinden, von denen Vertreter im Vorstand Einsitz nehmen, im Stiftungsrat reduziert. Die Aufgabe eines Stiftungsvorstandes bildet die Führung der Stiftung. Die Aufgabe eines Stiftungsratsmitgliedes ist die Vertretung der Gemeindeinteressen und insbesondere seine Verantwortung im Zusammenhang mit der finanziellen Belastung der jeweiligen Gemeinde durch die Organisation, in welcher er in der Delegiertenversammlung bzw. im Stiftungsrat Einsitz nimmt. Antrag/Lösungsvorschlag: Die Gemeinde Klosters-Serneus beantragt die Einführung des in entsprechenden Organisationen üblichen Gewaltentrennungsprinzips, wonach die einzelnen Stiftungsvorstandsmitglieder über kein Stimmrecht im Stiftungsrat verfügen.“ Als Indiz, dass die Flury Stiftung, aber auch die Trägergemeinden die Anliegen der Gemeinde Klosters-Serneus ernst nehmen, können die jüngsten Zeichen und Bemühungen seitens Stiftungsvorstand und Prättigauer Gemeindeverantwortlichen um die Gemeinde Klosters-Serneus u. a. anlässlich der im Anschluss an die Infoveranstaltung der Flury Stiftung in Jenaz vom 5.10.2015 geführten Gespräche interpretiert werden. Bericht an den Gemeinderat Nr. 19/2015 6 Hinsichtlich der Qualität, Wirtschaftlichkeit und der Personalsituation kann festgestellt werden, dass der Betrieb mit dem neuen Spital gut angelaufen und auch personell nach den erwähnten stürmischen Zeiten wieder Ruhe eingekehrt ist. In diesem Zusammenhang darf auch lobend festgehalten werden, dass sich der Stiftungsvorstand beinahe in globo mit dem Gemeindevorstand Klosters-Serneus im Jahre 2014 zu einer klärenden und sehr offenen und transparent geführten Sitzung getroffen hatte. B2) Motivation zur Prüfung eines allfälligen Wechsels (Antwort auf Frage 2) Die Veranlassung, die Spitalregion-Zugehörigkeit Davos als Alternative zur heutigen Situation zu prüfen, gab wie erwähnt die Diskrepanz zwischen der überdurchschnittlichen finanziellen Belastung der Gemeinde Klosters-Serneus und dem Stimmengewicht in Stiftungsrat und Stiftungsvorstand der Flury Stiftung und der seit jeher bestehende Umstand, dass die Klosterser Bevölkerung und Gästeschaft zu einem überwiegenden Teil das Spital Davos dem Prättigauer Regionalspital vorziehen. B3) Auswirkungen eines allfälligen Wechsels der Spitalregion (Antwort auf Frage 3) Welche Auswirkungen dieser Wechsel auf das Alters- und Pflegeheim am Talbach, Klosters, haben würde, kann nicht abschliessend oder einstweilen nur aus der Warte der Gemeinde Klosters-Serneus beantwortet werden. Ein Wechsel der Spitalregion müsste ja nicht zwingend dazu führen, dass man sich auch in Bezug auf die Alters- und Pflegeheime von der Flury Stiftung abwenden würde. Da die Heime im Rahmen einer separaten Rechnung geführt werden, würde die Flury Stiftung wahrscheinlich weiterhin Hand zu einer Lösung einschliesslich Klosters-Serneus bieten, was ja auch im finanziellen Interesse der Flury Stiftung liegen müsste. Bericht an den Gemeinderat Nr. 19/2015 7 Der Gemeindevorstand könnte sich also durchaus eine Lösung vorstellen, bei der die Spitalregion und Zugehörigkeit in Bezug auf die Alters- und Pflegeheime nicht korrespondieren. B4) Finanzielle Konsequenzen Wechsel Spitalregion (Antwort auf Frage 4) Ob und wenn ja in welchem Umfang die Gemeinde Klosters-Serneus bei einem Regionswechsel Kosten gegenüber der heutigen Zugehörigkeit zur Spitalregion Prättigau einsparen würde können, wurde bis dato noch nicht abschliessend erörtert. Fakt ist, dass das Spital Davos und mit ihm die Trägergemeinde Davos grundsätzlich ein substantielles Interesse an einer Zusammenarbeit mit der Gemeinde Klosters-Serneus hätten, was aufgrund des Umstands auf der Hand liegt, dass das bestehende Defizit nicht mehr durch die Gemeinde Davos alleine getragen werden müsste. Aus Sicht der Gemeinde Klosters-Serneus müsste ein allfälliger Defizitanteil sicherlich unter demjenigen liegen, welcher heute an das Regionalspital Prättigau entrichtet wird. Die konkret mögliche Beitragshöhe müsste Gegenstand substantiellerer Verhandlungen mit einem möglichen Partner Davos bilden. B5) Voraussetzungen Wechsel (Antwort auf Frage 5) Auch in diesem Zusammenhang wurden noch keine vertieften Abklärungen getroffen, sondern lediglich erste Sondierungsgespräche mit Vertretern der Kantonspolitik und kantonalen Verwaltung geführt. Gemäss Gesetz über die Förderung der Krankenpflege und der Betreuung von betagten und pflegebedürftigen Personen des Kantons Graubünden (Krankenpflegegesetz) legt der Grosse Rat die Spitalregionen fest. Ein Wechsel in Bezug auf die Spitalregion bedürfte also eines Beschlusses des Kantonsparlaments. Bericht an den Gemeinderat Nr. 19/2015 8 Vorgängig bzw. nach einer grundsätzlichen Einigung mit dem Spital Davos bzw. der Gemeinde Davos müsste der Vorstand ans Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit Graubünden gelangen. Sollte seitens des zuständigen kantonalen Departments die grundsätzliche Bereitschaft hinsichtlich der Unterstützung eines Wechsels der Spitalregion signalisiert werden, gälte es wohl im nächsten Schritt auf kommunaler Ebene die notwendigen Beschlüsse zu fassen. Gemäss Art. 21 Ziff. 10 der Verfassung müsste in der Gemeinde ein Entscheid über den Wechsel der Spitalzugehörigkeit durch die Urnengemeinde gefasst werden, was selbstredend einen entsprechenden Antrag seitens des Gemeindeparlaments wiederum auf Antrag des Gemeindevorstands bedürfte. Obwohl der Austritt einer Gemeinde in der Stiftungsurkunde der Flury Stiftung nicht explizit festgeschrieben ist, besteht wohl gemäss Auffassung des Gemeindevorstands im Grundsatz die Möglichkeit, die Mitgliedschaft bei der Flury Stiftung zu kündigen, was andererseits jedoch nur einen Sinn ergibt, wenn das Kantonsparlament dem Spitalregionswechsel der Gemeinde Klosters-Serneus zustimmen würde. Die Ausführungen des Gemeindevorstands in Bezug auf die Voraussetzungen für einen Regionswechsel auf kommunaler, auf regionaler, aber insbesondere auf kantonaler Ebene basieren mehrheitlich auf eigenen Einschätzungen. Den genauen Weg, wie die Gemeinde hinsichtlich eines allfälligen Spitalregionswechsels vorgehen müsste, sofern dies aus kantonaler Sicht überhaupt als opportun erscheinen sollte, würden wohl die Verantwortlichen des Sanitätsdepartements Graubünden vorgeben. Dass ein allfälliger positiver Grundsatzentscheid von Departement und Regierung des Kantons Graubünden, die letztlich gegenüber dem Grossen Rat Antrag zu stellen haben würde, einigermassen viel Brisanz in sich birgt, muss an dieser Stelle nicht besonders betont werden. Ein entsprechender Vorentscheid und die allfällige Zustimmung des Grossen Rates zu einem Spitalregionswechsel wären selbstredend wegweisend und Bericht an den Gemeinderat Nr. 19/2015 9 präjudiziell hinsichtlich künftiger analoger Gesuche aus den Spitalregionen im Kanton Graubünden. B6) Zeitrahmen Wechsel (Antwort auf Frage 5) Aufgrund der sehr geringen Abklärungstiefe in diesem Zusammenhang sieht sich der Gemeindevorstand ausser Stande, Angaben bezüglich des zeitlichen Ablaufs zu machen. C) Abschliessende Bemerkungen Sollten sich die Ursachen bzw. Beweggründe für einen allfälligen Spitalregionswechsel aus Sicht des Gemeindevorstands verstärken oder akzentuieren, würde der Vorstand selbstredend noch vertiefte Abklärungen in Bezug auf die Voraussetzungen, inhaltlichen, organisatorischen und terminlichen Abläufe sowie Konsequenzen treffen. Klosters, 24. November 2015/MF GEMEINDE KLOSTERS-SERNEUS Der Gemeindepräsident: ____________________________ Kurt Steck Der Gemeindeschreiber: ____________________________ Michael Fischer z. K.: Presse
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