Abstract - Institut für Kunstgeschichte

Judith Welter
2000-2008 Studium der Kunstgeschichte, Spanische Literaturwissenschaften und Religionswissenschaft
an der Universität Bern. Studienabschluss mit der Lizentiatsarbeit «Der Künstler ist anwesend …»
Strategien der Präsenz und Absenz bei Gianni Motti, Christoph Büchel & Marc Camille Chaimowicz. 20042007 Registrar/Ausstellungskoordination; seit 2007 Sammlungskonservatorin/Ausstellungskoordination
migros museum für gegenwartskunst Zürich; seit 2009 Doktorandin an der Universität Bern, Institut für
Kunstgeschichte, Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Gegenwart.
Promotionsvorhaben
„Have you ever heard of...“ Wirkung, Funktion und Präsentation von Gerücht und Anekdote in der
zeitgenössischen Kunst (Arbeitstitel) / Have you ever heard of…“ Effect, Function and Presentation of
Rumor and Anecdote in Contemporary Art (working title)
Betreuung: Prof Dr. P.J. Schneemann
Projektbeschrieb
Die Dissertation sieht die Untersuchung der Aktualität und Funktion der alten Topoi von Anekdoten,
Gerüchten und Legenden in der zeitgenössischen Kunstproduktion- und Rezeption vor. Als thesenhafter
Ausgangspunkt dient ein Werkbegriff, der oftmals mit dem Attribut des Ephemeren in Verbindung
gebracht wird: die Idee eines Kunstwerkes, das ausschliesslich oder vorwiegend aus Erzählungen,
Beschreibungen wie Kritiken und Pressetexten, Dokumentationen, Relikten oder mentalen Bildern und
Erinnerungen besteht, oder bei dessen Rezeption die Überlieferung von Gerüchten oder Anekdoten in
den Vordergrund tritt. Gerüchte, Anekdoten oder Legenden begleiten das Werk als Metatext und bilden
eine „schillernde Ebene“, die dieses umgibt. Sie schreiben sich in Medien fest und verweisen auf
unterschiedliche Diskurse. Ebenso aber dienen sie als mediales Format und Material im künstlerischen
Produktionsprozess. Wie werden die vermeintlich ephemeren Formate zu überdauernden Artefakten
transformiert und welche Bedeutungen und Diskurspotentiale bringen diese oftmals ambivalenten
Prozesse mit sich? Die auf den ersten Blick der Objektfetischisierung diametral entgegengesetzte
Tendenz zum „Immateriellen“ eröffnet eine Diskussion über das Potential von Wirkung und Deutung der
Artefakte. Im Zentrum der Studie steht die Untersuchung von Formen der Dokumentation, Präsentation,
Musealisierung und Konservierung sowie deren mögliche Lesearten aus einer quasi-anthropologischen
und kulturwissenschaftlichen Perspektive. Der Analyse verschiedener künstlerischer Positionen der
Gegenwart wie Gianni Motti oder Tino Sehgal werden wegweisende und diskursbildende ältere Positionen
und Strömungen – beispielsweise Robert Barry als Vertreter der Conceptual Art –gegenübergestellt.
Abstract
This doctoral thesis aims to analyze the role of anecdotes, rumors and legends in contemporary art
production and reception. The concept of the artwork that is related to the idea of the ephemeral serves as
a starting point: The work exclusively or predominantly exists within narration such as reviews or press
statements, documentation, relics, mental images and memories, or its perception is determined by the
tradition of rumors and anecdotes. Rumors, anecdotes or legends accompany the works, producing a
meta-level and generating an “enigmatic layer” that surrounds it. These narrative forms appear in various
media and point at manifold discourses. Furthermore, anecdotes, rumors and legends serve as media and
material within the process of artistic production. The question will be raised how these supposedly nonpermanent formats are transformed into lasting artifacts, and what meanings and potentials of discourse
they bear. These bias, which play with the concept of immateriality, diametrically oppose to the fetish of
the object at first glance only. This opens up a discussion about an artifact’s potential of effects and
analysis. The study focuses on forms of documentation, institutionalization and conservation as well as on
the phenomenon’s possible ways of understanding from a quasi-anthropological and cultural-scientific
perspective. Seminal historical positions – for example Robert Barry as an exponent of Conceptual Art –
will add to the discussion of works by contemporary artists such as Gianni Motti and Tino Sehgal.